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3. Material und Methoden

4.3 Biofilmbesetzte Filterflächen und Staub

4.3.1 Gesamtkeimzahl (Gesamt KBE)

Die Gesamtkeimzahl in den Biofilmproben aus dem Füllkörper des einstufigen Rieselbettreaktors folgt tendenziell den Schwankungen der Gesamt KBE im Prozesswasser des Beckens, wobei die Schwankungen der Gesamt KBE des Biofilms weniger stark ausgeprägt sind (vgl. Abb. 25). Die Zusammensetzung der mikrobiellen Lebensgemeinschaft in den Biofilmproben im Vergleich zu Roh- und Reingas unterscheidet sich. Es konnten sowohl Enterobacteriaceae als auch Schimmelpilze und Acinomyceten nachgewiesen werden. Trotz der pH Schwankungen des Prozesswassers im Becken bleibt die Zusammensetzung der mikrobiellen Lebensgemeinschaft im Biofilm des Füllkörpers erhalten. Nur Enterobacteriaceae und Pseudomonaden sind an den Messtagen mit niedrigem

ERGEBNIS

58

Filter Datum 03.05.2011 17.05.2011 24.05.2011 07.06.2011 28.06.2011 12.07.2011 26.07.2011 09.08.2011 23.08.2011 06.09.2011 Gesamtkeimzahl [KBE/cm2] 17857143 28571429 11000000 14821429 71071429 107321429 12357143 7892857 6982143 11982143

Streptokokken [KBE/cm2] 100000 75000 11250 42857 182143 n. b. 217857 46071 76786 37500

Staphylokokken [KBE/cm2] 20357 15536 27679 62857 76786 n. b. 191071 254464 45357 89286

MRSA [KBE/cm2] 27 57 27 111 46 86 25 46 54 18

Enterokokken [KBE/cm2] 18750 12500 6429 10714 12321 101786 17857 12143 6071 2500

Enterobacteriaceae [KBE/cm2] 5357 116071 0 0 3571 0 0 0 0 2500

Aktinomyceten 50°C [KBE/cm2] 30 30 30 30 30 30 30 30 30 30

Aktinomyceten 25°C [KBE/cm2] 0 24286 1964 1250 0 6429 8214 2821 714 357

Schimmelpilze [KBE/cm2] 2679 7143 10179 62500 1536 26964 36 76429 45714 23214

Pseudomonaden [KBE/cm2] 0 0 6964 0 0 3571 4286 0 0 0

Endotoxine [EU/cm2] 314714 44179 1387500 143464 669286 795357 823929 1967857 2424286 127250

MRSA verdächtige K. [KBE/cm2] 27 57 27 111 46 86 25 46 54 18

Staub Datum 03.05.2011 17.05.2011 24.05.2011 07.06.2011 28.06.2011 12.07.2011 26.07.2011 09.08.2011 23.08.2011 06.09.2011

Gesamtkeimzahl [KBE/100 mg] 980000 250000 179000 235500 76000 133500 48500 72500 51000 68500

Streptokokken [KBE/100 mg] 7000 13750 2250 8500 13100 61500 22000 15400 4150 4200

Staphylokokken [KBE/100 mg] 12950 12850 2500 7550 6000 9500 4200 12900 7350 7650

MRSA [KBE/100 mg] 8 0 22 32 290 310 155 160 115 90

Enterokokken [KBE/100 mg] 1150 1200 850 1900 1600 3050 1350 1850 3400 450

Enterobacteriaceae [KBE/100 mg] 4 11 1 21 1 13 0 2 0 0

Aktinomyceten 50°C [KBE/100 mg] 500 400 200 0 0 200 0 350 100 50

Aktinomyceten 25°C [KBE/100 mg] 500 500 800 250 3850 300 200 4500 3500 6000

Schimmelpilze [KBE/100 mg] 29000 49500 82500 6350 60000 44000 1500 176000 202500 109500

Pseudomonaden [KBE/100 mg] 0 0 0 450 0 0 0 0 0 0

Endotoxine [EU/100 mg] 5173 7837 1701 7730 19500 15410 155700 62200 36420 68120

MRSA verdächtige K. [KBE/100 mg] 8 0 22 32 290 310 155 160 115 90

Tab. 11: Ermittelte Daten zu den untersuchten mikrobiologischen Parametern in den Probenvom Biofilm des Filters (a) und Staub (b) des untersuchten einstufigenRieselbettreaktors

