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4.2 TNF-α

5.1.5 IL-10 bei entzündlichen Erkrankungen

In das Patientenkollektiv wurden 22 Hunde mit entzündlichen Erkrankungen aufgenommen. Bei sieben von ihnen wurde ein quantifizierbarer IL-10-Gehalt im Blutserum ermittelt (31,8 %). Ein entzündlicher Vorgang wurde mittels Klinik, Blutbild und/oder bildgebenden Verfahren diagnostiziert.

IL-10 spielt bei Entzündungsreaktionen im Körper eine wichtige Rolle, da es hilft, überschießende Immunantwort abzumildern. Nach einem Insult kann man maximale IL-10-Konzentrationen nach zwei Stunden (SCHNEIDER et al. 2004) bzw. vier Stunden (FLORQUIN et al. 1994) beobachten. Dies ist relativ zeitversetzt zu den pro-inflammatorischen Zytokinen, deren Gehalt meist bereits einige Minuten nach dem Entzündungsreiz ansteigt. Die Halbwertszeit im Serum wird mit 1,1 - 2,6 Stunden angegeben (LI u. HE 2004). Damit ist es deutlich länger verfügbar als Interleukine aus der pro-entzündlichen Fraktion.

Innerhalb der Gruppe der entzündlichen Erkrankungen wurden neun Hunde aufgrund der Diagnose Pyometra kastriert. Fünf von ihnen hatten erhöhte IL-10-Serumkonzentrationen. Die Diagnose und kurative Kastration fanden in der Regel am selben Tag statt, und auch die Serumproben wurden an diesem Tag genommen.

Bei einer Pyometra kommt es zu einer bakteriellen Besiedlung der Uterusschleimhaut, vornehmlich mit Escherichia coli. Das Lipopolysaccharid der bakteriellen Zellmembran wirkt hierbei als starker Stimulus für die Produktion von Zytokinen. Im Zusammenhang mit eitrigen Gebärmutterentzündungen wird bei protrahiertem Verlauf oft das Systemische Inflammatorische Response-Syndrom (SIRS) als Vorstufe einer Sepsis diskutiert, welches Regulierungsmechanismen durch antiinflammatorische Mediatoren bedarf. In verschiedenen Veröffentlichungen wurden erhöhte IL-10-Gehalte im Serum der Patienten nachgewiesen, aber nicht immer bestand ein signifikanter Unterschied zur gesunden Population (KJELGAARD-HANSEN et al. 2007, DABROWSKI et al. 2015). Die Arbeitsgruppe um KARLSSON

fand außerdem heraus, dass Hunde mit SIRS zusätzlich zu einer Pyometra-Erkrankung zwar höhere IL-10-Konzentrationen aufwiesen als Patienten ohne diese Komplikation, aber dass diese Werte sich nicht wesentlich voneinander unterschieden (KARLSSON et al. 2012), (KARLSSON et al. 2016). In einer weiteren Studie wurden Serum-IL-10-Gehalte von Hündinnen in verschiedenen Zyklusstadien, in Gestation und mit Pyometra untersucht. Aufgrund des Ergebnisses, dass IL-10 in Metöstrus und bei Patienten mit Pyometra erhöht war, konstatierten die Autoren die interessante Annahme, dass sich Hündinnen im Metöstrus in einer immunologisch fragilen Lage befänden, die eine gute Grundlage für die Entstehung einer Pyometra böte (MACIEL et al. 2014).

In unserem Patientengut war das Vorkommen einer Pyometra mit sehr unterschiedlich hohen IL-10-Konzentrationen assoziiert. Ein Hund litt zusätzlich an einer Peritonitis, die kurz nach Ovariohysterektomie aufgrund der Pyometra festgestellt wurde und außerdem an einem komplexen Adenokarzinom der Mamma.

