• Keine Ergebnisse gefunden

Einordnung und Abgrenzung

Im Dokument EUROPEAN BUSINESS SCHOOL (Seite 42-47)

Den theoretischen Bezugsrahmen dieser Arbeit bildet die Immobilienökono-mie39, die einen interdisziplinären Lehr- und Forschungsansatz verfolgt. Das als

„Haus der Immobilienökonomie“ (vgl. Abbildung 2) visualisierte Wissenschafts-konzept unterscheidet grundsätzlich zwischen interdisziplinären, institutionellen, typologischen und Managementaspekten.

Die Grundlage der interdisziplinären Aspekte bildet die Allgemeine Betriebs-wirtschaftslehre. Innerhalb dieser entspricht das anwendungsorientierte Wis-senschaftsverständnis40 im Gegensatz zu dem der theoretischen Betriebswirt-schaftslehre41 dem Anspruch der Immobilienökonomie als entscheidungs-bezogene Disziplin.42 Dieses Verständnis führte in der Entstehungsphase der Immobilienökonomie zu grundlegenden Veröffentlichungen, die sich mit der

39 Der Begriff „Immobilienökonomie“ wurde 1990 von Karl-Werner Schulte für den an der European Business School (ebs) und der ebs IMMOBILIENAKADEMIE in Oestrich-Winkel in Zusammenarbeit mit Stephan Bone-Winkel und Wolfgang Schäfers entwickelten For-schungsansatz geprägt.

40 Thommen (Betriebswirtschaftslehre, 1991, S. 49) sieht die Betriebswirtschaftslehre als anwendungsorientierte Wissenschaft, deren Aufgabe es ist „mit Hilfe von Erkenntnissen der theoretischen oder Grundlagenwissenschaften sowie der Erfahrung der Praxis Problemlö-sungen (Regeln, Modelle, Verfahren) für praktisches Handeln zu entwickeln“. Zur Einord-nung der BWL zwischen Theorie und Praxis stellt er fest, sie unterscheide „[...] sich damit in wesentlichen wissenschaftstheoretischen Merkmalen sowohl von den Grundlagenwissen-schaften als auch von der betrieblichen (unternehmerischen) Praxis. Sie ist aber untrennbar mit diesen verbunden und liegt zwischen der Grundlagenforschung und der Praxis eingebet-tet“.

41 Wöhe unterscheidet innerhalb der BWL die Bereiche theoretische und angewandte Wissen-schaft, wobei der theoretische Bereich durch die Elemente Abstraktion, induktives Folgern, kausale Erklärung der Wirklichkeit gekennzeichnet sei (Betriebswirtschaftslehre, 2000, S.

34).

42 Vgl. Schulte, interdisziplinäres Lehr- und Forschungskonzept, 2002, S. 6.

Übertragung betriebswirtschaftlicher Themen und Methoden wie des strategi-schen Managements oder der Investitionsanalyse auf die speziellen Belange der Immobilienwirtschaft im Ganzen beschäftigen. Zu diesen Veröffentlichungen gehören bspw. die Arbeiten von Bone-Winkel, Schäfers, Ropeter, Brade oder Isenhöfer.43 Mit wachsender Abdeckung des Grundlagenbereichs nimmt inzwi-schen die vertiefende Beschäftigung mit Teilaspekten und –phänomenen zu. In diese Richtung bewegt sich der praxisbezogene Teil dieser Arbeit, der in der Übertragung theoretischer und empirischer Erkenntnisse auf Investitionsent-scheidungen bei Büroimmobilien besteht und als Spezialisierung innerhalb des investitionstheoretischen Rahmengerüstes von Ropeter gesehen werden kann.

