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4. D ISKUSSION

4.1. Inhaltliche Diskussion

Das untersuchte interdisziplinäre Team der akuten Schlaganfallrehabilitation besteht, wie auch in der Literatur beschrieben, aus NeurologInnen, diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegepersonen, PhysiotherapeutInnen, ErgotherapeutInnen, LogopädInnen und PflegeassistentInnen (Clarke & Forster, 2015). Anstelle von SozialarbeiterInnen übernehmen diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegepersonen in der Überleitungspflege die Tätigkeiten rund um die Entlassungsplanung. Zwei weitere Disziplinen des interdisziplinären Teams sind DiätologInnen und NeuropsychologInnen.

Anders als in der Literatur beschrieben wird in der untersuchten Stichprobe nicht zwischen Kernteam und erweiterten Teammitgliedern unterschieden (Hebert et al., 2016).

In der Gesamtbeurteilung der interdisziplinären Zusammenarbeit gaben rund 87% der Befragten an, Schnittstellen im interdisziplinären Schlaganfallteam zu beobachten. Nur zwei TeilnehmerInnen haben dieser Aussage nicht zugestimmt. Dieses Ergebnis deckt sich mit der von Booth & Hewison beschriebenen Beobachtung. Im Vergleich mit der Literatur kann sogar eine größere Zustimmung getroffen werden. In der aktuellen Analyse werden neun Berufsgruppen des interdisziplinären Teams befragt. Insgesamt stimmen

alle neun Disziplinen der Aussage zu, dass es Schnittstellen gibt. Ob die TherapeutInnen durch die Rollenüberschneidungen eine Gefährdung der beruflichen Sicherheit empfinden wurde in dieser Arbeit nicht evaluiert (Booth & Hewison, 2002).

4.1.1. Vergleich NeurologInnen

Aus der Beschreibung der Befunderhebung im theoretischen Hintergrund dieser MT geht bereits hervor, dass es sich bei der Tätigkeit der NeurologInnen im Vergleich zu ErgotherapeutInnen eher um einen diagnostischen, anstelle eines therapeutischen Berufes handelt. Dieser Unterschied ist bereits aus der Berufsbezeichnung ersichtlich.

Eine weitere Beobachtung diesbezüglich ist, dass es keine Körperfunktionen im gelisteten Core Set gibt, die von NeurologInnen nicht dokumentiert werden würden.

Aus der Beantwortung der Zielsetzungen geht ebenso hervor, dass es für NeurologInnen im Gegensatz zu den therapeutischen Berufen keine eindeutigen Ziele auf Aktivitätsebene gibt. Mit 60% Übereinstimmung innerhalb der Berufsgruppe sehen NeurologInnen die beiden Aktivitäten „Kommunizieren als Empfänger non-verbaler Mitteilungen“ und „Sprechen“ als größtes Ziel ihrer Tätigkeit.

Eine interessante Beobachtung ist die niedrige Relevanz der Strukturen der Atmung, des Magens und der Haut. Dieses Ergebnis lässt auf eine Priorisierung der anderen Strukturen des ICF Core Sets in der Behandlung von SchlaganfallpatientInnen schließen.

4.1.2. Vergleich diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegepersonen

Anders stellt sich dies im Vergleich mit den diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegepersonen und PflegeassistentInnen dar. In Bezug auf die Aktivitäten des täglichen Lebens kommt es hier zu erheblichen Überschneidungen der Zielsetzungen.

Diese Erkenntnis kann allerdings auch zur Optimierung der personellen Ressourcen und Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen ErgotherapeutInnen, diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegepersonen und PflegeassistentInnen beitragen.

Rollenüberschneidungen werden von den Betroffenen nicht immer als Bedrohung oder Gefährdung der eigenen beruflichen Identität wahrgenommen. In einer Fallstudie in Großbritannien wurden insgesamt 26 TeilnehmerInnen (Ergo- und PhysiotherapeutInnen, diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegepersonen, SozialarbeiterInnen und HilfsarbeiterInnen) mittels semi-strukturierten Interviews befragt. Dabei resultierte die Erkenntnis, dass Ergo- und PhysiotherapeutInnen die meisten Verbindungen bemerkten,

obwohl die Aufgabenverteilungen in den Teams unterschiedlich waren. Die Rollenüberlappungen können das Vertrauen in das eigene Fach verbessern und gleichzeitig die PatientInnenversorgung optimieren. Ein weiteres Potenzial ist die Optimierung der Personalressourcen und Zusammenarbeit der Berufe (Nancarrow, 2004).