Der Hund hatte einen IL-10-Wert von 28,7 pg/ml, Leukozyten im Normbereich und wurde letztendlich aufgrund der Progression der Erkrankung und des schlechten Allgemeinbefindens euthanasiert. Ein weiterer Hund, bei dem zur Zeit der Kastration aufgrund der Pyometra zusätzlich eine eitrige Peritonitis und als Zufallsbefund ein hepatozelluläres Adenom diagnostiziert wurde, hatte eine IL-10-Konzentration von 79,5 pg/ml, eine Leukopenie und gesundete danach. Bei einer weiteren Patientin mit

„komplikationsloser“ Pyometra, moderater Leukozytose und guter Genesung wurde ein IL-10-Wert von 161,5 pg/ml ermittelt. Den höchsten gemessenen IL-10-Wert aller Patienten (1017,0 pg/ml) hatte eine alte Hündin, bei der anamnestisch schon zwei Wochen Polydipsie/Polyurie und eitriger Vaginalausfluss berichtet wurde. Die Hündin wurde ovariohysterektomiert und überstand die Rekonvaleszenz problemlos.

Zusammenfassend muss man erkennen, dass die Höhe der IL-10-Konzentration nicht zwingend mit dem Schweregrad, Komplikationen oder gegebenenfalls mit Komorbiditäten assoziiert ist. In der Humanmedizin gilt ein erhöhter IL-10-Wert in diesem Zusammenhang als prognostisch ungünstig (NOVOTNY et al. 2012), was wir

mit unseren Ergebnissen der Hundestudie nicht bestätigen können. Offensichtlich ist nicht zwingend eine Detektion von IL-10 im Serum möglich, wie die Arbeitsgruppe um KARLSSON bewies, die nur in 28 % der Pyometrapatienten IL-10 auf diesem Wege nachweisen konnte (KARLSSON et al. 2012). Einschränkend zu erwähnen ist auch die geringe Fallzahl unseres Kollektivs, was aber dem Studiendesign der Screeningmethode geschuldet ist (siehe Tabelle 7).

Interessant zu erwähnen ist IL-10 im Zusammenhang mit CARS (Compensatory anti-inflammatory Response-Syndrom) was in Antwort auf das SIRS erfolgen kann und durch das Auftreten antiinflammatorischer Zytokine gekennzeichnet ist. Dies steht in Assoziation mit nosokomialen Infektionen von humanen Patienten, weil durch die reaktive überbordende Ausschüttung dieser Zytokine die Toleranz des Immunsystems gegenüber der Entstehung von Sekundärinfektionen erhöht werden kann (ADIB-CONQUY u. CAVAILLON 2008). Inwiefern dieser Mechanismus bei unserer Arbeit eine Rolle spielt, ist leider nicht belegbar, da wir bei unseren Patienten die Merkmale des SIRS nicht evaluiert haben. Eventuell könnte dies Thema einer Folgestudie sein.

Innerhalb der Gruppe der Hunde mit entzündlichen Erkrankungen waren fünf Patienten mit Pankreatitis aufgenommen. Dazu zählte ein Hund mit subklinischer Pankreatitis, bei dem allein die canine pankreatische Lipase erhöht war. Bei den anderen Patienten war die Pankreatitis als Indexerkrankung mit weiteren Komorbiditäten wie chronischer Niereninsuffizienz und Diabetes mellitus und in einem Fall mit einem Milzrandinfarkt vergesellschaftet. Bei keinem der Probanden wurden erhöhte IL-10-Konzentrationen festgestellt. Andere Arbeitsgruppen fanden gesteigerte IL-10-Werte und konnten anhand derer zwischen milder und schwerer akuter Pankreatitis differenzieren. Auch konnten sie eine prognostische Relevanz, die mit der Höhe der Konzentrationen assoziiert war, berichten und beobachten, dass mithilfe des Faktors eine Frühdiagnose der Erkrankung möglich ist (CHEN 1999). Eine andere Gruppe hingegen fand keinen wesentlichen Unterschied in der IL-10-Konzentration bei günstigen und fatalen Verläufen (PAEK et al. 2014). CHEN

