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Indianische und interethnische Immobilien- Immobilien-geschäfte im Vergleich

1 „Koloniales Monopoly“: Die Landverteilung unter pueblos, indianischen Adligen und Spaniern

3 Indianische und interethnische Immobilien- Immobilien-geschäfte im Vergleich

Im 16. und 17. Jahrhundert dominierten Landverkäufe der indianischen Be-völkerung an die sich in Cholula etablierenden spanischen Großgrundbesit-zer. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts entstanden dagegen keine neuen Haciendas und ranchos mehr. Dennoch kam es zu zahlreichen Verän-derungen des indianischen Land- und Hausbesitzes308 im Distrikt. Diese waren nicht auf den Wechsel von indianischem Besitz in spanische Hände beschränkt, sondern vollzogen sich auch in Form von rein indianischen Im-mobiliengeschäften.309 Unabhängig von der Zuordnung des Käufers unterla-gen alle Transaktionen, bei denen der Verkäufer der indianischen Bevölke-rung zugerechnet wurde, zwei Sonderregelungen der spanischen Krone.

Zum einen mußten sowohl macehuales als auch indianische Adlige vor einem Verkauf eine Lizenz bei den spanischen Behörden beantra-gen.310 Diese Bestimmung bezog sich nicht nur auf Landveräußerungen an Spanier, sondern auch auf rein indianische Geschäfte. Unterschieden wurde nur nach dem Wert der zu veräußernden Immobilie. Lag dieser bei mindestens 30 p, mußte das betreffende Objekt öffentlich ausgerufen werden und wurde an den Meistbietenden verkauft.311 Die Lizenz wurde

308 Im folgenden Kapitel werden für rechtliche Bestimmungen und Aussagen zu Vertei-lung, Häufigkeit etc. in die Begriffe „Landverkäufe“, „Landgeschäfte“, „Immobilienge-schäfte“ u. a. immer Landstücke und Hausbesitz eingeschlossen. In den Fällen, in denen eine Aussage nur für einen der beiden Bereiche gelten soll, wird dies ausdrücklich vermerkt.

309 Die Darstellungen, die private indianische Landverkäufe näher untersuchen, konzent-rieren sich auf das 16. und 17. Jahrhundert, als eine großangelegte Besitzübertragung an die Spanier stattfand. Siehe für die Region Puebla allgemein Hoekstra, Two Worlds Mer-ging, speziell für einzelne Distrikte Prem, Milpa und Hilberto Martínez, Codiciaban la tierra. El despojo agrario en los señoríos de Tecamachalco y Quecholac (Puebla 1520-1650), Mexiko-Stadt 1994; sowie für das Hochbecken von Mexiko auf der Basis von Nahuatl-Dokumenten auch Horn, Postconquest Coyoacan.

310 Borah, El status jurídico, S. 263.

311 Siehe dazu zwei reales cédulas vom 23.07.1571 und 18.05.1572, in: Solano, Cedulario de tierras, S. 210-215. Teile der cédulas wurden auch als Gesetze in die recopilación von 1680 aufgenommen. Siehe Recopilación, lib. VI., tít. I, ley 17 und ley 25.

3. Immobiliengeschäfte im Vergleich 129

beim spanischen Distriktsbeamten in Cholula beantragt. Dazu mußten die Indianer angeben, warum sie das Land oder Haus verkaufen wollten und wozu der Ertrag genutzt werden sollte.312

Eine weitere Sonderregelung für Landverkäufe der indigenen Bevöl-kerung bestand in der Freistellung von der Verkaufssteuer, der alcabala.

Ein Indianer, der Land veräußerte, konnte dies steuerfrei tun, während die nicht-indianische Bevölkerung bei allen Immobilienverkäufen acht Pro-zent Steuern zahlen mußte. Es war bei diesen Transaktionen unerheblich, welcher Kategorie der Käufer zugeordnet wurde, einzig der Status des Verkäufers zählte. Die alcabala wurde bei jedem Weiterverkauf erneut fällig. Wenn also ein Spanier Land von einem Indio kaufte, war dieser Vorgang steuerfrei, sobald er aber dieses Land weiterverkaufte, wurde eine entsprechende Abgabe erhoben, unabhängig davon, ob es sich bei dem Käufer um einen Indianer oder einen Spanier handelte. Die Freistel-lung von der alcabala bei Immobilientransaktionen war ein finanzieller Vorteil für die indianische Bevölkerung, die unter bestimmten Umstän-den die Belastung durch die Tributzahlungen kompensieren konnte.313

