• Keine Ergebnisse gefunden

2   Literaturübersicht

2.2   Die Histaminrezeptoren

Histaminrezeptoren sind ubiquitär im Organismus vorhanden. Durch Bindung von Histamin an die bislang vier bekannten Histaminrezeptoren, die nach der Reihenfolge ihrer Entdeckung H1-Rezeptor (H1R), H2-Rezeptor (H2R), H3-Rezeptor (H3R) und H4-Rezeptor (H4R)benannt wurden, werden die Effekte des biogenen Amins vermittelt. Im Jahr 1966 gelang es ASH und SCHILD (1966), die Salzsäuresekretion in der Magenschleimhaut zu blockieren, wodurch der Grundstein zur Postulierung des H2R gelegt wurde (ASH u. SCHILD, 1966; BLACK et al., 1972). Nachdem 1972 eine pharmakologische Unterscheidung zwischen H1R und H2R erfolgte (BLACK et al., 1972), wurde 1983 der H3R erstmals beschrieben (ARRANG et al., 1983). In den 90er Jahren konnte die genetische Struktur der drei Rezeptoren aufgeschlüsselt werden. Erst im Jahr 2000 wurde der humane H4R von verschiedenen Arbeitsgruppen entdeckt und charakterisiert, zum selben Zeitpunkt wurde seine DNA-Sequenz kloniert (NAKAMURA et al., 2000; ODA et al., 2000).

Die vier Histaminrezeptoren unterscheiden sich in ihrem Expressionsprofil, ihrem Signaltransduktionsweg, ihrer Funktion und auch in ihrer Affinität Histamin zu binden (AKDIS u. SIMONS, 2006). Sie gehören zu der Gruppe der membranständigen G-Protein-gekoppelten Rezeptoren (GANTZ et al., 1991; YAMASHITA et al., 1991; LOVENBERG et al., 1999). G-Proteine übertragen ein Signal auf einen intrazellulären second messenger, der entweder direkt oder über einen Zwischenschritt beispielsweise eine Ionenkanalkonformation herbeiführt, die durch Phosphorylierung von Proteinen zustande kommt. Jedem Rezeptortyp können spezifische Effekte zugeordnet werden.

2.2.1 Der Histamin-H1-Rezeptor

Der H1R befindet sich ubiquitär im Körper, insbesondere in der glatten Muskulatur von Atmungs-, Magen-Darm- und Urogenitaltrakt sowie im kardiovaskulären System. Zudem findet man ihn im zentralen Nervensystem und auf verschiedenen Zelltypen wie z.B.

Lymphozyten und Endothelzellen (SCHWARTZ et al., 1991; HAAS u. PANULA, 2003). Die Stimulation des H1R beeinflusst hauptsächlich die Kontraktion der glatten Muskulatur von Bronchien, Darm und Gefäßen. Bindet Histamin an den H1R auf Arteriolen, wird die Stickstoffmonoxidbildung stimuliert, wodurch die Gefäßmuskelzellen erschlaffen. Venolen dagegen reagieren durch Bindung von Histamin an den H1R mit einer Kontraktion von Endothelzellen, wodurch sich Lücken im Zellverband bilden durch die Plasmaflüssigkeit ausströmen kann (BAKKER et al., 2002). Zudem entsteht durch Stimulation afferenter Nervenendigungen Juckreiz. Demnach spielt der H1R eine große Rolle in Allergie- und Entzündungsgeschehen. Auch immunmodulatorische Effekte können über den H1R vermittelt werden. So konnten Untersuchungen an H1R-Knockout-Mäusen zeigen, dass die T- und B-Zell-Proliferation deutlich reduziert war (BANU u. WATANABE, 1999). Zudem aktiviert der H1R die Transkriptionsfaktoren AP-1 (activator protein-1) und NF-κB (nuclear factor κB), die eine wichtige Rolle bei Entzündungen spielen. Dieser Effekt konnte durch H1R-Antihistaminika geblockt werden (BAKKER et al., 2002; ROUMESTAN et al., 2008).

H1R-Antagonisten sind seit den 30er Jahren bekannt. Therapeutisch eingesetzte H1 R-Antagonisten gibt es in drei Generationen. H1-Antihistaminika der ersten Generation wie Diphenhydramin und Mepyramin sind stark lipophil und können daher die Blut-Hirn-Schranke passieren. Sie wirken über den H1R im ZNS sedierend, so dass sie in der Humanmedizin als Schlafmittel Anwendung finden. Im Gegensatz dazu sind die H1-Antihistaminika der 2. und 3. Generation wie Ceterizin und Loratadin schlecht bis gar

nicht lipohil. Sie werden häufig bei allergischer Konjunktivitis und Rhinitis eingesetzt. Als H1-Antihistaminika ist in der Veterinärmedizin ausschließlich der Wirkstoff Chlorphenamin in einem Kombinationspräparat (Atussin®) bei Pferd und Hund zur Behandlung von allergisch bedingtem Husten zugelassen.

