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Individuelle Bedeutung der Rechtsdurchsetzung

Kapitel 6: Verzahnung gerichtlicher und außergerichtlicher

C. Effektive Verbraucherrechtsdurchsetzung

II. Individuelle Bedeutung der Rechtsdurchsetzung

Der Nutzen oder Vorteil, den ein einzelner Forderungsinhaber aus einem Kon-fliktlösungsverfahren zieht, muss nicht allein von der Rechtsdurchsetzung be-stimmt werden. Seine Interessen und Bedürfnisse können daneben auch noch eine Vielzahl anderer Aspekte umfassen, die im Jhering’schen Sinne nicht recht-lich geschützt sind.127 Typische Interessen außerhalb der reinen Rechtsdurch-setzung sind der rasche Abschluss einer Streitigkeit, die Vermeidung einer Es-kalation wie auch des damit verbundenen emotionalen Aufwands und die Ver-meidung unnötiger Konfliktbereinigungskosten. Diese Bedürfnisse sind häufig Ausprägungen der Konfliktscheu des Verbrauchers, der über begrenzte Mittel verfügt, seine Verluste und Risiken minimieren will und vor der Inanspruch-nahme öffentlicher Institutionen für die Lösung des Konflikts zurückweicht.128 Aus diesen Beobachtungen folgt die Frage, in welchem Maße das Interesse des Verbrauchers an der Rechtsdurchsetzung zum eigenen materiellen Vorteil durch andere Bedürfnisse überlagert und verdrängt wird.

1. Rechtsdurchsetzung und rationales Desinteresse

Die bisherige Untersuchung hat gezeigt, dass Verbraucher gerade bei gering-wertigen Streitigkeiten und bei langandauernden Vertragsbeziehungen wenig Interesse an einer Verfolgung ihrer Rechte haben. Die Scheu, Forderungen ak-tiv durchzusetzen und dazu womöglich sogar gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, ist dabei individuell alles andere als unvernünftig. Es lohnt sich für die meisten Verbraucher nicht, Rechtskenntnisse zu erwerben, Verhandlungs-fähigkeiten zu trainieren, sich mit Möglichkeiten gerichtlicher Rechtsdurchset-zung vertraut zu machen oder ihr Privatleben beweissicherer zu organisieren, weil sie zu selten in rechtliche Streitigkeiten geraten, als dass der zu erwartende Ertrag diesen Aufwand rechtfertigen würde. Einen Ersatz gerade für Bagatell-schäden gerichtlich durchzusetzen, kostet die meisten Verbraucher mehr, als es ihnen bringt. Man spricht deswegen vom rationalen Desinteresse129 der Betrof-fenen.130

127 von Jhering, Geist des römischen Rechts, 1954, S.339; vgl. ausführlich Wagner, AcP (193) 1993, 319, 322ff. Die von Kelsen, Hauptprobleme der Staatsrechtslehre, 1960, S.618f., angestoßene Debatte um Für und Wider des Interesses als Kern eines Rechts – dazu ausführ-lich Wagner, AcP (193) 1993, 319, 338ff. m.w.N. – ist für die hier geführte Diskussion ohne Bedeutung, zumal nicht einmal von Jhering selbst einen Fall nannte, in dem das fehlende Interesse zu einem Fortfall des Rechts geführt hätte.

128 Siehe oben Kapitel 2 A. II.

129 Schäfer, in: Basedow et al. (Hrsg.), Die Bündelung gleichgerichteter Interessen im Pro-zeß, 1999, S.67, 68.

130 Ein anschauliches Beispiel gibt Ahrens, WRP 2015, 1040ff., mit einem Hinweis auf eine britische Kollektivkartellschadensersatzklage mit Individualschäden im Bereich von