(a) (b)

ERGEBNISSE

Wie in Abbildung 26 und Tabelle 11 b dargestellt, konnten alle Keime des untersuchten mikrobiellen Spektrums aus Roh- und Reingas bzw. Prozesswasser-proben auch im Staub nachgewiesen werden. Die Gesamtkeimzahl nimmt nach der ersten Messung am 03.05.2011 um eine Zehnerpotenz ab und bleibt dann relativ konstant. Abbildung 27 zeigt die Gesamtkeimzahl in den Staubproben während der Messkampagne.

Abb. 25: Gesamtkeimzahl [KBE cm-3] im Biofilm der Filteroberfläche (KBE = Kolonie bildende Einheit)

ERGEBNISSE

Abb. 26: Koloniezahlen [KBE 100 mg-1] im Absetzstaub der einstufigen Abluftreinigungsanlage (KBE = Kolonie bildende Einheiten)

Abb. 27: Gesamtkeimzahl [KBE 100 mg-1] in den Staubproben (KBE = Kolonie bildende Einheiten)

ERGEBNISSE

4.3.2 Enterobakterien

Mit Hilfe der molekularbiologischen Untersuchungen konnten die coliformen Enterobacteriaceae im Biofilm des Filters an allen Untersuchungstagen nachge-wiesen werden (Abb. 28).

Die stärker ausgeprägten Banden der Staubproben ergeben sich durch die Unterschiede im Bezug. Die Ergebnisse werden auf 1 cm2 Biofilm bzw. 100 mg Staub bezogen und können daher nicht direkt quantitativ verglichen werden.

Abb. 28: Nachweis coliformer Bakterien mittels lacZ PCR in den Biofilmproben des Filters, sowie den Staubproben (Legende siehe nachfolgende Tabelle 12)

Tab. 12: Legende zu Abbildung 28 (W = Wand/Füllkörper; S = Staubprobe)

Position Primer: Lac Z 1+2 Position Primer: Lac Z 1+2

1 neg. Kontrolle 15 W vom 09.08.11

2 neg. Kontrolle 16 W vom 23.08.11

3 pos. Kontrolle 17 W vom 06.09.11

4 pos. Kontrolle 18 S vom 19.04.11

5 Aufreinigungskontrolle 19 S vom 03.05.11

6 Aufreinigungskontrolle 20 S vom 17.05.11

7 W vom 19.04.11 21 S vom 24.05.11

8 W vom 03.05.11 22 S vom 07.06.11

9 W vom 17.05.11 23 S vom 28.06.11

10 W vom 24.05.11 24 S vom 12.07.11

11 W vom 07.06.11 25 S vom 26.07.11

12 W vom 28.06.11 26 S vom 09.08.11

ERGEBNISSE

4.3.3 Methicillin resistente Staphylococcus aureus (MRSA)

Bei den Biofilm- bzw. Staubproben konnte ausschließlich der mec-Typ V ermittelt werden. Die Ergebnisse hierzu sind in den Abbildungen 18 und 19 dargestellt.

Am 03.05.2011 wurde der mec-Typ III ermittelt, ansonsten handelte es sich bei den MRSA aus den Prozesswasserproben ausschließlich um den mec-Typ V.

4.3.4 Endotoxine

Die Konzentrationen der Endotoxine in den Biofilmproben des Füllkörpers liegen zwischen 44179 EU/cm2 (niedrigster Wert, vom 17.5.11) und 2424286 EU/cm2 (höchster Wert, vom 23.8.11) (Tab. 11).

DISKUSSION

5. Diskussion

Methodik Probenahme (Feldmessungen)

Die Untersuchungen wurden an einer praxisüblichen Abluftreinigungsanlage unter Feldbedingungen durchgeführt. Dies erfordert eine Anpassung der eingesetzten Methoden an die wechselnden Bedingungen durch unterschiedliche Belegung des Stalles und durch die wachsenden Tiere sowie die teils widrigen Umgebungs- und Wetterbedingungen. Die Messung von Bioaerosolen ist komplex und einige der Messgeräte sind, besonders bei längerem Betrieb, fehleranfällig (PREDICALA et al.

