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Identifikation von möglichen Zukunftsfeldern

Identifikation von Zukunftsfeldern

5.1.4 Identifikation von möglichen Zukunftsfeldern

Die Auswertungen der beiden vorhergehenden Abschnitte liefern für jeden Technologiebereich eine Vielzahl an Informationen über Patent- und Handelstätigkeit. Diese können dazu genutzt werden, Zukunftsfelder für die deutsche Industrie abzuleiten. Aufgrund der Datenmenge ist dazu ein systematisches Vorgehen notwendig.

Zukunftsfelder der deutschen Industrie sind gemäß der eingangs skizzierten Definition solche Technologiebereiche, die sich durch eine hohe Innovationstätigkeit und -dynamik, ein hohes globales Nachfragevolumen und -wachstum sowie eine nennenswerte Prä-senz deutscher Unternehmen auszeichnen. Diese Kriterien wer-den für jewer-den Technologiebereich auf Grundlage von verschiede-nen Kenngrößen gemessen (Tabelle 12). 27

Tabelle 12: Kriterien und zugehörige Kenngrößen bei der Identifi-kation von Zukunftsfeldern

Innovationstätigkeit   

Die Informationen der einzelnen Kenngrößen nach Technologiebe-reichen werden mit Hilfe eines Index miteinander verknüpft. Dieser Index kann als Maß dafür genutzt werden, ob eine Technologie eine hohe Wahrscheinlichkeit aufweist, ein Zukunftsfeld der deut-schen Industrie zu sein. Für die Indexbildung werden zunächst die Kenngrößen auf den Wertebereich von 0 bis 10 normiert.28 Das Verhältnis und damit die Rangfolge zwischen den Technologien

27 Neben den in Tabelle 11 aufgeführten sechs Kriterien wurde die Verwendung weiterer Kennziffern geprüft, etwa die Be-rücksichtigung des Reifegrads von Technologien oder des Beitrags der deutschen Unternehmen zum globalen Wachs-tum bei den Patentanmeldungen oder der Ausfuhr. Diese Kenngrößen wurden jedoch nicht in die Analyse aufgenommen, da sie eine enge Korrelation zur Entwicklung von bereits berücksichtigten Kriterien aufweisen. So weisen in aller Regel solche Technologien einen jungen Reifegrad auf, die durch eine hohe Wachstumsrate bei den Patentanmeldungen cha-rakterisiert sind: Die Berücksichtigung zusätzlicher Kriterien würde das Ergebnis bei der Bewertung von Technologien als mögliche Zukunftsfelder nicht verändern, ginge aber zu Lasten der Übersichtlichkeit.

28 Die Normierung erfolgt anhand der Formel ,

∗ 10, wobei xi den Wert des Indikators für eine Kenn-größe i darstellt und K die Gruppe der KennKenn-größen einschließt. Zu beachten ist, dass der Wertebereich voll ausgeschöpft wird. Die Technologie mit dem höchsten Wert bezogen auf eine Kenngröße erhält den Wert 10. Der Wert 0 wird der Technologie mit dem geringsten Wert zugewiesen. Die Werte der verbleibenden Technologien ergeben sich relativ zum Minimum und Maximum bezogen auf die jeweilige Kenngröße.

innerhalb einer Kenngröße bleiben damit gewahrt. Die Werte sind nun jedoch zwischen den Kenngrößen vergleich- und kombinier-bar. Die normierten Werte der Kenngrößen können nun durch die Bildung des arithmetischen Mittels zu einem Gesamtindex (Zu-kunftsfeldindex) zusammengefasst werden (Abbildung 25). Dieser zeigt, welche Technologien im Durchschnitt über alle Kenngrößen hinweg das größte Potenzial besitzen, ein Zukunftsfeld für die deutsche Industrie zu sein.29

An der Spitze stehen mit der Verkehrs- und Automobiltechnik so-wie dem Technologiebereich Elektrische Maschinen, Apparate, Energie zwei Bereiche, die in allen sechs Kategorien vergleichs-weise hohe Werte aufvergleichs-weisen. Sie kombinieren eine ausgeprägte globale Patenttätigkeit und -dynamik, ein hohes globales Exportvo-lumen und -wachstum mit beträchtlichen deutschen Weltmarktan-teilen. In den Bereichen Motoren, Pumpen, Turbinen sowie Me-chanische Elemente auf den Rängen drei und vier sind zwar die globale Patenttätigkeit und das Exportvolumen geringer, sie wei-sen aber in beiden Kategorien eine hohe Dynamik und sehr hohe deutsche Anteile auf.

29 Verschiedene Gewichtungsvarianten führen im Wesentlichen zu einem vergleichbaren Ergebnis. Einzelne Technologie-bereiche mit Extrempositionen einzelner Kenngrößen verändern sich dabei am Stärksten. Für die Gesamtergebnisse hat dies nur einen geringen Einfluss.

Abbildung 25: Zukunftsfeldindex, geordnet nach dem jeweiligen In-dexwert

Zusammensetzung des Werts nach Kenngrößen angegeben. Prognos 2015.

Die auf der Indexbildung basierende Rangliste liefert einen ersten belastbaren Hinweis, inwiefern Technologien als mögliche Zu-kunftsfelder der deutschen Industrie klassifiziert werden können.