2.2.2 Der Histamin-H2-Rezeptor

Der H2R wird hauptsächlich von Parietalzellen der Magenschleimhaut exprimiert. Bindet Histamin an den H2R, kommt es zu einer Sekretion von Magensäure und Pepsin. Dieser Effekt konnte durch H2R-Antagonisten verringert werden (PENDLETON et al., 1985).

Daraus ergab sich eine große therapeutische Bedeutung der H2R-Antagonisten bei der Behandlung von Gastritis oder Magenulzera.

Auch die glatte Muskulatur von Herz, Gefäßsystem und Atemwegen exprimiert den H2R. An glatter Muskulatur wirkt Histamin über den H2R relaxierend, zudem wird über ihn eine Gefäßerweiterung der Arteriolen vermittelt (FOREMAN et al., 1985; DEL VALLE u.

GANTZ, 1997; HILL et al., 1997; BACHERT, 2002). Am Herz verursacht eine Stimulation des H2R ausgeprägte positiv chronotrope und ionotrope Wirkungen (BLACK et al., 1972).

Auf Immunzellen wie basophilen Granulozyten, dendritischen Zellen und Monozyten hat Histamin über den H2R Einfluss auf die Produktion diverser Zytokine, so wird die durch bakterielle Antigene induzierte Produktion von TNF-α, IL-1 sowie IL-12 gehemmt und die Produktion von IL-10 und IL-18 gefördert (VANNIER et al., 1991; ELENKOV et al., 1998;

VAN DER POUW KRAAN et al., 1998; KOHKA et al., 2000). Auf humanen dendritischen Zellen wird ebenfalls durch Stimulation des H2R eine Erhöhung von IL-10 und eine Senkung von IL-12 induziert (SCHWARTZ et al., 1991; GUTZMER et al., 2002; JUTEL et al., 2002).

In der Human- sowie Tiermedizin werden H2R-Antihistaminika wie Cimetidin und Ranitidin bei säurebedingter Gastritis und Magenulzera eingesetzt (FREY u. LÖSCHER, 2009).

2.2.3 Der Histamin-H3-Rezeptor

Der H3R wurde durch ARRANG et al. (1983) in Cortexgewebe der Ratte entdeckt und als Autorezeptor identifiziert, welcher die Freisetzung und Synthese von Histamin kontrolliert.

Alsbald konnte er auch als Heterorezeptor nachgewiesen werden, der an präsynaptischen Nervenendigungen nicht-histaminerger Neuronen die Freisetzung vieler Neurotransmitter reguliert wie zum Beispiel Acetylcholin, Noradrenalin oder Serotonin (SCHLICKER et al.,

1994; SANDER et al., 2008). Histaminerge Neurone sind in vielen Teilen des Gehirns verbreitet und beteiligt an der Regulation des Schlaf-Wach-Rhythmus, der Erinnerung und dem Hungergefühl. Es wird vermutet, dass H3R-Antagonisten einen positiven Einfluss in der Behandlung von kognitiven Störungen, Adipositas, Schlafstörungen, Alzheimer, Schizophrenie oder auch bei Ischämie-bedingten Herzarrhythmien und Migräne haben.

ZNS-gängige H3R-Antagonisten wie zum Beispiel das Nicht-Imidazol-Derivat Pitolisant sind als mögliche Medikamente dieser Erkrankungen in der frühen klinischen Phase (PARSONS u. GANELLIN, 2006; LEURS et al., 2005).

Weiterhin wird in der Literatur eine Rolle des H3R im Entzündungsgeschehen sowie in der Entstehung von Juckreiz diskutiert. Untersuchungen zeigten, dass der H4R-Agonist/ H3 R-Antagonist Clobenpropit wie auch der H3R/H4R-Antagonist Thioperamid in Mäusen Juckreiz induzierte. Da die in diesen Studien verwendeten H3R-Liganden jedoch nicht spezifisch für den H3R sind, sondern gleichfalls Affinitäten für den H4R besitzen, ist die Rolle des H3R in der Entstehung von Entzündung und Juckreiz nicht eindeutig geklärt (BELL et al., 2004).

Der H3R konnte in der Zwischenzeit in vielen Geweben verschiedener Spezies identifiziert werden. LOVENBERG et al. (1999) gelang es im Jahr 1999, das Gen des humanen H3R zu klonieren. Kurze Zeit später gelang zudem die Klonierung des H3R der Ratte (LOVENBERG et al., 1999, 2000) und des Meerschweinchens (TARDIVEL-LACOMBE et al., 2000).