Ähnlich wie auch bei den NeurologInnen sehen auch diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegepersonen die Körperstrukturen Magen und Haut für ihren Tätigkeitsbereich am wenigsten relevant an. Die Angaben in Bezug auf die Befunderhebung und Dokumentation der Ergebnisse sind mit deren der NeurologInnen ident. Alle im ICF Core Set angeführten Funktionen werden in der Gesundheits- und Krankenpflege berücksichtigt. ErgotherapeutInnen sehen im Vergleich zu NeurologInnen und diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegepersonen folgende Funktionen für ihr Aufgabengebiet nicht relevant: Blutgefäßfunktionen, Funktionen des hämatologischen Systems, Verdauungsfunktionen, Funktionen der Aufrechterhaltung des Körpergewichts, allgemeine Stoffwechselfunktionen, Funktionen des Wasser-, Mineral- und Elektrolythaushaltes und Funktionen der Wärmeregulation. Dies ergibt eine Überschneidung von 47 von 54 möglichen Funktionen.

Aus der Wahl der Zielsetzungen der diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegepersonen geht hervor, dass die Aktivitäten des täglichen Lebens den Schwerpunkt ihrer Arbeit mit den SchlaganfallpatientInnen bilden. Die Aktivitäten: sich waschen, die Toilette benutzen, sich kleiden, Essen, Trinken und Religion und Spiritualität ausüben, wurden vom Großteil der Berufsangehörigen als mögliches Ziel gewählt.

Im Vergleich zu ErgotherapeutInnen gibt es bei den Umweltfaktoren eine andere Gewichtung. Die Produkte und Technologien zur Kommunikation bilden die bedeutsamste Möglichkeit zur Partizipation. Dieses Ergebnis könnte auf die Verwendung der Rufglocke im stationären Setting zurück zu führen sein. Weitere wichtige Umweltfaktoren sind gleich wie in der Ergotherapie Produkte und Substanzen für den täglichen Gebrauch, Produkte und Technologien zur persönlichen Mobilität drinnen und draußen und zum Transport und der engste Familienkreis.

4.1.3. Vergleich PflegeassistentInnen

Die Interpretation der Ergebnisse aus der Pflegeassistenz ist nur eingeschränkt möglich, da diese Gruppe nur aus zwei Personen besteht. Die Fragen zur Komponente Körperfunktionen wurden nur von einer / m TeilnehmerIn beantwortet. Folgende neuen

Funktionen werden laut dieser Aussage von den PflegeassistentInnen geprüft und dokumentiert: Psychomotorische Funktionen, höhere kognitive Funktionen, mentale Funktionen, welche die Durchführung komplexer, Bewegungshandlungen betreffen, Funktionen von Strukturen, die in Verbindung mit dem Auge stehen, Vestibuläre Funktionen, Sinnesfunktionen, Funktionen des Wasser-, Mineral- und Elektrolythaushaltes und Schutzfunktionen der Haut.

Die Körperstrukturen des kardiovaskulären Systems, der Atmung, des Magens und der Schulterregion erscheint für PflegeassistentInnen nicht relevant.

Die Angaben im Bereich der Zielsetzung sind vollständig. Im Vergleich zu den diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegepersonen sehen die PflegeassistentInnen zusätzlich die Aktivitäten: Zuschauen, Nachmachen / Nachahmen, Probleme lösen, Entscheidungen treffen, Sprechen, Gegenstände anheben und tragen und seine Körperteile pflegen als Ziele ihrer Tätigkeit.

Eine spezielle Beobachtung ist, dass nur diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegepersonen und PflegeassistentInnen die Aktivität „Religion und Spiritualität ausüben“ in ihrem Arbeitsalltag beachten.

