• Keine Ergebnisse gefunden

3. Die Herstellung von Eisphasen

3.2 Die Herstellung von Eis Ih

Bei der Herstellung von Eis Ih war insbesondere die letztendlich erreichte Pulverqualität sowie deren Reproduzierbarkeit von Bedeutung. Bisherige Erfahrungen der Eispräparation haben gezeigt, dass die Herstellung eines feinkörnigen Eispulvers z. B. durch Mörsern unter Kühlung, zumeist mit flüssigem Stickstoff nur bis zu einem gewissen Grad funktioniert.

Häufig verblieben trotz intensiven Mörserns größere Eiskörner. FE-REM Aufnahmen zeigen, dass derartig hergestellte Eispulver eine inhomogene Korngrößenverteilung aufweisen (vergl.

Abbildung 3.4). Es zeigte sich, dass die Pulvergüte durch intensives und längeren Mörserns verbessert werden konnte, jedoch nicht in jedem Fall reproduzierbar und genügend feinkristallin wird. Mikroskopische Befunde durch FE-REM Untersuchungen zeigten, das während des fortgesetzten Mörserns eine Vergröberung des Eispulvers stattfand. Diese Vergröberung ist möglicherweise durch eine nicht sehr kontinuierliche Kühlung, d.h.

Erwärmung der Probe während des Mörserns und damit durch eine einsetzende Rekristallisation des Eispulvers bedingt (vergl. Abb. 3.2 bis Abb. 3.5).

Abbildung 3.2: gemörserte D2O-Eis Ih-Probe nach einer Temperzeit von t~15min bei einer Temperatur von T~0°C.

Die durch die Zerkleinerungstechnik bedingte mäßige Pulverqualität wurde während der Präparation der Probe durch die Rekristallisation stetig weiter verschlechtert. Durch Mörsern hergestellte Pulver konnten daher nicht reproduzierbar und genügend fein hergestellt werden.

54

Abbildung 3.3: gemörserte D2O-Eis Ih-Probe nach einer Temperzeit von t~15min tempern bei T=0°C.

Die Abbildung zeigt im Detail das Zusammenwachsen von kleineren Eiskörnern zu größeren Eiskörnern.

Der Effekt der Vergröberung zeigt sich verstärkt mit zunehmender Temperzeit t, vergl. Anhang 8.3.2)

Gerade im Hinblick auf die in situ-Strukturuntersuchungen von Eis Ih als Funktion des Druckes und der Temperatur in zwei zeitlich voneinander getrennten Experimenten am D2B, zum einen Eis Ih mit Argon- und Heliumgas sowie in dem zweiten Experiment Eis Ih mit Neongas als Drucküberträgermdeium, war eine reproduzierbare und hinreichend gute Pulverqualität als Voraussetzung wesentlich. Ebenso sind die Korngrößen des Eis-Pulvers hinsichtlich der Bildung von Clathrat-Hydraten sowie bei der Kinetik der Clathrat-Hydrat-Synthese von großer Bedeutung. Die Clathrat-Hydrat-Synthese von Clathrat-Hydraten ist, durch die Adsorption von Gasen über die Oberfläche des Eises, ein oberflächenbestimmter Effekt.

Möglichst große Oberflächen, die durch kleine Korngrößen gegeben sind, sind deswegen erwünscht. Für einen Vergleich von Synthesezeiten ist daher eine reproduzierbare Eis-Oberfläche, z.B. berechnet über die mittlere Korngröße, von Bedeutung.

Es wurden daher mehrere Präparationsverfahren zur Herstellung von Eis Ih verwendet und mittels Neutronenstreuexperimenten in situ verfolgt und in weiteren Untersuchungen durch FE-REM hinsichtlich der Pulvergüte im “recoverten” Zustand qualitativ untersucht und verifiziert. Um eine reproduzierbare Herstellung von Eis Ih-Pulver als Ausgangsmaterial zu gewährleisten wurde die von Bertie et al. (1963) beobachtete Phasenumwandlung aus den Hochdruckeisphasen in das kubische Eis Ic als Grundlage für die Herstellungsexperimente

55

verwendet. Zuerst wurde mit der aufgebauten pVT-Apparatur eine Hochdruckeisphase, in den meisten Fällen Eis V, hergestellt. Eis V wurde als Ausgangsmaterial verwendet, da aufgrund bisheriger Erfahrungen die kristalline Struktur des Eis V bei der Herstellung aus der flüssigen Phase sowie bei der Herstellung über die feste Phase nur geringe Unterschiede in der Ausbildung von Vorzugsorientierungen aufweist (Kuhs 2000, pers. Mitteilung). Die Hochdruckeisphase wurde dann mit flüssigem Stickstoff, mit einer Kühlrate von ~1.5K/s, auf eine Temperatur von T~77K abgeschreckt (Lobban et al. 2000) und der Gasdruck auf Umgebungsdruck reduziert. Die Eisprobe, das „recoverte“ Hochdruckeis, wurde danach erwärmt. In einem weiten Temperaturbereich von T~130K bis T~200K erfolgte dann die Phasenumwandlung in kubisches Eis Ic, der unter diesen Druck- und Temperaturbedingungen zu Eis Ih metastabilen Eisvariante. Die Phasenumwandlung führt aufgrund des Dichteunterschiedes der Hochdruckeisphasen zu kubischem Eis Ic, innerhalb der kurzen Erwärmungsphasen durch das stark zunehmende Volumen zu einer mechanischen Zerstörung des makroskopischen Gefüges. Die Dichte verschiedener „recoverter“ Eisphasen sind in Tabelle 3.1 gegeben. An dieser Stelle sei jedoch nochmals auf die Dichten der Eisphasen unter verschiedenen Umgebungsbedingungen in Tabelle 1.2, Kapitel 1.3) verwiesen.

