• Keine Ergebnisse gefunden

Typengruppe 14: „Gefäße mit einer tiefen, feinen Einschnürung unter dem

5. D IE WEIBLICHEN B ESTATTUNGEN VON G EMEINLEBARN F

5.1 Die Gräber

5.1.1 Orientierung und Anlage der Gräber

Von den insgesamt 258 frühbronzezeitlichen Bestattungen des Gräberfeldes Gemeinlebarn F konnten lediglich 39 als anthropologisch eindeutig weibliche Bestattungen angesprochen und damit in die hier durchgeführten Untersuchungen einbezogen werden. Dabei dienten die von Heinrich und Teschler-Nicola erstellten Auswertungen als Grundlage für die eindeutige Bestimmung des Geschlechtes292.

Von den untersuchten 39 Grabgruben war die überwiegende Anzahl – nämlich 24 Grabgruben (61,5 %) – in Süd-Nord-Richtung orientiert293. Die übrigen 15 wurden geringfügig von dieser Ausrichtung abweichend angelegt. So wurden acht Grabgruben294 in SSW-NNO Richtung (20,5 %), vier295 nach SSO-NNW (10,2 %) sowie zwei

Grabgruben296 nach SW-NO (5,1 %) orientiert. Lediglich die Grabgrube Nr. 18 war in NW-SO-Richtung ausgerichtet.

Aus diesen Beobachtungen ergibt sich, dass die Ausrichtung der Grabgruben in Süd-Nord-Richtung als regelhaft für die Grabgruben der untersuchten weiblichen Bestattungen von Gemeinlebarn F297 anzusehen ist.

Wie auch im Falle des bereits untersuchten Gräberfeldes von Gemeinlebarn A

„respektieren“ sich die Gräber mit weiblichen Bestattungen von Gemeinlebarn F, d.h. es gibt keine Überschneidungen der Grabgruben. Die hier untersuchten Gräber mit

weiblichen Bestattungen sind zudem regellos über das gesamte Gräberfeld verteilt, was sich – wie bereits erwähnt – vor allem durch die Auswahl der untersuchten Bestattungen durch eine gesicherte anthropologische Bestimmung zurückführen lässt.

292 Heinrich/Teschler-Nicola, 1991, 222ff.

293 Gräber Nr.: 15, 17, 23, 35, 31, 43, 53, 56, 61, 71, 75, 88, 99, 121, 135, 152, 168, 169, 170, 184, 185, 187, 197, 230.

294 Gräber Nr.: 3, 12, 13, 64, 65, 163, 171, 207.

295 Gräber Nr.: 58, 154, 180, 191.

296 Gräber Nr.: 32, 56.

297 Neugebauer, 1991, 83.

In den 39 untersuchten Grabgruben mit weiblichen Bestattungen dieses Gräberfeldes befinden sich in keinem Fall Mehrfach- oder Nachbestattungen. Im Fall von Grab Nr. 17 befanden sich neben der Primärbestattung einer adulten Frau im Störungsschacht Skelettreste eines Kindes. Hier ist allerdings nicht von einer sekundären Bestattung auszugehen. Vielmehr könnten die Skelettreste des Kindes im Zuge der Störung des Grabes in den Störungsschacht gelangt sein, wenn eine gleichzeitige Öffnung mehrerer Grabgruben vorausgesetzt werden kann. Ein ähnlicher Befund zeigt sich zudem im Falle der Gräber Nr. 31 und 32.

5.1.2 Die Grabgruben

Die Form der Grabgruben mit eindeutig weiblichen Bestattungen bewegt sich zwischen ovalen oder rechteckigen Formen.

Dabei sind ovale Grabgruben mit 17 (43,5 %) und rechteckige mit 16 (41 %) Nachweisen nahezu in der gleichen Anzahl vertreten298. Bei sechs der untersuchten Grabgruben (15,3 %) war die Form der Grabgrube weder als oval noch als rechteckig zu bezeichnen (s. Diagramm 14).

Wie bereits oben angeführt (Kap. 4.1.1), ist die Form der Grabgrube zudem ausschlaggebend für die Errechnung des Volumens und damit gleichzeitig für den Arbeitsaufwand, der bei der Anlage eines Grabes geleistet wurde.

Für die im Folgenden gemachten Angaben zur jeweiligen Länge und Breite einer

Grabgrube wurden die Angaben von Neugebauer zum jeweils ersten Planum verwendet.

