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Helium und Helium-Nanotr¨ opfchen

3 Helium-Nanotr¨ opfchen und Photoionisation

3.1 Helium und Helium-Nanotr¨ opfchen

1868 entdeckte der franz¨osische Astronom J. Janssen w¨ahrend einer Sonnenfinsternis eine gelbe Spektrallinie im von der Chromosph¨are der Sonne ausgesandten Lichts [Jan68].

Diese konnte keinem der bekannten Elemente zugeordnet werden, deutet also auf ein bis dahin unbekanntes hin. Etwas sp¨ater bekam es seinen Namen

”Helium“. Dieser setzt sich zusammen aus dem altgriechischen Wort

”h´elios“ f¨ur

”Sonne“ und der eigentlich

”falschen“

Endung

”-ium“, da das neue Element zun¨achst f¨ur ein Metall gehalten wurde. Erst 1882 konnte Helium auch auf der Erde nachgewiesen, 1895 isoliert werden.

1908 gelang H. Kamerlingh Onnes die Verfl¨ussigung des Gases bei 4,2 K [Onn08]. Er legte damit den Grundstein f¨ur die moderne Tieftemperaturphysik und entdeckte wenig sp¨ater die Supraleitung in Quecksilber und mit dem nach ihm benannten Onnes-Effekt einen durch die Suprafluidit¨at von Helium hervorgerufenes Ph¨anomen. Die Suprafluidit¨at selbst wurde dann 1938 von P. Kapitza, J. Allen und D. Misener entdeckt [Kap38, AM38].

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34 3. Helium-Nanotr¨opfchen und Photoionisation

Abb. 3.1: Phasendiagramm von 4He. Entnommen aus [Har97].

Helium besitzt zwei stabile Isotope, 3He und 4He mit atomaren Massen von 3,0160 bzw.

4,0026 u1 [AWT03]. Der Anteil des erstgenannten Isotops am nat¨urlichen Vorkommen ist vernachl¨assigbar, im Folgenden wird ausschließlich 4He betrachtet. Dieses entsteht auf nat¨urliche Weise durch radioaktive α-Zerf¨alle, bei denen Helium-Kerne bestehend aus je zwei Protonen und Neutronen frei werden. Diese ionisieren andere Atome und erlangen so zwei Elektronen und damit die Helium-Konfiguration 1s2. Das Gas ist nat¨urlicher Bestand-teil von Erdgas und kann durch starke Abk¨uhlung und damit Verfl¨ussigung aller anderen Anteile isoliert werden. Abbildung 3.1 zeigt das Phasendiagramm von 4He, welches sich stark von typischen Phasendiagrammen anderer Elemente unterscheidet.

Zun¨achst existiert kein Tripelpunkt, also keine Kombination aus Druck und Temperatur, an der die feste, die fl¨ussige und die gasf¨ormige Phase von 4He gleichzeitig existieren k¨onnen.4He wird unter Normaldruck auch bei T−→0 K nicht fest. Des Weiteren existiert neben der Helium-I genannten fl¨ussigen Phase eine zweite solche, diesuprafl¨ussige Phase Helium-II. Beide sind durch die sog.λ-Linie voneinander getrennt. Der ¨Ubergang zwischen diesen beiden Phasen ist ein sog. ¨Ubergang 2. Ordnung, d.h. der Ordnungsparameter des Systems, die Quadratwurzel des Verh¨altnisses aus suprafluider und normal-fluider Dichte,

¨

andert sich w¨ahrend des ¨Ubergangs stetig [Fli10]. Charakteristisch f¨ur suprafluide Fl¨ ussig-keiten ist das Verschwinden jeglicher innerer Reibung, wodurch K¨orpern eine vollst¨andig reibungsfreie Bewegungen durch die Fl¨ussigkeit erm¨oglicht wird.

Trotz zahlreicher Modelle ist die Eigenschaft der Suprafluidit¨at nach wie vor nicht kom-plett verstanden. Sie wird als makroskopischer quantenmechanischer Zustand, also in der

11 u = 1,66053872(83)·10−27kg (atomare Masseneinheit)

3.1. Helium und Helium-Nanotr¨opfchen 35

Abb. 3.2: Schema der Tr¨opfchenbildung durch ¨Uberschallexpansion im unterkriti-schen Bereich. i. Gas unter Stagnationsdruckp0, ii. Durchstr¨omen der gek¨uhlten D¨use, iii. Beginn der Kondensation, iv. abgeschlossene Tr¨opfchenbildung. Entnommen aus [B¨un06], bearbeitet.

Theorie der Bose-Einstein-Kondensation erkl¨art [Lon38]. Wichtig f¨ur diesen Mechanismus ist der durch den Kernspin vonI = 0 hervorgerufenen Bose-Charakter der4He-Atome. Mit diesem Ansatz gelingt zumindest eine qualitative Beschreibung der Suprafluidit¨at, quanti-tative Abweichungen k¨onnen den nichtverschwindenden atomaren Wechselwirkungen zwi-schen den Helium-Teilchen zugeschrieben werden, welche die Bose-Einstein-Kondensation zwar nicht vollst¨andig verhindern, jedoch einen starken Einfluss besitzen [Fey53].