Eisphase T [K], p~1bar ρ[gcm-3] Ih 77 0.924+ Ic 77 0.923+

Dowell und Rinfret (1960)

Ic(HDA) 140 1.034* D2B-Experiment (1999)1

II 123 1.170+ Kamb (1964)

II 83 1.342* D1B-Experiment (1999)2 V 98 1.231+ Kamb et al. (1967)

V 84 1.390* D1B-Experiment (1999)2 IX 123 1.141+ Rabideau et al. (1968) IV 110 1.272+ Engelhardt und Kamb (1981) XII 127 1.30*

HDA 127 1.17*

Koza et al. (1999)

Tabelle 3.1: Dichten „recoverter“ Hochdruck-Eisproben bei Umgebungsdruck von p~1bar, 1,2 Dichte aus verfeinerten Datensätzen recoverter Hochdruckeisphasen am D2B, D1B; * : D2O, + : H2O

56

Eine mikroskopische Interpretation als denkbare Ursache für die Feinkristallinität der Probe ist eine Mehrfachnukleation von Eis Ic-Körnern auf den Körnern der Ausgangsphase sowie einem begrenzten topotaktischen Wachstum dieser konkurrierenden Eis Ic-Körner. Je nach verwendeter Hochdruckeisphase, als Ausgangsphase für die Umwandlung in kubisches Eis Ic, sollten sich daher diesbezüglich Unterschiede in dem Wachstumsverhalten sowie strukturelle Unterschiede des kubischen Eis Ic verbinden. Hinweise auf strukturelle Unterschiede und

einem damit verbundenem unterschiedlichen Phasenübergangsverhalten lassen sich in Arbeiten von Stern et al. (1997) sowie Bennett et al. (1997) finden (vergl. Kapitel 1.4).

Der Übergang von den „recoverten“ Hochdruckeisphasen in die Struktur des kubischen Eis Ic wurde für die Eisphasen XII, V, IX (Tieftemperaturphase des Eis III) sowie dem Eis II detaillierter verfolgt. Es wurde versucht sowohl den Phasenübergang mittels der JMAK-Theorie als auch die strukturellen Unterschiede des kubischen Eis Ic zu beschreiben und zu quantifizieren.

Bei der weiteren Erwärmung des aus den Hochdruckeisphasen erhaltenen kubischen Eis Ic erfolgte die Phasenumwandlung in das hexagonale Eis Ih (Temperaturbereich T~160K bis T~220K bei Umgebungsdruck). Diese Phasenumwandlung konnte in einem weiteren Temperaturbereich als in der Literatur beschrieben, beobachtet werden und wird später eingehender diskutiert (vergl. Kapitel 3.4.1).

Hinsichtlich des Überganges aus den HD-Eisphasen→Ic→Ih wurden durch in situ Neutronenstreuexperimente eine sehr zögerliche Umwandlung in Eis Ih beobachtet, die zu einem wesentlichen Problem bei den experimentellen Untersuchungen sowie deren Auswertungen mittels Rietveld-Verfeinerungen an Eis Ih führten und die Aussagefähigkeit einiger Experimente sehr stark einschränkte (vergl. Kapitel 3.4.1). Die unterschiedlich hergestellten Eis Ih-Proben wurden mittels FE-REM elektronenoptisch auf ihre Korngrößen verglichen. Die folgenden Abbildungen 3.4 und 3.5 zeigen die durch die verschiedenen Präparationsrouten hergestellten Eis Ih-Pulver im Vergleich. Aus den Bildern ist zu ersehen, dass die Korngrößen des Eispulvers bei beiden unterschiedlichen Präparationen eher einer Korngrößenverteilung als einer homogenen Korngröße entsprechen. Der Vergleich der Bildmaßstäbe erlaubt die Aussage, dass die mittlere Korngröße des über die Hochdruckpräparationroute hergestellten Eis Ih mindestens um den Faktor 5-10 kleiner ist.

Auch scheint diese wesentlich homogener zu sein als bei einer manuellen Präparation durch Mörsern. Größere Körner sind ebenso zufinden, jedoch ist deren Anteil an dem Volumen aufgrund der Aufnahmen als gering anzusehen. In mehreren elektronenoptischen Untersuchungen verschiedener Probenherstellungen hat sich gezeigt, dass die in Abbildung 3.5 dargestellte Korngrößenverteilung für das über die HD-Eis→Ic→Ih-Herstellungsverfahren präparierte Eis Ih als durchaus repräsentativ angesehen werden kann.

57

Bei Präparationen einer gleichartigen, über die Hochdruckeisphase hergestellten Probe, kann daher mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit von einem polykristallinen Eispulver nahezu gleicher Güte ausgegangen werden.

Abbildung 3.4: per Hand frisch gemörsertes Eis Ih, Mörserzeit t~10min., nicht kontinuierliche Kühlung mit flüssigem Stickstoff und zeitweiser Erwärmung während des Mörservorganges.

Abbildung 3.5: Eis Ih-Körnung nach dem Phasenübergang der Hochdruckeisphase V in kubisches Eis Ic in hexagonales Eis Ih.

58

Bei einem Synthesevergleich an Argon-Clathrat-Hydraten mittels eines über die HD-Eis→Ic→Ih Präparationsroute hergestellten Eis Ih-Pulver zeigte sich bei vergleichbaren Synthesebedingungen eine Synthesezeit von zwei Tagen für eine nahezu vollständige Umsetzung. Bei der üblichen Präparation mit gemörsertem Eis erhielt man ein vergleichbares Syntheseergebnis erst nach etwa einer Woche Synthesezeit.