2001; ALBRECHT et al. 2007; MILLNER 2009; CLAUSS 2012; CLAUSS et al. 2014;

HARTUNG et al. 2014). Daher sind eine Standardisierung des Vorgehens bei den Messungen und eine regelmäßige Überprüfung der Geräte von großer Bedeutung.

Nur so kann die Vergleichbarkeit von Ergebnissen aus verschiedenen Unter-suchungszyklen gewährleistet werden. In der vorliegenden Arbeit wurde daher bei der Luftprobenahme strikt auf die Einhaltung isokinetischer Probenahmebe-dingungen geachtet. Die Probenahme im Rohgas wurde durch eine Stützströmung, im Reingas durch einen Kaminaufsatz unterstützt. Die Ermittlung eines repräsentativen Probenahmeortes für Luftkeime im Rohgas erfolgte in Vorversuchen durch die Aufnahme von Strömungsprofilen. Damit gelang es, eine weitgehende Stabilität bei Probenahme und Ergebnissen zu erzielen. Dies zeigt sich auch darin, dass die berichteten Ergebnisse zum Rückhaltevermögen des Rieselbettfilters im Bereich vergleichbarer Messungen liegen (MARTENS et al. 2001; GEBUREK et al.

2005; HARTUNG & CLAUSS 2012; UBA 2013b).

Neben Schwierigkeiten bei der Probenahme (CLAUSS et al. 2012) können auch Fehler beim Anlegen und Auswerten der auf den Agarplatten gewachsenen Bakterienkolonien entstehen (SCHULZ 2014). Zur Absicherung der mittels kultureller Keimbestimmungsverfahren erhaltenen Ergebnisse wurden zusätzlich molekular-biologische Methoden eingesetzt. Eine Bestätigung der MRSA-verdächtigen Kulturen wurde damit möglich und zudem eine Typisierung mittels SCCmec-Typing. Mit Hilfe

DISKUSSION

im Roh- und Reingas bestätigt. Andererseits konnte eindeutig belegt werden, dass Enterobacteriaceae im Absetzstaub, im Prozesswasser und in den Biofilmproben des Filtermaterials vorkommen.

Rückhaltevermögen des Rieselbettreaktors

Die Ergebnisse zeigen, dass der untersuchte einstufige Rieselbettreaktor die Keimemissionen aus dem angeschlossenen Schweinestall um 82 % bis 99 % senken kann. Dieser Nachweis steht im Einklang mit Ergebnissen aus ähnlichen Studien.

HARTUNG et al. (2014) geben einen Überblick über bislang publizierte Rückhalteeffizienzen von verschiedenen Abluftreinigungsanlagen für Bioaerosole aus Mastschweineställen. Die Rückhalteeffizienzen für den unspezifischen Summenparameter mesophile Bakterien liegen für Rieselbettreaktoren im Bereich von 85 % bis 99 % und entsprechen damit in etwa dem in der vorliegenden Arbeit ermittelten Rückhaltevermögen.

Die Abscheideleistung für Staphylokokken war mit 90,9 % (arithmetischer Mittelwert) durchgehend konstant über die Messperiode, das Gleiche gilt für die Abscheideleistung für Streptokokken mit 95 % und für Enterokokken mit 93,9 %.

Bakterien aus diesen Gruppen werden häufig in höheren Konzentrationen in der Luft von Schweine-, Rinder- und Hühnerställen gefunden und gelten als typische Bakterien für die Abluft dieser Tierhaltungen (CURTIS et al. 1975; DUTKIEWICZ et al. 1994; PLATZ et al. 1995; SEEDORF et al. 1998; BILIC et al. 2000).

Das Abscheidevermögen der untersuchten Anlage zeigte dagegen für Schimmelpilze und mesophile Aktinomyceten erhebliche Schwankungen. An mehreren Messtagen konnten Schimmelpilze und mesophile Aktinomyceten in erhöhter Konzentration im Reingas nachgewiesen werden. Dies deutet darauf hin, dass Abluftreinigungs-anlagen des untersuchten Typs auch selbst als Emittenten von Mikroorganismen fungieren können. Solche sogenannten Sekundäremissionen wurden bereits von

DISKUSSION

OTTENGRAF & KÖNINGS (1991) beschrieben. Die starken Schwankungen konnten im Rahmen der Untersuchungen nicht eindeutig geklärt werden, hier sind weitere Untersuchungen notwendig.