Die Länge der Grabgruben mit eindeutig weiblichen Bestattungen dieses Gräberfeldes variiert zwischen 1,38 m (Grab Nr. 18) und 3,05 m (Grab Nr. 184), wobei die

durchschnittliche Länge der Grabgrube bei den untersuchten 39 Bestattungen 1,97 m entspricht. Im Fall der Grablängen zeigt sich eine Dreiteilung. So weist der größte Anteil der Grabgruben eine Länge zwischen 1,65 m und 2,19 m auf. Lediglich eine kleine Anzahl der Gräber hat eine geringere Länge von 1,38 m bis 1,65 m. Etwas größer ist dagegen die Anzahl der Gräber mit einer Grabgrubenlänge zwischen 2,19 m und 3,05 m (s. Diagramm 10).

298 Oval/Gräber Nr.: 3, 13, 17, 18, 53, 56, 75, 121, 163, 168, 169, 170, 187, 191, 197, 207.

Rechteckig/Gräber Nr.: 12, 15, 23, 25, 31, 43, 57, 58, 65, 71, 88, 99, 135, 171, 184, 230.

Unbestimmt/Gräber Nr.: 32, 61, 64, 152, 180, 185.

Die Breite der Grabgruben schwankt bei den 39 untersuchten Bestattungen zwischen 0,53 m (Grab Nr. 3) und 1,85 m (Grab Nr. 65).

Die durchschnittliche Grabbreite beträgt hier 1,06 m. Auch in diesem Fall lässt sich eine Einteilung in drei Gruppen feststellen. Während die überwiegende Anzahl der Gräber eine Grabbreite zwischen 0,75 m und 1,41 m aufweist, haben nur wenige Gräber eine

geringere Breite, welche zwischen 0,53 m und 0,75 m oder eine größere Breite von 1,41 m bis 1,85 m (s. Diagramm 11) liegen kann.

Die Tiefe der Grabgruben mit eindeutig weiblichen Bestattungen liegt zwischen 0,63 m (Grab Nr. 18) und 1,46 m (Grab Nr. 170). Wie Diagramm 12 zeigt, weisen die meisten der hier untersuchten Grabgruben von Gemeinlebarn F eine Tiefe zwischen 0,91 m und 1,19 m auf. Bei einer kleineren Anzahl von Gräbern finden sich dagegen sowohl geringere (zwischen 0,63 m und 0,91 m) als auch deutlich größere Grabtiefen (zwischen 1,19 m und 1,46 m). Die durchschnittliche Grabtiefe der untersuchten Gräber beträgt dabei 1,04 m.

Damit ist die durchschnittliche Grabtiefe der zugrunde liegenden Grabgruben von Gemeinlebarn F deutlich geringer als etwa die errechnete durchschnittliche Grabgrubentiefe von Gemeinlebarn A, die bei 1,29 m liegt (s. Kap. 4.1.2).

Von den untersuchten 39 Grabgruben konnte in zwei Fällen (Grab Nr. 15 und Grab Nr. 17) das Volumen der Grabgrube nicht ermittelt werden, da Angaben zur Breite der Grabgrube fehlen (s. Diagramm 13). Das Volumen der übrigen 37 Grabgruben liegt zwischen 0,18 m³ (Grab Nr. 18) und 5,506 m³ (Grab Nr. 65). Dabei ergibt sich ein durchschnittliches Grabvolumen von 1,59 m³.

Oberirdische Kennzeichnungen der Gräber lassen sich in den meisten Fällen nicht mehr nachweisen. Neugebauer zieht aber in Betracht, dass eine solche oberirdische

Markierung unter Umständen vorhanden war299. Er unterscheidet dabei zwischen der Möglichkeit eines Erdaufwurfs oder einer Hügelaufschüttung über dem Grab und einer Markierung durch Steine oder Pfosten.

Markierungen der Gräber durch Hügel- oder Erdaufwürfe lassen sich nur schwer nachweisen, sind aber nach der Meinung von Neugebauer aufgrund der erwähnten Störung der Gräber im Fall des Gräberfeldes Gemeinlebarn F durchaus denkbar300. Markierungen in Form von Steinen oder Steinstelen sind bei den hier untersuchten Gräbern in keinem Fall nachgewiesen worden. Auch der Nachweis von Markierungen in

299 Neugebauer, 1991, 65.

300 Neugebauer, 1991, 64ff.

Form von Pfosten ist nicht eindeutig. Lediglich für zwei der untersuchten Gräber (Gräber Nr. 57 und 180) ließen sich Verfärbungen von Pfosten jeweils am Fußende der Grabgrube nachweisen301.

