• Keine Ergebnisse gefunden

C. jejuni ST-122 (n=6) zusammengefasst

5.3 In-vivo-Kolonisationsverhalten der Infektionsstämme

5.3.3 In-vivo-Kolonisationsverhalten des aviären C.-jejuni-Stammes ST-122

Der C.-jejuni-Stamm ST-122 wurde von Tier 3-1 erstmals an Tag 14 und von Tier 3-2 an Tag 7 aus dem Kot isoliert. Somit gelang der Nachweis dieses Stammes bei den monoinfizierten Schweinen im Durchschnitt später als der Nachweis der beiden C.-coli-Stämme ST-854 und ST-5777. Die quantitative Untersuchung des Kots ergab Isolierungsraten zwischen 2,9 × 102 und 1,1 × 104 KbE/g, mit einem Mittelwert von 2,2 × 103 KbE/g. Maximal- und Durchschnittswerte liegen somit ca. eine Log10-Stufe unter denen des porzinen C. coli ST-854 und ca. zwei Log10-Stufen unter denen des aviären C. coli ST-5777, was für eine deutlich geringere Vermehrungsrate des C. jejuni ST-122 im Intestinaltrakt der Schweine spricht.

Da Schweine vermehrt C. coli beherbergen (EFSA u. ECDC 2011), könnte eine bessere Adaptation von C. coli als von C. jejuni an das Schwein angenommen werden, was die geringere Vermehrung des C. jejuni ST-122 im Schwein erklären könnte. Da am Tag der Sektion in der Ingesta jedoch Werte zwischen 1,5 × 102 und 5,3 × 103 KBE/g quantifiziert wurden, die über den Nachweisraten von C. coli ST-5777 lagen, scheint es, dass sich der C.-jejuni-Stamm ST-122 bis zum Ende des Versuchs gut in den Intestinaltrakt der Schweine integrieren und dort vermehren konnte. Es kann jedoch auch angenommen werden, dass diese Art proximale Darmabschnitte kolonisiert und es während der Passage durch den Intestinaltrakt zu einem Absterben von Bakterien und somit zu einer geringeren Ausscheidung mit dem Kot kommt. Somit könnte fälschlicherweise von einer geringen Besiedlung ausgegangen werden.

DISKUSSION

129

Im Gegensatz zu den C.-coli-Stämmen konnte der C.-jejuni-Stamm aus der Ingesta aller untersuchten Darmsegmente reisoliert werden, jedoch mit einer Tendenz zu den proximalen Darmabschnitten. Bei beiden mit diesem Stamm monoinfizierten Tieren wurde er aus der Ingesta des Jejunums und Ileums reisoliert und bei Tier 3-1 zusätzlich aus Zäkum und Kolon, bei Tier 3-2 zusätzlich aus Duodenum. In den Organproben der Intestinalsegmente wurde der C. jejuni ST-122 aus Duodenum, Jejunum, Ileum und Kolon reisoliert, was auf eine homogenere Verteilung deutet als die von C. coli ST-854 und ST-5777. Bei den koinfizierten Tieren der Gruppe 4 konnte C. jejuni ST-122 zudem aus den Mesenteriallymphknoten nachgewiesen werden, was möglicherweise auf eine Dissemination im Schwein deutet.

5.3.4 Koinfektion mit C. coli ST-5777 und C. jejuni ST-122

Bei den Koinfektionen wurden jeweils zwei Schweine initial mit C. coli ST-5777 (Gruppe 4) oder mit C. jejuni ST-122 (Gruppe 5) infiziert und nach sieben Tagen (Tag 7 p. inf.) mit dem entsprechenden anderen Stamm koinfiziert, um einen möglichen Einfluss einer Erstkolonisation auf die Kolonisation des jeweils anderen Stammes bestimmen zu können.

Da beide Stämme am Ende des Versuchs aus der Ingesta aller Tiere reisoliert wurden, konnte gezeigt werden, dass eine Kokolonisation des Schweines mit C. coli ST-5777 und C. jejuni ST-122 per se möglich ist. Auch andere Studien haben gezeigt, dass C.-jejuni- und C.-coli-Stämmen sowohl im Schwein (MADDEN et al. 2000; BOES et al. 2005) als auch im Geflügel (KOROLIK et al. 1998; JORGENSEN et al. 2011) nebeneinander vorkommen können, dies jedoch unter natürlichen Bedingungen eher eine Ausnahme darstellt. Allerdings kann es bei der Untersuchung der Fäzes auf das Vorkommen von Campylobacter spp. infolge einer Unterrepräsentation einer Art oder in Abhängigkeit des verwendeten Mediums fälschlicherweise zum Nachweis nur einer Art kommen (MADDEN et al. 2000; JENSEN et al. 2005). Da sich die eingesetzten Campylobacter-Stämme im vorliegenden Versuch infolge von Mutationen in ihrem Resistenzverhalten gegenüber verschiedenen Antibiotika unterschieden, konnten sie nachfolgend selektiv angezüchtet und ein fehlerhafter Nachweis vermieden werden.