Die Konzentrationen an emittierten Pilzsporen mit der Rohluft sind über die 10 Messungen mit im Mittel 1,5 x 102 KBE/m3 Luft insgesamt vergleichsweise niedrig.

Der niedrigste Wert lag bei 0 KBE/m3 Luft (07.06.2011) der höchste Wert bei 2,8 x 102 KBE/m3 Luft (03.05.2011). In unbelasteter Außenluft erreichen Schimmelpilze in den Monaten Mai bis September üblicherweise Konzentrationen zwischen 103 und 106 KBE/m3 Luft(KOLK et a. 2009).

Erhebliche Schwankungen zeigten sich bei der Abscheidung von Methicillin resistenten Staphylococcus aureus (MRSA). Die durchschnittliche Reduktions-leistung des untersuchten einstufigen Rieselbettreaktors lag für MRSA bei 79 %, wobei eine extrem weite Schwankungsbreite zwischen 0 % und 100 % beobachtet wurde. Ähnliche Ergebnisse wurden auch für eine untersuchte dreistufige Abluftreinigungsanlage berichtet (UBA 2013b). Keine Reduktionsleistung (0 %) wurde nach der Reinigung der Filterfläche des untersuchten Rieselbettreaktors (am 01.07.11) festgestellt. Dadurch wurden alle in der Abluft vorhandenen MRSA aus der Anlage in die Umgebung freigesetzt.

Mit Hilfe der molekularbiologischen Methoden konnten alle in den Untersuchungen nachgewiesenen Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) mit dem SCCmec-Typing den sogenannten livestock-associated (LA)-MRSA zugeordnet werden. Dieser MRSA kommt regelmäßig in der Abluft von Schweineställen vor und konnte von SCHULZ et al. (2012) bis zu 300 m in der Luft und auf dem Boden der Stallumgebung nach Deposition gefunden werden. Inwieweit eine Immission genügend große Mengen eines erregerhaltigen Stallstaubes im ländlichen Milieu bei Anwohnern in unmittelbarer Nachbarschaft zu MRSA-positiven Mastanlagen für den Erwerb einer MRSA-Kolonisation ausreicht, konnte bisher nicht abschließend geklärt werden (KRINKO 2014, Fachgespräch NRW 2015).

Personen mit beruflicher Exposition zu Schweinen, insbesondere Landwirte und

DISKUSSION

der Regel nicht (NATHAUS et al. 2011). Der Hauptübertragungsweg ist die Luft, wobei dem Luftstaub eine wesentliche Rolle als Vektor zukommt (SCHULZ et al.

2012, FRIESE et al. 2012). Für Personen mit beruflicher Exposition zu Schweinen wird die Zahl der Dauerträger von (LA)-MRSA auf 23 % geschätzt. Schweine erkranken mit ganz wenigen Ausnahmen nicht an MRSA Infektionen. Infektionen beim Menschen sind ebenfalls relativ selten und beschränken sich vorrangig auf immunsupprimierte Personen. Die weitaus überwiegende Zahl von MRSA-Infektionen geschieht in Krankenhäusern durch hospital aquired (HA)-MRSA.

Besonders betroffen sind Patienten postoperativ. Dennoch ist es von großer Bedeutung, die Emission von MRSA aus den Tierställen zu verhindern oder zumindest zu minimieren. (CUNY et al. 2013).

In der vorliegenden Arbeit wurde gezeigt, dass der untersuchte Rieselbettreaktor auch MRSA zurückhalten kann. Die Rückhalteeffizienz ist jedoch entscheidend von dem Betriebszustand der Anlage abhängig. Hier scheint es geboten, weitere gezielte Untersuchungen zum Rückhaltevermögen und zur MRSA-Tenazität in Abluftreinigungsanlagen durchzuführen, auch um zu einer besseren Einschätzung des vermeintlichen Risikos für die anwohnende Bevölkerung zu gelangen.