Diese formalen Bestimmungen galten in ganz Neu-Spanien. Wie sahen nun aber die Immobiliengeschäfte mit indianischer Beteiligung im Distrikt Cholula konkret aus? Im untersuchten Zeitraum überwogen die innerindiani-schen im Verhältnis zu den interethniinnerindiani-schen Verkäufen. Von den insgesamt 56 hier dokumentierten Landgeschäften lassen sich 25 eindeutig als rein indianische Transaktionen identifizieren, 17 als interethnische und drei als rein spanische.314 In elf Fällen läßt sich die Einordnung mindestens einer der beteiligten Personen nicht vornehmen. Von den rein indianischen Transakti-onen fanden knapp die Hälfte (zwölf) zwischen macehuales statt, acht zwi-schen macehuales und Adligen und fünf nur unter Adligen. Bei den intereth-nischen Landgeschäften dominierten Verkäufe der macehuales an Spanier mit neun Fällen, denen nur zwei spanische Verkäufe gegenüberstanden.315

312 Siehe unten ausführlicher zu den Lizenzen in Cholula.

313 Einen Überblick über die Bestimmungen zur alcabala-Zahlung der indianischen Be-völkerung gibt Carlos Díaz Rementería, Aproximación al estudio de un privilegio del indio: la exención de alcabala, in: Historia. Insituciones. Documentos 11 (1984), S. 313-342.

314 Diese drei Fälle dienen lediglich als Beispiele für innerspanische Landgeschäfte, sie wurden nicht systematisch erhoben.

315 Dieses Verhältnis kann aber auch durch die oben beschriebene Vorschrift der Lizenz-beantragung begünstigt worden sein. Da entsprechende Anträge für die Nicht-Indianer

Die indianischen Adligen veräußerten in drei Fällen Land an die Spanier und erwarben Grundbesitz in ebenfalls drei Fällen. Vergleicht man bei den interethnischen Landgeschäften den indianischen Anteil an den Käu-fern und VerkäuKäu-fern, so wird deutlich, daß in der Mehrheit macehuales an Spanier verkauften, während der umgekehrte Fall nur selten eintrat.

Das Verhältnis zwischen An- und Verkauf bei den indianischen Adligen war dagegen ausgewogen.

Bei den untersuchten Fällen läßt sich eine große Spanne hinsichtlich des Wertes des veräußerten Besitzes feststellen. Sie reicht von einem Verkauf zweier Landstücke für insgesamt sechs Pesos bis zu einem Hauskauf für 1.400 p auf Raten. Im ersten Fall wurden die beiden Landstücke von einer india an einen indio principal veräußert, um die Kosten für Krankheit und die eigene Beerdigung zu decken.316 Im zweiten Fall schloß die india princi-pal Thomasa de la Cruz Valiente mit dem Spanier Don Juan Antonio Agorri 1749 einen Vertrag über einen Ratenkauf für ein Haus in der Stadt Cholula ab. Valiente verpflichtete sich, jeden Monat 15 p zu zahlen. Als der Verkäu-fer 1751 starb, blieben von dem Gesamtpreis noch 1.121 p offen.317

Die Unterschiede beim Wert der Verkäufe verliefen zwischen der Gruppe der macehuales auf der einen und den indianischen Adligen und den Spaniern auf der anderen Seite. Wenn die macehuales Land verkauf-ten, lag der Wert im Durchschnitt bei ungefähr 25 p. Wenn dagegen die Kaziken und principales Immobilien veräußerten, lag der Preis im Durch-schnitt weit über 100 p, unabhängig davon, ob sie an Spanier oder indiani-sche Adlige verkauften. Für Verkäufe von Adligen an macehuales liegen keine aussagekräftigen Zahlen vor, da sie in zwei von drei Fällen, die mit Wertangaben dokumentiert sind, große Landflächen nicht an eine Einzel-person, sondern an eine Gemeinde verkauften.318 Diese Tatsache deutet allerdings darauf hin, daß die Adligen an Verkäufen mit geringerem Wert nicht interessiert waren.319

nicht erforderlich waren, entfällt diese Quellengruppe zum Nachweis möglicher spani-scher Verkäufer, die Besitz an Indianer veräußerten.