DISKUSSION

130

Die Reihenfolge der Infektion hatte keinen wesentlichen Einfluss auf die Isolierungsrate der Stämme aus dem Kot. In der Gruppe 4 wurde der C. coli ST-5777 mit Werten zwischen 7,6 × 102 und 6,1 × 107 KbE/g und in der Gruppe 5 mit Werten zwischen 7,2 × 103 und 7,9 × 107 KbE/g reisoliert. Der C. jejuni ST-122 wurde in der Gruppe 4 mit Werten zwischen 3,0 × 102 und 2,3 × 103 KbE/g und in der Gruppe 5 mit Werten zwischen 1,0 × 102 und 4,7 × 103 KbE/g im Kot nachgewiesen. Auch die Mittelwerte der Isolierungsraten zeigten mit 7,1 × 106 KbE/g (Gruppe 4) und 1,4 × 107 KbE/g (Gruppe 5) für den C. coli ST-5777 und 1,3 × 103 KbE/g (Gruppe 4) und 2,0 × 103 KbE/g (Gruppe 5) für den C. jejuni ST-122 keine wesentlichen Unterschiede in Abhängigkeit von der Infektionsreihenfolge. Bei einer Koinfektion mit C. jejuni und C. coli im Schwein unter natürlichen Bedingungen ist C. jejuni in der Regel in 10- bis 100-fach geringeren Mengen im Kot vorhanden (MADDEN et al. 2000; JENSEN et al. 2005). Die Diskrepanz im vorliegenden Versuch ist mit ca. vier Log10-Stufen um das 100-fache höher.

Auch in der Ingesta der Schweine wurden die Isolierungsraten der Stämme nicht wesentlich durch die Infektionsreihenfolge beeinflusst. Unterschiede zeigen sich lediglich, wie bei den monoinfizierten Tieren, in den Isolierungsraten aus dem Kot im Vergleich zu denen aus der Ingesta. Der C. coli ST-5777, der mit einem Maximalwert von 7,9 × 107 KbE/g mit dem Kot der koinfizierten Tiere ausgeschieden wurde, konnte aus der Ingesta des Zäkums mit einem Maximalwert von gerade einmal 6,7 × 103 KbE/g reisoliert werden. Bei den Monoinfektionen betrug der Maximalwert aus dem Kot 3,2 × 106 KbE/g, der aus der Ingesta des Kolons 9,5 × 102 KbE/g. Im Gegensatz dazu befand sich der C. jejuni ST-122 in eher geringen Mengen (Maximalwert 1,0 × 102 KbE/g), jedoch mit einem im Vergleich hierzu hohen Maximalwert von 2,2 × 105 KbE/g in der Ingesta des Jejunums. Bei den mit C. jejuni ST-122 monoinfizierten Tieren lag der Maximalwert im Kot bei 1,1 × 104 KbE/g und in der Ingesta, die aus dem Ileum reisoliert wurde, bei 5,2 × 103 KbE/g. Sowohl bei den mit C. coli ST-5777 mono- wie auch koinfizierten Tieren konnten demnach wesentlich höhere Bakterienmengen aus dem Kot als aus der Ingesta reisoliert werden. Bei den mit C. jejuni ST-122 monoinfizierten Tieren lag der Maximalwert im Kot ca. eine Log10-Stufe höher als der aus der Ingesta; bei den koinfizierten Tieren lag der Maximalwert in der Ingesta hingegen ca. ein bis zwei Log10-Stufen höher als der aus dem Kot.

DISKUSSION

131

Die Ergebnisse der Koinfektionen unterstützen die These einer besseren initialen Kolonisation und Wachstumsrate und somit höheren Ausscheidung des C. coli ST-5777 mit den Fäzes mit einer darauf folgenden beginnenden Elimination aus dem Tierkörper, da es nach anfänglich hohen Ausscheidungsraten zu einem deutlichen Abfall des C. coli ST-5777 im Kot nach Tag 11 p. inf. bei zwei von vier Tieren kam. Bei dem C. jejuni ST-122 kam es, wie bei den monoinfizierten Tieren bereits vermutet wurde, zu einer eher geringen initialen Kolonisations- und Proliferationsrate zu Versuchsbeginn, aber zu einer hohen Besiedlung bis zu Tag 25 p. inf., was sich in den Isolierungsraten aus der Ingesta zeigte. Dies spiegelt sich auch im Nachweis des Stammes in den Mesenteriallymphknoten von Tier 4-2 wider.

Möglicherweise ist C. jejuni ST-122 nicht so gut an das Milieu des Intestinaltraktes adaptiert wie die C.-coli-Stämme und muss sich erst an die Umgebung adaptieren, bevor es zu einer Steigerung der Proliferation kommen kann. Es wird vermutet, dass C.-jejuni-Stämme mit einer hohen genetischen Diversität und phänotypischen Flexibilität existieren. Diese

„Generalisten“ wären somit in der Lage sich durch reversibles Exprimieren von diversen

„fitness factors“ an sich verändernde Milieus anzupassen (GRIPP et al. 2011).

