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5 D ISKUSSION

5.3 Implikationen für die betriebliche Praxis

Im Sinne einer formativen Evaluation möchte ich im letzten Abschnitt der Diskussion Optimierungsmöglichkeiten für nachfolgende Befragungen in dem internationalen Unternehmen aufzeigen. Dabei orientiere ich mich einerseits an den Ergebnissen meiner Untersuchung, greife aber auch auf Erfahrungen und Ratschläge aus der Literatur zum Thema MAB zurück.

Steigerung der Rücklaufquote

Der Rücklaufquote kommt innerhalb einer MAB besondere Bedeutung zu. Wenn ein großer Teil der Mitarbeiter nicht an der Befragung teilnimmt bedeutet dies die Verschwendung wertvoller Ressourcen, die in die Durchführung der Befragung gesteckt werden (Edwards et al., 1997). Die Rücklaufquote der MAB ist unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen des internationalen Unternehmens zufriedenstellend, könnte aber durch weitere Maßnahmen gesteigert werden. Die Akzeptanz einer MAB und somit ihr Rücklauf können durch ein klares Commitment der Geschäftsleitung gesteigert werden (Borg, 2002). Allen Mitarbeiter muss klar gemacht werden, dass die Geschäftsleitung geschlossen hinter dem Projekt steht und sich der Erfolg des Projektes nur durch die Beteiligung aller Mitarbeiter einstellt. Mitarbeiter, die mit dem EFQM-Modell wenig oder gar nicht vertraut sind, sollten vor der Befragung über Ziele und Inhalte des Modells und der Befragung informiert werden. Dies kann über e-mail,

1991; Borg, 2002).

Anwenderfreundlichkeit des Fragebogens

Ein Fragebogen sollte so gestaltet sein, dass ihn der Befragte mit möglichst geringem Aufwand ausfüllen kann (Borg, 2002). Werden Fragen „durcheinander“ präsentiert, wirkt das auf den Befragten eher demotivierend (Zander & Funke, 1991). Der Fragebogen des internationalen Unternehmens wirkt durch das willkürliche Aneinanderreihen von Hunderten von Items monoton und verführt dazu, blind anzukreuzen ohne sich Gedanken zum Inhalt der Fragen zu machen. Es ist für die Befragten einfacher, Fragen zu beantworten, die nach Themenblöcken sortiert sind.

Zudem wird die Reliabilität und Validität durch den Aufbau eines relevanten Kontextes verbessert (Bradburn & Sudman, 1991). Die Items des Fragebogens können z.B. nach den Faktoren aus der Faktorenanalyse sortiert werden. Mit einem kleinen Einleitungssatz zu Beginn jedes Themenblocks werden die Befragten in das neue Thema eingeführt.

Fragen, die nur für einen Teil der Mitarbeiter relevant sind, sollten nur diesen präsentiert werden. Schon bei der Beantwortung der demographischen Fragen am Anfang des Fragebogens steht fest, ob es sich bei dem Befragten um einen IMA oder einen AMA handelt. Durch eine entsprechende Änderung des Programms der Online-Befragung könnte nach der Beantwortung der demographischen Fragen jeder Mitarbeiter die für ihn passende Fragebogenversion erhalten. Eventuelle demotivierende Effekte durch die Präsentation irrelevanter Fragen werden unterbunden.

Für die bessere Verständlichkeit der Antwortkategorien sollte jede Kategorie beschriftet werden. In der Fragebogenversion 2002 sind die Kategorien lediglich von eins bis fünf durchnummeriert. Eine kurze Erklärung der Kategorien befindet sich am oberen linken Bildrand. Es wird nicht jede Kategorie einzeln erklärt, sondern lediglich die Kategorien 1 und 5 (vgl. Anhang I). Was bedeutet zum Beispiel die mittlere Kategorie? Meint sie

„teils teils“ oder „weder noch“?.

Bei einigen Items erscheinen die Antwortmöglichkeiten von „trifft zu“ bis „trifft nicht zu“ nicht logisch. Bei Item 8a („Frauen haben im Unternehmen bessere Entwicklungschancen“) wären Antwortmöglichkeiten von „stimme zu“ bis „stimme nicht zu“ klarer. Bei jedem Item sollte überprüft werden, ob die Ausprägungen der Antwortkategorien zum Iteminhalt passen.

Im Fragebogen werden sowohl 5-stufige als auch 3-stufige Likertskalen verwendet. Um den Befragten nicht unnötig zu verwirren, wäre es sinnvoll, eine der beiden Skalen durchgängig zu verwenden.