Während „Produkte und Substanzen für den täglichen Gebrauch“ und der „engste Familienkreis“ die zwei wichtigsten Umweltfaktoren in der Pflegeassistenz darstellen, werden den „Diensten, Systemen und Handlungsgrundsätzen der Rechtspflege, sozialen Sicherheit und des Gesundheitssystems“ und der „Individuellen Einstellungen von Familienmitgliedern, Freunden, Fachleuten“ keine Aufmerksamkeit geschenkt. Diese Beobachtungen können darauf zurückgeführt werden, dass es sich hier um einen Assistenzberuf handelt.

4.1.4. Vergleich PhysiotherapeutInnen

In der Behandlung des Armes nach Schlagfall zählen Physio- und ErgotherapeutInnen zu den wichtigsten Berufen. Eine Untersuchung in Bezug auf Dauer und Inhalt der Interventionen ergab eine Überschneidung zwischen den Berufsgruppen. Insgesamt wurden 12 Überlappungen in 15 Kategorien anhand der ICF identifiziert. Die Ergebnisse werden in die drei Komponenten der ICF gegliedert: Körperfunktion, Aktivitäten und Partizipation. PhysiotherapeutInnen beschäftigten sich durchschnittlich zu 79% mit Körperfunktionen und im Verhältnis dazu zu 14% mit Aktivitäten. Im Vergleich dazu arbeiteten ErgotherapeutInnen zu 47% an der Funktion und 41% an der Durchführung von Aktivitäten. Bei der aktuellen Untersuchung handelt es sich mit 46 TeilnehmerInnen um eine kleine Stichprobe. Trotzdem zeigen die Ergebnisse deutliche

Rollenüberschneidungen in Anbetracht der Therapiezeit für Körperfunktionen (De Jong et al., 2018).

Bei der Evaluierung der Komponente Körperfunktionen konnten 47 von 54 möglichen Überlappungen der ergotherapeutischen Befunderhebung mit der der PhysiotherapeutInnen identifiziert werden. Dabei kommt es bei den Funktionen der Gelenke, Knochen und Muskeln zu einer 100%igen Übereinstimmung der Dokumentation von Physio- und ErgotherapeutInnen. Durch die Analyse der relevanten Aktivitäten kann bestätigt werden, dass trotz der Überschneidungen in der Befunderhebung von Funktionen in der Therapie unterschiedliche Zielsetzungen zur Behandlung der Defizite festgelegt werden. Während PhysiotherapeutInnen den Fokus auf die Mobilität und Fortbewegung legen, zielen ErgotherapeutInnen darauf ab die Durchführung von Alltagshandlungen zu verbessern (Nelson et al., 2002). Die Ergebnisse dieser MT zeigen, dass es zur Rollenüberschneidung, aber nicht zwingend zur Überschneidung der Interventionen kommt.

In Australien arbeiten Ergo- und PhysiotherapeutInnen in der beruflichen Reintegration an gemeinsamen Zielen. Während ErgotherapeutInnen die individuellen Betätigungen und deren Umwelt im Fokus ihrer Arbeit sehen, konzentrieren sich PhysiotherapeutInnen vermehrt auf die Schädigungen und notwendige Verhaltensmaßnahmen der PatientInnen. Beide Berufsgruppen werden bereits in der frühen Phase der Rehabilitation herangezogen. Obwohl bereits Rollenüberschneidungen beobachtet werden, können diese noch nicht genauer definiert werden. Weitere Untersuchungen zur Abgrenzung der Ergo- und PhysiotherapeutInnen sind notwendig (Adam, Gibson, Lyle, & Strong, 2010).

Der Vergleich der Relevanz von Umweltfaktoren in dieser Arbeit, bestätigt die Beobachtungen in der beruflichen Rehabilitation auch für die Schlaganfallrehabilitation.

Im Vergleich zu PhysiotherapeutInnen sehen ErgotherapeutInnen vor allem „Produkte und Substanzen für den täglichen Gebrauch“ und „Produkte und Technologien zum persönlichen Gebrauch im täglichen Leben“ als wesentliche Faktoren in der Therapie.

