• Keine Ergebnisse gefunden

An den schweren und leichten Ketten der Immunglobuline können variable und konstante Domänen unterschieden werden. Aufgrund unterschiedlicher Antigenität der konstanten Domäne der schweren Ketten werden die Immunglobuline in die fünf Klassen IgG, IgM, IgA, IgE und IgD unterteilt. Bei den Immunglobulinklassen IgG und IgA werden weiterhin verschiedene Subklassen unterschieden (JANEWAY und TRAVERS 2002a). Eine aktuelle Einteilung der equinen Immunglobuline wurde auf dem 6. Internationalen Veterinary Immunology Symposium in Uppsala, Schweden 2001 präsentiert (Tab. 1).

Tab. 1: Alte und neue Nomenklatur der equinen Immunglobuline (aus WEGE 2004) Alte Nomenklatur Neue Nomenklatur

IgM IgM

IgGa IgG1

IgG2

IgG(T) IgG3

IgGb IgG4 IgG5

IgG6

IgE IgE

IgA IgA

Statt in Klassen und Subklassen kann aufgrund funktioneller und serologischer Parameter auch eine Einteilung in verschiedene Immunglobulin-Isotypen erfolgen. Allotypen hingegen kommen nur bei einzelnen Individuen einer Spezies vor und werden durch alternative Formen (allelische Polymorphismen) codiert. Weiterhin existieren sogenannte Idiotypen, dabei handelt es sich um individualspezifische Epitope in den variablen Domänen, insbesondere in den hypervariablen Regionen, des Immunglobulinmoleküls. Idiotypen entstehen durch eine individuelle Rekombination der variablen Gensegmente eines einzelnen B-Zellklones und kommen somit nur auf von diesem Klon gebildeten Antikörpern vor (JANEWAY und TRAVERS 2002c).

2.2.1.1 IgG

Immunglobuline der Klasse G werden von ausdifferenzierten B-Lymphozyten (Plasmazellen) der Milz, der Lymphknoten und des Knochenmarks synthetisiert und sezerniert. Mit einer Halbwertzeit von ca. 18 bis 23 Tagen stellen sie die haltbarste Antikörperfraktion dar (TRAUTWEIN 1990) und weisen im Blutserum mit ca. 10 bis 15 mg/ml die höchsten Gehalte von allen Immunglobulinen auf (TIZARD 2004). Auch im equinen Kolostrum stellen sie die quantitativ dominierende Immunglobulinfraktion dar (MACDOUGALL 1975). Wegen ihres geringen Molekulargewichtes von 180.000 Dalton können Immunglobuline der Klasse G im Verlauf einer Immunreaktion leicht in die extravasalen Räume hinübertreten.

Zwar stellt die differenzierte Betrachtung der equinen IgG-Isotypen seit langem einen Schwerpunkt der veterinärimmunologischen Forschung dar (ROCKEY et al. 1964, ROCKEY 1967, McGUIRE et al. 1972), jedoch war der Kenntnisstand über die Verhältnisse bei Pferden im Vergleich zu dem bei Mäusen oder Menschen bis vor wenigen Jahren noch recht unvollständig. Bekannt ist, dass die verschiedenen IgG-Isotypen entsprechende Effektorfunktionen bei den antikörpervermittelten Abwehrvorgängen des Körpers vermitteln. Hierzu zählen im Wesentlichen die Opsonierung von Pathogenen für die Aufnahme durch Phagozyten, die Neutralisation von Toxinen, die Sensibilisierung von Mastzellen und die Aktivierung von B-Lymphozyten zur Antikörperproduktion (RAVETCH und KINET 1991). Wie beim Menschen durch die Isotypen IgG1 und IgG3 (DILLMANN et al. 1995) kann auch beim Pferd durch einige IgG-Isotypen eine Aktivierung des Komplementsystems erfolgen. So wiesen McGUIRE et al. (1973) eine Aktivierung durch die damals als IgGa, IgGb, IgM und IgG(B), nicht aber durch die als IgGc und IgG(T) bezeichneten Isotypen nach. Diese Aktivierung kann zur Lysis der Zielzelle oder zur Erleichterung der Phagozytose des Antigens führen. Das Komplementsystems vermag ebenfalls die Beseitigung von Viren und Immunkomplexe zu ermöglichen, indem Komplementprotein an die Oberflächen dieser Bestandteile anlagert und sie somit für eine Phagozytose im Retikuloendothelialen System erkennbar macht (TIZARD 2004). Einige Spaltprodukte des Komplementsystems (C3a, C4a u. C5a) bewirken als biologisch hoch aktive Substanzen Entzündungsreaktionen (Kontraktion glatter Muskulatur, Vasodilatation

u. Chemotaxis) und werden daher als Anaphylatoxine bezeichnet (FRANK u. FRIES 1991).

Funktionelle Unterschiede zwischen den verschiedenen equinen IgG-Isotypen wurden ebenfalls von SHEORAN u. HOLMES (1996) demonstriert, indem sie für die verschiedenen Isotypen unterschiedliche Affinitäten zu bakteriellen Zellwandbestandteilen nachwiesen. So binden IgGa, IgGb, IgGc und IgG(T) sehr stark an Protein G (Zellwandbestandteil von Streptokokken der Lancefield-Gruppe G und C), jedoch lediglich IgGa an Protein A (Zellwandbestandteil von Staphylococcus aureus). Besonders wichtig für die Ausübung von Sekundärfunktionen der IgG-Isotypen ist ihre Fähigkeit zur Bindung an Fc-Rezeptoren. So können Immunglobuline der Klasse G über ihre Fc-Region mit phagozytierenden Zellen des Immunsystems (neutrophile u. eosinophile Granulozyten, Monozyten, Makrophagen, Natural Killer (NK)-Zellen) interagieren. Der Nachweis isotypspezifischer Affinitätsunterschiede hinsichtlich verschiedener Fc-Rezeptoren wurde für die Spezies Mensch im Gegensatz zum Pferd bereits erbracht (VAN DE WINKEL u.