Wenn ein Rechtsinhaber für sich die Entscheidung trifft, lieber die Hände in den Schoß zu legen, als seine Ansprüche zu verfolgen, so ist dies auch in einem Rechtsstaat grundsätzlich hinzunehmen. Die Jhering’sche Auffassung, wonach die Verteidigung materieller Rechte eine Pflicht nicht nur gegenüber sich selbst, sondern auch gegenüber dem Gemeinwesen ist,131 darf insoweit heute als über-holt gelten.132 Es besteht kein rechtsstaatliches Interesse, Konfliktparteien zu ei-ner rechtsorientierten Lösung ihrer Streitigkeit zu drängen.133 Der Staat zwingt seine Bürger nicht jenseits ihrer privaten Interessen zur „Mitwirkung an der Verwirklichung der Rechtsidee“134. Eine andere Frage ist freilich diejenige nach der Bagatellgrenze, ab der die Rechtsverfolgung für die Betroffenen rational un-interessant wird. Selbst wenn sich der Staat aus der individuellen Entscheidung über die weitere Rechtsverfolgung heraushält, so kann er doch die Rahmenbe-dingungen für die Konfliktbehandlung mehr oder weniger attraktiv gestalten.

In der Rechtswissenschaft wird die Frage nach günstigen Rahmenbedingungen für die Durchsetzung typischer Verbraucherforderungen unter dem Stichwort access to justice behandelt. An dieser Stelle soll die Feststellung genügen, dass man aus der Beobachtung, dass die Konfliktaversion von Verbrauchern nicht unvernünftig ist, nicht schließen darf, dass das Maß dieser Konfliktaversion nicht durch die Gestaltung von Konfliktbehandlungsverfahren beeinflusst wer-den könnte.135

2. Rechtsdurchsetzung und Erhalt der Kundenbeziehung

Neben dem rationalen Desinteresse der Streitparteien kommt weiterhin in tracht, dass deren Interesse am Erhalt einer geschäftlichen Beziehung das Be-dürfnis nach einer Durchsetzung materieller Rechte abschwächen könnte.

Insbesondere bei Verträgen mit erheblichem Wert und langer Bindungs-dauer, die durch Vertreter oder Vermittler zustande kommen, versuchen diese häufig, den Verbraucher über eine gute Kundenbeziehung zum Vertragsschluss zu motivieren und bei auftretenden Problemen seinen Empörungsimpuls136 un-ter Hinweis auf diese Beziehung zu besänftigen. Bisweilen wird sogar die Be-ziehung geradezu benutzt, um vom Gegenüber materielle Zugeständnisse zu 5–20 £, der sich augenscheinlich noch nicht einmal jeder tausendste Anspruchsberechtigte angeschlossen hat.

131 von Jhering, Der Kampf um’s Recht, 1872, S.56.

132 So für den Zivilprozess beklagt von Wolf, NJW 2015, 1656, 1658.

133 Ähnlich Podszun, Wirtschaftsordnung durch Zivilgerichte, 2014, S.179, und Hegen-barth, ZfRSoz 1981, 34, 50f.

134 So aber die Vorstellung von Jhering, Der Kampf um’s Recht, 1872, S.58, der vom pri-vaten Interesse als einem „niedern Motiv“ spricht und verlangt, dass sich der rechtswidrig behandelte Bürger im Interesse der Allgemeinheit wehrt.

135 Siehe dazu noch unten Kapitel 6 B.

136 Diese anschauliche Begrifflichkeit verwendet Rupprecht Podszun. In ähnlicher Weise spricht Lorenz, VersR 2004, 541, 549, von „empörter Rechtsleidenschaft“.

erreichen.137 Allerdings dominiert bei höherwertigen wie auch bei geringwer-tigen Streitigkeiten auf Seiten des Verbrauchers regelmäßig das Interesse, die Beziehung zum Gegenüber zu kappen und möglichst schnell aus der Sache he-rauszukommen.138 Das reduziert den Bedarf nach einer intelligenten Lösung des Konfliktes nach privat verhandelten Regeln139 auf ein Minimum. Dies gilt insbesondere auf standardisierten Verbrauchsgütermärkten, wo Verbraucher aus einer Fülle ähnlicher Anbieter auswählen können und – im Unterschied zu ihrem Gegenüber – keinen Vorteil aus der Fortsetzung einer konflikthaften Vertragsbeziehung ziehen.

