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3.7 Lebensstätten der Arten

3.7.1 Hirschkäfer (Lucanus cervus) [1083]

Vorbemerkung

Der Hirschkäfer (Lucanus cervus) ist in erster Linie in Eichenwäldern, Eichen-Hainbuchenwäldern und Kiefern-Traubeneichenwäldern der Ebene und niederer Höhenlagen anzutreffen. Lucanus cervus gilt als Indikatorart für strukturreiche, naturnahe Laubwaldgebiete mit ausreichendem Altholzanteil. Dabei spielt auch das Vorhandensein entsprechender „Requisiten“, wie Totholz, Wurzelstöcke oder Saftleckstellen für die Entwicklung dieser Käferart eine wichtige Rolle. Lichte, trockene und südexponierte Bereiche werden besonders bevorzugt. Daneben findet man ihn auch in alten Parkanlagen, Alleen und Obstbaumbeständen (vgl. BRECHTEL & KOSTENBADER 2002, HORION 1958, KLAUSNITZER &WURST 2003).

Abb. 9 Männchen und Weibchen des Hirschkäfers (Lucanus cervus) [1083] (etwa natürliche Größe).

Im FFH-Gebiet sind folgende, für das Vorkommen von Lucanus cervus potentiell relevante Lebensraumtypen vorhanden: Eichen-Hainbuchen-Wald [9160], Labkraut-Eichen-Hainbuchen-Wald [9170], sowie bei nennenswerten Eichen-Beimischungen der Waldmeister-Buchenwald [9130].

Große Bereiche des Vorkommens liegen allerdings derzeit in Bereichen außerhalb der ausgewiesenen Waldlebensraumtypen, besonders in weit entwickelten, südexponierten Sukzessionen ehemaliger Weinberge und Obstwiesen. Daneben sind insbesondere sonnenbeschienene Innen- und Wald-Außenträufe sowie südexponierte, teils aufgelichtete, trockene Hangbereiche als geeignete Lebensräume für den Hirschkäfer (Lucanus cervus) von Bedeutung. Eine Begutachtung potentieller Habitate außerhalb Waldes war nicht Gegenstand der Untersuchungen.

Außerhalb des FFH-Gebietes, nahe der Ortschaft Forchtenberg, gab es in den 50er und 60er Jahren immer wieder einzelne Funde. Im Jahre 2006 wurde dort im unteren Kupfertal ein männlicher Käfer beobachtet, die Entfernung dieses Fundortes zum Klosterwald beträgt etwa 4 km, zum „Katharinenberg“ bei Berlichingen 8,5 km.

Beschreibung und Verbreitung im FFH-Gebiet

Es liegen zwei Meldungen über Beobachtungen des Hirschkäfers (Lucanus cervus) aus den Jahren 2003 und 2005 vor, beide aus dem Schonwaldgebiet des Klosterwaldes.

Im Rahmen der Untersuchungen konnten keine weiteren, neuen Lebendfunde von Lucanus cervus im FFH-Gebiet erbracht werden. Es fand eine Auswahl insgesamt zwölf potentieller Lebensstätten statt, die mehrfach aufgesucht wurden. Lediglich in einem Gebiet, dem „Katharinenberg“, gelangen Nachweise des Hirschkäfers (Lucanus cervus). Die weitere Suche nach lebenden Käfern blieb dagegen in den elf anderen Untersuchungsgebieten - auch im Schon- und Bannwald - erfolglos. Eine Erklärung hierfür könnte sein, dass das Jahr der Untersuchungen offensichtlich in eine Periode geringer Hirschkäferaktivität fiel, denn auch in anderen FFH-Gebieten konnten im Jahre 2006 nur verhältnismäßig wenige Hirschkäferexemplare beobachtet werden.

Gebietsbewertung

Auf Grund jeweils isolierter Lage, sowie der Unterschiede bezüglich der Habitatstruktur, Population und Erhaltungszustand konnten insgesamt zwei Erfassungseinheiten gebildet werden. Ihre jeweilige Abgrenzung erfolgte in erster Linie über Bestandesgrenzen, sowie in Anhalt an natürliche Landschaftsstrukturen und entlang von Straßen, Wegen, Distrikt- bzw. Abteilungslinien.

Tabelle 41 gibt einen Überblick über die unterschiedlichen Bewertungsergebnisse der beiden Lebensstätten des Hirschkäfers (Lucanus cervus) im FFH-Gebiet.

