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C. jejuni ST-122 (n=6) zusammengefasst

5.1 Infektionsversuch mit Campylobacter spp. am Göttinger Minipig als Tiermodell

Anhand der Ergebnisse der vorliegenden Studie kann gezeigt werden, dass adulte Göttinger Minipigs sich zur Untersuchung des Kolonisationsverhaltens von Campylobacter spp. als Tiermodell eignen, da alle Infektionsstämme im Verlauf des Versuchs aus dem Kot und am Tag der Sektion aus der Ingesta sowie aus dem Gewebe verschiedener Darmabschnitte reisoliert werden konnten.

Göttinger Minipigs eignen sich vor allem durch ihre Umgänglichkeit für experimentelle Studien (BEGLINGER et al. 1975). Hierbei sind Schweine, die aus SPF-Haltungen stammen, wie die im vorliegenden Versuch verwendeten Göttinger Minipigs, insbesondere in Hinblick auf ihren bekannten und guten Gesundheitsstatus geeignet (PLONAIT 1963), da durch Ausschluss von Vorerkrankungen Rückschlüsse auf mögliche gesundheitliche Veränderungen durch eine artifizielle Infektion mit den ausgewählten Campylobacter spp. ermöglicht werden.

Bei immunkompetenten Schweinen treten nach einer Infektion mit thermophilen Campylobacter spp. in der Regel keine Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes auf (ANDRESS et al. 1968; LEBLANC MARIDOR et al. 2008; BRATZ et al. 2012). Auch in der vorliegenden Arbeit zeigten die Schweine während des Versuchs keine klinischen Zeichen einer Erkrankung. Außerdem traten bei den Versuchstieren weder makroskopisch-pathologische Veränderungen der inneren Organe auf, die auf die Infektion mit Campylobacter spp. zurückgeführt werden konnte, noch histopathologische Veränderungen des Darms, der Leber und Mesenteriallymphknoten. Auch die Untersuchungen des Blutes ergaben keine eindeutige, mit der Infektion zusammenhängende Abweichung der erhobenen Parameter von den Referenzwerten. Die Lymphozytopenie (Minimalwert 25,5 % bzw. 1,82 G/l) der meisten Tiere lässt sich am besten durch die Stresssituation erklären, in der diese sich bei der Blutentnahme befanden. Da die Schweine bereits vor Versuchsbeginn z.T. erniedrigte Lymphozytenzahlen aufwiesen, ist nicht von einem Zusammenhang mit der Infektion auszugehen. Zudem zeigten die Tiere der Negativkontrollgruppe ähnliche Werte wie die der

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infizierten Gruppe. Die Erythrozytopenie der Tiere der Gruppe 4 (4-1: 5,1 T/l, 4-2: 5,54 T/l) und 5 (5-1: 5,46 T/l, 5-2: 5,5 T/l) könnten im Zusammenhang mit der Infektion stehen, da alle vier Tiere im Blut der Eingangsuntersuchung Werte in der Norm aufwiesen und die Erythrozytenzahlen erst an Tag 7 p. inf. abgefallen sind. Erythrozytopenien können im Zusammenhang einer Infektanämie auftreten; die erniedrigten Lymphozytenwerte sprechen allerdings gegen eine infektionsbedingte Reaktion (KRAFT u. DÜRR 2005).

Um Campylobacter-spp.-freie Tiere zu erhalten, bei denen durch Infektionen mit Campylobacter spp. Erkrankungen provoziert werden können, werden gnotobiotische Ferkel, die keine etablierte Darmflora besitzen, benötigt (OLUBUNMI u. TAYLOR 1982;

BOOSINGER u. POWE 1988; VITOVEC et al. 1989; BABAKHANI et al. 1993). Hierbei handelt es sich allerdings um eine sehr arbeitsaufwendige und kostspielige Aufzucht und Haltung (MINIATS u. JOL 1978). Da Schweine in der Regel während oder kurz nach der Geburt mit Campylobacter spp. infiziert werden (WEIJTENS et al. 1997; HARVEY et al.