Neben den MRSA werden unter den Bioaerosolkomponenten auch häufig die Endotoxine als Belastungsfaktor für Anwohner diskutiert. Die über Impingement ermittelten Endotoxingehalte schwankten im Rohgas zwischen 120 EU/m3 (am 17.05.2011) und 4080 EU/m3 (am 03.05.2011). Im Reingas lagen sie zwischen 6 EU/m3 (am 23.08.2011, niedrigster Wert) und 240 EU/m3 (am 03.05.2011, höchster Wert). Die im Reingas gemessenen Endotoxinkonzentrationen lagen deutlich über den von KOLK et al. (2009) angegeben Konzentrationen in unbelasteter Außenluft von 2,0 bis 17 EU/m3. RADON et al. (2002) ermittelten in der Umgebung von Tierhaltungsbetrieben in Deutschland Konzentrationen von 0,01 EU/m3 und 2090 EU/m3. Die im Reingas des untersuchten Rieselbettreaktors ermittelten Werte lagen unter den von RADON et al. angegebenen Konzentrationen. In der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass der untersuchte Rieselbettreaktor Endotoxine zurückhalten kann. Die durchschnittliche Reduktionsleistung für

DISKUSSION

Endotoxine erreichte 70 %, wobei erhebliche Schwankungen zwischen 30 % und 99 % beobachtet wurde. Diese extreme Schwankungsbreite der Endotoxinrückhaltung deckt sich mit den an verschiedenen Abluftreinigungsanlagen ermittelten Werten (HARTUNG 2014). Danach finden sich geringe Reduktionsraten vor allem bei Rieselbettreaktoren (SCHARF 2004; SCHIRZ & ZWOLL 2003;

SEEDORF und HARTUNG 1999), 2-stufigen Kombi-Anlagen (SCHIRZ und ZWOLL 2003) und 3-stufgen Kombi-Anlagen (SEEDORF und HARTUNG 2002). Biofilter hingegen zeigten durchschnittlich höhere Abscheidungsraten für Endotoxine (MARTENS et al. 2001; SCHIRZ und ZWOLL 2003; SEEDORF und HARTUNG 1999).

Am Arbeitsplatz Stall werden Grenzwerte für Endotoxine in Größenordnungen zwischen 5, 50 und 100 EU m3 Luft diskutiert (HARTUNG et al. 2014). Diese Grenzwerte wurden in der vorliegenden Arbeit sowohl für das Rohgas als auch für das Reingas überschritten. Eine Vermeidung der Entstehung von Endotoxinen an ihrer Quelle ist der beste aber auch schwierigste Weg die Arbeitnehmer im Stall zu schützen. Direkter Schutz kann derzeit nur durch das vorschriftsmäßige Tragen geeigneter Atemschutzmasken gegeben werden. (NATHAUS et al. 2011). Abluft-reinigungsanlagen sind „End of pipe“ Technologien und können ohnehin nicht Mensch und Tier im Stall sondern allenfalls die Stallumgebung durch Reduktion der emittierten Stoffe schützen. Im Stall sollte eine grundsätzliche Verbesserung der Luftqualität angestrebt werden. Die Entwicklung emissionsarmer Tierställe sollte künftig weiter verstärkt werden.

Charakterisierung der Bakterienflora in Staub, Prozesswasser und Biofilm

Mit Hilfe von Probenahmen in verschiedenen Prozessabschnitten (Rohgas, Reingas, rohgasseitigem Staub, Prozesswasser, Biofilm des Füllkörpers) ließen sich die betriebstechnischen Eigenschaften der Anlage gut charakterisieren und ihre Wirkung auf die mikrobiellen Lebensgemeinschaften in der Anlage nachverfolgen.

DISKUSSION

Die Gesamtkeimzahl mesophiler Bakterien im Absetzstaub des Rieselbettfilters blieb über die zehn Messungen relativ konstant bei 106 KBE/100 mg Staub. Auch im Rohgas blieb die Gesamtkeimzahl über die Messperiode relativ konstant bei 105 KBE/m3 Luft. Da die Mikroorganismen in der Luft von Tierställen an Staubpartikeln haften, sollten demnach mit dem Staub auch die Mikroorganismen in der Luft von Tierställen durch Abluftreinigungsanlagen gleichermaßen abgeschieden werden, was in anderen Untersuchungen gezeigt werden konnte (MARTENS et al. 2000;

SEEDORF & HARTUNG 2002; AARNINK et al. 2004; CHMIELOWIEC-KORZENIOWSKA et al. 2007; HAHNE 2013). Da in der vorliegenden Arbeit der reinluftseitige Staub nicht mikrobiologisch untersucht wurde, können zur direkten Korrelation zwischen der Abscheideleistung für die untersuchten Leitorganismen und dem Staub hier keine Aussagen gemacht werden.