Tab. 41 Gebietsbewertung für den Hirschkäfer (Lucanus cervus) [1083] im FFH-Gebiet 6622-341

„Jagsttal bei Schöntal und Klosterwald“ (28,7 Hektar).

Bewertungsparameter 2-1083-1 Katharinenberg 2-1083-2 Großer Buchwald

Anzahl Teilflächen 1 5

Flächengröße 8,0 ha 20,7 ha

Habitatqualität gut mittel bis schlecht

Zustand der Population mittel schlecht

aggregierte Zwischenbewertung gut schlecht

Beeinträchtigungen gering stark

Erhaltungszustand gut beschränkt

Gebietsbewertung gut

Während am „Katharinenberg“ gute Voraussetzungen für die Besiedlung durch den Hirschkäfer (Lucanus cervus) vorhanden sind, ist der Erhaltungszustand im „Großen Buchwald“ auf Grund fehlender Habitatqualität und der geringen Anzahl beobachteter Individuen eingeschränkt (vgl. Kapitel 3.9.3).

Die aggregierte, gebietsbezogene Gesamtbewertung der beiden Erfassungseinheiten führt insgesamt zu einer Einstufung in die Wertstufe B („guter“ Erhaltungszustand), da sich der Schwerpunkt der Nachweise im FFH- Gebiet am „Katharinenberg“ befindet, wo nachhaltig gute Voraussetzungen für Lucanus cervus bestehen werden. Außerdem sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass Hangbereiche östlich und westlich dieser Lebensstätte, welche sich allerdings außerhalb des FFH-Gebietes befinden, ebenfalls als für den Hirschkäfer (Lucanus cervus) potentiell geeignet einzuschätzen sind.

Erfassungseinheit „Katharinenberg“ (Lebensstätte 2-1083-1)

In einem der Untersuchungsgebiete wurden Fragmente von Lucanus cervus gefunden. Diese Fläche liegt im Privatwald oberhalb der Jagst im Gewann „Katharinenberg“/„Mörtel“/„Lange Steige“, nordwestlich des Ortes Berlichingen. Dort gelangen entlang der Landesstraße 1025, sowie auf dem dort verlaufenden Radweg Mehrfachnachweise des Hirschkäfers (Lucanus cervus).

An 6 Beobachtungstagen wurden insgesamt neun Fragmente in Form von Flügeldecken, Köpfen und Abdomen gefunden. Nach Schätzungen ist von insgesamt zehn Hirschkäfer-Exemplaren auszugehen.

Dieser oberhalb der Jagst gelegene, südexponierte Hangbereich mit lichteren Stellen umfasst 8 ha und weist neben Laubholz-Althölzern zahlreiche Exemplare an stehendem und liegenden Totholz sowie stärkere Stubben auf. Die Fläche kann daher für Lucanus cervus als geeignete Lebensstätte angesehen werden.

Bewertungsergebnis

Tab. 42 Bewertung der Hirschkäfer-Lebensstätte „Katharinenberg“ im FFH-Gebiet 6622-341 „Jagsttal bei Schöntal und Klosterwald“ (8,0 ha).

Bewertungsparameter Beschreibung Wertstufe

Habitatqualität gut B

Habitateignung- und mittelfristige Prognose gut B

Verbund 4,5 km B

Eichen mit Saftstellen nicht vorhanden C

Zustand der Population mittel B

Anzahl registrierter Käfer 10 Exemplare B

Aggregierte Zwischenbewertung gut B

Beeinträchtigungen gering A

Erhaltungszustand gut B

Habitatqualität

Größe, Exposition und lokalklimatische Verhältnisse sowie Altersstruktur und Totholzanteil schaffen auch langfristig günstige Voraussetzungen für die Besiedlung dieser Fläche durch den Hirschkäfer (Lucanus cervus). Die Entfernung zum nächsten, potentiellen Habitat innerhalb des FFH-Gebietes (Verbund) liegt bei ca. 4,5 km.

Es wurden keine Bäume mit Saftleckstellen (so genannte „Rendezvous-Plätze“) gefunden, allerdings ist das Gebiet auch nicht auf seiner ganzen Fläche begehbar. Aus diesem Grund kann die aggregierte Zwischenbewertung in die Stufe B („gut“) erfolgen.

Zustand der Population

Anhand der Totfunde ist von einer Besiedlung der Lebensstätte mit mindestens 10 Exemplaren des Lucanus cervus auszugehen.