Für 25 der untersuchten weiblichen Bestattungen (64,1 %) konnten Reste eines

Holzsarges anhand von Verfärbungen und Moderspuren in der Grabgrube nachgewiesen werden. Dabei wurde zwischen kistenförmigen Särgen und Baumsärgen unterschieden302. Kistenförmige Särge sind mit 23 Nachweisen303 (58,9 %) dabei wesentlich häufiger

aufgefunden worden. Baumsärge sind lediglich bei den Gräbern Nr. 61 und 99 nachweisbar.

In elf Fällen konnte nicht eindeutig festgestellt werden, ob die aufgefundenen

Verfärbungen von einem Sarg stammen oder anderweitig interpretiert werden müssen304. Die Möglichkeit der Verwendung eines Sarges ist aber auch in diesen Fällen gegeben.

Bei lediglich drei Gräbern konnte kein Nachweis für das ursprüngliche Vorhandensein eines Sarges erbracht werden (Gräber Nr. 3, 23 und 207).

Es lässt sich somit festhalten, dass der Gebrauch von Särgen für das Gräberfeld F von Gemeinlebarn regelhaft ist305.

Die kistenförmigen Särge wiesen meist einen rechteckigen bis quadratischen Querschnitt auf306, und in 19 der 23 Fälle konnten die Maße (oder mindestens eine der Abmessungen des Sarges) festgestellt werden. Sie wiesen eine Breite von 0,42 m (Grab Nr. 171) bis 0,67 m (Grab Nr. 168) sowie eine Länge von 1,28 m (Grab Nr. 191) bis 1,90 m (Grab Nr. 184) auf. Im Fall von Grab Nr. 184 wurde an der Längswand des Sarges eine Art Vorsprung festgestellt, der als Haltegriff interpretiert wird307.

Die Ausmaße der in zwei Fällen vorkommenden Bestattung in Baumsärgen ließen sich nicht mehr ermitteln. Wie Neugebauer bereits festgestellt hat, sind die Baumsärge ausschließlich in der Südostzone des Gräberfeldes verwendet worden und daher als gruppenspezifisch zu betrachten308.

301 Neugebauer, 1991, 65.

302 Neugebauer, 1991, 71.

303 Gräber Nr.: 12, 23, 56, 57, 64, 65, 71, 88, 121, 135, 152, 163, 168, 169, 170, 171, 180, 184, 185, 187, 191, 197, 230.

304 Gräber Nr.: 13, 15, 17, 18, 25, 31, 32, 43, 58, 75, 154.

305 Neugebauer, 1991, 72.

306 Neugebauer, 1991, 72.

307 Neugebauer, 1991, 73.

308 Neugebauer, 1991, 73.

Ein Zusammenhang zwischen dem Alter der Bestatteten und der Größe des Sarges liegt nach Neugebauer logischerweise vor, da die Sarggröße der Körpergröße der bestatteten Person angepasst wurde309.

Darüber hinaus stellte er für alle Bestattungen des Gräberfeldes Gemeinelebarn F einen Zusammenhang zwischen der Verwendung eines Sarges und der Ausstattung des Grabes fest310. Aus seinen Beobachtungen schließt Neugebauer, dass bei „reicheren“

Bestattungen in fast allen Fällen ein Sarg verwendet wurde, bei „ärmeren“ und Kinderbestattungen dagegen eher nicht.

Weit seltener als Särge konnten Einbauten aus Stein in den der vorliegenden

Untersuchung zugrunde liegenden Gräbern beobachtet werden. In nur drei Fällen (Gräber Nr. 12, 13 und 64) wurden überhaupt Steine in der Grabgrube festgestellt. Bei Grab Nr. 64 handelt es sich um jeweils einen Bruchstein beim Schädel und bei den Füßen der

Bestattung. Sie werden als Keilsteine zur Befestigung des Sarges interpretiert311. Bei Grab Nr. 12 befanden sich im Beraubungstrichter einige Steine, vor allem

Sandsteinplatten312. Ebenso lagen bei Grab Nr. 13 einige größere Schottersteine am Rand des Störungstrichters.

Es bleibt festzuhalten, dass die Verwendung von Steineinbauten bei den untersuchten weiblichen Bestattungen in Gemeinlebarn F nicht als regelhaft anzusehen ist.

Neugebauer hat für seine Untersuchungen zum Zusammenhang zwischen dem

Sterbealter des jeweiligen Individuums und Größe der Grabgrube lediglich die Tiefe der Grabgruben berücksichtigt. Zudem wurden seiner Untersuchung alle weiblichen

Bestattungen – und somit folglich auch solche, die nicht eindeutig als weibliche Individuen anzusprechen sind – zugrunde gelegt313.