In der Immobilienökonomie geben neben der Betriebswirtschaftslehre die weite-ren interdisziplinäweite-ren Aspekte Volkswirtschaftslehre, Rechtswissenschaft, Raumplanung, Architektur und Ingenieurwesen der „Vieldimensionalität von Immobilien im Rahmen einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung Raum“.44 Dabei steht in dieser Arbeit die Schnittstelle zur Volkswirtschaftslehre im Mittel-punkt, die bislang vergleichsweise selten Gegenstand wissenschaftlicher Publi-kationen in der Immobilienökonomie war.45

Aus dieser finden unterschiedliche Schulen Eingang in die theoretische und empirische Methodik:

Der klassisch-neoklassischen Sicht entspricht das partielle Gleichgewichtsmo-dell, das im theoretischen Kapitel für die Immobilien-Teilmärkte abgeleitet wird.

Die Besonderheiten von Immobilien führen aber dazu, dass eine Fülle von Annahmen der neoklassischen Theorie wie „vollkommene Information“ und

„sofortige Preis- und Mengenreaktion“ nicht gegeben sind, so dass es bei der beobachtbaren Marktdynamik zu beträchtlichen Abweichungen kommen kann.

43 Bone-Winkel, Strategisches Management; 1994, Schäfers, Strategisches Management, 1997; Ropeter, Investitionsanalyse, 1998; Brade, Marketingplanung, 1998, Isenhöfer, Stra-tegisches Management, 1999.

44 Vgl. Schulte, innovatives Lehr- und Forschungskonzept, 2000, S. 38.

45 So steht bspw. das Erscheinen eines Bandes „Volkswirtschaftliche Grundlagen“ des Hand-buches Immobilienökonomie bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt aus.

Industrie- immobilien

Immobilien- projektentwickler Sonstige

Immobilien- nutzer Immobilien- dienstleister Immobilien- finanzinstitutionen

Bauunternehmen

Immobilien- investoren

Portfolio- managementPREMCREM Institutionelle Aspekte

Sonder- immobilien Wohn- immobilien

Gewerbe- immobilien RechtswissenschaftRaumplanungArchitekturVolkswirtschaftslehreIngenieurwesen

Projekt- entwicklungFacilities ManagementBau-Projekt- managementImmobilien- marketingImmobilien- investitionImmobilien- analyseImmobilien- finanzierungImmobilien- bewertung

Management-Aspekte Strategiebezogene AspektePhasenorientierte AspekteFunktionsspezifische Aspekte Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

Immo bili e n ö ko n o m ie

Typologische Aspekte

Interdisziplinäre Aspekte

Industrie- immobilien

Immobilien- projektentwickler Sonstige

Immobilien- nutzer Immobilien- dienstleister Immobilien- finanzinstitutionen

Bauunternehmen

Immobilien- investoren

Portfolio- managementPREMCREM Institutionelle Aspekte

Sonder- immobilien Wohn- immobilien

Gewerbe- immobilien RechtswissenschaftRaumplanungArchitekturVolkswirtschaftslehreIngenieurwesen

Projekt- entwicklungFacilities ManagementBau-Projekt- managementImmobilien- marketingImmobilien- investitionImmobilien- analyseImmobilien- finanzierungImmobilien- bewertung

Management-Aspekte Strategiebezogene AspektePhasenorientierte AspekteFunktionsspezifische Aspekte Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

Immo bili e n ö ko n o m ie

Typologische Aspekte

Interdisziplinäre Aspekte

Quelle: Schulte, innovatives Konzept, S.39; eigene Hervorhebung durch schwarze Rahmen um die in dieser Arbeit vorwiegend betroffenen Aspekte.

Abbildung 2: Das „Haus der Immobilienökonomie“

Diese Abweichungen werden zunächst in den dynamischen Ansätzen der In-vestitions- und Konjunkturtheorie beschrieben und mit den in der empirischen Konjunkturforschung entwickelten mathematisch-statistischen Instrumenten analysiert. Allerdings erweisen sich die unzureichende Länge und Qualität im-mobilienbezogener Zeitreihen immer wieder als gravierende Einschränkung.

Einen besonderen Stellenwert in der Erklärung des Verhaltens der Marktteil-nehmer hat die relativ junge Schule der „behavioral economics“, die viele Wi-dersprüche zwischen Theorie und Empirie als nur scheinbar identifiziert und damit die Schwächen des Rationalitäts- und Wirtschaftlichkeitspostulats offen legt, indem sie auf das Verhalten abstellt: „Ökonomie ist Sozialwissenschaft.

