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Das Amt der Tischler in der Residenzstadt Schwerin war in seiner Größe schätzungsweise mit den Ämtern von Wismar und Greifswald vergleichbar. Zudem ist zu ihm ebenso wenig Aktenmaterial vorhanden. Im Schweriner Kollegiengebäude wurde dieses aufbewahrt, als es Mitte des 19. Jh.s zu einem Brand kam. Ob allerdings Dokumente der Schweriner Tischler dabei verloren gingen, kann man nicht mehr herausfinden. Jedenfalls ist der Mangel an Material verdrießlich, da man wegen der Nähe zum (groß-) herzoglichen Hof mit besonderen Ansprüchen und Bedingungen bei den Meisterprüfungen und generell in der Möbelproduktion rechnen würde. Diese lassen sich nun nicht mehr nachvollziehen. Die Auftragslage und der Absatz der Schweriner Amtsmeister waren vermutlich stark von den Bestellungen des Herzoghauses sowie des Adels abhängig. Enttäuschend ist aber, dass sich aus dem Untersuchungszeitraum überhaupt keine entsprechenden Möbel in den musealen Sammlungen oder Aufträge in den höfischen Aktenbeständen nachweisen lassen. Die Anzahl der Amtsmitglieder lässt sich ebenfalls nicht bestimmen. Nur zwei Amtsrollen sind im Stadtarchiv erhalten. Bei der einen handelt es sich um eine Abschrift aus dem Jahr 1788.281 Dort wird in § 11 angeführt, dass es neuerdings möglich ist, anstatt des ehemaligen kostbaren Meisterstücks einen in die Tischler-Profession hinein schlagenden tüchtigen Riß zu unterliegen. Dem Riss wurde also auch in Schwerin ein besonderes Gewicht bei der Prüfung verliehen. Dies ist ein zeittypisches Phänomen, das ebenfalls in anderen Tischlerstatuten festgehalten wurde.282 Die nächste erhaltene Rolle ist auf das Jahr 1845 datiert.283 Das anzufertigende Meisterstück konnte laut § 172 frei gewählt werden und in einem Schrank, einem Sekretär, einem Sofatisch, einem Modell einer gewundenen Treppe (wie in Wismar und Ludwigslust) oder in einem Sofa bestehen. Es war zu furnieren. Der entsprechende Riss musste laut § 173 eine Vorder- und eine Seitenansicht sowie den Schnitt durch die Seitenansicht in verkleinertem Maßstab zeigen; einzelne Teile, Gesimse und sonstige Verzierungen waren in natürlicher Größe zu zeichnen. Im Vergleich beinhalten die

281 Stadtarchiv Schwerin, M 10261.

282 Stiegel 2003, S. 56–57. In späterer Zeit, als die Zeichenausbildung in größeren Städten an die Akademien gekoppelt wurde, ging dies mit der allgemeinen Forderung einher, bei der Prüfung unter Beweis zu stellen, dass man in der Lage war, klassische Proportionen aus der Architektur anzuwenden und unter dieser Maßgabe auch Möbel entwerfen zu können. So argumentiert u. a. Joseph Christian Lillie am Ende des 18. Jh.s in Kopenhagen (Bülow 2007, S. 13–14). Weitere Angaben finden sich in der vorliegenden Arbeit im Abschnitt zur Zeichenausbildung der Tischler.

283 Anhang Nr. 25.

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Stralsunder und Rostocker Konstruktionszeichnungen alle einen Grundriss, in der die maximalen und minimalen Tiefen und Breiten des jeweiligen Möbels zu sehen sind (Querschnitt). Diese sehr aufwendige Darstellung entfällt häufig gegen die Mitte des 19. Jh.s;

so auch in Schwerin.

Eine Auflistung der städtischen Tischlermeister und der Hoftischler konnte aus verstreuten Aktenvermerken rekonstruiert werden (Anhang Nr. 22, 23).284 Es lässt sich daraus jedoch nicht auf die Größe des Amtes zu einem bestimmten Zeitpunkt schließen. Da die Eintragungen im Staatskalender, der unter anderem die Namen der Hoftischler aufführt, nicht alle deckungsgleich mit den Nennungen in den Akten sind, mussten die verschiedenen Namenslisten auf unterschiedlicher Grundlage zusammengestellt werden.

Die Ansuchen einiger Tischler um den Titel des Hofhandwerkers sind bereits ab der Mitte des 18. Jh.s erhalten (Anhang Nr. 23).285 Es ist lohnenswert, einen Blick auf sie zu werfen, da daraus ihr Motiv, teils auch ihre Qualifikation sowie ihre bisherigen Tätigkeiten für das herzogliche Haus zu arbeiten, ersichtlich werden. Damit treten sie ein wenig aus ihrer Anonymität hervor. Die Handwerker argumentieren in ihren Ansuchen meistenteils, dass sie bereits Aufträge zur Zufriedenheit des (Groß-) Herzogs ausgeführt hätten oder ihre Arbeiten von hoher Qualität seien; aber auch das Kämpfen im Krieg für das Land wird angeführt. So reichte beispielsweise der Tischler H. Hahn in den 1830er-Jahren ein Zeugnis über die Kenntnis architektonischen Zeichnens von der Güstrower Sonntagsschule ein. Funktion und Lehrpläne derartiger Institute werden im Folgenden noch thematisiert. Im zweiten Teil dieser Arbeit wird auf die Hoftischler im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit bei herzoglichen Ausstattungen erneut verwiesen. An dieser Stelle kann aber bereits der Meister Serrius286 genannt werden, der für das Ludwigsluster Erbprinzenpalais im Jahr 1809 Parkett lieferte. Es fällt auf, dass viele, die Hoftischler werden wollten, hauptsächlich als Bautischler tätig waren.

