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2   Literaturübersicht

2.4   Das Immunsystem

Der Begriff Immunsystem leitet sich vom lateinischen „immunis“ (frei, unberührt, verschont) ab. Klassischerweise wird es als ein Abwehrsystem des Körpers gegenüber gefährlichen Einflüssen aus der Umwelt wie Pilzen, Bakterien, Viren, Giftstoffen sowie gefährlichen körpereigenen Einflüssen wie etwa entartete Zellen definiert. Im wissenschaftlichen Interesse stehen zwei Seiten des Immunsystems: zum einen die Stärkung der Immunabwehr zur Bekämpfung von Krankheiten, zum anderen das Supprimieren des Immunsystems zur Verhinderung von Autoimmunerkrankungen, Tolerierung nützlicher Mikroben sowie Generierung einer angemessenen, limitierten Immunantwort zur Vermeidung von Gewebeschäden. Des Weiteren manipuliert man das Immunsystem zur Tolerierung fremder Organtransplantate. Das Immunsystem wird eingeteilt in ein unspezifisches angeborenes und ein spezifisches adaptives System. Sie bedingen sich gegenseitig und nur durch eine gute Zusammenarbeit beider kann eine komplexe Immunreaktion des Körpers ermöglicht werden.

Abbildung 2-3: Übersicht über den Aufbau des Immunsystems (modifiziert nach JANEWAY et al., 2001)

Zum unspezifischen Immunsystem gehören z.B. der Säuremantel der Haut, physikalische Barrieren wie Epidermis und Schleimhäute, zellvermittelte Gegenwehr durch Phagozytose, das Komplementsystem und zelluläre Bestandteile. Es wird als unspezifisches System bezeichnet, weil es unhabhängig vom jeweils eindringenden Erreger auf gleiche Weise aktiv

wird. Diese Mechanismen stehen größtenteils auch schon Neugeborenen zur Verfügung.

Durch die zellulären Bestandteile wie phagozytierende Zellen (Makrophagen, neutrophile Granulozyten, Monozyten) sowie basophile und eosinophile Granulozyten, Mastzellen und natürliche Killerzellen (NK) werden Pathogene direkt bekämpft, ohne dass der Organismus zuvor mit dem Erreger bereits Kontakt hatte.

Im Gegensatz dazu ist das antigenspezifische oder auch adaptive Immunsystem lernfähig, so dass es mit verbesserten Mechanismen auf wiederholt attackierende, bereits bekannte Erreger reagieren kann. So bleiben nach einer Infektion spezifische Antikörper und Gedächtniszellen erhalten, um bei erneutem Kontakt mit dem Krankheitserreger binnen kurzer Zeit eine angemessene Abwehrreaktion zu ermöglichen. Es beruht auf Lymphozyten, die aus der lymphatischen Vorläuferzelle des Knochenmarks entstehen. Es gibt zwei Klassen von Lymphozyten: B-Lymphozyten (B-Zellen) sowie T-Lymphozyten (T-Zellen). Nach ihrer Aktivierung durch Zytokine, zu denen unter anderem Interleukine und Chemokine gehören, differenzieren sich die B-Zellen zu Antikörper-produzierenden Plasmazellen. T-Zellen bilden zwei Klassen, von denen die eine bei Aktivierung zu einer zytotoxischen T-Zelle wird, die virusinfizierte Zellen abtötet, die zweite Klasse umfasst Zellen, die wiederum andere Zellen wie B-Zellen oder Makrophagen, aktivieren (JANEWAY, 2001).

2.4.1 T-Helferzellen – Th1/Th2 Balance

T-Zellen werden aufgrund spezifischer Oberflächenmoleküle in zwei Hauptgruppen unterteilt:

die zytotoxische T-Zelle (CD8+), die den Oberflächenmarker CD8 (cluster of differentiation) exprimiert, und die T-Helferzellen (CD4+) mit dem Oberflächenmarker CD4 (CANTOR u.

BOYSE, 1975). Beide Zellgruppen exprimieren den T-Zell-Rezeptor (TZR), der zur Familie der Immunoglobulin-Rezeptoren gehört und sie befähigt, Antigene zu erkennen (BENTLEY u. MARIUZZA, 1996). Der TZR kann nur Antigene erkennen, die ihm in Form codierter Proteine von der Gengruppe der major histocompatibility complex (MHC) präsentiert werden (DEMBIC et al., 1986). Die MHCs werden in zwei Klassen unterteilt: MHC I bindet nur an den TZR, wenn, wie bei zytotoxischen Zellen der Fall, das Oberflächenmolekül CD8 auf der T-Zelloberfläche exprimiert wird. Im Gegensatz dazu bindet MHC II an den TZR von T-Helferzellen, die CD4 exprimieren. Nur die Kombination der Oberflächenmarker CD4+ bzw. CD8+ mit dem TZR auf Seite der T-Zelle macht es möglich, Proteine, die über die MHCs präsentiert werden, zu erkennen und zu binden (BEVAN, 2004).