Der hohe Anteil fehlender Werte bei Variablen stellt in der vorliegenden Befragung ein großes Problem dar. Um fehlende Werte zu reduzieren, sollte den Befragten in zukünftigen Befragungen nicht mehr die Möglichkeit gegeben werden, Fragen zu überspringen. Können oder wollen die Befragten eine Frage nicht beantworten, steht ihnen die „?“-Option zur Verfügung.

Bei einigen Items stellt sich die Frage, inwieweit sie relevante Informationen liefern. Bei den Fragen zu den Marktchancen des internationalen Unternehmens (Items 61-63, vgl.

Anhang I) ist der Informationsgewinn nicht ersichtlich. Ist es wirklich von Nutzen für das Unternehmen, wenn bekannt ist, wie seine Mitarbeiter die Marktchancen einschätzen? Und was noch wichtiger ist: Sehen die Befragten den Nutzen der Items?

Um den Fragebogen optimal auf die Mitarbeiter abstimmen zu können, sollte vor jeder Befragung ein Pretest durchgeführt werden. Durch einen Pretest kann u. a. ermittelt werden, ob die Themen im Fragebogen den Bedürfnissen der Mitarbeiter entsprechen und ob die Mitarbeiter in der Lage sind, anhand der vorgegebenen Fragen ihre eigene originäre Meinung zu äußern (Ganserer & Große-Peclum, 1995). Alternativ oder zusätzlich können am Ende des Fragebogens Evaluationsfragen eingesetzt werden, die

Borg (2000) macht auf Probleme aufmerksam, die bei der Übersetzung von Fragebögen auftreten können. Aufgrund der Befunde der vorliegenden Untersuchung erscheint es ratsam, die Übersetzungen des Fragebogens auf inhaltliche Äquivalenz zu überprüfen.

Leider stehen mir keine Informationen zum Vorgang der Übersetzung zur Verfügung.

Ich kann deshalb nicht beurteilen, mit welcher Sorgfalt dabei vorgegangen wurde.

Darstellung der Ergebnisse

Die Umsetzung der Ergebnisse einer Befragung in Aktionspläne hängt ganz wesentlich davon ab, wie gut es gelingt, Befunde in komprimierter und verständlicher Form darzustellen. Borg (1989) kritisiert, dass in der betrieblichen Praxis fast immer unnötig detaillierte Statistiken berichtet werden. In der Praxis mangelt es meist an Vertrautheit mit den Skalen, wodurch die Bewertung der Ergebnisse erschwert wird.

Die Ergebnisberichte des internationalen Unternehmens berichten Prozentwerte und Mittelwerte für jedes einzelne Item sowie für die fünf Befähigerkriterien. Zu Gunsten der einfacheren Lesbarkeit wäre es sinnvoller, eine der beiden Darstellungsformen zu wählen. Um die Flut an Informationen zu strukturieren, empfiehlt Borg (2002, S.70f), Ergebnisberichte hierarchisch aufzubauen, d.h. vom Allgemeinen (Demographie, Rücklauf) über besondere Auffälligkeiten (z.B. besonders positive oder besonders kritische Ergebnisse, besondere Diskrepanzen zwischen Vergleichsgruppen usw.) bis hin zum Detail (Ergebnisse jedes einzelnen Items).

Regelmäßige Befragungen im Unternehmen sollen einen Vergleich der Ergebnisse von Befragung zu Befragung ermöglichen. Church und Waclawski (1998) weisen darauf hin, dass bei großen Stichproben Mittelwertsunterschiede ab etwa 0,2 signifikant werden.

Vor diesem Hintergrund scheinen Angaben über Mittelwerte bis auf zwei Dezimalstellen genau, so wie es bei den Ergebnisberichten des internationalen Unternehmens der Fall ist, unnötig detailliert. Kleinste Unterschiede werden als Veränderungen gedeutet. Um „Überinterpretationen“ zu vermeiden, sollten in den Ergebnisberichten des internationalen Unternehmens nur signifikante Unterschiede

dargestellt werden.

Die Anregungen zur Optimierung nachfolgender Befragungen können nur oberflächlich sein, da für eine fundierte formative Evaluation der MAB des internationalen Unternehmens nicht genügend Informationen zur Verfügung stehen. Es wird jedoch deutlich, wie detailliert und vorausschauend MABs geplant werden müssen, um maximalen Nutzen daraus ziehen zu können.