316 AJ-Fondo Cholula, caja años 1803/04, f. 1-3.

317 AJ-Fondo Cholula, caja años 1763-64, f. 1-4.

318 Siehe zu den Landkäufen der Gemeinden von indianischen Adligen ausführlicher Kapitel IV.2 und IV.3. dieser Arbeit.

319 Für die Spanier als Verkäufer liegt nur ungenügendes Zahlenmaterial vor, aus dem sich keine Tendenzen ablesen lassen.

3. Immobiliengeschäfte im Vergleich 131

Konzentriert man sich auf die Gruppe der macehuales, so zeigt sich, daß sie die Mehrheit der Verkäufer in allen Kategorien der Landgeschäfte stellten, während sie unter den Käufern schwächer vertreten waren (29 Verkäufer zu 20 Käufern). Diese Form der Beteiligung an den Transakti-onen bestätigt ihre schwächere ökonomische Position im Vergleich zu den beiden anderen Gruppen. Die macehuales verkauften in der Mehrheit der Fälle Land untereinander. An zweiter Stelle standen die Verkäufe an die Gruppe der Spanier und erst an dritter Stelle die an indianische Adli-ge. Der durchschnittliche Wert lag bei den Geschäften zwischen den ma-cehuales am höchsten (30 p), dann folgten die Verkäufe an die Spanier (24 p), während die Verkäufe an indianische Adlige nur einen Wert von 17 p hatten. Die Zahlen über Wert und Häufigkeit lassen keine Präferen-zen in bezug auf die Kategorie „Indianer“ oder „Spanier“ bei der Aus-wahl der Verkäufer erkennen. Sicherlich muß bei der hohen Anzahl der Spanier unter den Käufern auch berücksichtigt werden, daß sehr viele der dokumentierten Fälle aus der Stadt Cholula stammen, wo die Mehrheit der spanischen Bevölkerung lebte. Dennoch zeigen die Zahlen deutlich, daß man weder einen ausschließlichen Landverkauf von Indianern an Spanier feststellen kann noch ein Bestreben der macehuales, keine Ge-schäfte mit Spaniern zu machen.

Die indianischen Adligen waren beim Kauf und beim Verkauf in ähn-lichem Maß aktiv (14 Verkäufer zu 15 Käufern). Sie kauften kleine Flä-chen von den macehuales und sowohl große als auch kleine Landstücke sowie teure Häuser innerhalb ihrer Gruppe und von Spaniern. Die Immo-bilien, die sie veräußerten, waren meist wertvoll. Die Aktivitäten der indianischen Adligen bei Immobiliengeschäften sind daher mit denen der Gruppe der Spanier vergleichbar und nicht mit denen der macehuales.

Auch aus der Perspektive der Kaziken und principales bestätigt sich die Hypothese, daß die Auswahl der Geschäftspartner in diesem Bereich nicht durch ethnische Kategorien beeinflußt wurde.

Betrachtet man die Beteiligung indianischer Frauen an den Immobi-liengeschäften, so fällt ihr vergleichsweise hoher Anteil in der Gruppe der macehuales bei den Verkäufen auf (14 von 29). Er lag fast ebenso hoch wie bei den Männern, während die Frauen bei den Käufern mit ungefähr 20 % deutlich geringer vertreten waren (20 macehuales, davon vier Frau-en und zwei Ehepaare). Es läßt sich keine Besonderheit bei der Auswahl der Käufer erkennen, die Zusammensetzung entspricht der für die Ge-samtgruppe festgestellten. Allerdings lag der Wert der veräußerten

Landstücke mit durchschnittlich 18 p unter den für die Gesamtgruppe der macehuales ermittelten 25 p. Die Frauen, die Land verkauften, waren etwa zu gleichen Teilen verheiratet oder verwitwet. Vergleicht man die-ses Verhältnis mit dem Anteil der Witwen an der erwachsenen weibli-chen Bevölkerung Cholulas, so veräußerten verwitwete Frauen überpro-portional viel Land.320