2000; YOUNG et al. 2000), ist die Beschaffung von Campylobacter-spp.-freien Versuchsschweinen ohne gnotobiotische Aufzucht erheblich erschwert. Auch die im Versuch verwendeten Schweine wurden positiv für C. lanienae getestet, waren jedoch frei von C. jejuni und C. coli. Durch Anzucht von antibiotikaresistenten Mutanten der Infektionsstämme konnten diese bei Reisolation aus Kot, Ingesta und Organen auf einem mit dem entsprechenden Antibiotikum supplementierten mCCDA-Agar selektiv nachgewiesen werden.

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5.2 In-vivo-Kolonisations- und In-vitro-Invasionsverhalten von C. lanienae

Da die Schweine vor Versuchsanfang nachweislich Träger von C. lanienae, jedoch frei von anderen Campylobacter-Arten waren, konnte anhand der Negativkontrollgruppe das Kolonisationsverhalten von C. lanienae untersucht werden. Dies wurde ermöglicht durch Anzucht der Proben auf für Campylobacter spp. selektiven mCCDA-Platten. Untersuchungen zu C. lanienae sind von besonderem Interesse, da diese Art erst im Jahre 2000 beschrieben wurde und bislang nur wenige Daten existieren (LOGAN et al. 2000; SCHWEITZER et al.

2011).

C. lanienae wurde regelmäßig in hoher Anzahl aus dem Kot der Schweine nachgewiesen.

Hierbei kam es zu einer maximalen Isolierungsrate von 4,4 × 106 KbE/g und einer minimalen von 7,5 × 104 KbE/g Kot. Der Durchschnittswert lag bei 1,2 × 106 KbE/g Kot. Bei aus Rinderkot isolierten C. lanienae wurden mit bis zu 4 × 108 Zellen/g mehr Bakterien gefunden.

Dabei wurde für die quantitative Untersuchung jedoch eine RTQ-PCR vorgenommen, welche nach Aussage der Autoren höhere Ergebnisse erzielt als mikrobiologische Untersuchungsverfahren (INGLIS et al. 2004).

In dem vorliegenden Versuch konnte C. lanienae am Tag der Sektion außerdem aus der Ingesta des Ileums, Zäkums und Kolons isoliert werden, mit den höchsten Keimzahlen aus dem Zäkum und Kolon. Hierbei wurde ein Maximalwert von 1,8 × 105 KbE/g aus der Ingesta des Zäkums und ein Minimalwert aus der Ingesta des Ileums von 1,0 × 102 KbE/g ermittelt.

Dies deckt sich mit den Untersuchungen von INGLIS et al. (2005), in denen C. lanienae in der Ingesta von Rindern mehrheitlich im Bereich zwischen 104 und 105 KbE/g nachgewiesen wurde. Die Maximalwerte in der Untersuchung von INGLIS et al. (2005) lagen mit 7 × 106 jedoch höher als die in der vorliegenden Arbeit, wobei dies ebenfalls mit der Anwendung der RTQ-PCR zusammenhängen könnte. Die Untersuchungen von INGLIS et al. (2005) ergaben außerdem, dass C. lanienae im Rind vorwiegend aus der Ingesta des Zäkums, Kolons und Rektums isoliert werden kann, was mit den Nachweisen beim Schwein übereinstimmt. Es kann also angenommen werden, dass C. lanienae bei Rindern und Schweinen gleichermaßen

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den Dickdarm kolonisiert, während eine Besiedlung des Dünndarms nicht stattzufinden scheint.

C. lanienae wurde in keinem Fall in den Darmgeweben der Schweine nachgewiesen.

Demnach ist davon auszugehen, dass C. lanienae beim Schwein lediglich den luminalen Teil des Darms oder die oberflächlichen Anteile der Mukusschicht besiedelt, jedoch weder fest adhäriert noch intrazellulär an die Epithelzellen gelangt. Da der Darm mit physiologischer Kochsalzlösung gespült wurde, um ingestafreie Proben zu erhalten, könnten locker an die Mukosa assoziierte Bakterien möglicherweise entfernt worden sein. Mukusassoziierte Campylobacter spp. wurden bereits beschrieben (LEE et al. 1986) und stellen eine denkbare Lokalisation von C. lanienae im Intestinaltrakt des Schweines dar. PCR-Untersuchungen von gespülten Darmproben von Rindern ergaben positive Nachweise für C. lanienae (INGLIS et al. 2005), was auf eine höhere Interaktion von C. lanienae mit dem Darm von Rindern hinweisen könnte.

