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Die Entwicklung der Abluftreinigungstechnik im landwirtschaftlichen Bereich begann in den 1970er Jahren mit der Absicht Geruchsemissionen aus Stallanlagen zu redu-zieren. Zu diesem Zweck wurden zunächst biologische Filterverfahren (Biofilter) und später chemische Verfahren (Absorptionsverfahren, Einsatz von Desinfektions- oder Geruchsüberdeckungsmitteln) sowie physikalische Verfahren (Frischluftzufuhr, Adsorption, Entstaubung, UV-Behandlung) eingesetzt (SCHIRZ 1971).

Die Technik der Abluftreinigung erlebte eine stetige Weiterentwicklung. Heute werden auf dem Markt Biofilter, Biowäscher/Chemowäscher, Rieselbettreaktoren und kombinierte Verfahren (2- oder 3-stufig) angeboten. Die Reinigungsleistung dieser Anlagen beinhaltet neben der Geruchsreduktion (kein Rohluftgeruch im Reingas) auch eine effektive Minderung von Ammoniakemissionen von ca. 70 bis 90 % und Staubemissionen von ca. 90 %. Voraussetzung für eine hohe Reinigungsleistung ist eine ordnungsgemäße Auslegung und Betriebsweise der Anlagen.

Die Auswahl des Abluftreinigungsverfahrens richtet sich nach den betrieblichen Bedingungen, der gewünschten Reinigungsleistung und den Anforderungen an die angestrebte Emissionsminderung (vgl. Tabelle 1) (GRIMM 2010). Grundsätzlich ist eine Abluftreinigung nur an Ställen mit Zwangslüftung einsetzbar.

Bislang sind nur 2,7 % der Mastschweineställe an eine Abluftreinigungsanlage angeschlossen (HAENEL et al. 2014). In Regionen mit intensiver Tierhaltung wie dem Landkreis Cloppenburg sind es bereits 18 % des Schweinebestands (CLAUSS et al. 2014). Für Betriebe in einer viehintensiven Region in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen oder Schleswig-Holstein greift seit 2013 der sogenannte Filtererlass, bei dem eine Abluftreinigungsanlage bei Neubau und großen Tierhaltungen (mehr als 2000 Mastschweine) vorgeschrieben wird. Für den Schweinehaltungsbetrieb, insbesondere für die kleineren Betriebe, verursacht die

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entstehenden zusätzlichen Kosten für Abluftreinigungstechniken müssten somit auf den Endverbraucher umgelegt werden, was aber im heutigen Marktgeschehen nicht erfolgt. Somit müssen die Landwirte die Zusatzkosten weitgehend alleine tragen und z. B. durch weitere Rationalisierung und Optimierung von Haltung und Produktion versuchen auszugleichen.

Tab. 1: Verfügbare Abluftreinigungsverfahren und ausgewählte Parameter (aus GRIMM 2010) Parameter Biofilter Rieselbettreaktor Chemischer

Wäscher

Bauweise Flächenbiofilter Turm-/ Kompakt- bauweise

≤ 250 1000-3000 1200-10000 7000-110005)

Verweilzeit2) [s] 4-14 0,5-2,5 0,4-3 0,5-3

Druckverlust2) [Pa] bis 150 bis 100 bis 100

1) Mögliche Reinigungsleistungen bei ordnungsgemäßer Auslegung und Betrieb:

- ungeeignet, + 70 %, ++ 90 % (Geruch: kein Stallgeruch in der Reinluft wahrnehmbar bzw.

Reingaskonzentrationen < 300 GE/m3) 2) Bezogen auf die maximale Luftrate

3) Filterbett mit 1 m Schütthöhe

4) Quotient der maximalen Luftrate und der Anströmfläche der ersten Filterwand

5) Quotient der maximalen Luftrate und dem Filtervolumen der Chemo- und der Wasserstufe

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In biologischen Abluftreinigungssystemen erfolgen Stoffumwandlungsprozesse durch systemimmanente Mikroorganismen. Neben biokatalysierten Umsetzungen abiotischer Stoffe (Substrate, Mineralstoffe) zu anderen abiotischen Stoffen (z. B.