Besonders auffallend ist, dass C. jejuni ST-122 mithilfe der quantitativen Methode aus den Intestinalsegmenten aller vier koinfizierten Tiere reisoliert werden konnte, C. coli ST-5777 hingegen nur aus Organproben von Tier 4-1. Bei den beiden mit C. coli ST-5777 monoinfizierten Tieren war hingegen ein Nachweis des Stammes aus den Intestinalsegmenten möglich. Denkbar wäre, dass der C.-jejuni-Stamm ST-122 den C.-coli-Stamm ST-5777 aus den tieferen Schichten der Mukosa verdrängt hat. Da das Tier, bei dem ein Nachweis des C.

coli ST-5777 aus den Intestinalsegmenten möglich war, mit diesem Stamm initial infiziert wurde, könnte auch angenommen werden, dass eine initiale Infektion mit C. jejuni ST-122 die nachfolgende Kolonisation von C. coli ST-5777 erschwert.

Von C.-jejuni-Stämmen, die in der Lage sind, andere C.-jejuni-Stämme aus dem Intestinaltrakt des Huhns zu verdrängen, wurde bereits berichtet (KOROLIK et al. 1998). In der Studie von Korolik et al. (1998) waren die C.-jejuni-Stämme allerdings nicht in der Lage, andere C.-coli-Stämme zu verdrängen. In einer weiteren Studie, in der Schweine mit einem C.-jejuni- und zwei C.-coli-Stämmen koinfiziert wurden, waren lediglich die C.-coli-Stämme

DISKUSSION

132

am Ende des Versuchs im Kot nachzuweisen. Von einer Verdrängung kann hier allerdings nicht ausgegangen werden, da bei mit dem C.-jejuni-Stamm monoinfizierten Tieren ebenfalls kein Nachweis des Stammes am Ende des Versuchs möglich war (LEBLANC MARIDOR et al. 2008). Es wird außerdem angenommen, dass eine erhöhte Exposition von Schweinen gegenüber C. jejuni zu einer Verschiebung der Dominanz von C. coli zu C. jejuni kommen kann (JENSEN et al. 2006). Möglicherweise handelte es sich hierbei, unter Berücksichtigung anpassungsfähiger C.-jejuni-Stämme (GRIPP et al. 2011) und der im vorliegenden Versuch angenommenen Kolonisationsvorteile von C. jejuni gegenüber C. coli, um eine kompetitive Verschiebung.

C. coli ST-5777 wurde bei den monoinfizierten Schweinen aus der Ingesta des Ileums, Zäkums und Kolons, bei den koinfizierten Schweinen jedoch in keinem Fall aus der Ingesta des Ileums, sondern lediglich in einem Fall aus der des Zäkums und Kolons reisoliert. Der C. jejuni ST-122 war bei den monoinfizierten Tieren und koinfizierten Tieren annähernd gleich homogen in den Intestinalsegmenten verteilt, in den Organproben hingegen auf Duodenum, Jejunum und Ileum beschränkt. Möglicherweise bezieht sich das konkurrierende Verhalten auf den gesamten Darm und im Speziellen auf das Ileum.

In-vitro-Versuche haben gezeigt, dass bestimmte C.-jejuni-Stämme untereinander kompetitiv an Epithelzellen binden (MONTEVILLE u. KONKEL 2002). Dabei haben solche C.-jejuni-Stämme, die in der Lage sind, L-Fucose zu verwerten, einen kompetitiven Vorteil gegenüber dafür defizienten C.-jejuni-Stämmen im Intestinaltrakt von Schweinen, jedoch nicht von Hühnern (STAHL et al. 2011). Welche Faktoren in dem vorliegenden Versuch zu einem kompetitiven Vorteil des C. jejuni ST-122 gegenüber dem C. coli ST-5777 geführt haben, kann an dieser Stelle nicht beantwortet werden.

Der C. coli ST-5777 wurde in den koinfizierten Tieren ab dem Tag der ersten Ausscheidung in hohen Mengen ausgeschieden und konnte regelmäßig im Kot nachgewiesen werden. Der C.

jejuni ST-122 hingegen wurde in eher geringen Mengen ausgeschieden und nur unregelmäßig an den Beprobungstagen nachgewiesen, was für eine intermittierende Ausscheidung spricht.

Als Ursache für eine intermittierende Ausscheidung wird die Akkumulation von

DISKUSSION

133

Campylobacter spp. in der Mukusschicht und die somit heterogene Verteilung in der Ingesta angesehen (WEIJTENS et al. 1999). Da jedoch nicht an allen Versuchstagen Kotproben untersucht wurden, kann nicht angenommen werden, dass es bei den anderen infizierten Tieren zu keiner intermittierenden Ausscheidung kam.