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2. Experimentelle und theoretische Grundlagen

2.1 Experimentelle Grundlagen: Die pVT-Apparatur

2.1.3 In Situ Strukturbestimmungen

Am D2B des ILL in Grenoble wurden die meisten der in situ-Strukturuntersuchungen durchgeführt. Für Hochdruckexperimente kam ein dort vorhandenes Druckerzeugersystem, bestehend aus einem Kompressor, Druckverstärker (Intensifier), Druckleitungen, Stick und eine Druckzelle zur Anwendung. Die dortige Ausrüstung ist mit der in Göttingen vorhandenen pVT-Apparatur funktionstechnisch identisch. Der realisierbare Druckbereich dieser Apparatur lag aus sicherheitstechnischen Gründen bei p~6kbar. Die Messungenauigkeit des Drucksensors betrug ca. 2% vom abgelesenen Wert und ist somit mit der Ableseungenauigkeit in Göttingen vergleichbar. Bei den Experimenten fand eine HD-Zelle sowie ein Stick vom ILL Verwendung. An der Zelle befand sich ein aufgeklebter Dehnungsmessstreifen (DMS), der eine qualitative Aussage und Verifizierung über die stattfindenden Druckänderungen zuließ. Bei dem D2B handelt es sich um ein hochauflösendes 2-Achsen-Diffraktometer. Die Achsen des Diffraktometers bestehen aus einem ω-Winkel, um den die Probe gedreht werden kann, und einem Detektorwinkel 2θ. Der Detektorring besteht aus 64 einzelnen 3He-Detektoren, die mit einem Soller-Kollimator versehen jeweils einen Winkelbereich von ∆θ~2.5° abdecken, über den in Schritten von 0.05°

gescannt wird. Der Messbereich lag bei allen durchgeführten Messungen zwischen 2θ~ 5°-160°. Die am D2B für die eigenen Messungen bevorzugte Wellenlänge wurde mit einem Monochromator eingestellt und lag größenordnungsmäßig bei λ~1.59Å. Für jedes Experiment wurde eine Siliziumpulvermessung zur genauen Bestimmung der Gitterkonstanten und zur Festlegung des Nullpunktes durchgeführt. Die Wellenlänge und der Nullpunkt wurden dann durch eine Rietveld-Verfeinerung bestimmt. Zur Kühlung der Eisproben und zu der Realisierung der tiefen Temperaturen wurde ein mit flüssigem Stickstoff und Helium gekühlter Orange-Kyrostat mit einem Temperaturbereich von T~1.5K bis T~300K eingesetzt.

Es wurden jedoch lediglich Messungen in dem Temperaturbereich von T~77K bis T~265K durchgeführt. An der HD-Zelle (Material: TiZr) befanden sich am Zellenkopf sowie am unteren Ende der Zelle je ein kalibrierter Temperatursensor. In der Regel wurde eine Temperaturdifferenz von T~1.5K zwischen den Sensoren beobachtet. Die Genauigkeit, mit

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der die mittlere Temperatur zwischen den Sensoren am Orange-Kryostaten eingestellt werden konnte, wird aufgrund des Temperaturoffsets sowie den Gleichgewichtseinstellungszeiten auf

∆T~±0.75K angegeben und liegt daher in einer vergleichbaren Größenordnung zur Göttinger Apparatur. Die minimale Messzeit, bei denen die Diffraktogramme strukturelle Aussagen ermöglichen, liegen bei t=15-30 Minuten. Strukturelle Untersuchungen wie z.B. die strukturellen Eigenschaften von Eis Ih als Funktion des Druckes und der Temperatur unter Verwendung der Gase Argon, Helium und Neon als auch die strukturellen Untersuchungen der aus den verschiedenen „recoverten“ Hochdruckeisphasen hergestellten kubischen Eisphasen wurden am D2B im mittleren Auflösungsmodus (20’ Kollimatoröffnung) gemessen. Die Verifizierung des Nukleationsverfahrens von Eis XII als auch die Bestimmung von in situ Schmelzpunkten als Funktion des Druckes wurden ebenso am D2B durchgeführt.

Für weitere Angaben wird zum einen auf Hewat (1986) sowie zum anderen auf die Web-Seite des D2B am ILL verwiesen (http:\\www.ill.fr ).

Die Untersuchungen der Kinetik der Phasenübergänge von „recoverten“ Hochdruckeisphasen in das kubische Eis Ic wurden am D1B in situ verfolgt. Das D1B ist wie das D2B ein Zwei- Achsendiffraktometer jedoch mit höherem Neutronenfluß. Das D1B ist mit einem linearen

3He-Detektor mit etwa 400 Elementen ausgestattet. Bei einem messbaren Winkelbereich von 2θ~80° ergibt sich somit nur eine Winkelauflösung pro Element von ∆2θ~0.2° in 2Θ und ist damit um einen Faktor 8 kleiner in der Winkelauflösung als beim D2B. Die Wellenlänge, mit der am D1B die Kinetik der Phasenumwandlung verfolgt wurde, betrug λ~2.52Å. Aufgrund der geringeren Winkelauflösung wurde für die kinetischen Messungen keine Nullpunkts- sowie Wellenlängenbestimmung durchgeführt, da die Datensätze für eine Struktur-Verfeinerung keine ausreichende Güte besitzen. Die Kühlung der „recoverten“

Hochdruckeisproben wurde mit einem weitgehend baugleichen Orange-Kryostaten gewährleistet. Die Temperaturgenauigkeit kann auch hier zu ∆T~±0.75K angegeben werden.