CAPEL, 1993). Nach Vergleich der Aminosäuresequenzen von IgG-Isotypen bei Mensch und Pferd kann vermutet werden, dass beim Pferd nur IgG1, IgG3 und IgG6 an Fcγ–

Rezeptoren binden können und somit wichtige Aufgaben in der Immunantwort erfüllen (WAGNER et al. 2002b).

Die verschiedenen IgG-Isotypen dienen weiterhin der gegenseitigen Regulation, da sie über negative Rückkopplungsmechanismen (Feedback-Mechanismen) die fortgesetzte Expression von Antikörpern inhibieren. Eine große Anzahl löslicher Immunglobuline führt zu einer ausgeprägten Abdeckung der Antigenepitope und verhindert somit die weitere Bindung dieser Epitope an B-Zellrezeptoren. Diese Zellen stellen daraufhin die erneute Produktion entsprechender Antikörper ein.

In den letzten Jahren wurden mit der erfolgreichen Charakterisierung von Genen, die die Verschiedenartigkeit der equinen IgG-Isotypen bedingen (WAGNER et al. 1997 u. 2002a u. 2002b u. 2003) und der Herstellung monoklonaler Antikörper gegen einzelne IgG-Isotypen (WAGNER et al. 1995 u. 2003, SHEORAN et al. 1998, SUGIURA et al. 1998, WEGE et al. 2003, WEGE 2004) große Fortschritte auf dem Gebiet der equinen Isotypen-Charakterisierung erzielt, die zukünftig diesbezüglich eine genauere funktionelle Beschreibung der einzelnen Isotypen erwarten lassen

2.2.1.2 IgM

Mit durchschnittlich 1,2 mg/ml ist das IgM als zweithäufigstes Immunglobulin im equinen Blutserum nachzuweisen (McGUIRE et al. 1973). Es wird ebenfalls von Plasmazellen der Milz, der Lymphknoten und des Knochenmarks synthetisiert und abgegeben. Auch IgM besteht aus einer Grundeinheit von zwei schweren und zwei leichten Ketten, kann jedoch Multimere bilden. IgM-Moleküle liegen im Serum als Pentamere, manchmal auch als Hexamere vor. Aufgrund dieser Tatsache stellt es mit einem Molekulargewicht von 900.000 Dalton das schwerste und zugleich größte Immunglobulin dar. Im Verlauf einer Immunantwort steigt die Konzentration von IgM grundsätzlich zuerst an, bleibt aber deutlich unter den erst später nachweisbaren IgG-Mengen (STEVENSON 1999).

Aufgrund seiner zehn Antigenbindungsstellen besitzt das IgM-Pentamer eine relativ effektive Bindungsstärke (Avidität), vermutlich um an repetitive Epitope, beispielsweise Polysacchariden bakterieller Zellwände, zu binden und seine agglutinierenden, komplementaktivierenden und zytotoxischen Effektorfunktionen zu erfüllen (TRAUTWEIN 1990, JANEWAY und TRAVERS 2002a).

2.2.1.3 IgA

Der Blutserumgehalt von IgA schwankt beim Pferd zwischen 0,6 und 3,5 mg/ml. Es kann weiterhin in relativ hohen Konzentrationen in den seromukösen Körpersekreten nachgewiesen werden, da es außer in den regionalen Körperlymphknoten von in der Submukosa der Körperschleimhäuten gelegenen B-Zellen produziert wird. Im Gegensatz zu Blutserum kommt es in den Oberflächensekreten hauptsächlich als Dimer mit einem Molekulargewicht von 360.000 Dalton vor (TIZARD 2004).

Ein Protein, welches auch von den Epithelzellen des Euters synthetisiert wird und als sekretorische Komponente bezeichnet wird, schützt das mit dem Kolostrum sezernierte IgA (sekretorisches IgA = sIgA) vor dem proteolytischen Abbau im Verdauungssystem des Fohlens (TRAUTWEIN 1990). Durch die orale Aufnahme von sekretorischem IgA mit dem Kolostrum erfährt das neugeborene Fohlen eine lokale passive Immunität, da das sIgA sowohl Toxine neutralisiert, als auch an Bakterien und Viren haftet und dadurch deren Bindung an die Schleimhautoberfläche und ihren Eintritt in den Körper verhindert

2.2.1.4 IgE

IgE kommt im Blutserum lediglich in äußerst geringen Konzentrationen vor (< 0,1%), die Halbwertzeit beträgt etwa zwei bis drei Tage. Es besitzt ein Molekulargewicht von 200.000 Dalton und wird von den Körperoberflächen benachbarten Plasmazellen produziert (SUTER und FEY 1981). IgE spielt eine besondere Rolle in der Abwehr parasitärer Erkrankungen und bei allergisch bedingten Reaktionen vom Typ 1 (HALLIWELL u.

GORMAN 1989, TIZARD 2004).

2.2.1.5 IgD

Beim Pferd war das Vorkommen der Antikörperklasse IgD bislang nicht bekannt (TIZARD 2004). Vor kurzem jedoch konnte die für das equine IgD codierende Gensequenz und sogar das entsprechende Transkript, nicht jedoch das IgG-Molekül selbst, nachgewiesen werden (WAGNER et al. 2004).