Aber auch Ehefrauen verkauften in Cholula Land, und sie taten dies in den hier untersuchten Fällen selbst. Nur bei einer einzigen Transaktion veräußerte der Ehemann ein Landstück für seine Frau.321 Der indio prin-cipal Don Bernardino Linares verkaufte im Namen seiner Ehefrau ein Landstück für 170 p an den indio principal Don Augustin Tecuanhue-hue.322 In allen anderen Fällen wurde zwar bei der Namensnennung der Verkäuferin auch ihr Ehemann erwähnt, aber die Transaktion wurde aus-schließlich von der Verkäuferin durchgeführt. Ebenso wurde bei ledigen, volljährigen Frauen verfahren. Auch hier wurde die Zustimmung des männlichen Familienoberhauptes nicht erwähnt.323 Diese Beteiligung der Frauen aus der Gruppe der macehuales an Landtransfers zeigt ihre direkte Teilnahme am Wirtschaftsleben. Die Tatsache allerdings, daß das Un-gleichgewicht zwischen Verkäufen und Besitzerwerbungen bei den Frau-en wesFrau-entlich größer war als bei dFrau-en Männern, verdeutlicht ihre schwä-chere ökonomische Position.

320 Im Tributverzeichnis des Distrikts von 1800 betrug die Zahl der ledigen und verwitwe-ten Indianerinnen 1.983, die der verheirateverwitwe-ten 4.131. Estado general de tributos y tributa-rios, S. 10/11.

321 AGN, ramo de tierras, vol. 1077, exp. 1, f. 1-138.

322 Dieser Verkauf aus dem Jahr 1779 löste einen heftigen Rechtsstreit mit der Gemeinde aus, in der das Landstück lag. Siehe Kapitel IV.3 dieser Arbeit.

323 Nach geltendem Recht waren sowohl Söhne als auch Töchter mit 25 Jahren volljährig.

Ledige Frauen, die dieses Alter erreicht hatten, konnten eigenständig Verträge abschlie-ßen, ebenso wie Witwen, die das 25. Lebensjahr vollendet hatten. Anders sah die rechtli-che Situation verheirateter Frauen aus. Als gesetzlirechtli-cher Vertreter seiner Gattin konnte ein Ehemann im Namen seiner Frau auch ohne ihre Zustimmung Geschäfte tätigen. Die Ehe-frau brauchte dagegen für einen rechtsgültigen Vertragsabschluß die Erlaubnis ihres Gatten. Eine Ausnahme bestand in der Verwaltung und Veräußerung der bienes parafer-nales. Diese waren Besitztümer, die eine Ehefrau durch Erbschaft oder Schenkungen während der Ehe erworben hatte, und über die sie rechtlich frei verfügen konnte. Aller-dings wurde auch dieser Besitz in den meisten Fällen vom Ehemann verwaltet. Siehe zur Rechtsstellung der Frauen in Neu-Spanien ausführlich Silvia Arrom, The Women of Mexico City, 1790-1857, Stanford 1985, S. 53-81.

3. Immobiliengeschäfte im Vergleich 133

Anders stellte sich die Lage der adligen Indianerinnen dar. Sie waren sowohl bei den Verkäufern als auch bei den Käufern deutlich geringer vertreten als die Männer. Von den 14 Verkäufern aus dem Adel waren drei Frauen, unter den 15 Käufern waren vier Frauen und ein Ehepaar. Ihr geringerer Anteil an den Verkäufern im Vergleich zu den Frauen aus der Gruppe der macehuales läßt sich mit der sichereren ökonomischen Lage der adligen Frauen erklären, ebenso wie auch der leicht erhöhte Anteil bei den Käufern. Ähnlich wie die adligen Männer beteiligten sie sich stärker an finanzkräftigen Geschäften als die macehuales.