und Mitarbeiter (1999) benutzten allerdings für ihre Auswertungen das humane IL-10 Quantikine® ELISA Kit mit einem minimal detektierbaren Wert von 1,5 pg/ml, was die Messung sehr geringer Konzentrationen erlaubt - im Gegensatz zu dem in dieser Arbeit verwendeten Assay. Durch ein Follow-up der Werte im Verlauf der akuten Pankreatitis gelangten sie zu der Erkenntnis, dass die Serum-Konzentration von IL-10 einen Peak nach 48 Stunden nach Auftreten klinischer Symptome erfährt und danach für drei bis fünf Tage im Blut nachweisbar ist. Offenbar spielt der Zeitpunkt der Entnahme im Verlauf der Krankheit eine Rolle und eventuell wurde dieser bei unseren Messungen verfehlt. Der Diabetes mellitus ist oft im Rahmen einer Pankreatitis als Begleiterscheinung zu beobachten, wobei dieser oft transienter Natur ist. Studien im Zusammenhang mit Diabetes mellitus ergaben, dass es keinen wesentlichen Unterschied in Bezug auf die IL-10-Serum-Konzentration zwischen gesunden Patienten und denen mit Diabetes mellitus gibt (KIM et al. 2015).

Die atopische Dermatitis wird mit einer Überexpression von IL-10 in Verbindung gebracht. Dies kann zur Entzündungslimitation und darüber hinaus zur Immuntoleranz führen und opportunistische Infektionen der Haut begünstigen.

Während in zwei Veröffentlichungen propagiert wurde, dass kein signifikanter Unterschied in der IL-10-Serum-Konzentration zwischen Patienten mit atopischer Dermatitis und gesunden Kontrollen festzustellen war (KEPPEL et al. 2008, YOSHIZAWA et al. 2002), fand ein anderer Autor einen Anstieg Th2-sezernierter Interleukine (BRUNNER et al. 2017). Der atopische Patient unserer Klientel wurde schon in der Diskussion der Konzentrationen der gesunden Hunde erwähnt. Im Laufe seiner Historie erhöhte sich der IL-10-Wert sogar bis zum Zeitpunkt der Diagnose.

Letzteres könnte aber auch auf die Immunreaktion auf Sekundärinfektionen zurückzuführen sein. Dem gegenüber stand die Krankheitsgeschichte eines Patienten mit Otits externa und Dermatitis als Symptome einer saisonalen Atopie, der sich bereits in immunmodulatorischer Behandlung befand. Bei ihm wurden keine erhöhten IL-10-Werte erhoben.

Ein Patient wurde schlussendlich wegen rezidivierender Magen-Darm-Symptomatik einer Gastroskopie mit Biopsie unterzogen. Die lympho-plasmazellulären Zellinfiltrate der Magenschleimhaut waren am ehesten mit einer IBD oder Futtermittelallergie vereinbar. Der Patient hatte keine messbare 10-Konzentration im Serum. Von IL-10-Knockout-Mäusen wird berichtet, dass sie spontan eine IBD entwickeln, weil die regulierende antiinflammatorische Wirkung im Darmmilieu fehlt (KÜHN et al. 1993).

Eine Publikation berichtet von unwesentlichen IL-10-Serumkonzentrationen im Vergleich zu Gesunden, fanden aber in Zellkulturüberständen von mononukleären Zellen der Lamina propria einen verringerten Gehalt an IL-10, was die oben genannte These unterstützt (GASCHE et al. 2000). Ein anderer Autor verglich das Zytokinprofil von ulzerativer Colitis, Morbus Crohn und kolorektalen Tumorerkrankungen miteinander und konnte im Hinblick auf die Fraktion der pro-inflammatorischen Marker einen signifikanten Unterschied zu Gesunden finden, jedoch nicht bei antiinflammatorischen Faktoren. Eventuell ist die Messung von IL-10 im Serum im Rahmen unserer Arbeit zu wenig sensitiv und die Probennahme im lokalen Milieu des Darms empfiehlt sich eher für die Aussage über die Bedeutung bei dieser Erkrankung.

Ein Patient unseres Kollektivs litt an nekrotisierender Hepatitis unbekannter Genese.

Bei ihm wurde keine messbare IL-10-Konzentration evaluiert. Eine Publikation berichtet über die experimentelle Infektion von IL-10-defizienten Mäusen und deren Entwicklung eines solchen Krankheitsbildes. Die Absenz des regulatorischen IL-10 führte zum Untergang der hepatischen Zellen durch IL-4-vermittelte neutrophile Entzündung mit nachfolgender Nekrose (DOUGLAS et al. 2010).