Bildlich kann man sich die Verbraucherinteressen wie einen Trichter vorstel-len, der sich bei abnehmenden Streitwerten immer weiter verjüngt: Von einem ganzen Interessenbündel bleibt bei geringwertigen Streitigkeiten nur noch ein Bedürfnis an kostengünstiger Rechtsdurchsetzung übrig. Während eine Kon-fliktlösung, die zwar im Schatten des Rechts140 stattfindet, sich aber vorrangig an außerrechtlichen Interessen der Betroffenen orientiert, in Fällen mit hohem Streitwert von Vorteil ist,141 diffundiert dieser Vorteil im geringwertigen All-tagskonflikt, weil die Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehung schlichtweg den Aufwand nicht lohnt. Es geht dann im Wesentlichen nur noch darum, dem Gegenüber das erlebte Verhalten nicht durchgehen zu lassen.142 Verbraucher formulieren häufig gerade bei kleinen Streitwerten, deren Verlust sie vergleichs-weise einfach verschmerzen könnten: „Es geht uns ums Prinzip.“ Dieses Rech-ten muss ein Rechtsstaat nicht fördern, es ist aber in einem Rechtsstaat legitim und vom Rechtsstaat ernstzunehmen.

Ganz anders zeichnet sich das Bild aus Unternehmersicht: Bei Unterneh-mern treten gleichartige Konflikte häufig parallel oder in regelmäßiger Folge auf. Häufig streiten sich die Beteiligten auch um Streuschäden, die beim

einzel-137 Engel/Stark, in: Binder/Eichel (Hrsg.), Internationale Dimensionen des Wirtschafts-rechts, 2013, S.27, 36; außerhalb des Verbraucherkontexts Bühring-Uhle/Eidenmüller/Nelle, Verhandlungsmanagement, 2009, S.9f.

138 In einer nicht-repräsentativen Umfrage des Verfassers unter 107 Verbrauchern war den Befragten beim Umgang mit einer streitigen Forderung gegen einen Vertragspartner von zehn als möglich vorgegebenen Verfahrenszielen die Rechtsdurchsetzung durchschnittlich klar das wichtigste und die Erhaltung der Beziehung zum Vertragspartner im Schnitt klar das unwichtigste Ziel. Dieses Ergebnis stellte sich bei einer Forderungshöhe von 500 € ebenso wie bei einem Anspruch in Höhe von 5.000 € ein. Im Ergebnis ähnlich Koch, Verbraucher-prozeßrecht, 1990, S.127.

139 Vgl. Bachmann, Private Ordnung, 2006, S.42.

140 So die Begriffsbildung von Mnookin/Kornhauser, 88 Yale L. Rev. 1979, 950; vgl. dazu auch Grundmann, in: Grundmann/Micklitz/Renner (Hrsg.), Schatten des Rechts und so-ziale Einbettung, 2015, S.1998ff. Demgegenüber bevorzugen Mähler/Mähler, NJW 1997, 1262, 1265, die Beschreibung der Lösungsfindung „im Lichte des Rechts“; ebenso Gläßer, in:

Stürner/Gascón Inchausti/Caponi (Hrsg.), The Role of Consumer ADR in the Administra-tion of Justice, 2015, S.115, 120.

141 Prütting, JZ 1985, 261, 267.

142 Blankenburg, ZfRSoz 1980, 33, 42f.

nen Verbraucher minimal, für den Anbieter einer Ware oder Dienstleistung aber kumuliert von existenzieller Bedeutung sind. Die Kundenbeziehung ist dem Verbraucher gleichgültig, weil er sein Gegenüber einfach substituieren kann, für den Unternehmer aber bedeutet jeder verlorene Kunde eine Verringerung des Marktanteils. Man mag zwar argumentieren, ein Unternehmer könne gut und gerne auf querulatorische Kunden verzichten. Allerdings potenziert sich die Unzufriedenheit eines einzelnen Verbrauchers häufig durch negative Evaluatio-nen in online zugänglichen Bewertungsportalen.143 Die dortigen Einträge geben die Wahrnehmung der Kunden wieder, sind in der Regel nicht justiziabel,144 können das Geschäft von Unternehmern aber nachhaltig schädigen.