Beeinträchtigungen

Beeinträchtigungen innerhalb der Lebensstätte wurde nicht festgestellt. Negative Einflüsse durch den Straßenverkehr auf der außerhalb der Lebensstätte verlaufenden L 1025 sind als gering einzuschätzen, zumal einige Hirschkäferexemplare offensichtlich Opfer von Fressfeinden geworden sind.

Bewertung des Erhaltungszustandes

Auf Grund der insgesamt guten Habitatqualität sowie fehlender Beeinträchtigungen ist der Erhaltungszustand dieser Lebensstätte für den Hirschkäfer (Lucanus cervus) - auch langfristig - als gut zu bewerten.

Erfassungseinheit „Großer Buchwald“ im Klosterwald Schöntal (Lebensstätte 2-1083-2)

Im Schonwaldgebiet des Klosterwaldes kann ein Gebiet mit mehreren, kleineren Teilflächen als Lebensstätte für die Art angesehen werden.

Allerdings sind die Verhältnisse in dieser Lebensstätte als für den Hirschkäfer (Lucanus cervus) nur

„beschränkt geeignet“ einzustufen. Es handelt sich um kleinflächige, südexponierte und eichenreichere Bereiche innerhalb des Waldmeister-Buchenwaldes. In den eher geschlossenen Waldbeständen fehlen lichtere, wärmere Bereiche sowie so genannte „Rendezvous-Bäume“. Weitere, negative Faktoren sind standortsbedingt auftretende Bodenfeuchte und teils feuchtes Bestandes-Innenklima, sowie die relativ weite Entfernung zur nächsten Hirschkäferpolulation (Verbund), so dass die Bedingungen für die Besiedlung dieser Waldflächen mit Lucanus cervus insgesamt auch langfristig gesehen beschränkt sein werden (vgl. Kapitel 3.9.3).

Bewertungsergebnis

Tab. 43 Bewertung der Hirschkäfer-Lebensstätte „Großer Buchwald“ im FFH-Gebiet 6622-341

„Jagsttal bei Schöntal und Klosterwald“ (20,7 Hektar).

Bewertungsparameter Beschreibung Wertstufe

Habitatqualität mittel bis schlecht C

Habitateignung und mittelfristige Prognose mittel bis schlecht C

Verbund 4,0 – 4,5 km B

Eichen mit Saftstellen nicht vorhanden C

Zustand der Population schlecht C

Anzahl registrierter Käfer 2 Exemplare C

Aggregierte Zwischenbewertung schlecht C

Beeinträchtigungen stark C

Erhaltungszustand beschränkt C

Habitatqualität

Die Fläche der Erfassungseinheit umfasst 20,7 ha und ist hinsichtlich Baumartenzusammensetzung, Altersstruktur, sowie der Ausstattung mit Requisiten als „beschränkt“ für den Hirschkäfer (Lucanus cervus) geeignet anzusehen. Der Verbund mit anderen, bekannten Hirschkäfervorkommen ist in 4 bis 4,5 km Entfernung gegeben. Die mittel- bis langfristige Prognose lässt unter der heutigen Waldbewirtschaftung keine Änderung des derzeitigen Habitatzustands vermuten.

Zustand der Population

Über 2 Jahre hinweg nur 2 beobachtete Exemplare des Hirschkäfers (Lucanus cervus).

Beeinträchtigungen

Die im FFH-Gebiet vorhandene, starke Konkurrenz der Buche (Fagus sylvatica) gegenüber der Eiche (Quercus robur und petraea) stellt eine grundsätzliche Beeinträchtigung der Lebensstätte dar. Darüber hinaus haben ungünstige Exposition und relative Boden- und Luftfeuchte, sowie frische bis wechselfeuchte Lehm- und Tonböden vor allem auch auf die Larvenentwicklung von Lucanus cervus negative Auswirkungen. Die Rahmenbedingungen für die Ansiedlung und Entwicklung dieser Käferart in der Lebensstätte „Großer Buchwald“ sind daher insgesamt eher als schlecht zu beurteilen.

Bewertung des Erhaltungszustandes

Mittlere bis schlechte Habitatqualität und schlechter Populationszustand führen insgesamt zu einer Einstufung dieser Lebensstätte in die Kategorie C („beschränkter Erhaltungszustand“). Angesichts des

„schlechten Erhaltungszustands“ der Lebensstätte „Großer Buchwald“ in Verbindung mit den auch mittel-bis langfristig ungünstigen Rahmenbedingungen erscheint die Wiederherstellbarkeit eines günstigen