Zudem scheint der Vergleich der unterschiedlichen Volumina der Grabgruben sinnvoller, da diese Untersuchung durch die Einbeziehung von drei Faktoren (Länge, Breite, Tiefe der Grabgruben) und der sich daraus ergebenden Angabe des Volumens der

Grabgruben, im Gegensatz zu der Untersuchung von Neugebauer

(in der allein die Tiefe der Grabgruben berücksichtigt wurde) deutlichere Aussagen über die aufgewendete Arbeitszeit für die Aushebung der jeweiligen Grabgrube ermöglicht. Aus diesem Grund wird in Kapitel 5.1.5 der Zusammenhang zwischen dem Alter der

309 Neugebauer, 1991, 73.

310 Neugebauer, 1991, 75.

311 Neugebauer, 1991, 138.

312 Neugebauer, 1991, 138.

313 Neugebauer, 1991, 67ff.

Bestatteten und dem Volumen der Grabgruben von Gemeinlebarn F kurz untersucht werden.

5.1.3 Lage und Ausrichtung der Bestattungen

Die hier zugrundeliegenden 39 weiblichen Bestattungen sind unter Berücksichtigung geringer Abweichungen allesamt entlang der N-S Achse orientiert worden. Aufgrund der erfolgten Störungen und der damit verbundenen Verwerfung von teilweise mehreren Teilen des Skelettes bis hin zur Verwerfung des kompletten Skelettes lassen sich für 17 Bestattungen (43,5 %) keine Angaben über die ursprüngliche Haltung und Orientierung der Bestattung machen314.

In diesen genannten Fällen ist folglich ebenso unklar, ob es sich ursprünglich um eine Bestattung in rechter oder linker Hockerstellung handelte. Sieben der Bestattungen (17,9 %) wurden mit dem Kopf im Süden als rechte Hocker beigesetzt und folgen damit der von Neugebauer festgestellten regelhaften Bestattungsart für weibliche Individuen in Gemeinlebarn F.

Eine weitere Bestattung (Grab Nr. 61) wurde mit dem Kopf im Süden in Rückenlage aufgefunden. Auch in Grab Nr. 99 konnte eine Bestattung in Rückenlage in einem Baumsarg festgestellt werden, allerdings kann hier keine Aussage über die Orientierung der Bestattung getroffen werden315.

Im Fall von neun Gräbern (23 %) wurde die Bestattung lediglich grob in S-N Richtung orientiert: die Gräber Nr. 13, 64 und 65 in SSW-NNO; Gräber Nr. 154, 180 und 191 in SSO-NNW; Grab Nr. 18 in SO-NW; sowie Gräber Nr. 32 und 57 in SW-NO Richtung. Die in diesen neun Grabgruben aufgefundenen Individuen wurden allesamt als rechte Hocker bestattet.

In vier Fällen (10,25 %) wurde jedoch die Bestattung mit dem Kopf nach Norden oder zumindest in etwa in nördlicher Richtung ausgerichtet. In den Gräbern Nr. 56 und 207 war die Bestattung in N-S-Richtung, in Grab Nr. 3 in NNO-SSW-Richtung und in Grab Nr. 58 in NNW-SSO-Richtung orientiert worden. Mit Ausnahme der in Grab Nr. 3 befindlichen Bestattung eines linken Hockers waren diese entgegen der festgestellten Regelhaftigkeit orientierten Bestattungen dennoch in der für weibliche Bestattungen üblichen Lage als rechte Hocker beigesetzt worden. Die genaue Datierung dieser vier Gräber ist schwierig, da in den Gräbern Nr. 58 und 207 lediglich Keramikreste, in Grab Nr. 3 keinerlei Beigaben

314 Gräber Nr.: 12, 15, 17, 25, 31, 43, 53, 71, 75, 88, 152, 163, 170, 171, 185, 187, 197.

315 Neugebauer, 1991, 158f.

festgestellt werden konnten. Das in Grab Nr. 56 als einzige Beigabe aufgefundene Blechband datiert diese Bestattung in die Stufe Gemeinlebarn III/Langquaid316. Neugebauer führte diese von der Regel abweichenden Bestattungen von weiblichen Individuen auf eine „geänderte (männliche) soziale Position und vielleicht auch Rechtsstellung“ zurück317.

