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Informationsineffizienz .1 Definition .1 Definition

Im Dokument EUROPEAN BUSINESS SCHOOL (Seite 145-151)

3. Erklärung von Büroimmobilienzyklen

3.4 Endogene Mechanismen .1 Kategorisierung .1 Kategorisierung .1 Kategorisierung

3.4.4 Informationsineffizienz .1 Definition .1 Definition

Ein Markt ist informationsineffizient, wenn die für die Bewertung relevanten Informationen nicht korrekt oder nicht vollständig in den Preisen reflektiert sind.328 Umgekehrt bedeutet Informationseffizienz, dass nach einer plötzlichen und unvorhergesehenen Änderung der bewertungsrelevanten Informationen sich die Preise schnell anpassen werden.

328 Diese wohl geläufigste Definition für Informationseffizienz geht nach LeRoy (Martingales, 1989, S. 1592) auf Eugene Fama und Harry Roberts zurück. Diese Zuordnung trifft ebenfalls Shleifer (Inefficient Markets, 2000, S. 1).

In der Literatur existiert eine Fülle von Belegen dafür, dass dies für die Immobi-lienmärkte nicht gegeben ist und sie mithin als „informationsineffizient“ einzustu-fen sind.329 Dies gilt zwangsläufig nicht nur für die Geschwindigkeit der Preis-anpassung, die bereits in Punkt 3.4.2.1 betrachtet wurde, sondern auch für ihre Korrektheit und Vollständigkeit.

Der Begriff der Informationseffizienz geht in der Kapitalmarkttheorie einher mit der „Random-Walk“-Hypothese. Dieser liegt die Überlegung zu grunde, dass wenn zu jeder Zeit alle relevanten Informationen korrekt in den Preisen von Wertpapieren reflektiert sind, die künftige Entwicklung ihrer Renditen aus-schließlich von den unvorhersehbaren Entwicklungen der Zukunft abhängt – und diese mithin rein zufällig verlaufen sollten. Nun sind Immobilienrenditen und ihre Determinanten alles andere als ein Random-Walk330, und so lässt sich die Informationsineffizienz nicht nur als Ursache, sondern auch „Wirkung“ des Phä-nomens Büro-Immobilienzyklen betrachten.

3.4.4.2 Intransparenz

Intransparenz ist eine hinreichende Bedingung für Informationsineffizienz, denn sie bedeutet, dass die Marktteilnehmer nicht (genau) wissen, was auf dem Markt stattfindet und folglich nicht in der Lage sind, darauf angemessen zu reagieren. Transaktionen werden entweder überhaupt nicht bekannt, oder die entsprechenden Sach- und Preisinformationen sind ganz oder in Teilen falsch und damit, abhängig von der Verhaltensweise des Empfängers, wertlos oder sogar irreführend. Dies gilt nicht nur für Kauf-Transaktionen, sondern auch für den Abschluss von Mietverträgen, deren teilweise umfangreiche Nebenleistun-gen und -abreden normalerweise niemandem außer den Vertragspartnern

329 Beispiele für empirische Arbeiten, die sich explizit mit statistischen Belegen für die Informati-onsineffizienz beschäftigen, sind Gau, Markets 1987, Gatzlaff/Tirtiroglu, Efficiency 1995 und Case/Shiller, Efficiency, 1989. Auch Seiler/Webb/Myer (Diversification, 1999, S. 171) stellen fest: „In light of several studies that indicate the unsecurized real estate market to be infor-mationally inefficient.” Anderer Ansicht ist zwar Shilton (Cointegration, 2000, S. 461-462), der angesichts fehlender Arbitragemöglichkeiten eine Informationseffizienz unterstellt – die-se Sichtweidie-se entspricht aber nicht der o. a. Definition von Effizienz.

330 Im nachfolgenden Kapitel wird diese – ohnehin kaum strittige – These u. a. durch die Analy-se der Autokorrelationen von relevanten Zeitreihen belegt.

selbst bekannt werden. Durch die Abwesenheit klarer Branchenstandards wird jeder Vertragsabschluss zu einem Einzelfall.

Eine geringe Markttransparenz hat für den Büroimmobilienmarkt einige negative Auswirkungen:331

- Verlängerung des Preismechanismus-Lag, - Erhöhung der Such- und Transaktionskosten,

- Erhöhung der allgemeinen Fehlerrate bei Bewertung und Investitionsrech-nung,

- Geringes Vertrauen in den Markt, Erhöhung der Risikoprämie für Immobi-lieninvestitionen, die zu einem generellen Wertabschlag der Anlagekatego-rie führen kann.