Heliumatome gehen auf Grund der gef¨ullten Schalen keine chemische Bindung ein, sie sind chemisch inert. Trotzdem wechselwirken sie ¨uber Van-der-Waals-Kr¨afte und k¨onnen so auch Molek¨ule, wie etwa Helium-Dimere oder gr¨oßere Cluster bilden. Aufgrund der vergleichsweise sehr schwachen Wechselwirkung sind diese Verbindungen nur bei extrem tiefen Temperaturen stabil.

3.1.1 Erzeugung von Helium-Nanotr¨opfchen

Als Helium-Nanotr¨opfchen werden im Allgemeinen Helium-Cluster bestehend aus 1000 und mehr Atomen bezeichnet. Diese k¨onnen durch eine ¨Uberschallexpansion von gek¨ uhl-tem Helium-Gas ins Vakuum als Tr¨opfchenstrahl erzeugt werden. Abbildung 3.2 veran-schaulicht den Prozess.

Zu Beginn besitzen die Heliumatome gem¨aß der Temperatur des unter hohem Druck (Sta-gnationsdruck p0 ≈ 20−100 bar) stehende Gases eine ungerichtete mittlere Geschwin-digkeit. Durch die Expansion durch eine gek¨uhlte D¨use (Durchmesser d = 1−20µm, Temperatur T = 4−40 K) findet eine adiabatische, isentrope Entspannung des Gases statt, es handelt sich um einen reversiblen Prozess. Wenn der Durchmesser der gek¨uhlten D¨use sehr viel kleiner ist als die mittlere freie Wegl¨ange der Atome, finden w¨ahrend dem Expansionsprozess viele St¨oße statt. Die anfangs ungerichtete Bewegung der Teilchen wan-delt sich in eine stark gerichtete Bewegung w¨ahrend die Temperatur weiter sinkt. Wird eine hinreichend niedrige Temperatur noch w¨ahrend den Stoßprozessen erreicht, bilden

36 3. Helium-Nanotr¨opfchen und Photoionisation

(a) Mittlere Tr¨opfchengr¨oße in Abh¨angigkeit von Temperatur

(b) Verteilung der Tr¨opfchengr¨oßen f¨ur verschiedene D¨usentemperaturen f¨ur einen Druck von P0 =40bar [HTD98].

Abb. 3.3: Abh¨angigkeit der Tr¨opfchengr¨oße von Temperatur und Druck (D¨ usendurch-messer 5µm).

sich zun¨achst kleine Helium-Cluster die im weiteren Verlauf zu Nanotr¨opfchen anwachsen.

Dieser Prozess setzt sich fort bis die Dichte der Teilchen so weit abgenommen hat, dass keine St¨oße mehr stattfinden. Diese Art der Expansion, die Kondensation von Atomen zu Tr¨opfchen, wird als unterkritisch bezeichnet (Abbildung 3.3a) [BKN90].

Die mittlere Tr¨opfchengr¨oße ¯N h¨angt neben dem D¨usendurchmesser von der D¨ usentem-peratur und dem Stagnationsdruck ab und kann durch Variation dieser Parameter im Experiment eingestellt werden. Im unterkritischen Bereich l¨asst sich die Verteilung der Tr¨opfchengr¨oßen durch eine logarithmische Normalverteilung mit zwei freien Parametern δ undµ beschreiben:

Abbildung 3.3b Zeigt die Verteilung der Tr¨opfchengr¨oße f¨ur verschiedene Temperaturen bei konstantem Stagnationsdruck und D¨usendurchmesser. Die Breite der Verteilungen ∆N ist recht groß, sie entspricht etwa der mittleren Tr¨opfchengr¨oße [KH99].

Die Geschwindigkeit des erzeugten Tr¨opfchenstrahls liegt je nach mittleren Tr¨opfchengr¨oße im Bereich von 250−500 m/s und nimmt mit der D¨usentemperatur zu. Die Geschwindig-keitsverteilungen sind dabei sehr schmal, es gilt ∆v/¯v ≈ 0,005−0,02 wobei dieser Wert mit steigender mittlerer Tr¨opfchengr¨oße zunimmt [BKN90].

3.1. Helium und Helium-Nanotr¨opfchen 37 3.1.2 Eigenschaften der Tr¨opfchen

Die Heliumatome sind nur sehr schwach an die Tr¨opfchen gebunden. Die Bindungsenergie betr¨agt dabei 0,616 meV (entsprechend 4,97 cm−1) [ST87]. Durch Evaporation von Ato-men k¨uhlen die Tr¨opfchen nach ihrer Bildung schnell auf eine sehr niedrige Temperatur von 0,38±0,01 K ab [HHT97]. Mit jedem evaporierten Atom kann eine Energiemenge in H¨ohe der Bindungsenergie abgef¨uhrt werden. Bei dieser tiefen Temperatur ist bei makro-skopischen Mengen von Helium suprafluides Verhalten zu erwarten. Tats¨achlich l¨asst sich dieses auch bei den Tr¨opfchen feststellen [HMTV96].