Abbildung 2-4: Aus Nature Review Immunology von Michael J. BEVAN, 2004 (Helping the CD8+ T-cell response)

T-Helferzellen (Th) lassen sich in unterschiedliche Gruppen unterteilen, unter anderem Th1-, Th2- und Th17-Zellen, die sich durch Expression verschiedener Zytokine und in ihrer Funktion unterscheiden (SEDER u. PAUL, 1994; LIANG et al., 2006). Aus den naiven T-Zellen entwickeln sich nach Antigenkontakt die unterschiedlichen Gruppen in Abhängigkeit des Zytokinprofils in der Zellumgebung. Obwohl die Differenzierung auch durch die Antigenkonzentration und die Art der kostimulatorischen Moleküle beeinflusst wird, spielen Zytokine die größte Rolle in der Regulation des Differenzierungsprozesses (ABBAS et al., 1996; O ́GARRA et al., 1998). Herrscht ein IL-12 und IFN-γ dominiertes Milieu vor, entwickelt sich die naive T-Zelle zu einer Th1-Zelle, die vorwiegend IL-2, TNF und IFN-γ sezerniert. Dahingegen entwickelt sie sich unter IL-4-Einfluss zu einer Th2-Zelle,

die ihrerseits IL-4, IL-5, IL-10 und IL-13 sezerniert. Zudem entwickelt sich die seit kurzem bekannte Th17-Zelle unter IL-6-Einfluss und sezerniert IL-22, TNF-α und IL-17 (KIMURA u. KISHIMOTO, 2010; OZDEMIR et al., 2010). Die Unterscheidung der Klassen ist wichtig für die Physiologie und Pathophysiologie der Immunantwort, denn es dominieren entweder Th1- oder Th2-Zellen. MOSMANN u. COFFMAN (1989) zeigten, dass sie sich in der Maus gegenseitig unterdrücken. Die Th1-Immunantwort ist verantwortlich für die Bekämpfung von intrazellulären Pathogenen und Viren, sie aktivieren Makrophagen und herrschen unter anderem in chronischen Läsionen der atopischen Dermatitis vor. Dahingegen bekämpfen Th2-Zellen extrazelluläre Pathogene, aktivieren B-Th2-Zellen, wodurch Antikörper produziert werden, und sind im Gegensatz zu Th1-Zellen in akuten Läsionen der atopischen Dermatitis zu finden.

Welche Bedeutung die Th17-Zellen haben, ist noch nicht vollständig erforscht. Die Existenz von Th17-Zellen wurde erstmals 2006 in drei unabhängigen Studien vermutet, in denen gezeigt werden konnte, dass die Kombination von TGF-β und dem proinflammatorischen Zytokin IL-6 zur Produktion von IL-17 führte (VELDHOEN et al., 2006). Experimentelle Arbeiten zeigten, dass Th17-Zellen beteiligt sind an der Entstehung von Hautentzündungen und Autoimmunerkrankungen (ASARCH et al., 2008).

2.4.2 Dendritische Zellen

Dendritische Zellen (DC, dendritic cells) wurden erstmals 1868 von dem Medizinstudenten Paul Langerhans in der Epidermis der Haut entdeckt. Nach ihm wurden zu einem späteren Zeitpunkt eine Untergruppe der dendritischen Zellen, die sogenannten Langerhans-Zellen (LC, langerhans cells) benannt. Erst 104 Jahre später begannen STEINMAN und COHN (1973) diese besondere Zelle genauer zu charakterisieren und es wurden erstmals Funktionen und Bedeutungen beschrieben, wie sie heute bekannt sind (STEINMAN u. COHN, 1973).

DC gehören zur Gruppe der Antigen-präsentierenden Zellen (APC, antigen presenting cells), sie stellen neben Makrophagen und B-Lymphozyten die wichtigste und effektivste Komponente dieser Zellgruppe dar. Sie spielen als APC eine zentrale Rolle in der Induktion der Immunantwort (BANCHEREAU u. STEINMAN, 1998) und werden daher auch als

„Wächter des Immunsystems“ bezeichnet. Man findet DC in allen lymphatischen Geweben, aber auch in nahezu allen nicht lymphatischen Geweben von Säugetieren. Eine charakteristische Eigenschaft der dendritischen Zellen ist ihre sternförmige Gestalt. Die Zellen bilden dünne zytoplasmatische Ausläufer, die bis zu 10 µm lang werden können.

Dadurch vergrößern sie ihre Zelloberfläche und damit ihre Möglichkeit Zell-Zell-Kontakte einzugehen (STEINMAN et al., 2000).

Die unreifen (immature) Vorläuferzellen entwickeln sich aus den hämatopoetischen Stammzellen des Knochenmarkes und zirkulieren in allen peripheren Geweben. Sie nehmen die Pathogene durch Phagozytose, Makropinozytose oder rezeptorvermittelte Endozytose auf.