Ein Fall aus San Andres Cholula veranschaulicht die größere Bedeu-tung, die der Kategorie „Geschlecht“ im Vergleich zu den Kategorien

„indio“ und „español“ in Landgeschäften zukam.324 Im Jahre 1767 ver-kauften zwei Indianerinnen je ein Landstück an den Spanier Joseph San-tos Garate, die dieser zu einem Grundstück zusammenfaßte. Er bezahlte zusammen knapp 10 p für die beiden Areale. Ein Jahr später verkaufte er das Landstück für 15 p an den Spanier José Garcia weiter. Diese Erhö-hung des Kaufpreises um 50 % ist ungewöhnlich; ein Grund dafür läßt sich den Papieren nicht entnehmen. Im Jahre 1789 verkaufte Garcias Witwe Teresa Cardoso das Grundstück an die indios principales Doña Thomasa Colexcua und Don Jorge Pays für wiederum nur 10 p. Im Miliz-register von 1791 wurde Teresa Cardoso als 36jährige spanische Witwe mit sechs Kindern im Alter zwischen 21 und 5 Jahren verzeichnet.325 Der Kaufvertrag für das Landstück wurde in Nahuatl aufgesetzt, nicht in Spa-nisch.326 Entsprechend der einleitend erläuterten Tendenz, in Dokumen-ten die „Anderen“ zu bezeichnen, nicht aber Mitglieder der eigenen eth-nischen Gruppe, wird hier der verstorbene Mann der Verkäuferin als español kategorisiert, während eine entsprechende Einordnung für die Käufer nicht vorgenommen wurde.327

Der Landverkauf der spanischen Witwe an das adlige indianische Ehe-paar zeigt, daß die Zuordnung zur Kategorie „Spanier“ am Ende der

324 AJ-INAH, exp. 4015, 1767, f. 1-6.

325 AGN, ramo de padrones, vol. 109, exp. único, f. 63v.

326 In Coyoacán im Hochbecken von Mexiko war dies im 16. und 17. Jahrhundert das übli-che Verfahren bei Landverkäufen sowohl innerhalb der indigenen Bevölkerung als auch bei Veräußerungen an Spanier. Der spanische Käufer erhielt eine Kopie des Schriftstückes, aber es wurde keine Übersetzung ins Spanische erstellt. Horn, Postconquest Coyoacan, S. 145.

327 Dazu wurde im Nahuatl-Text das spanische Lehnwort „español“ benutzt.

lonialzeit nicht notwendigerweise eine hohe soziale und ökonomische Stellung garantierte. Der Beruf des 21jährigen Sohnes wird im Milizre-gister mit Schneider angegeben, der 14jährige wird als Weber bezeichnet.

Das Beispiel belegt die Heterogenität der spanischen Bevölkerung in dieser Zeit.328 Mit Ausnahme von zwei anderen Fällen wurden aber alle weiteren Spanier, die an Landgeschäften beteiligt waren, als Don und Doña bezeichnet. Neben dem oben beschriebenen ist ein weiterer Ver-kauf von Grund und Boden dokumentiert, bei dem eine spanische Witwe ein Landstück abgab, das ihr Mann von einem macehual gekauft hatte.

Sie veräußerte das Land an den bereits erwähnten Mestizen Don Juan Joseph Zerezo Romero.329 Er war auch als Käufer an einer weiteren Transaktion beteiligt, in der eine ledige spanische Frau ein Landstück verkaufte.330 Auch die innerspanischen Beispielfälle belegen demnach die Dominanz der Männer bei den Käufern, während Frauen eher Land ver-äußerten.

Für den Entschluß, Land zu verkaufen, gab es vielfältige Gründe. Ein wichtiger Anlaß war der Tod eines Erblassers. Mit dem Verkaufserlös beglich der Erbe dann entweder die Schulden des Verstorbenen, zahlte andere Erben aus oder verwendete die Einnahme für eigene Zwecke.