Zweifelsohne hat es in den letzten zehn Jahre enorme Verbesserung in Rich-tung einer höheren Transparenz der Immobilienmärkte gegeben. Die Gründung der Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung (gif) e.V. einherge-hend mit der Erarbeitung wichtiger Standards und Definitionen zum Büromarkt und der gif Büromarkterhebung, die Entwicklung des Performance basierten Deutschen Immobilienindex DIX332, neue Publikationen wie die Immobilien Zeitung, der Immobilien Manager oder die immobilienwirtschaftlichen Beilagen großer Tageszeitungen, insbesondere der Frankfurter Allgemeine Zeitung, Immobilienmessen wie die Expo Real in München und Anfang 2002 sogar die Gründung eines „Rates der Weisen“ der Immobilienwirtschaft – dies alles sind wichtige Meilensteine auf dem Weg zu einer besseren Transparenz. Dazu kommen Änderungen im regulatorischen Umfeld wie die Initiative Corporate Governance der deutschen Immobilienwirtschaft, die EU-Verordnung zur Ein-führung der International Accounting Standards und das Gesetz zur Kontrolle

331 Die nachfolgenden Ausführungen zur Intransparenz stützen sich in Teilen auf einen unveröf-fentlichten Vortrag von Prof. Dr. Karl-Werner Schulte HonRICS, gehalten am 27. September 2003 auf der Mitgliederversammlung der Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche For-schung (gif) e.V. zum Thema: „Markttransparenz in Deutschland – Rückblick auf 10 Jahre gif e.V.“.

332 Vgl. Schulte, Immobilien-Index, 1997, S. 14.

und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG).333 Angesichts der Hete-rogenität des Immobilienmarktes werden aber auch diese Entwicklungen kaum je zu einer den Finanzmärkten vergleichbaren Transparenz führen.

3.4.4.3 Asymmetrische Information und Principal-Agent-Beziehungen Ein Sonderfall der o. a. Intransparenz ist die ungleichmäßige, also asym-metrische Verteilung von Informationen. Solche Asymmetrien können zwischen Mieter und Vermieter, Käufer und Verkäufer, Berater und Beratungskunde, Projektentwickler und Bank, Bauherr und Architekt, Bewerter und Fonds usw.

bestehen.

Mit dem Verhalten von Akteuren bei ungleich verteilter Information beschäftigt sich die Neue Institutionenökonomik. Mit Hilfe des Principal-Agent-Ansatzes werden Entlohnungssysteme herausgearbeitet, die dem weniger informierten Prinzipal (bspw. dem Bauherrn) ein möglichst weitgehend in seinem Sinne laufendes Verhalten des Agenten (bspw. des Architekten) garantiert.334

In Abwesenheit geeigneter Regelungen führt asymmetrische Information meist zu einem die weniger informierte Seite schädigenden Verhalten, oder sogar zu deren Marktaustritt.335 Die Ursache beschreibt Kummerow sehr plastisch:

“[…] every expense item in a project budget is a profit center for somebody.

Land assembly profits, construction profits, lending institution staff bonuses, consulting fees, project management fees and securitization fees reward deci-sion makers even where projects eventually fail.”336

333 Vgl. Pfnür, Performance Controlling, 2002, S. 39.

334 Eine detaillierte Analyse der Bauherr-Architekten-Beziehung mit Hilfe des Principal-Agent Ansatzes wird liegt mit der Dissertation von Schulz-Eickhorst (Bauherren-Architekten-Beziehung, 2002) vor. Rottke und Wernecke (Immobilienfinanzierung, 2001, S. 10) übertra-gen den Principal-Aübertra-gent Ansatz auf das Verhältnis von Baukreditabteilung zur Gesamtbank und Bank zum Kunden.

335 Vgl. dazu Downs/Güner, Information Deficiency, 1999, S. 538-539, die in ihrer Studie empi-risch nachweisen, dass sich die Informationsasymmetrie auf den realen Märkten auch auf abgeleitete Anlageinstrumente wie REITs überträgt, was dazu führt, dass die Liquidität mit der Zahl der Teilnehmenden Spezialisten abnimmt.

336 Vgl. Kummerow, System Dynamics, 1999, S. 234, der sich bei diesem Zitat ohne genauen Literaturverweis auf eine Aussage von Graaskamp beruft.