Nach Antigenaufnahme migrieren die DC in Lymphorgane, wo sie sich zu reifen (mature) DC entwickeln. Aus einer ruhenden, phagozytierenden Zelle hat sich eine migrierende, antigenpräsentierende Zelle entwickelt. Das Pathogen bzw. Antigen wird in der Zelle durch Proteasen zu Peptiden zerkleinert, die über MHC II anderen zirkulierenden Zellen präsentiert wird. Antigen-spezifische Lymphozyten, T-Zellen und B-Zellen, werden angezogen und zur Ausdifferenzierung angeregt. Sowohl reife DC als auch aktivierte T-Zellen produzieren vermehrt Zytokine, wodurch wiederum Makrophagen, natürliche Killerzellen und Eosinophile aktiviert werden. Im Gegensatz dazu differenzieren aktivierte B-Zellen zu Antikörper-produzierenden Plasmazellen. Nachdem die dendritische Zelle das primäre Immunsystem induziert hat, stirbt sie durch Apoptose (BANCHEREAU u. STEINMAN 1998).

2.4.3 Interaktion zwischen dendritischen Zellen und T-Helferzellen

Die Interaktion zwischen maturer dendritischer und naiver T-Zelle spielt eine wichtige Rolle im Ablauf der Immunantwort. Die DC beeinflusst die Entwicklung der T-Zellen in Richtung Th1- bzw. Th2-Polarisierung, wodurch es entweder zu einer zellulären oder einer humoralen Immunantwort kommt. Eine wichtige Rolle bei der Induktion einer Th1- oder Th2-Antwort durch DC spielen die Pathogen-assoziierten Faktoren, die vor der T-Zell-Aktivierung auf die DC einwirken, auch bezeichnet als pathogen associated molecular patterns (PAMPs). Die PAMPs stellen eine sehr heterogene, vielfältige Gruppe dar. Unter ihnen befinden sich Moleküle wie das Lipopolysaccharid (LPS) Gram-negativer Keime oder auch die Lipoteichonsäure (LTA) Gram-positiver Bakterien. Treffen DC auf Pathogene, die sie an ihren konservierten PAMPs wie zum Beispiel LPS erkennen, binden sie diese mit Hilfe von Oberflächenrezeptoren, sogenannte pathogen recognition receptors (PRRs) (DIEBOLD, 2009). Eine wichtige Gruppe unter den PRRs stellen die Toll-Like-Rezeptoren (TLRs) dar.

Abhängig von der Art des erkannten Pathogens reagiert das Immunsystem mit der Induktion verschiedener Signalwege, die durch TLRs in die Wege geleitet werden. Bindet beispielsweise LPS an eine DC, läuft die Signalkaskade über den TLR4. Zudem leiten DC unabhängig vom Stimulus, der an unterschiedlichen TLRs binden kann und dadurch die

Ausschüttung von unterschiedlichen Zytokinen bedingt, eine Th1- oder Th2-Antwort ein (AGGRAWAL u. RAO, 1998). Die Aktivierung der T-Zellen ist abhängig von drei Signalen, die parallel zwischen DC und T-Zellen stattfinden. Das erste Signal beruht auf der Bindung des TZRs an ein über den MHC II präsentiertes Antigen auf der Oberfläche der DC. Als Signal 2 bezeichnet man die Co-Stimulation der T-Zelle durch Bindung der Oberflächenmarker CD80/86 auf Seite der DC an den Oberflächenmarker CD28 auf der Zell-Seite. Findet die Bindung dieser Oberflächenmarker nicht statt, bildet sich aus der T-Zelle eine inaktive, tolerante T-T-Zelle, die keine Fremdantigene im Körper erkennt.

Dahingegen führt die Stimulation des TZRs in Verbindung mit dem Co-Signal zu der Entwicklung der naiven T-Zelle in eine protektive Effektor-T-Zelle, die vermehrt selektive Zytokine sezerniert. Die Differenzierung der T-Zelle in Th1 bzw. Th2 ist unabhängig von Signal 1 und Signal 2, sie wird ausschließlich von Signal 3 beeinflusst. Signal 3 ist verantwortlich für die Ausschüttung Th-Zell-polarisierender Moleküle. Es konnten schon mehrere von diesen Signal-3-Molekülen identifiziert werden. Die Ausschüttung dieser polarisierenden Moleküle wird beeinflusst durch PAMPs, die an den PRR binden. Je nachdem, ob eine Th1- oder eine Th2-Immunantwort nötig ist, werden unterschiedliche Zytokine oder Chemokine ausgeschüttet. So sind Th1-polarisierende Faktoren zum Beispiel die Mitglieder der IL-12-Familie, IL-12, IL-23 und IL-27 sowie Typ1-Interferone. Th2-Zell-polarisierende Moleküle sind CCL2, IL-10 oder auch TGF-β (KAPSENBERG, 2003). Diese Zytokine binden wiederum an einen für sie spezifischen Rezeptor, so dass die T-Zelle sich in die gewünschte Richtung differenzieren kann.

Abbildung 2-5: Abhängigkeit der T-Zell-Stimulation und T-Helfer-Zell-Polarisation von drei Signalen der dendritischen Zelle (KAPSENBERG, 2003)