4.1.5. Vergleich LogopädInnen

Die Therapie von Frühgeborenen beginnt auf der Neonatologie (Neonatal intensive care unit, kurz: NICU) und wird von einem Team aus PhysiotherapeutInnen, ErgotherapeutInnen und LogopädInnen durchgeführt. Die Rollen der einzelnen Berufsgruppen wurden in der Literatur klar definiert. Gleichzeitig wurden Überschneidungen der Interventionen erfasst. Diese resultieren aus überschneidenden Fähigkeiten der TherapeutInnen. In jeder Disziplin sind auch Fähigkeiten zu beobachten,

die für diese Berufsgruppe einzigartig sind. Diese Erkenntnis ist wichtig, wenn es zur Überlegung kommt ob Disziplinen austauschbar sind. Am Beispiel des Stillens von Neugeboren kann festgehalten werden, dass sich ErgotherapeutInnen vermehrt mit den Komponenten der Entwicklung der Säuglinge beschäftigen, während PhysiotherapeutInnen darauf abzielen die Bewegungen des Saugens zu optimieren. Die LogopädInnen sind die einzige Disziplin, die sich mit der Schluckleistung der Frühgeborenen befassen (Ross, Heiny, Conner, Spener, & Pineda, 2017).

Die vorliegende Untersuchung zeigt ebenso Überschneidende Bereiche in der Ergotherapie und Logopädie auf. Auf Strukturebene sind sich die Disziplinen einig die Körperstrukturen Gehirn und Kopf- und Halsregion zu fokussieren. Auch auf funktioneller Ebene werden hauptsächlich Überschneidungen der Befunderhebungen festgestellt. Die Ausnahme bilden dabei Funktionen im Zusammenhang mit dem Verdauungssystem und Funktionen im Zusammenhang mit dem Stoffwechsel- und dem endokrinen System.

Diese Funktionsgruppen werden nur von den LogopädInnen untersucht.

Trotz der vielen Überscheidungen bei der Befunderhebung wird bei der Zielidentifikation eine klare Rollenverteilung ersichtlich. Während ErgotherapeutInnen bei der Aktivität

„Nachmachen, nachahmen“ wahrscheinlich eher auf Bewegungen der oberen Extremitäten abzielen, meinen LogopädInnen Bewegungen in der Kopf- und Halsregion.

Die Zielsetzung überschneidet sich neben „Nachmachen, nachahmen“ in acht weiteren Aktivitäten. Beim „Üben“ und „Aufmerksamkeit fokussieren“ ist naheliegend, dass es sich um Fachbereich spezifische Übungen handelt. Die Aktivitäten Lesen und Schreiben dienen aus ergotherapeutischer Sicht der Kommunikation und setzen kognitive Fertigkeiten der PatientInnen voraus. Beim Thema Schreiben handelt es sich in der Ergotherapie vermutlich auch um die fein- bzw. graphomotorische Komponente.

LogopädInnen sind hierbei die Spezialisten für die Sprachstörung.

Die Produktion von non-verbalen Mitteilungen und der Fähigkeit Kommunikationsgeräte und –techniken zu benutzen ist für die meisten Berufsgruppen von Relevanz.

Die Aktivitäten Essen und Trinken werden in der Ergotherapie vermutlich zur Behandlung der Hand- und Armfunktionen, kognitive Funktionen oder auch bezüglich Umweltanpassungen von Gegenständen und Produkten für den persönlichen Gebrauch als Ziel eingesetzt.

Das Arbeitsfeld der LogopädInnen ist die stationäre Behandlung von PatientInnen mit Schluckstörungen. Sie beschäftigen sich in etwa in der Hälfte ihrer Zeit mit diesem Krankheitsbild. LogopädInnen sehen sich besonders von ErgotherapeutInnen aber auch von DiätologInnen in ihrem Tätigkeitsfeld angegriffen, da diese Berufsgruppen sich

ebenso mit diesem Krankheitsbild beschäftigen. Dieses Ergebnis zeigte sich bei 83% der befragten LogopädInnen in einer Umfrage der American Speech-Language-Hearing-Association (ASHA) im Jahr 2007 (Graner, Pressman, & Wagner, 2010). Zu diesen Erhebungen kann aus der aktuellen Untersuchung keine Stellungnahme bezogen werden.