Gleichwohl ist es aufgrund der Nutzung identischer Gewichtungs-faktoren für alle verwendeten Kenngrößen möglich, dass sich Technologien in der Spitzengruppe wiederfinden, die bezüglich einzelner Kenngrößen sehr schlecht abschneiden. So weist etwa die Computertechnologie einen sehr hohen Indexwert auf. Vor al-lem der sehr niedrige deutsche Anteil an den Patenten und der

niedrige deutsche Ausfuhranteil stellen jedoch die Bedeutung die-ser Technologie als mögliches deutsches Zukunftsfeld in Frage. In einem weiteren Schritt wird daher der Index um eine Clusterana-lyse ergänzt.

Als Grundlage für die Clusteranalyse werden die gleichen Kenn-größen genutzt, die auch im oben gebildeten Index Berücksichti-gung finden. Im Rahmen der Clusteranalyse wird versucht, Grup-pen (Cluster) von Technologien zu finden. An ein Cluster werden zwei Anforderungen gestellt:

 Erstens sollen sich die Technologien eines Clusters mög-lichst wenig von den anderen Technologien dieses Clusters (hinsichtlich aller Kenngrößen) unterscheiden. Innerhalb ei-nes Clusters sollen die Technologien also möglichst ähn-lich sein.

 Zweitens sollen sich die Technologien eines Clusters von den Technologien anderer Cluster (hinsichtlich aller Kenn-größen) möglichst stark unterscheiden. Die einzelnen Clus-ter sollen sich also möglichst gut voneinander unClus-terschei- unterschei-den lassen.

Zwei extreme Clusterlösungen sind theoretisch denkbar:

1. Einerseits ist es denkbar, dass jede Technologie als einzel-nes Cluster betrachtet wird. Hierdurch wird zwar die erste Anforderung bestens erfüllt, da überhaupt kein Unterschied zwischen einer Technologie und sich selbst möglich ist. Die zweite Anforderung wird allerdings bei dieser Lösung aus-gesprochen schlecht erfüllt. Auch wenn Technologien sich sehr ähnlich sind, werden diese trotzdem verschiedenen Clustern zugeordnet.

2. Andererseits ist es denkbar, dass alle Technologien zu ei-nem einzigen Cluster zusammengefasst werden. Nun wird die zweite Anforderung zwar gut erfüllt, dafür aber die erste Anforderung ausgesprochen schlecht.

Zwischen diesen beiden extremen Clusterlösungen sind viele Lö-sungen denkbar. Diese unterschiedlichen LöLö-sungen werden in ei-nem Dendrogramm (Dendro = Baum) dargestellt. In einer Baum-struktur wird nun die Zerlegung der Lösung 1 (nur ein Cluster) in immer kleinere Cluster dargestellt bis alle Cluster aus nur noch ei-ner Technologie bestehen (Lösung 2).

Auf dieser Basis lässt sich im Abwägen zwischen den beiden An-forderungen eine optimale Lösung finden (Abbildung 26). Techno-logien mit sehr ähnlichen Indexwerten für die einzelnen Kenngrö-ßen lassen sich bereits auf einer niedrigen Ebene zusammenfas-sen. So sind etwa die sechs im Dendrogramm oben stehenden

Technologien (Makromolekulare Chemie, Oberflächentechnologie, Chemische Verfahrenstechnik, Messtechnik, Handhabungstech-nik, Sondermaschinen) alle dadurch charakterisiert, dass sie eine mittlere Patenttätigkeit und -dynamik, eine moderates, aber dyna-misches Ausfuhrvolumen und eine vergleichsweise starke Präsenz deutscher Unternehmen aufweisen.

Andere Technologien, deren Kenngrößen sich nur teilweise äh-neln, bilden erst auf einer höheren Ebene eine Gruppe. So ist den beiden Technologien IT-Methoden sowie Mikrostruktur und Nano-technologie gemein, dass sie eine sehr geringe, aber sich dyna-misch entwickelnde Patenttätigkeit und ein sehr geringes globales Ausfuhrvolumen aufweisen. Gleichwohl unterscheiden sie sich hin-sichtlich Ausfuhrdynamik sowie der Präsenz der deutschen Unter-nehmen.

Abbildung 26: Grafische Darstellung der Ergebnisse der Cluster-analyse

Prognos 2015.

In einem nächsten Schritt werden die Erkenntnisse der Cluster-analyse mit den Resultaten der Indexbildung verknüpft. Im Ergeb-nis wird deutlich, durch welche Charakteristika sich die anhand der Clusteranalyse gebildeten Gruppen auszeichnen – und damit, wel-che Technologien als potenzielle Zukunftsfelder identifiziert wer-den können (Abbildung 27).

Abbildung 27: Verknüpfung von Zukunftsfeldindex und Clusteranalyse

Prognos 2015.

Auf der siebten Dendrogramm-Ebene (erste Ebene: Jede Techno-logie ist ein Cluster) lassen sich die TechnoTechno-logien zu sechs Grup-pen zusammenfassen. Die so gebildeten GrupGrup-pen können folgen-dermaßen charakterisiert werden.