Die kinetischen Messungen wurden in einem Temperaturbereich von T~77K bis T~175K durchgeführt. Für weitere Angaben ist ebenso auf die Web-Seite des ILL (http:\\www.ill.fr) verwiesen.

An der Beamline BW5 des HASYLAB in Hamburg wurden sowohl Messungen bezüglich der Pulvergüte (Pulverqualität) als auch in situ Experimente zum Phasenübergang von Eis III in kubisches Eis Ic (vergl. Kapitel 3. ff.) und zur Rekristallisation von Eis Ih durchgeführt. Auf

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eine 3-Kreis-Huber-Eulerwiege mit ansteuerbaren Winkeln ω, Φ und Ψ wurde ein zum Göttinger Helium-Kryostaten ähnlicher Kryostat (Fa. APD Cryogenics, Typ DF 2020, HC-2) verwendet. Die Proben wurden in einem verschraubbaren und nahezu gasdichten Aluminiumröhrchen in einem speziellen Probenhalter auf den Kühlfinger des Kryostaten aufgesetzt. Nach der Applikation wurde die Probe mit sogenannten Vakuumdomen (Aluminium) des Kryostaten von der Umgebung isoliert. Durch Evakuierung des Gasvolumens in den Vakuumdomen des Kryostaten wurde ein Vakuum als Thermoschild zur Umgebung aufgebaut. Mit einem vorhandenen ImagePlate-Detektor (Typ MAR345), wurden die Beugungsringe der Probe zweidimensional in Transmission vermessen. Aufgrund der hohen Intensität der Röntgenstrahlen mit einer Energie von etwa E~80-100keV betrug die mittlere Meßdauer für ein Diffraktogramm mit hinreichender Meßstatistik lediglich ein bis zwei Sekunden. Aufgrund des Flächendetektors konnte durch die Bestimmung der Beugungsringe eine Aussage hinsichtlich Pulverqualität sowie der Existenz von Vorzugsorientierungen getroffen werden. Für die in situ Messungen des zeitlichen Rekristallisationsverhalten von Eis Ih-Proben wurde diese während der Messzeit in einem Winkelbereich von etwa ∆Φ±10° in Φ hin und her gedreht („gewobbelt“), um eine Verfälschung der Beugungsintensitäten durch eine zu geringe Zahl von sich in Reflexionsstellung befindlichen Eiskörnern auszuschließen. Durch dieses Verfahren konnte gewährleistet werden, dass sich während der Messung eine hinreichende Anzahl von Eiskörnern in Reflexionstellung befanden. Für weitergehende Informationen zum BW5 ist auf Brückel und Süßenbach (1995) sowie auf die Webseite des Hasylab (http:\\www.hasylab.de) verwiesen.

Am GEM am ISIS des Rutherford Appleton Laboratory (RAL) in Didcot stand in der Testphase des experimentellen Aufbaus des GEM Messzeit zur Verfügung, die zur Verifizierung sowohl des Eis XII-Herstellungsverfahrens (strukturelle Identifizierung) als auch zur Überprüfung der in Göttingen gemessenen Eis XII-Schmelzkurve verwendet wurde (vergl. Kapitel 3.7). Bei dem GEM (General Materials Diffractometer) handelt es sich um ein TOF (Time of flight) Neutronendiffraktometer. Für Angaben zur Neutronenquelle bzw. für die Erzeugung der gepulsten Neutronenstrahlung sei an dieser Stelle auf die Web-Seite des RAL (http:\\www.isis.rl.ac.uk) verwiesen. Das GEM verfügt über sieben Detektorbänke, die in verschiedenen Abständen zu der Probe liegen und damit die Möglichkeit geben, einen weiten Winkelbereich von der einfallenden Neutronen-Strahlrichtung zu detektieren.

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Insgesamt verfügt das GEM über 6470 Einzel-Detektoren, die in den sog. Modulen in einzeln auswertbaren Detektorbänken zusammengefasst sind. Die Anordnung der Detektorbänke ist so ausgelegt, dass der Winkelbereich in 2θ von 2θ~5° bis 170°, ausgehend von der Neutronenstrahlrichtung, erfasst werden kann. Die Strahlgeometrie und damit die Apertur ist über einen weiten Bereich bis max. 40mm in der Höhe sowie 20mm in der Breite einstellbar.

Dazu ist über zwei getrennt regelbare Chopper auch die Wellenlänge der Neutronen sehr variabel einstellbar. Mit dem GEM war es möglich unter Ausnutzung aller Detektorbänke innerhalb von einigen Minuten Strukturen zu identifizieren. Die längste Messzeit belief sich in dem Experiment auf t~2.5min, um eine detaillierte Aussage über die Struktur als auch über die Güte dieser zutreffen und ermöglichte daher in kurzer Zeit sowohl die Durchführung einer Vielzahl von Nukleationsexperimenten als auch deren Beurteilung. Aufgrund des komplexeren Aufbaus des GEM, im Gegensatz zu den Aufbauten des D2B, D1B sowie des BW5, ist zur Verdeutlichung eine schematische Skizze im Anhang 8.2.1.3.1 dargestellt. Eine detaillierte Beschreibung des Instrumentes ist durch Williams et al. (1998) sowie Day (2000) gegeben. Am GEM stand ein zu der Göttinger pVT-Apparatur funktionstechnisches äquivalentes Druckerzeugersystem zur Verfügung. Aus Sicherheitsgründen konnte dieses jedoch nur einen maximal Druck von p~5.2kbar erzeugen, verfügte jedoch bei einer äquivalenten HD-Stick-und HD-Zellenkonstruktion über eine deutlich bessere Auflösung in der Temperatur.