Die Zusammensetzung der mikrobiellen Lebensgemeinschaft im Absetzstaub und in den Biofilm- und Prozesswasserproben unterschied sich vom Keimspektrum im Roh- und Reingas. Auffällig war, dass sowohl im Absetzstaub, als auch im Biofilm und im Prozesswasser Enterobacteriaceae nachgewiesen wurden, welche im Rohgas und Reingas nicht nachweisbar waren. Im Absetzstaub und in den Biofilmproben des Filters waren zudem thermophile Aktinomyceten nachweisbar, welche im Roh- und Reingas nur vereinzelt und wenn nur in sehr geringen Konzentrationen bestimmt werden konnten. Auch Pseudomonaden ließen sich im Rohgas nicht und im Reingas nur bei 2 von 10 Messungen in geringer Keimzahl nachweisen. Im Biofilter und Prozesswasser ließen sich Pseudomonaden dagegen in Konzentrationen von 103/ml Prozesswasser bzw. 103/cm2 Biofilm nachweisen.

Dies kann mit der Probenahmetechnik oder mit den physiologischen Eigenschaften der Enterobacteriaceae, Pseudomonaden und thermophilen Aktinomyceten zusammenhängen. Die meisten Bakterien sind im luftgetragenen Zustand auf Grund von Austrocknung, UV-Strahlung oder anderen Umgebungsparametern nur wenig überlebensfähig (HESS 1965; WRIGHT et al 1968; KUNDSIN 1968; WRIGHT et al 1969; LIGHTHART 1973, MÜLLER et al. 1981; CHI & LI 2007). Im Prozesswasser finden die Bakterien genügend Substrat und geeignete Umweltbedingungen vor, die

DISKUSSION

ihnen eine Vermehrung ermöglichen. Zwischen dem Prozesswasser und dem Biofilm der Filteroberfläche besteht eine unmittelbare Austauschsituation was durch den deutlichen Nachweis von Enterobacteriaceaen und Pseudomonaden im Biofilm bestätigt wird.

Die Prozesswassertemperaturen bewegten sich für die Messperiode zwischen Mai und September 2011 zwischen 14 und 21 °C. Diese Temperaturen liegen unterhalb der optimalen Entwicklungstemperaturen für thermophile Aktinomyceten. Ihre Überlebensfähigkeit im Prozesswasser ist daher als gering einzuschätzen. Im Biofilm sind thermophile Aktinomyceten gegen Temperatureinflüsse besser geschützt.

Hinsichtlich der Umweltrelevanz dürfte die Ausbreitung von Enterobacteriaceaen, Pseudomonaden thermophilen Aktinomyceten wegen ihrer geringen Tenazität im luftgetragenen Zustand von untergeordneter Bedeutung sein.

Während der Messperiode traten deutliche pH-Wert-Schwankungen zwischen 5,0 und 7,4 im Prozesswasser des Beckens auf (Daten erhoben vom vTI Braunschweig, UBA 2012a). Der optimale pH-Wert für das Prozesswasser sollte zwischen 6,5 und 6,8 liegen. Die Gesamtkeimzahl mesophiler Bakterien in den Biofilmproben aus dem Füllkörper des Rieselbettreaktors folgte tendenziell den Schwankungen der Gesamtkeimzahl im Prozesswasser des Beckens, wobei die Schwankungen der Gesamtkeimzahl des Biofilms weniger stark ausgeprägt waren. Dies ist ein Hinweis darauf, dass die Mikroorganismen im Biofilm besser vor pH-Wert-Schwankungen geschützt sind. Die pH-Schwankungen im Prozesswasser führten zu einer massiven Dezimierung der mesophilen Gesamtkeimzahl. Die pH-Schwankungen nehmen aber offenbar nur spezifischen Einfluss auf die Zusammensetzung der Mikroorganis-menflora im Biofilm des Füllkörpers. Die Keimflora des Biofilms bleibt im Wesentlichen gleich, nur Enterobacteriaceae und Pseudomonaden sind an den Messtagen mit niedrigem Prozesswasser- pH- Wert (07.06.2011 und 23.08.2011) auch im Biofilm deutlich dezimiert. Enterobacteriaceae und Pseudomonaden reagieren offenbar sowohl im Prozesswasser, als auch im Biofilm des Füllkörpers sensibel auf pH-Wert-Änderungen und die damit verbundenen chemischen