Die grundsätzliche Wirkung asymmetrischer Information auf das Marktgesche-hen ist die gleiche wie die weiter oben beschriebene: Preisinformationen sind verzerrt und Transaktionen finden auf fehlerhafter Basis statt. Dobberstein be-schreibt, wie Berater gegenüber ihren Auftragebern, den Investoren, Projekt-entwicklern oder Finanziers, gerade an konjunkturellen Wendepunkten zu über-triebenen Prognosen tendieren, weil sie dieser Agency-Problematik unterliegend die Erwartungen ihrer Auftraggeber zu erfüllen hoffen.337

3.4.4.4 Spekulative Blasen

Das Phänomen spekulativer Blasen wird hier deshalb nicht als „Verhaltens-anomalie“ behandelt, weil ihr Auftreten nicht notwendigerweise irrationales Verhalten unterstellt. Flood und Hodrick führen diesen Gedanken auf Keynes zurück, der den Aktienmarkt als einen Markt beschrieben habe, auf dem Speku-lanten „anticipate ‚what average opinion expects average opinion to be‘ rather than focusing on things fundamental to the market“.338 Dies ist deshalb nicht irrational, weil die Meinung der anderen Preis bestimmend sein können, selbst wenn die Preise fundamental ungerechtfertigt sind.339

Eine spekulative Blase ist eine von der fundamentalen Ertragssituation abge-koppelte Preisentwicklung, also eine beträchtliche Abweichung zwischen Real-wirtschaft und Finanzwelt.340 Auf den Immobilieninvestitionsmarkt übertragen kann dies einer zur Ertragsentwicklung überproportionalen Kaufpreisentwick-lung entsprechen, oder aber auch einer sehr hohen Diskrepanz zwischen Er-trags- und Substanzwerten bei gleichzeitiger Verfügbarkeit von adäquatem Bauland.

337 Vgl. Dobberstein, Büromarktakteure, 2000, S. 17.

338 Vgl. Flood/Hodrick, Speculative Bubbles, 1990, S. 85.

339 Das entsprechend berücksichtigte Risiko weiterer irrationaler Preisentwicklungen wird in der Finanzmarkt-Literatur als „noise trader risk“ bezeichnet. Vgl. Shleifer, Inefficient Markets, 2000, S. 28 oder Shleifer/Summers, Noise Trader, 1990, S. 19.

340 Vgl. dazu Beyerle, Zyklen, 2003, S. 15: „Im Sinne einer einheitlichen Definition ist von einer Blasenbildung verkürzt zu sprechen, wenn Vermögenspreise wie Aktienkurse und Immobi-lienpreise so hoch sind, dass sie nicht mehr mit ihren Fundamentalwerten übereinstimmen“.

Zur Entstehung einer spekulativen Blase kann bereits eine einmalige Preisüber-treibung, die sogenannte „seed“, ausreichen.341 Unterstellt man, dass die Inves-toren die Gesamtrendite, also die Ausschüttungsrendite zzgl. der Wertände-rungsrendite beobachten, so kann der einmal überhöhte Preis mit normaler Rate weiter wachsen, ohne dass die steigende Diskrepanz anhand überhöhter Renditen auffällig würde. Somit steigt diese Diskrepanz zwischen fundamenta-lem und Marktwert unbeobachtet immer weiter, bis sie – i. d. R. schlagartig – bekannt wird und durch rasche Kapitalabwertung („Platzen“) beseitigt wird.

Mehrere Wissenschaftler haben sich mit der Frage auseinandergesetzt, ob es sich bei dem Immobilienboom Anfang der 90er Jahre um eine spekulative Bla-se, und bei dem nachstehenden Niedergang um das Platzen derselben gehan-delt haben könnte. Björklund und Söderberg bspw. sehen in ihrer statistischen Analyse des schwedischen Immobilienmarktes starke Indizien für das Auftreten einer spekulativen Blase zwischen 1985 und 1990.342 Aber schon in früheren Jahrzehnten ließ sich in der Bundesrepublik Deutschland das Phänomen beo-bachten, das sich in der Erwartung äußerte, dass sich der Wert von Grund und Boden mit einer quasi naturgegebenen Rate weiterentwickeln würde. In der Praxis der Investitionsanalyse lässt sich ebenfalls oft beobachten, dass sich der erwartete Verkaufserlös einer Immobilieninvestition aus dem kontinuierlich inflationierten Kaufpreis ergibt. Entsprechend exorbitant können erwartete Ver-kaufserlöse bei einem herrschenden Immobilienboom ausfallen – wodurch dieser auf Seiten des Investitionsmarktes wiederum verlängert wird.

Ein Wechselspiel zwischen Entstehen von spekulativen Blasen und Platzen derselben würde das Phänomen von Immobilienzyklen bereits für sich erklären können. Allerdings erscheint ein solcher Erklärungsansatz angesichts der nor-malerweise relativ langsamen Rezessionstendenzen des Immobilienmarktes (über Jahre, nicht über Tage) überzogen. Dennoch ist das Grundprinzip der Blasenbildung Zyklen verstärkend und damit ein wichtiger endogener Fortpflan-zungsmechanismus.

341 Vgl. Flood/Hodrick, Speculative Bubbles, 1990, S. 91.

342 Vgl. Björklund/Söderberg, Bubbles, 1999, S. 154.

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