Es besteht mithin ein asymmetrisches Interesse am Erhalt der Kundenbe-ziehung: Während Unternehmern in der Regel sehr daran gelegen ist, dass ihre Kunden gut über sie sprechen, können Verbraucher jedenfalls bei Alltagsverträ-gen mit überschaubarer Bindungsdauer problemlos den Anbieter wechseln.145 Während insofern der große Aufwand Verbraucher häufig von der Rechts-durchsetzung abhält, wird ihr Interesse an der RechtsRechts-durchsetzung gleichwohl kaum dadurch geschmälert, dass sie die Kundenbeziehung mit dem Unterneh-mer fortführen wollten.

3. Rechtsdurchsetzung und Präzedenzinteresse

Welchen Einfluss hat sodann das Präzedenzinteresse des Verbrauchers auf sein Interesse an der Rechtsdurchsetzung? Je mehr ihm daran gelegen ist, einen Prä-zedenzfall zu statuieren, desto größer wird auch sein Bedürfnis sein, seine ma-teriellen Rechte durchzusetzen.

An dieser Stelle wirkt sich ein Umstand aus, der bereits bei der begrenzten Konfliktroutine des Verbrauchers eine Rolle gespielt hat: Verbraucher sind nur selten in Rechtsstreitigkeiten involviert.146 Dass auf einen konkreten Konflikt eine ähnliche Streitigkeit folgt, die ähnliche Rechtsfragen betrifft, ist für sie sehr unwahrscheinlich. Insofern ziehen Verbraucher in der Regel keinen über den konkreten Streit hinausgehenden Nutzen aus einer für sie günstigen Ge-richtsentscheidung. Verbraucherfreundliche Präzedenzen sind mithin reine147

143 Siehe bereits oben in Kapitel 2 B. III. 1.

144 Siehe etwa KG v. 16.April 2013, 5 U 63/12, MMR 2014, 64; OLG Hamburg v. 18. Ja-nuar 2012, 5 U 51/11, MMR 2012, 605; BGH v. 23.Juni 2009, VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328;

dazu Kaiser, NVwZ 2009, 1474; weiterführend Greve/Schärdel, MMR 2008, 644ff. und im Überblick Mann, in: Spindler/Schuster, Recht der Elektronischen Medien, 2015, §823 BGB Rn.21ff.

145 Ähnlich Wagner/Quinke, JZ 2005, 932, 936.

146 Siehe oben Kapitel 2 A. I. 2.

147 Von unreinen öffentlichen Gütern bzw. Allmendegütern unterscheiden sich reine öf-fentliche Güter dadurch, dass bei letzteren keine Rivalität in der Nutzung besteht. Präzeden-zen können beliebig häufig zitiert werden, ohne dadurch an NutPräzeden-zen einzubüßen. Vgl. Magen in: Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, 2010, S.96f.

öffentliche Güter und führen zu positiven externen Effekten,148 deren Nutzen die Allgemeinheit als Trittbrettfahrer zieht, ohne dafür zu bezahlen.149 Für den einzelnen Verbraucher ist es aber unattraktiv, zum Nutzen der Allgemeinheit kostspielige Verfahren anzustrengen. Und selbst wenn ein Verbraucher „aus Prinzip“ vor den Kadi zieht, so erschöpft sich sein Interesse an Rechtsdurchset-zung häufig darin, dass sein Gegenüber sich vor Gericht verantworten muss und Zugeständnisse macht. Mit der Forderung voll durchzudringen und ein Urteil zu eigenen Gunsten zu erstreiten, hat dann nur noch sekundäre Bedeutung.150

Ganz anders sieht dies aus der Warte eines Unternehmers aus: Für ihn wie-derholt sich der konkrete Konflikt in unterschiedlicher Eskalation in der Regel häufig, wenn er denn mit seinem Kerngeschäft zusammenhängt. Unternehmer haben deswegen ein erhebliches Interesse an einer für sie günstigen Präzedenz.

Neigt ein angerufenes Gericht ihrer Rechtsauffassung zu, werden sie eine strei-tige Entscheidung forcieren, anderenfalls werden sie im Zweifel ein ungünsti-ges Urteil zu verhindern wissen, indem sie dem Verbraucher die verbraucher-freundliche Präzedenz abkaufen, im Extremfall sogar zu einem Betrag oberhalb des Streitwerts.151 Der einzelne Verbraucher ist eben kein Agent des Prinzipals Allgemeinheit und darf sich insofern selbst bei für ihn günstiger Rechtslage

„bestechen lassen“ und auf ein Urteil verzichten. Das Rechtsdurchsetzungs-interesse des Verbrauchers reicht also regelmäßig nicht bis zur Schaffung ei-ner Präzedenz, weil es spätestens kurz davor von anderen Interessen überlagert wird. Auch hier lässt sich danach eine asymmetrische Interessenlage152 zwi-schen Verbraucher und Unternehmer beobachten, die Unternehmen für sich zu nutzen wissen.