Die Anfertigung von Möbeln für den Herzog erwähnte lediglich der Ebenist Daniel Heinrich Busch.

Zudem kann man aus den erhaltenen Ernennungsunterlagen Einblicke in den Lebensalltag der Tischlerfamilien gewinnen. Dies, wenn zum Beispiel der Werkstattmeister starb oder verletzt wurde. So meldeten sich zum Teil die Witwen der Tischler zu Wort, die die Werkstätten weiterführen wollten. Der Witwe Schwedler beispielsweise. wurde sogar eine gute,

284 Zusätzlich können Die Tischler Fahle, Riedle und Starck für das Jahr 1835 angeführt werden (Jesse 1920, im Anhang S. 60*).

285 LHAS, 2.26-2, 5610 bis LHAS, 2.26-2, 5618 (Anhang Nr. 23).

286 Es ist nicht auszumachen, ob es sich dabei um Serrius sen. oder jun. handelt.

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eigenständige Ausführung des Handwerks bestätigt. Trotzdem war ein offizieller Vormund nötig, wenn die Frauen das Geschäft weiterführen wollten. Das Engagement und die Stärke der Ehefrauen, die in den ausgewerteten Quellen namenlos bleiben, wird vor dem Hintergrund der vielfachen Rekrutierungen ihrer Männer und Kinder in kriegerischen Zeiten beachtlich gewesen sein.

Die Hoftischler waren zumeist in den Städten ansässig, in denen sich die herzogliche Familie häufiger aufhielt.

Zusätzlich konnte eine sehr kurze Liste über die Ernennungen zu Hofstuhlmachern erstellt werden (Anhang Nr. 24).

Genauso spärlich wie für Schwerin sind die Angaben, die zu den Ludwigslustern Tischler gemacht werden können. Ludwigslust ist eine Stadt, deren Geschichte mit dem dortigen Schlossneubau in der zweiten Hälfte des 18. Jh.s verknüpft ist. Erst 1876 erhielt sie das Stadtrecht. Ein eigenständiges Tischleramt entwickelte sich deshalb wahrscheinlich erst weit nach 1800. Zuvor wurden die zum Bau nötigen Handwerker aus anderen Ämtern bestellt. Die herzogliche Möbel- und Bronzefabrik und ihre Handwerker deckten zwischen 1798 und 1811 wohl den Bedarf des wohlhabenden Publikums vollständig ab. Tischler aus der Fabrik waren später noch am Schloss tätig, etwa als dort 1822 das Appartement für den Erbprinzen Paul Friedrich und Alexandrine von Preußen ausgestattet wurde. Deshalb kann man einige Jahre nach der Schließung der Fabrik (1811) die Notwendigkeit einer Amtsgründung der in der Stadt verbliebenen Tischlermeister und -gesellen vermuten. Dementsprechend liegt lediglich eine Amtsrolle vor, die aufgrund ihres Schreibstils in die Zeit kurz vor Mitte des 19. Jh.s datiert werden kann (Anhang Nr. 25). Im Vergleich zu älteren Statuten ist sie zwar besonders ausführlich, aber darüber hinaus nicht ungewöhnlich. Neu ist, dass zu dieser Zeit ein mündlicher Prüfungsteil eingeführt wurde (§170). Genau wie in der Schweriner Rollenabschrift von 1788 stehen verschiedene zu furnierende Meisterstücke zur Auswahl:

Schrank, Sekretär, Sofatisch, Modell einer gewundenen Treppe (wie in Wismar und Schwerin) und Sofa (§172). Die Anfertigung musste einem eingereichten Meisterriss folgen, auf dem die Gesimse und Verzierungen zwar in natürlicher Größe zu sehen waren, das Möbel in seinen verschiedenen Ansichten aber in verkleinertem Maßstab darzustellen war (§173).

Das Ludwigsluster Amt gehörte wahrscheinlich zu den kleinsten im Land und führte für das Herzogshaus, insbesondere nachdem der Hof 1837 von Ludwigslust nach Schwerin zurückverlegt wurde, eher wenig Aufträge aus.

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Bei der Ausstattung des erbgroßherzoglichen Appartements 1822 im Schloss Ludwigslust werden einige Tischler aus verschiedenen anderen Ämtern (siehe oben) namentlich und in Verbindung mit den wenigen, heute noch existierenden Möbeln fassbar. Jedoch ist zu resümieren, dass von Friedrich Franz I. und seiner näheren Familie keine konsequenten Aufträge an die Tischler im Land sowie am Hof ausgingen, das Tischlergewerk also nicht gefördert wurde, wie es an den meisten anderen europäischen Herzogs-, Königs- und Kaiserhöfen der Fall war.287

7. Die mecklenburgische Möbeltischlerei im Vergleich zu Berlin, Lübeck,