Sie beschränkt sich nicht auf die Analyse rein wirtschaftlicher Vorgänge, ihr Interesse gilt dem Verhalten von in Gemeinschaft lebenden Menschen allge-mein“.46

In Bezug auf die institutionellen Aspekte stehen in dieser Arbeit vor allem Projektentwickler, Investoren und Finanzinstitutionen im Vordergrund. Es stellt sich u. a. die Frage, ob ein den verschiedenen Institutionen individuell zuge-schriebenes Fehlverhalten tatsächlich zyklische Schwankungen entstehen lässt oder verstärkt, und auf welche Weise sie umgekehrt positiv und negativ davon betroffen sind. Andere Akteure, wie bspw. Bauunternehmen und Flächennutzer werden zwar ebenfalls und sogar teilweise erheblich von Marktfluktuationen berührt, sind aber nicht Gegenstand des praxisorientierten Teiles dieser Arbeit.

Für die typologischen Aspekte ergibt sich die klare Beschränkung auf Büro-immobilien als Standardfall des gewerblichen Immobilienmarktes. Diese Be-schränkung wird aus mehreren Gründen vorgenommen:

- anders als bspw. im gesetzlich stark reglementierten Wohnungsmarkt ste-hen im Nutzungs- und Investitionsprozess des gewerblicste-hen Immobilien-marktes ökonomische Erwägungen im Vordergrund;

46 Horn, Wissenschaft für Menschen, 2002, S. 13 (anlässlich der Verleihung des Wirtschafts-nobelpreises 2002 für Daniel Kahneman und Vernon Smith – Kahnemann gilt als Begründer der Schule der behavioral economics).

- innerhalb der vielfältigen Formen gewerblicher Immobilien ist die Bürofläche ein relativ homogenes Gut, wodurch verallgemeinernde Aussagen eher möglich werden;47

- durch die hohe Professionalisierung dieses Sektors hat das verfügbare Datenmaterial einen Umfang, der nur vom Wohnsektor übertroffen wird;

- es kann auf eine große Zahl an Publikationen in der internationalen For-schung zurückgegriffen werden;48

- der Büromarkt ist hierzulande weniger erforscht als der Wohnungsmarkt, zu dem es bereits umfangreiche Studien - auch im Hinblick auf Marktzyklen - gibt.49

Von den Managementaspekten wird im Verlauf dieser Arbeit in erster Linie die Immobilieninvestition behandelt, wobei auch hier ein weiterer Fokus auf der Direktinvestition und ihrer Analyse besteht. Die Immobilienprojektentwicklung wird lediglich als Sonderform der Immobilieninvestition betrachtet. Für das Im-mobilienportfoliomanagement sind die empirischen Ergebnisse des fünften Kapitels relevant, eine Untersuchung der sich daraus ergebenden Konsequen-zen im Sinne einer auf Zyklen ausgerichteten Portfoliooptimierung findet jedoch nicht statt.

Eine wichtige Einschränkung besteht in der Nichtbehandlung der neuen Bun-desländer im empirischen Teil der Arbeit. Mit Leipzig und Dresden gibt es zwar mindestens zwei wichtige Büroimmobilienmärkte, die auch von starken Schwankungen geprägt sind. Aber die verfügbaren Zeitreihen weisen für eine quantitative Analyse keine ausreichende Länge auf.

47 Vgl. Schulte et. al., Betrachtungsgegenstand IÖ, 1998, S. 24.

48 Vgl. Pyhrr/Born, Cycle Knowledge, 1999, für einen ausführlichen Überblick über Veröffentli-chungen zu Real Estate Cycles allgemein und Office Cycles im speziellen.

49 Dazu gehört insbesondere Dopfer, Wohnungsmarkt, 2000.

Im Dokument EUROPEAN BUSINESS SCHOOL (Seite 42-47)