4. Rechtsdurchsetzung und Verbraucherzufriedenheit

Schließlich lohnt noch ein Blick auf das Verhältnis von Rechtsdurchsetzung und Verbraucherzufriedenheit. Die Europäische Union nutzt die cherzufriedenheit in jüngster Zeit zunehmend als Leitlinie für ihre Verbrau-cherrechtspolitik.153 Verbraucherzufriedenheit soll das Vertrauen in den Bin-nenmarkt stärken, dadurch den Handel ankurbeln und schließlich den

Wohl-148 Landes/Posner, 8 J. Leg. Stud. 1979, 235, 238; Adams, Ökonomische Analyse des Zi-vilprozesses, 1981, S.77ff.; Kotzorek, Private Gerichte als Alternative zur staatlichen Zivil-gerichtsbarkeit, 1987, S.121f.

149 van den Bergh/Visscher, 1 Erasmus L. Rev. 2008, 5, 14ff.; ihnen folgend Weber, 38 J.

Consum. Policy 2015, 265, 269.

150 Dieses Phänomen wird freilich regelmäßig noch dadurch verstärkt, dass Anwälte vor Gericht aufgrund der Einigungsgebühr nach Nr.1000, 1003f. VV RVG ein Interesse an einem Kompromiss haben.

151 Siehe bereits oben unter Kapitel 2 A. I. 3.

152 von Moltke, Kollektiver Rechtsschutz der Verbraucherinteressen, 2003, S.31.

153 Siehe oben Kap.1 Fn.7.

stand der Marktteilnehmer mehren. Dabei bleibt die Verbraucherzufriedenheit freilich ein diffuser Terminus, der im Unterschied zu dem Begriff der Ver-braucherinteressen offenbar nicht die Durchsetzung der eigenen Rechte um-fasst, sondern sich eher in einem außerrechtlichen Kompensations- oder Ver-geltungsinteresse akzentuiert. Es geht um eine Art Genugtuung des Verbrau-chers durch unternehmerische Kulanz, die das Störgefühl154 aus dem aktuellen Konflikt beseitigt.

Weil der Begriff der Zufriedenheit mit einer sehr subjektiven Bedeutung be-legt ist, eignet er sich freilich wenig als Maßgabe für die Ausrichtung von Kon-fliktlösungsverfahren.155 Zufriedenheit ist häufig ein sehr temporärer Zustand, den zu erreichen nicht langfristig hilfreich sein muss. Deswegen kann Verbrau-cherzufriedenheit – wie es übrigens auch für den ähnlich besetzten Begriff des Rechtsfriedens weitgehend anerkannt ist156 – eine willkommene Folgeerschei-nung einer Konfliktlösung, aber kaum deren vorrangiges Ziel sein. Zielführen-der erscheint es in diesem Kontext, anstelle Zielführen-der Zufriedenheit konkrete Ziele zu benennen, welche die Betroffenen womöglich neben oder statt der Rechts-durchsetzung verfolgen. Solche Ziele können vielerlei Gestalten annehmen:

So mag ein Verbraucher etwa nur eine Kontrolle der Ablehnung seines Ansin-nens durch höhere Hierarchieebenen im Unternehmen anstreben, oder aber es kommt ihm schlicht darauf an, das Gehör seines Kontrahenten zu finden, viel-leicht auch darauf, diesen vor einer neutralen Instanz, womöglich sogar öffent-lich zur Rechenschaft zu ziehen. Die Befriedigung dieser Bedürfnisse kann ihn im Ergebnis zufriedenstellen, aber diese Zufriedenheit folgt eben erst auf die Erfüllung anderer, besser fassbarer Interessen.

III. Konkordanz zwischen sozialer