4.1.6. Vergleich NeuropsychologInnen

In der Behandlung von chronischen Rückenschmerzen sind mehrere Professionen tätig.

Die „International Classification of Impairments, Disabilities and Handicaps“ (aus dem Englischen, kurz: ICIDH) Kategorien empfehlen eine Behandlung auf verschiedenen Ebenen der Funktionsstörung. Anstatt von passiven Behandlungsmethoden sollen multimodale aktive Behandlungsprogramme eingesetzt werden. Neben der körperlichen Aktivität und den Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL), sollen auch psychologische Programme Anwendung finden. Durch die Behandlung in unterschiedlichen Ebenen kommt es zu Überschneidungen der Bereiche. Eine Kombination der Physiotherapie in Form von körperlichem Training und der Ergotherapie ermöglicht den Transfer der Behandlung in den Alltag der PatientInnen (Seeger, 2001)

Ähnlich wie bei den PatientInnen mit chronischen Rückenschmerzen kommt es auch nach einem Schlaganfall zu einer mehrdimensionalen Behandlung. Abhängig vom Ausmaß der Schädigungen kommen unterschiedliche Disziplinen zum Einsatz (Harty, Griesel, & van der Merwe, 2011). In der untersuchten Kohorte konnten neben den Überschneidungen von Ergo- und PhysiotherapeutInnen, auch Gemeinsamkeiten von ErgotherapeutInnen und NeuropsychologInnen erhoben werden. Die größten Übereinstimmungen sind in der Zielsetzung der Behandlung. Die Aktivitäten: andere bewusst sinnliche Wahrnehmungen / Sinne benutzen, üben / lernen, Aufmerksamkeit fokussieren, lesen, Probleme lösen und Entscheidungen treffen wurden von ErgotherapeutInnen und NeuropsychologInnen gleichermaßen als mögliches Ziel in der Arbeit mit SchlaganfallpatientInnen identifiziert.

Aktivitäten betreffend der Mobilisierung und der Alltagshandlungen zeigen keine Überschneidungen dieser Disziplinen. Aus der Ergebnisanalyse ist ersichtlich, dass NeuropsychologInnen bei den globalen und spezifischen mentalen Funktionen nicht bestätigt haben diese Funktionen zu prüfen und zu dokumentieren. Hier könnte es sich um einen Irrtum in der Beantwortung der Frage handeln, da diese Aussage widersprüchlich zu den Zielsetzungen ist.

4.1.7. Vergleich DiätologInnen

In der Literatur werden zwischen der Ergotherapie und Diätologie in der Schlaganfallversorgung keine relevanten Überschneidungen beschrieben.

Tatsächlich werden auch in der vorliegenden Untersuchung kaum bedeutsame Gemeinsamkeiten beobachtet. Auf Ebene der Körperstrukturen gibt es keine Übereinstimmung. Bei der Befunderhebung scheinen einige Funktionen von ähnlicher Relevanz für die Therapie. Die größten Unterschiede werden bei den „Funktionen des Sehens“, „Sinnesfunktionen und Schmerz“, „weitere Atmungsfunktionen“, „Funktionen der kardiorespiratorischen Belastbarkeit“, „Funktionen der Harnbildung und Harnausscheidung“ und „Funktionen der Bewegung“ identifiziert. Hierfür zeigen DiätologInnen weniger Interesse. Im Gegensatz dazu scheinen „Funktionen im Zusammenhand mit dem Verdauungssystem“ und „Stoffwechsel- und endokrines System“ für die Ergotherapie nicht relevant.

Auf Ebene der Aktivität können jedoch gemeinsame Zielsetzungen identifiziert werden.

„Zuhören“, „Aufmerksamkeit fokussieren“, „Entscheidungen treffen“, „Kommunizieren als Empfänger gesprochener Mitteilungen“ und „Konversationen beginnen, führen, beenden“

scheint für beide Disziplinen von gleicher Relevanz zu sein. Diese Überschneidungen sprechen jedoch nicht für eine Rollenüberlappung. Einzig die Aktivitäten „Essen“ und

„Trinken“ erscheinen im Vergleich interessant. Hierzu könnten in der Ergotherapie möglicherweise für die Diätologie relevante qualitative Informationen zum Verhalten beobachtet werden.