DISKUSSION

niedrigen pH-Werte zur Freisetzung von Stickoxiden. Eine Nitrifikation bis zum Nitrat ist unter den gegebenen Bedingungen nicht möglich.

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass die Konzentrationen der Endotoxine in den Prozesswasserproben (ermittelte Werte zwischen 4085 EU/ml (niedrigster Wert, vom 3.5.11) 71480 EU/ml (höchster Wert, vom 23.8.11)) deutlich über den Konzentrationen der Endotoxine im Rohgas (ermittelte Werte zwischen 0,000120 EU/ml (niedrigster Wert, vom 17.5.11) und 0,004080 EU/ml (höchster Wert, vom 3.5.11)) und Reingas (ermittelte Werte zwischen 0,000006 EU/ml (niedrigster Wert, vom 23.8.11) und 0,000240 EU/ml (höchster Wert, vom 3.5.11)) lagen. Diese Ergebnisse deuten auf eine große Anzahl von gram-negativen Mikroorganismen im Prozesswasser hin, die sich im wässrigen Milieu unter den gegebenen Bedingungen gut vermehrten.

Die Ergebnisse aus den Proben des Biofilms bilden die Phasen der Biofilmentwicklung deutlich ab. Es zeigten sich nach den Aufbau- und Bildungsvorgängen Phasen mit starker Keimablösung. Die Keime und mit ihnen auch die Endotoxine gelangten in das Prozesswasser, wo sie durch Aerosolbildung offenbar in den luftgetragenen Zustand übergegangen sind. Vergleichbare Ergebnisse werden auch für einen anderen Rieselbettreaktor (UBA 2013b) berichtet.

Allerdings wies der dort untersuchte Rieselbettreaktor starke Schwankungen in der Abscheideleistung auf - vereinzelt kam es sogar zu einer Erhöhung der Konzentration von Endotoxinen im Reingas (UBA 2013b). Dies konnte für den hier untersuchten Reaktor nicht bestätigt werden. Auch diese Ergebnisse deuten auf die Wichtigkeit der Einhaltung optimaler Betriebsparameter hin.

Einfluss der Betriebsparameter

Eine auffällig hohe Freisetzung von Schimmelpilzen und Aktinomyceten, begleitet von einer geringen Reduktionsrate von MRSA, Streptokokken und Staphylokokken, konnte bei der Messung am 09.08.2011 festgestellt werden. Diesem Messtag war eine intensive Reinigung des Füllkörpers vorangegangen. Diese war notwendig

DISKUSSION

geworden, nachdem sich der Füllkörper zugesetzt hatte. Der Grund lag aller Wahrscheinlichkeit in einer zu geringen Waschwasser-Berieselungsdichte des Füllkörpers, wodurch sich die Strömungswiderstände stark erhöht hatten. Durch die zu geringe Berieselung kam es zu einer unzureichenden Ammoniakminderung von nur 47 % in diesem Zeitraum (gemessen durch die LUFA Nord-West, UBA 2012a). In einem solchen Zustand erfüllt die Anlage nicht die Anforderungen des Cloppenburger Leitfadens (HAHNE et al. 2002), der eine durchgängige Ammoniakreduktion von mindestens 70 % verlangt.