CO2) bzw. zu Biomasse (Wachstum) finden Umwandlungsprozesse auch mit den Mikroorganismen selbst statt (z. B. Inaktivierung, Lyse). Die abzubauenden Luftinhaltsstoffe dienen als Substrate und müssen dafür in Kontakt zu den Mikroorganismen kommen. Sessile, an die Milieubedingungen angepasste Mikroorgansimen, haften in den jeweiligen Abluftreinigungssystemen an einem Trägermaterial und bilden dort sogenannte Biofilme aus.

Biofilme sind komplexe mikrobielle Lebensgemeinschaften aus z. B. Bakterien, Pilzen, Protozoen oder Algen, die von einer Matrix aus extrazellulären polymeren Substanzen (EPS) umgeben sind. Sie bilden sich auf biotischen oder abiotischen Oberflächen oder in Interphasen (COSTERTON et al. 1995; DARVEY & O`TOOLE 2000). Biofilme sind einer stetigen Umwandlung unterworfen. Sie entstehen aus einer zunächst reversiblen Adsorption einzelner Zellen. Durch die Produktion von extrazellulären polymeren Substanzen (EPS) kommt es zu einer irreversiblen Adhäsion. Die Zellen vermehren sich und wachsen. Weitere Mikroorganismen können sich anlagern und die Zusammensetzung der mikrobiellen Lebens-gemeinschaft verändern. Zudem kommt es aber auch zur Freisetzung einzelner Zellen, die sich an anderer Stelle erneut anlagern können (STOODLEY et al 2002).

Neben der mechanischen Stabilität des Biofilms kommt es zu synergetischen Wechselwirkungen zwischen den Mikroorganismen. Die Ausbildung eines Biofilms stellt eine Schutzfunktion für die Mikroorganismen dar. Je nach Abluft-reinigungsverfahren sind die abbauenden Mikroorganismen an unterschiedlichen Trägermaterialien bzw. verschiedenen Zuständen fixiert. Um die Stoffumwandlungs-prozesse in Abluftreinigungsanlagen konstant zu gewährleisten sind hohe mikrobielle Populationsdichten von 1010 bis 1011 Bakterien pro g Trägermaterial und eine hohe Biodiversität notwendig (FRIEDRICH et al. 2002).

Der Einsatz von Wasser ist für die Prozessabläufe der Abluftreinigung unumgänglich.

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leistung zu gewährleisten und Abluftinhaltsstoffe zu lösen, aber auch um verfahrens-technisch unerwünschte Stoffe wie Stäube mengenmäßig zu binden und nachweislich zu senken. Neben den an Oberflächen abgelagerten Biofilmen stellt somit auch das Prozesswasser in den Abluftreinigungsanlagen ein Reservoir für Mikroorganismen dar.

2.4.1 Biofilter

Biofilter sind einstufige Systeme, bei denen die Abluft (Rohgas) durch feuchtes organisches Material geleitet wird. Die Abluftinhaltsstoffe abbauenden Mikroorganismen sind auf diesem organischen Material vorhanden. Als organisches Material dient gerissenes Wurzelholz, Rindenmulch oder Holzhackschnitzel, welches durch das Berieseln mit Wasser feucht gehalten wird. Die Kontrolle der Wasserverfügbarkeit im organischen Material soll verhindern, dass die Mikroorganismen austrocknen. Durch die Bereitstellung optimaler Milieubedingungen bezüglich Temperatur, Feuchtigkeit, pH-Wert, Sauerstoffgehalt sowie Nährstoffversorgung ist ein ausreichender mikrobieller Abbau der Luftinhaltsstoffe gewährleistet (BRAUER 1984; VDI 3477), wenn der Durchluftstrom und Art und Umfang der zurückzuhaltenden Stoffe für die Auslegung des Biofilters geeignet sind.

