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Die Luftreinhaltung ist in Deutschland und in vielen anderen Ländern ein zentraler Bestandteil des Umweltschutzes und der Gesundheitspolitik.

International getroffene Vereinbarungen werden in EU-Recht umgesetzt. Die EU- Mitgliedsstaaten müssen diese Vereinbarungen wiederum innerhalb von vorge-gebenen Fristen in nationales Recht umsetzen.

Am 24. September 1996 wurde vom Europäischen Parlament die Richtlinie 96/61/EG des Rates über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltver-schmutzung verabschiedet (EU 1996). Die kodifizierte Fassung (2008/1/EG) vom 15.

Januar 2008 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (IVU-Richtlinie) (englisch: Integrated Pollution Prevention and Control, IPPC) zielt auf ein hohes Umweltschutzniveau für bestimmte industrielle Tätigkeiten (EU 2008). Am 6. Januar 2011 wurde die Richtlinie 2010/75/EU (Industrieemissionsrichtlinie) in Kraft gesetzt, welche von den EU-Mitgliedsstaaten bis zum 6. Januar 2013 in nationales Recht umzusetzen war (EU 2010). Der Geltungsbereich der Richtlinie betrifft u. a. auch die Intensivtierhaltung.

In Deutschland werden immissionsschutzrechtliche Aspekte durch das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) geregelt. Im Jahr 1974 trat in den Deutschland der Erlass des ersten Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) und dessen Verwaltungsordnungen (wie z. B. die Bundes-Immissionsschutzverordnung BImSchV) in Kraft.

Das BImSchG regelt wie „Menschen, Tiere und Pflanzen, der Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter vor schädlichen Umwelteinwirkungen zu schützen“ sind und wie „dem Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen vorzubeugen“ ist.

Auch Tierhaltungsanlagen unterliegen in Bezug auf den Immissionsschutz in erster Linie dem BImSchG.

Grundsätzlich wird im Rahmen einer Beantragung zum Bau oder zur Erweiterung einer Tierhaltungsanlage zunächst anhand von § 4 BImSchG festgelegt, ob es sich

HINTERGRUND UND LITERATURÜBERSICHT

um eine immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige (vgl. § 5 BImSchG) oder nicht genehmigungsbedürftige Anlage (vgl. § 22 BImSchG, in diesem Fall wäre eine Genehmigung nach Baurecht ausreichend) handelt. Bei einer genehmigungs-bedürftigen Anlage wird anhand der Bestandsgröße nach Anhang Nr. 7.1 zur 4.

BImSchV zwischen einem vereinfachten oder förmlichen (mit Öffentlichkeits-beteiligung) Genehmigungsverfahren unterschieden.

Am 22.03.2013 wurde in Niedersachsen, ein Randerlass zum Bundes-Immissionsschutz zur Durchführung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungs-verfahren in Kraft gesetzt (RdErl. d. MU, d. MS u. d. ML v. 22.03.2013 – 33-40501/207.01-) (BImSchG 2013). Dieser regelt die Durchführung von immissions-schutzrechtlichen Genehmigungsverfahren für zwangsbelüftete Schweinehaltungs-anlagen und zwangsbelüftete Anlagen für Mastgeflügel im Hinblick auf den Einsatz von Abluftreinigungsanlagen sowie hinsichtlich der Bioaerosolproblematik.

Inzwischen gilt dieser sogenannte „Filtererlass“ auch für die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. Unter Stand der Technik werden die von der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft e. V. (DLG) zertifizierten Abluft-reinigungsanlagen beschrieben. Diese sind in großen Tierhaltungsanlagen (Tierhaltungsanlagen der Nr. 7.1 Buchst. g) - i) der Spalte 2 des Anhangs zur 4.

BImSchV, sowie Anlagen für Geflügel der Nr. 7.1 Buchst. c) Spalten 1 und 2 des Anhangs zur 4. BImSchV) bei der Genehmigung vorgeschrieben.

In der Richtlinienreihe VDI 4255 werden die unterschiedlichen Emissionsquellen mikrobieller Luftverunreinigungen dargestellt und Verfahren zur Minderung dieser Emissionen beschrieben. Im Rahmen eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens für eine Schweine- oder Geflügelhaltungsanlage kann auf die Forderung eines Sachverständigengutachtens zur Keimemissionen verzichtet werden, wenn der Antragsteller für eine solche Tierhaltungsanlage eine für die Partikel- bzw. Staubabscheidung geeignete Abluftreinigungsanlage vorsieht. Es wird davon ausgegangen, dass Systeme, die ihre Wirksamkeit in Bezug auf eine Partikel- bzw. Staubabscheidung bewiesen haben, auch geeignet sind, Bioaerosole abzuscheiden.

HINTERGRUND UND LITERATURÜBERSICHT

In der TA Luft sind für immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Tierhaltungsanlagen Emissionswerte für Staub und Ammoniak festgelegt (TA Luft 2002). Die TA Luft beinhaltet Abstandsregelungen für Genehmigungsverfahren von Tierhaltungsanlagen zu Wohnbebauungen und/oder Ökosystemen.

Bei nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen wird durch die Richtlinien des Verein Deutscher Ingenieure (VDI) die Vermeidung von Emissionen und Geruchsbelästigungen geregelt (VDI 3471 (1986), VDI 3472 (1986), VDI 3473 (1994), VDI 3474 (2001)).