Während des Untersuchungszeitraums kam es durch hohe Nitritkonzentrationen im Waschwasser bei sinkendem pH-Wert vermehrt zur unerwünschten Freisetzung von Stickoxiden und einem deutlichen Rohgasgeruch im Reingas (gemessen durch die LUFA Nord-West, UBA 2012a). Diese Vorgänge störten offenbar die Rückhaltung von Mikroorganismen und führten zu den beobachteten verminderten Reduktionsraten für Bioaerosole. Eine geringere Reduktionsleistung für Staub ließ sich dagegen nicht feststellen. Vergleichbare Ergebnisse werden auch von anderen biologischen Abluftreinigungsanlagen berichtet (HARTUNG et al. 2011; HARTUNG et al 2014). Die Ökologie der mikrobiellen Lebensgemeinschaft biologischer Abluftreinigungsanlagen kann also durch äußere Einflüsse massiv gestört werden was zu Fehlfunktionen führt. Daher ist das Einstellen eines Gleichgewichts innerhalb der Biozönose ‚Rieselbettreaktor‘ von großer Bedeutung. Dies braucht Zeit und ein optimales Betriebsmanagement.

Die Störungen im Betriebsablauf der Anlage und deren Auswirkungen auf die Reduktionseffizienz des Rieselbettreaktors für Bioaerosole machen sich in der Gesamtkeimzahl mesophiler Bakterien und der mikrobiellen Diversität des Prozesswassers bemerkbar. Zwischen dem 24.05.2011 und dem 28.06.2011 wurde die Gesamtzellzahl im Becken um mehr als 90 % reduziert, da der pH-Wert zeitweise unter 5 lag. Am 01.07.2011 wurde der Filter dann gründlich gereinigt. Daraufhin stieg die mesophile Gesamtkeimzahl bis zum 12.07.2011 wieder an. Da der pH-Wert des Prozesswassers aber nicht konstant gehalten werden konnte, fiel die Gesamtkeimzahl parallel zum pH-Wert bis zum 06.09.2011 erneut massiv ab. Mit

DISKUSSION

die Diversität der mikrobiellen Lebensgemeinschaft deutlich ab. Während zu Beginn der Messkampagne (03.05., sowie 17.05.2011) bis auf die thermophilen Actinomyceten (50 °C) alle untersuchten Mikroorganismen im Prozesswasser gefunden werden konnten, wurden am 07.06. und 28.06.2011 sowie am 23.08. und 06.09.2011 außer Streptokokken, Staphylokokken sowie vereinzelten MRSA nur noch Schimmelpilze nachgewiesen. Innerhalb der Messperiode wurde der höchste Wert für Endotoxine im Prozesswasser (71480 EU/ml) am 23.8.2011 ermittelt. An diesem Messtag wurden gleichzeitig ein abfallender pH-Wert und eine niedrige Gesamtbakterienzahl im Waschwasser festgestellt. Es ist davon auszugehen, dass es zu einem massiven Absterben von Teilen der Bakterienflora im Becken des Rieselbettreaktors kam. Durch die damit verbundene Lyse der Zellen wurden vermehrt Endotoxine im Prozesswasser freigesetzt. Der Endotoxingehalt im Reingas erreichte dagegen am 23.8.2011 seinen niedrigsten Wert von 0,000006 EU/ml. Der Rieselbettreaktor wies an diesem Messtag seine höchste Reduktionsleistung für Endotoxine von 99 % zwischen Roh- und Reingas auf. Die Fehlfunktionen innerhalb der Abluftreinigungsanlage hatten also keinen unmittelbaren Einfluss auf die Reduktionsleistung für Endotoxine. Die Anlage war in der Lage für einen gewissen Zeitraum die Endotoxine zurückzuhalten bevor sie freigesetzt wurden.

Ein Nachteil biologischer Abluftreinigungsanlagen ist, dass sie hohe Energiekosten durch Pumpen und Ventilatoren und Kosten für Schwefelsäure verursachen (GRIMM 2010). Hahne (2006) zeigte, dass eine verminderte Abschlämmung zur Kosten-einsparung führt, aber auch die Ammoniakemissionen erhöht. Dies wird durch die vorliegenden Ergebnisse bestätigt. Die Einsparung von Wasser bei der Abschlämmung verändert die chemisch-physikalischen Leitparameter im Prozess-wasser und mindert sowohl die Ammoniak- und Geruchsabscheidung als auch die gleichmäßige Bioaerosolabscheidung. Es ist von großer Bedeutung für die Wirksamkeit von Rieselbettreaktoren, dass die Leit-Betriebsparameter eingehalten werden.

Die Reduktionsraten bei den Leitparametern für Bioaerosole zeigten z. T. deutliche

Die Reduktionsraten bei den Leitparametern für Bioaerosole zeigten z. T. deutliche