Überlastung und Überladung sind zu vermeiden.

Der Einsatz von Biofiltern an Tierhaltungsanlagen dient hauptsächlich der Geruchsabscheidung und der Staubabscheidung. Als Ammoniakabscheider kann der Biofilter nicht oder nur in geringem Umfang genutzt werden. Auf Grund von Nitrifikationsprozessen kann es zu pH-Wert-Änderungen, Versalzungen und Emission von Stickoxiden kommen (HAHNE 2006). Stickstoff und seine Reaktionsprodukte können sich zudem im Filtermaterial anreichern und zu Funktionsstörungen führen. Das Filtermaterial muss daher regelmäßig ausgetauscht werden (HAHNE 2012).

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Abb. 7: Vereinfachter schematischer Aufbau eines Biofilters (in Anlehnung an VDI 3477)

2.4.2 Biowäscher/Chemowäscher

Biowäscher benutzen eine Waschflüssigkeit, in der auch Mikroorganismen suspendiert sind. Die Waschflüssigkeit wird ständig aus einem Belebungsbecken mit Hilfe von Pumpen über eine Filteroberfläche gesprüht, durch die von unten der Rohgasstrom in einer Art Gegenstrom gedrückt wird. Der in der Waschflüssigkeit anfallende Schlamm aus zurückgehaltenen Stoffen und Bakterien wird kontinuierlich durch einen Abschlämmvorgang aus einem Teil der Waschflüssigkeit ab einer elektrischen Leitfähigkeit von 20 mS cm-1 entfernt, um eine Verschlammung des Systems durch Biomasseproduktion und eine Aufkonzentration von Ammonium-salzen zu verhindern. Das bei der Abgeschlämmung verloren gehende Wasser wird entsprechend durch Frischwasser ersetzt. Zudem trägt eine zusätzliche pH-Regelung (bei ca. pH 6,5 bis pH 7,5) zur Stabilisierung der Stoffwechselprozesse im Belebungsbecken bei (BRAUER 1984; KOHLER 1990; VDI 3478; Hahne 2006).

Der Chemowäscher ist analog zum Biowäscher aufgebaut. Zur Ammoniakabscheidung wird das Waschwasser jedoch mit Schwefelsäure versetzt.

Das entstehende Ammoniumsulfat wird abgeschlämmt und kann als Schwefeldünger verwendet werden. Um möglichst hohe Mengen an Ammoniak abzuscheiden wird ein

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2.4.3 Rieselbettreaktor

Bei Rieselbettreaktoren (VDI 3478 (1996)) wird ein künstliches Filtermaterial als Aufwuchsträger für die Mikroorganismen verwendet. Als Filtermaterial dienen Kunststoffpackungen mit einer strukturierten, spezifischen Oberfläche. Zudem sind die Mikroorganismen im Prozesswasser suspendiert, welches kontinuierlich durch den Filter im Kreis gepumpt wird. Es findet somit eine gezielte Führung des Prozesswassers statt, was den Abbau der Luftinhaltstoffe sicherstellen soll.

Rieselbettreaktoren sind für die Abscheidung von Stäuben, Gerüchen und Ammoniak geeignet. Bei der in der vorliegenden Arbeit untersuchten Anlage handelt es sich um einen Rieselbettreaktor, welcher nach dem Cloppenburger Leitfaden (HAHNE et al.

2002) zertifiziert wurde (Abb. 8).

2.4.4 Mehrstufige Kombinationssysteme

Neben den oben genannten Grundsystemen gibt es auch mehrstufige Kombinationssysteme zur Minderung von Ammoniak, Geruch und Stäuben/Bioaerosolen. Sie bestehen meist aus zwei Nassfilterwänden zur Abscheidung von Staub- (physikalische Reinigungsstufe), Ammoniak (chemische Reinigungsstufe) sowie einem nachgeschalteten Biofilter (biologische Reinigungsstufe) zur Geruchsminderung (SIEMERS 1996; HAHNE 2006).

MATERIAL UND METHODEN