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3.7 Lebensstätten der Arten

3.7.4 Gelbbauchunke (Bombina variegata) [1193]

Die Gelbbauchunke (Bombina variegata) ist gegenüber anderen Amphibienarten konkurrenzschwach. Sie benötigt kleine, flache und sich schnell erwärmende Gewässer. Solche Gewässer sind überwiegend ephemer und daher frei von submerser oder Ufervegetation. Obwohl die Gelbbauchunke (Bombina variegata) ursprünglich eine Art der offenen Kulturlandschaft war, liegen aktuelle Vorkommen überwiegend in Wäldern oder weisen zumindest einen räumlichen Bezug zu diesen auf. Als Laichgewässer werden Wagenspuren auf unbefestigten Waldwegen oder in Kahlschlagfluren präferiert.

Von zentraler Bedeutung sind mittlerweile auch Gewässerkomplexe in Abbaustellen. Im FFH-Gebiet sind ehemalige Vorkommen der Gelbbauchunke (Bombina variegata) aus zwei der drei Teilflächen (Pfaffenwald, Jagst mit Klosterwald) bekannt. Dabei beschreibt LAUFFER (schriftl. Mittlg. 2005) ehemalige Vorkommen in den Gewannen „Schönbüchle“ und „Neuhof - Salen“. Hinweise über Unkenvorkommen aus dem Bereich „Salen“ resultieren auch aus den Angaben von Revierförster VINNAY, der hier in früheren Jahren schon mehrfach Gelbbauchunken (Bombina variegata) beobachtete (mündl. Mittlg. 2006).

Abb. 12 Gelbbauchunke (Bombina variegata) - Übersicht der im Jahr 2006 kartierten Gewässer im FFH-Gebiet Nr. 6622-341 „Jagsttal bei Schöntal und Klosterwald“.

Die Kartierung der nach § 32 NatschG besonders geschützten Biotope nennt ein weiteres Gelbbauchunkenvorkommen im Gewann „Pfaffenwald“ unmittelbar nördlich der K 2019. Von diesen Altfunden wurde lediglich das Vorkommen im Gewann „Neuhof - Salen“ im Jahr 2006 bestätigt.

Die Gelbbauchunke (Bombina variegata) war in den Teilflächen II (Pfaffenwald) und III (Jagst mit Klosterwald), sowie in einem aufgelassenen Steinbruch in Teilfläche I (Kalkklinge) vollständig zu erheben.

Zu Beginn der Untersuchung wurden neben einer Datenrecherche von den betroffenen Revierförstern Daten über potentiell geeignete Laichhabitate und Kenntnisse von Artenvorkommen in den Suchräumen recherchiert. Im Rahmen der Geländeerhebungen wurden diese überprüft und dabei im gesamten Suchraum nochmals gezielt nach weiteren potentiell geeigneten Lebensräumen gesucht. Insgesamt wurden die Gewässer von April bis Ende Juli etwa viermal begangen. Dabei wurden 35 Kleinstgewässerkomplexe registriert. Jedoch fanden sich nur an wenigen Standorten Unkenvorkommen.

Im FFH-Gebiet lassen sich zwei räumlich voneinander getrennte Lebensstätten abgrenzen.

Teilpopulation Deponie Schönbüchle (Lebensstätte 3-1193-1)

Am äußersten Westrand der Teilfläche befindet sich eine schrittweise aufgelassene und teilrekultivierte Erddeponie. Aus ihrem Umfeld liegen auf einer weiteren Rekultivierungsfläche bereits ältere Nachweise der Gelbbauchunke (Bombina variegata) vor. Jedoch ist dieser Bereich mittlerweile vollständig beschattet und weist keine Kleinstgewässer mehr auf. Ein Teilbereich der Erddeponie liegt im Geltungsbereich des FFH-Gebiets. Hier wurden im Rahmen der Rekultivierung mehrere Tümpel und Kleinstgewässer offensichtlich gezielt angelegt. Die Tümpel sind kaskadenartig angeordnet, so dass der Überlauf eines jeden Tümpels dem nächsten Wasser zuführt. Im Umfeld dieser Tümpel finden sich weitere Kleinstgewässer. Die Anlage dieser Strukturen liegt offensichtlich bereits länger zurück. Sowohl die Tümpel als auch die Kleinstgewässer sind mittlerweile stark verkrautet oder bereits vollständig verlandet.

Das Gesamtareal unterliegt zudem einer starken Gehölzsukzession durch die Zitterpappel (Populus tremula). Rohbodenflächen finden sich nur noch sehr lokal und resultieren aus der Wühlaktivität von Wildschweinen (Sus scrofa). Sofern sie überhaupt noch eine freie Wasserfläche aufweisen, trocknen die meisten Kleinstgewässer bereits im Frühjahr schnell aus. Dauerhaft wasserführend sind lediglich einzelne Pfützen am Westrand der Deponie. Hier wurden als Tagesmaximum etwa sechs Individuen der Gelbbauchunke (Bombina variegata) registriert. Die fotographische Dokumentation der individuellen Bauchunterseiten adulter Tiere erbrachte bei vier Kontrollterminen Nachweise von mindestens sieben Einzelindividuen. Der Gesamtbestand dürfte damit kaum größer sein.