4.1.8. Vergleich Überleitungspflege

Eine norwegische Untersuchung von Mengshoel und Skarbø zielte darauf ab, die Rehabilitationsbedürfnisse von PatientInnen in einer rheumatologischen Abteilung zu untersuchen. Eine Befragung von ErgotherapeutInnen, PhysiotherapeutInnen und SozialarbeiterInnen wurde durchgeführt. Die Antworten auf offen formulierte Fragen wurden zu den Kategorien der ICF gelinkt. Es konnten sowohl bedeutsame Ähnlichkeiten, als auch Unterschiede in der Beschreibung der Rehabilitationsbedürfnisse festgestellt werden. Die größten Übereinstimmungen zeigen sich in den Bereichen: Schmerz, Gelenk- und Muskelfunktion, Selbstfürsorge in der täglichen Routine, Aktivitäten zur Gesundheitsförderung und Arbeitsbezogene Probleme (Mengshoel & Skarbø, 2017).

In der vorliegenden Arbeit sehen ErgotherapeutInnen und die MitarbeiterInnen in der Überleitungspflege die Strukturen der oberen und unteren Extremität als gleichermaßen

wesentlich für ihr Tätigkeitsfeld an. In der Dokumentation der Körperfunktionen gibt es einige Überschneidungen, wodurch kein Trend beschrieben werden kann. Ebenso ist es bei der Relevanz der Umweltfaktoren. Hier kommen aus der Ergotherapie und der Überleitungspflege zum Großteil zu übereinstimmenden Aussagen. In der Wahl der Zielsetzung ist eine Priorisierung der Tätigkeiten der Überleitungspflege zu erkennen. Die Aktivitäten „üben / lernen“, „eine elementare Körperposition wechseln“ und „gehen“, werden von den Berufsgruppen als gleichermaßen relevante Ziele identifiziert. Hingegen sind Aktivitäten im Bereich der Selbstversorgung, wie zum Beispiel die Körperpflege oder Nahrungsaufnahme für die Ergotherapie wichtiger.

4.1.9. Untersuchungsinstrumente

Die Ergebnisse umfassen insgesamt 62 Untersuchungsinstrumente, die in der Neurorehabilitation nach Schlaganfall angewendet werden. 22 Instrumente wurden von der Autorin im Fragebogen aufgelistet, weitere 40 wurden von den TeilnehmerInnen ergänzt. Von den 22 durch die Autorin im Fragebogen aufgelisteten Assessments werden vier Instrumente in der untersuchten Abteilung nicht angewendet.

Die Berufsgruppen der NeuropsychologInnen und Überleitungspflege haben angegeben, keines der angeführten Assessments anzuwenden. Die NeuropsychologInnen haben in der offenen Frage ergänzt, dass sie eine Reihe von neuropsychologischen und klinisch-psychologischen Testverfahren und Fragebögen anwenden. Diese Angabe ist für weitere Diskussionen nicht verwertbar. Im Vergleich dazu haben DiätologInnen keine Informationen ergänzt. Dies lässt darauf schließen, dass die diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegepersonen in der Überleitungspflege keine Untersuchungsinstrumente selbständig anwenden.

Die Angabe der angewendeten Assessments soll eine Gewichtung der für die jeweilige Berufsgruppe relevanten Rehabilitationsbedürfnisse ermöglichen. Doch obwohl die NeurologInnen und diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegepersonen im Fragebogen angegeben haben alle Körperfunktionen zu prüfen und zu dokumentieren, verwenden sie nicht für alle Funktionen auch Untersuchungsinstrumente. Wie im theoretischen Hintergrund beschrieben gibt es unterschiedliche Möglichkeiten der Befunderhebung. Daher sind mit der Abfrage der verwendeten Untersuchungsinstrumente nicht alle Methoden erfragt. Es kann kein aussagekräftiger Rückschluss auf die Gewichtung der Rehabilitationsbedürfnisse gezogen werden.