Ein fehlender Nachweis in den Proben von Leber und Mesenteriallymphknoten der Tiere der Gruppe 6 lässt eine ausgebliebene Dissemination von C. lanienae in den Körper der Schweine vermuten, was bereits durch den fehlenden Nachweis des Stammes in den Gewebeproben der Intestinalsegmente vermutet werden konnte. Die Ergebnisse der Untersuchungen weisen auf ein wenig invasives Verhalten von C. lanienae im Schwein hin, was auch die Ergebnisse des Gentamicin-Protection-Assays andeuten. Der untersuchte C.-lanienae-Stamm zeigte mit einer Invasionsrate von 0,00081 % eine noch geringere Invasivität als die flaA-Mutante, welche als sehr gering invasiv eingestuft wird. Auch die Motilität des C.-lanienae-Stammes lag nur gering über der der flaA-Mutante. Obwohl in einer Studie eine Korrelation zwischen der Invasivität von Campylobacter-Stämmen in humane Darmepithelzellen und dem Kolonisationspotenzial im Darm am Beispiel von C. jejuni und dem Geflügeldarm festgestellt werden konnte (HÄNEL et al. 2004; VAN DEUN et al. 2008), kann von einem solchen Zusammenhang bei C. lanienae und der Besiedlung des Schweinedarms anhand der vorliegenden Ergebnisse nicht ausgegangen werden, da C. lanienae bei einer sehr geringen Invasivität an humanen Darmepithelzellen dennoch ein hohes Kolonisationspotenzial im Schwein zeigte. Damit wird auch die Vermutung, dass Adhäsion und Invasion einen

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entscheidenden Einfluss auf die Kolonisation von Campylobacter spp. im Intestinaltrakt des Wirts haben (HERMANS et al. 2011), anhand der vorliegenden Ergebnissen nicht bestätigt, da C. lanienae sowohl in vivo als auch in vitro ein sehr geringes invasives Potenzial aufzuweisen scheint.

Die geringe Invasivität in humane T84-Zellen spricht für ein geringes pathogenes Potenzial für den Menschen. C. lanienae wurde erstmals aus Schlachthofmitarbeitern isoliert, die keinerlei klinische Erkrankung aufwiesen (LOGAN et al. 2000). Andererseits gaben Inglis et al. (2004) zu bedenken, dass einige C.-lanienae-Stämme auf mCCDA kein Wachstum zeigen und sie daher bei Untersuchungen von erkrankten Menschen auf Campylobacter spp.

übersehen werden könnten.

Die in der vorliegenden Arbeit isolierten C.-lanienae-Stämme wurden in zum Teil hohen Mengen aus dem Kot und der Ingesta isoliert, wobei eine Anzucht sowohl auf mCCDA als auch auf Blutagar möglich war. Allerdings zeigte C. lanienae im Gegensatz zu den eingesetzten C.-jejuni- und C.-coli-Stämmen ein ausgesprochen feines Wachstum. Nach einer 24-stündigen microaerophilen Bebrütung bei 37 °C auf mCCDA wuchsen sie als ca. 0,5-1 mm große, transparente Kolonien. Außerdem konnte nach sechsmonatiger Konservierung in Magermilch bei -70 °C und erneuter Anzucht auf mCCDA und Blutagar nur etwa auf der Hälfte der Platten ein Wachstum beobachtet werden, was auf eine Empfindlichkeit gegenüber Tiefgefrierung hindeutet. Möglicherweise wird auch das Wachstum von C. lanienae bei der Anreicherung in der Bolton-Bouillon nicht ausreichend gefördert, sodass es bei geringen Bakterienzahlen in der Probe zu einem fehlenden Nachweis in den Organen kam. Dass die C.-lanienae-Isolate in Bolton-Bouillon per se Wachstum zeigen, erwies sich bei Anwendung der semiquantitativen Beurteilung der Fäzes und Ingesta. Diese Methode zeigte jedoch geringere Isolationsraten als die quantitative Methode, bei der die Verdünnungsreihen direkt auf mCCDA ausgespatelt wurden. Daher scheint eine vorherige Anreicherung von C. lanienae in Bolton-Bouillon nach den Ergebnissen der vorliegenden Untersuchung nicht empfehlenswert.

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