Beispiele dafür liefert die Familie des Kaziken Matias Casco. Der Kazike selbst kaufte noch im Jahre 1760 ein Landstück für 100 p von einem in-dio principal, der das Geld zur Schuldenrückzahlung benötigte.331 Seine Tochter bot im Jahr 1769 ein Landstück aus seinem Erbe als Sicherheit für ein Kreditgeschäft an. Sie lieh sich 300 p bei ihrem compadre, dem bereits mehrfach als Käufer erwähnten Don Juan Joseph Zerezo Romero, vezino mestizo aus Cholula.332 Im Jahre 1775 erhob die Witwe eines Soh-nes von Don Matias Anspruch auf den Anteil ihres verstorbenen ManSoh-nes am Erbe des Kaziken. Zum Zeitpunkt ihrer Beschwerde war immer noch keine Aufteilung des Erbes angeordnet worden, aber andere Verwandte hatten bereits ein Haus aus der Erbmasse an Don Phelipe Tlilan, einen

328 Im genannten Milizregister finden sich zahlreiche weitere Belege für Spanier, die in Handwerksberufen arbeiteten. AGN, ramo de padrones, vol. 109, exp. único, f. 1-72.

329 AJ-Fondo Cholula, caja años 1780/81/84/85, f. 1-15.

330 AJ-Fondo Cholula, caja año 1789, f. 1-2.

331 AJ-Fondo Cholula, caja años 1760-62, f. 1-6.

332 AJ-Fondo Cholula, caja años 1769/70, f. 1-11.

3. Immobiliengeschäfte im Vergleich 135

indio principal aus Cholula, verkauft.333 Ein weiterer Sohn von Matias Casco hatte bereits 1765 ein Landstück für 60 p aus dem Erbe seiner Mutter an Don Juan Joseph Zerezo Romero veräußert.334

Neben den oben genannten Gründen, die sich aus dem Tod des Ehe-partners oder eines Verwandten ergaben, wurden in den Anträgen für eine Verkaufslizenz weitere Motive angegeben. Sehr häufig brachten die Ver-kaufsinteressenten vor, daß der geplante Verkauf zur Schuldentilgung erforderlich sei. Dazu sollte entweder das Land direkt an den Schuldner übertragen oder der Verkaufserlös an ihn weitergegeben werden. Einige Akten dokumentieren in diesen Fällen nicht nur den Verkauf, sondern auch die Schuldenrückzahlung. Weitere Argumente bestanden in der Notwendigkeit von Reparaturen am Wohnhaus oder dem geplanten Er-werb einer Immobilie. Viele Witwen begründeten einen Landverkauf mit dem Argument, den Verkaufserlös für die Kosten der Beerdigung des verstorbenen Ehegatten zu benötigen. Da die Erteilung einer Lizenz ein bürokratischer Vorgang war, ist fraglich, ob die genannten Begründungen immer den wahren Beweggründen der Verkäufer entsprachen oder ob nicht gewisse wiederkehrende Argumente vorgebracht wurden, bei denen man sich der Zustimmung der spanischen Beamten gewiß war.335 Die tatsächliche Verwendung des Verkaufserlöses läßt sich jedenfalls nur bei den genannten Fällen von Schuldenrückzahlung nachvollziehen.

Die spanische Administration maß der Zahlung des Tributs, zu der die indianische Bevölkerung verpflichtet war, große Bedeutung bei. Die Verwendung des Verkaufserlöses für diese Tributleistung war daher ein weiteres Argument, das in den Anträgen auf Erteilung einer Lizenz häu-fig genannt wurde. Ein Fall aus Cholula zeigt aber, daß das Thema auch für die indianischen Gemeindebeamten von hohem Interesse war. Die indianische Witwe Josefa Bernarda Montealegre aus Cholula stellte 1797 einen Antrag auf Verkauf eines Grundstückes. Die Prüfung des Falles

333 AJ-Fondo Cholula, caja año 1775, f. 1-2. Don Phelipe Tlilan war außerdem als Ver-käufer an einem finanziell umfangreichen Geschäft beteiligt. Er verkaufte 1763 insgesamt acht Landstücke für 420 p an die Gemeinde Almoloya. AGN, ramo de indios, vol. 63, exp. 264, f. 279-80. Bei dieser Transaktion kam es im Verlauf der nächsten Jahre zu einem schweren Konflikt mit der Gemeinde, der in Kapitel IV.3 dargestellt wird.

334 AJ-Fondo Cholula, caja años 1765-68, f. 1-4.

335 Lockhart bezeichnet die Begründungen, die in den auf Nahuatl verfaßten Verträgen angegeben wurden, als „above all legal language designed to ensure the validity of the transaction in Spanish and indigenous courts.“ Lockhart, The Nahuas, S. 171.