Mit der Auflistung der Untersuchungsinstrumente in der offenen Frage kann zudem nur eine Sammlung erstellt werden, da nicht alle TeilnehmerInnen zu allen

Untersuchungsinstrumenten befragt wurden. Dies wäre in einem nächsten Forschungsschritt möglich.

In der Ergebnisanalyse wurde nicht unterschieden ob alle Personen einer Berufsgruppe oder nur eine Person das angegebene Untersuchungsinstrument verwendet. Es kann somit nicht interpretiert werden, ob es Untersuchungsinstrumente gibt, welche standardisiert eingesetzt werden.

Es gibt Instrumente, die in der Literatur bereits mit der ICF gelinkt wurden. In der Ergotherapie wird beispielsweise das „Ergotherapeutische Assessment“ standardisiert eingesetzt. Bei der Wahl der Untersuchungsinstrumente wäre es von Vorteil jene auszuwählen, die auch mit der ICF gelinkt werden können. Dadurch wäre die Implementierung dieser interdisziplinären Dokumentation erleichtert.

In der Ergotherapie gibt es neben der ICF weitere Praxismodelle, die interdisziplinär einsetzbar sind. Da das ICF Modell in der Praxis oft komplex aber vor allem sehr umfangreich wahrgenommen wird, findet es derzeit noch wenig Anwendung.

In der Neurorehabilitation ist der „Bottom-Up“ Ansatz im Vergleich zum „Top-Down“

Ansatz präsenter. Diese Beobachtung ist in der Wahl der Aktivitäten im Fragebogen zu beobachten. Es wurde oftmals angegeben Funktionen zu prüfen und zu dokumentieren, welche sich in der Zielsetzung nicht widergespiegelt haben.

Das Person-Environment-Occupation Modell ist beispielsweise eine Möglichkeit Stärken und Schwächen in Bezug auf die Betätigung der PatientInnen zu identifizieren. Dabei kann zwar keine Klassifikation vorgenommen werden, jedoch lernen die Anwender einen Bezug zur Aktivitätenebene zu schaffen.

Aus Sicht des CMOP Modells scheint in der Untersuchten Rehabilitation die Funktionsverbesserung im Vordergrund zu stehen. Dies ist in einer sub-akuten Phase nach Schlaganfall auch durchaus nachvollziehbar.

4.1.10. Interpretationen der Gesamtbeurteilung

Ein Fallbericht aus Großbritannien beschreibt den Therapieverlauf eines Patienten mit Multipler Sklerose in einer Rehabilitationseinrichtung. In dieser Arbeit stehen die Aussagen der Ergo- und PhysiotherapeutInnen im Fokus. Es konnten vier wichtige Erkenntnisse formuliert werden: Eine gute TherapeutInnen-PatientInnen Beziehung und das gegenseitige Vertrauen ist für die Wirksamkeit der Behandlung von Bedeutung.

Zielsetzungen und die Überprüfung der Ziele mit den PatientInnen unterstützen das

Team dabei die Behandlungen zu planen und fördern das Verständnis der unterschiedlichen beruflichen Rollen. Positives und konstruktives Feedback an die PatientInnen dient dem gegenseitigen Vertrauen und ist für den Therapieerfolg wichtig.

Eine gute interdisziplinäre Zusammenarbeit ist wichtig und das Verwischen von beruflichen Grenzen kann sich positiv auf die PatientInnen auswirken (Engin & Pretorius, 2008).

Diese Beobachtung im Fallbericht kann mit den Ergebnissen dieser MT unterstützt werden. In der Gesamtbeurteilung der interdisziplinären Zusammenarbeit gaben über 90% der Befragten an, dass sie die IZ als ausschlaggebend für den Therapieerfolg

Diese Beobachtung im Fallbericht kann mit den Ergebnissen dieser MT unterstützt werden. In der Gesamtbeurteilung der interdisziplinären Zusammenarbeit gaben über 90% der Befragten an, dass sie die IZ als ausschlaggebend für den Therapieerfolg