Wie die Heliumatome selbst, sind die Tr¨opfchen nur mit sehr hochenergetischen Photonen von ¨uber 20 eV anzuregen oder zu ionisieren [JKM93]. F¨ur Infrarotstrahlung, sichtbares und UV-Licht, also den mit konventionellen Lasern abdeckbaren Spektralbereich, sind die Tr¨opfchen dagegen vollst¨andig transparent.

3.1.3 Dotierung von Helium-Nanotr¨opfchen

Durchquert ein Helium-Nanotr¨opfchen eine Ansammlung gasf¨ormiger Teilchen, sammelt es mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eines oder mehrere davon auf. Die Teilchen ge-ben bei diesem Prozess sowohl ihre kinetische als auch ihre innere Energie an das Tr¨ opf-chen ab. Zus¨atzlich wird durch die Bindung der Dotanten an das Tr¨opfchen entsprechend Bindungsenergie frei. Die gesamte Energie wird durch Evaporation einer entsprechenden Anzahl an Heliumatomen aus dem Tr¨opfchen abgef¨uhrt. Nach kurzer Zeit erreicht es wie-der seine niedrige Ausgangstemperatur, die Dotanten ihren Vibrations- und Rotations-Grundzustand. Die Energiemenge, die den Dotantenen insgesamt von einem Tr¨opfchen entzogen werden kann ist abh¨angig von der Gr¨oße der Tr¨opfchen. Ist die eingebrachte Energiemenge zu groß, verdampft es vollst¨andig.

Bei der Dotierung eines Tr¨opfchens mit mehreren Teilchen kommt es auf dem Tr¨opfchen zur Bildung von etwa Di- oder Trimeren oder auch gr¨oßeren Clustern. Durch die effiziente evaporative Abf¨uhrung der dabei frei werdenden Bindungsenergie k¨onnen auch extrem schwach gebundene Verbindungen im Tr¨opfchen stabil sein.

Die Dotierung der Tr¨opfchen ist ein statistischer Prozess. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Tr¨opfchen bei der Durchquerung einer Gaszelle k Teilchen aufsammelt, ist von der L¨ange L der Zelle, dem Einfangquerschnitt σ der Tr¨opfchen und der Teilchendichte n in der Gaszelle abh¨angig. F¨ur viele Dotanten gehorcht die Verteilung einer Poisson-Statistik:

Pk(k) = (Lnσ)k

k! exp (−Lnσ) . (3.2)

Dies ist jedoch nicht grunds¨atzlich so, insbesondere f¨ur Alkali-Atome weicht die tats¨ achli-che Verteilung stark davon ab [BS11].

Auch die Position innerhalb des Tr¨opfchen ist abh¨angig vom Dotanten. Entscheidend ist die St¨arke seiner Wechselwirkung mit den Heliumatomen verglichen mit deren Wechsel-wirkung untereinander. In den meisten F¨allen wird durch eine Anordnung m¨oglichst vieler

38 3. Helium-Nanotr¨opfchen und Photoionisation

Abb. 3.4: Alkali-Atome befinden sich auf der Oberfl¨ache der Tr¨opfchen. Berechnetes Dichteprofil eines mit einem Rubidiumatom dotierten 4He-Tr¨opfchens. Entnommen aus [BDH07], bearbeitet.

Heliumatome um den Dotanten mehr Bindungsenergie frei, als f¨ur die daf¨ur notwendige Separierung der Heliumatome ben¨otigt wird. Dementsprechend halten sich die meisten Dotanten innerhalb des Tr¨opfchens, in der N¨ahe des Zentrums auf. Bei einigen, wie et-wa den Alkali-Atomen und -Molek¨ulen ist die Situation jedoch eine andere. Sie bleiben in einer kleinen Einbuchtung auf der Oberfl¨ache der Tr¨opfchen sitzen (Abbildung 3.4) [B¨un06]. F¨ur das Gesamtsystem stellt in diesem speziellen Fall eine solche Anordnung den energetisch niedrigsten Zustand dar. Trotz der Bindung der Dotanten an die Tr¨opfchen ist die Wechselwirkung zwischen den Objekten verglichen etwa mit der Wechselwirkung zu Festk¨orper-Matrizen sehr gering. Dadurch bleiben typische Matrix-Effekte, die Verschie-bung und Verbreiterung der Linien relativ klein [GSS92]. Allerdings bilden auch hier die Alkali-Metale eine Ausnahme. Ihre Linien sind in den Tr¨opfchen stark verbreitert [BDH07].

Wegen der oft geringen Wechselwirkung, ihrer Transparenz und der F¨ahigkeit, die Dotan-ten auf sehr tiefe Temperaturen abzuk¨uhlen, stellen Helium-Nanotr¨opfchen oft eine ideale Matrix zur Spektroskopie der eingelagerten Dotanten dar.