Die Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) wurde vom Länderausschuss für Immissionsschutz (LAI) verfasst und in den einzelnen Bundesländern durch Erlasse oder Verwaltungsvorschriften eingeführt, um Geruchsemissionen zu beurteilen. Bei genehmigungsbedürftigen Anlagen ist die GIRL zugrunde zu legen. Bei nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen kann die GIRL sinngemäß angewandt werden.

Im landwirtschaftlichen Bereich sind zunächst die TA Luft sowie die VDI-Richtlinien VDI 3471 und VDI 3472 im Rahmen ihres jeweiligen Geltungsbereiches anzu-wenden. Falls sich damit in der Praxis auftretende Problemstellungen nicht lösen lassen, kommen die weiteren Verfahrensschritte der GIRL zur Geltung.

Auf Grund der massiven Zunahme von Intensivtierhaltungen in der Weser-Ems-Region hat der Landkreis Cloppenburg bereits im Jahr 2002 mit Sachverständigen einen regional geltenden „Leitfaden zur Feststellung der Eignung von Abluftreinigungsanlagen in der Tierhaltung“ (Cloppenburger Leitfaden) erarbeitet (HAHNE 2002). 2005 wurde diese Prüfung auf Eignung durch einen bundesweit geltenden Prüfrahmen der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft e. V. (DLG) ersetzt. Die DLG in Frankfurt/Groß-Umstadt ist Prüfstelle für Technische Anlagen in der Landwirtschaft. Sie erteilt nach positivem Abschluss den sogenannten DLG-Signum-Test als Zertifikat. Die Prüfung durch die DLG beinhaltet die Beurteilung der Abscheidungsraten für Staub, Ammoniak und Geruch. Eine Prüfung und Beurteilung der Abscheidungsraten für Bioaerosole erfolgt bislang nicht im Rahmen dieses Zertifikats.

Seit dem Jahr 2000 wurden in der Richtlinienreihe VDI 4250 bis VDI 4257 „Erfassen luftgetragener Mikroorganismen und Viren in der Außenluft“ mehrere Richtlinien

HINTERGRUND UND LITERATURÜBERSICHT

erarbeitet und im Jahr 2014 in Kraft gesetzt. Eine sachgerechte Bewertung der Bioaerosolemissionssituation soll durch eine standardisierte Vorgehensweise bei der Durchführung der Emissions- und Immissionsmessungen von Bioaerosolen ermöglicht werden (KUMMER 2014). Abbildung 6 zeigt das Zusammenspiel der VDI-Richtlinien zur standardisierten Erfassung und Bewertung von Bioaerosolen.

Abb. 6: Ermittlung der Bioaerosolemissionen im Umfeld von Anlagen – Zusammenspiel der VDI-Richtlinien (KUMMER 2014)

Durch die Richtlinien ist eine vergleichbare und sachgerechte Bestimmung und Ermittlung von Bioaerosolkonzentrationen möglich und damit eine Umsetzung umweltrechtlicher Vorgaben der TA Luft oder des LAI „Leitfaden Bioaerosole“

(KUMMER 2014).

Hinweise für die Prüfung auf eine Bioaerosolbelastung nach VDI 4250 sind z. B.:

• Abstand zwischen Wohnort/Aufenthaltsort und Anlage < 350 m zu Schweinemastbetrieben (< 500 m zu Geflügelhaltungsanlagen, halboffenen und offenen Kompostierungsanlagen, Schafhaltung in Q-Fieber-Gebieten,

HINTERGRUND UND LITERATURÜBERSICHT

• Ungünstige Ausbreitungsbedingungen, z. B. Kaltluftabflüsse in Richtung einer Wohnbebauung

• Weitere Bioaerosolemittierende Anlagen in der Nähe

• Empfindliche Nutzungen (z. B. Krankenhäuser)

• Gehäufte Beschwerden der Anwohner über gesundheitliche Beeinträchti-gungen

Diese Hinweise auf eine mögliche gesundheitliche Beeinträchtigung aufgrund von Bioaerosolemissionen aus Tierhaltungsbetrieben werden auch laut Filtererlass (BImSchG 2013) in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein bei immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren als Grundlage genommen. Bei Vorliegen einer der aufgezählten Punkte werden von den Antragstellern Sachverständigengutachten gefordert.

Auf Grundlage der Richtlinienreihe VDI 4250 kann eine umweltmedizinische Bewertung mikrobieller Luftverunreinigungen auf den Menschen vorgenommen werden. Nach dem Bewertungsschema dieser Richtlinienreihe ist es aus präventiver Sicht unerwünscht, dass die ortsübliche natürliche Hintergrundkonzentration in der Nachbarschaft durch anlagenspezifische Immissionen deutlich überschritten wird (BRENNER et al. 2013). Wirkschwellen- bzw. Beurteilungswerte sind nicht vorgegeben. Sie erfordern eine Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen Bioaerosolen und gesundheitlichen Wirkungen, welche bislang nicht aufgestellt werden konnte.

HINTERGRUND UND LITERATURÜBERSICHT

2.4 Biologische Abluftreinigungstechnik und ihre