Dabei handelte es sich ausschließlich um erwachsene Tiere. Zudem wurden kaum Laich oder Larven erfasst. An den Tümpeln siedeln neben Grasfrosch (Rana temporaria), „Wasserfrosch“ (Rana kl. esculenta) und Laubfrosch (Hyla arborea) auch Bergmolch (Triturus alpestris), Teichmolch (Triturus vulgaris) und Kammmolch (Triturus cristatus) in hoher Dichte. Hieraus resultiert auch in den Unkengewässern ein hoher Prädationsdruck für die Unkenlarven. Gegen Ende der Untersuchung wurden im Juli in einer Wagenspur auf Flst.-Nr. 2860 (RW3535852/HW5462864) im Umfeld der Deponie weitere Larven

registriert. Zuvor wurde diese Wagenspur zwar regelmäßig kontrolliert, jedoch wurden hier trotz einer dauerhaften Wasserführung zu keinem Zeitpunkt adulte Unken oder andere Amphibienarten erfasst.

Bezüglich der Habitatqualität müssen die Gewässer der Lebensstätte aufgrund der dargestellten Situation der Kategorie C (mittel bis schlecht) zugeordnet werden, bezüglich des Lebensraumverbundes kann aufgrund der nach Westen und Norden anschließenden, landwirtschaftlich intensiv genutzten Flächen und der Fragmentierung der umliegenden Wälder durch die K 2018 und weitere asphaltierte Straßen im Verbund mit einem Mangel an Feuchtlebensräumen in den Wäldern ebenfalls nur eine Einstufung in die Kategorie C erfolgen. Gleiches gilt für den Zustand der sehr kleinen, möglicherweise überalterten Population ohne aktuelle Nachweise einer erfolgreichen Reproduktion auf der eigentlichen Deponiefläche. Die starken Beeinträchtigungen (Kategorie C) resultieren damit aus der Verlandung der wenigen noch vorhandenen Unkengewässer, aus der Gehölzsukzession in diesem Teil der Erddeponie, der Lage der Unkengewässer in einer Fahrspur auf Flst.-Nr. 2860, aus dem hohen Prädationsdruck sowie der erheblichen Isolation der Population ohne erkennbare Anbindung an weitere Unkenvorkommen.

Hieraus resultiert ein akuter Handlungsbedarf, da die lokale Extinktionsgefahr der Unkenpopulation außerordentlich hoch ist.

Teilpopulation Neuhof – Salen (Lebensstätte 3-1193-2)

Entlang eines unbefestigten Waldweges parallel der benachbarten Klinge am Oberlauf des Eubach liegen etwa fünf temporär wasserführende Pfützen und Wagenspuren. Teilweise tendieren sie durch einfallendes Laub bereits zur Verlandung, teilweise werden sie aber auch durch wühlende Wildschweine (Sus scrofa) offengehalten. Das Tagesmaximum an Unken wurden auch hier erst Mitte Juni beobachtet und umfasst insgesamt 12 Tiere. Die fotographische Dokumentation der individuellen Bauchunterseiten adulter Einzelindividuen zeigte, dass an diesem Termin alle bislang registrierten Unken am Gewässer angetroffen und registriert wurden.

Wiederum handelte es sich dabei ausschließlich um erwachsene Exemplare, vorjährige Jungtiere wurden nicht registriert. Einige verlandete Wagenspuren werden vom Grasfrosch (Rana temporaria) und vom Bergmolch (Triturus alpestris) besiedelt, bei der Julikontrolle wurde auch ein junger Kammmolch (Triturus cristatus) registriert. Aus zwei Pfützen liegen über Gelege- oder Larvenfunde Reproduktionsnachweise vor. Jedoch trockneten sämtliche dieser Standorte im Laufe des Juni aus, so dass auch für das Untersuchungsjahr keine erfolgreiche Reproduktion festzustellen ist.

Östlich der Klinge findet sich ein weiterer Artnachweis in einem Wagenspurenkomplex entlang eines Waldweges. Hier wurde mehrfach ein einzelnes, meist rufendes Männchen registriert, jedoch zu keinem Zeitpunkt weitere Tiere, Laich oder Larven. Obwohl die Gewässer nicht austrocknen und keine weiteren Amphibien beobachtet wurden, ist somit auch hier eine Reproduktion nicht gegeben. Die Habitatqualität in dieser Lebensstätte ist offensichtlich aufgrund der nur teilweisen Besonnung, der Austrocknungs- und Verlandungsgefahr und der lokal vorhandenen Prädatoren (Libellenlarven, Wildschweine) ebenfalls schlecht (Kategorie C). Der Verbund mit geeigneten Landlebensräumen, die sich ebenso wie potentiell

geeignete Laichgewässer im Umfeld der Gewässer in ausreichendem Umfang finden, fällt in die Kategorie B. Anzahl und Qualität der einzelnen Gewässer limitieren derzeit dagegen den potentiell möglichen Bestand. Entsprechend der eingeschränkten Habitatqualität ist die Lebensstätte aus den genannten Gründen stark beeinträchtigt und das lokale Extinktionsrisiko der Population hoch. Hinzu kommen weitere Gefahren im Falle der verstärkten Nutzung des seit längerem ungenutzten Waldweges im Rahmen der Waldbewirtschaftung.

In der integrierten Gesamtbewertung ist Erhaltungszustand der Gelbbauchunke (Bombina variegata) im FFH-Gebiet „durchschnittlich oder beschränkt“ (Kategorie C).

Tab. 47 Übersicht der Bewertung des Erhaltungszustandes der ermittelten Vorkommen der Gelbbauchunke (Bombina variegata) im FFH-Gebiet 6622-341 „Jagsttal bei Schöntal und Klosterwald“.

Bewertung Teilpopulation

Deponie Schönbüchle Neuhof - Salen 1. Habitatqualität

Laichgewässer C C

Landlebensräume C C

2. Zustand der Population C C

3. Beeinträchtigung C C

Gesamtbewertung C C