Neben der bereits oben erwähnten Unterscheidung zwischen rechten und linken Hockern kann in einigen Fällen zudem die Haltung der Bestattung (locker, mäßig oder extrem) in die Untersuchung mit einfließen. So lassen sich bei den eindeutig weiblichen

Bestattungen in lediglich drei Fällen (7,6 %) extreme Hocker nachweisen318. Von diesen dreien waren wiederum zwei Bestattungen, nämlich die aus Grab Nr. 3 und Grab Nr. 207, entgegen der Regelhaftigkeit in N-S bzw. NNO-SSW-Richtung orientiert und die

Bestattung aus Grab Nr. 3 war zudem als linker Hocker bestattet worden.

Als lockere Hocker konnten die Bestattungen aus elf (28,2 %) Gräbern identifiziert werden319.

Bei den übrigen 25 Bestattungen (64,2 %) konnten keine Angaben gemacht werden, um welchen Typ eines Hockers es sich handelte bzw. in welcher Haltung die Arme und Beine des bestatteten Individuums sich ursprünglich befanden.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die untersuchten weiblichen

Individuen des Gräberfeldes von Gemeinlebarn F vorwiegend als rechte Hocker mit dem Kopf im Süden (folglich mit Blickrichtung nach Osten) bestattet wurden und somit der Bestattungssitte des „Glockenbechertypus“ entsprechen320

316 Neugebauer, 1991, 38.

317 Neugebauer, 1991, 86.

318 Gräber Nr.: 3, 13, 207.

319 Gräber Nr.: 23, 32, 56, 58, 64, 65, 121, 135, 154, 180, 184.

320 Neugebauer, 1991, 84.

5.1.4 Beraubung

Für das Gräberfeld F von Gemeinlebarn unterscheidet Neugebauer den Grad der Störungen in verschiedene Stufen321.

Im Gegensatz zu Bertemes, der für Gemeinlebarn A drei Beraubungskategorien (0-2) verwendete, unterscheidet Neugebauer den Grad der Störung und der damit

verbundenen Entnahme von Beigaben detaillierter und erarbeitete aus diesem Grund fünf sogenannte „Beraubungskategorien (BK)“.

Wie bei den meisten Gräberfeldern, lässt sich auch im Fall von Gemeinlebarn F die Störung einer Bestattung in der überwiegenden Anzahl der Fälle durch die gezielte Beobachtung des Auftretens von Störungstrichtern oder –schächten im Zuge der

Aufdeckung der Grabungsfläche feststellen. Meist wird eine vorliegende Störung bereits bei der Anlage des ersten Planums bemerkt, da diese sich durch eine dunkler gefärbte Zone von der eigentlichen Grabfüllerde unterscheiden lässt. Die dunklere Verfärbung verrät eine sekundäre Öffnung des Grabes, die für die Störung des Grabes und der Bestattung erfolgen musste322.

Bei Neugebauer stellt Kategorie (oder Grad) 1 die ungestörten Gräber, Kategorie 2 die nur gering gestörten Gräber dar. In Kategorie 3 entfallen die teilweise gestörten, in Kategorie 4 die stark gestörten Gräber bzw. Gräber mit verworfenen Bestattungen.

Im Fall der Kategorie 3 (teilweise gestörte Gräber) kann beobachtet werden, dass mitunter gezielt der Oberkörperbereich der Bestattung gestört wurde (hier z.B. Gräber Nr. 56, 121). Dies könnte darauf hinweisen, dass die Störung durchgeführt wurde, um die im Bereich des Oberkörpers häufiger anzutreffenden und wertvolleren Beigaben (vor allem aus Bronze) entnehmen zu können. Und schließlich bilden die Gräber, bei denen die Bestattung völlig entfernt wurde, die Kategorie 5323.

Zudem unterscheidet Neugebauer zusätzlich zwischen den unterschiedlichen (Verwesungs-)Zuständen, in denen sich die Bestattung zum Zeitpunkt der Störung befand.

Dabei unterscheidet er zwischen 1 = völlige Skelettierung (Dislozierungen einzelner Knochen sind erst in diesem Zustand möglich), 2 = Teilverband (die Sehnen, Bänder und Gelenke sind noch nicht verwest und halten deshalb die Knochen noch zusammen) und 3

321 Neugebauer, 1991, 116.

322 Neugebauer, 1991, 113.

323 Neugebauer, 1991, 116, 121, Abb. 32.

= Verband (die Verwesung ist nicht weit fortgeschritten, Weichteile sind erhalten, im Fall einer Verlagerung der Bestattung können die Körperteile nicht voneinander abfallen)324. Aus diesen Beobachtungen ergibt sich für die hier zugrunde liegenden 39 eindeutig weiblichen Bestattungen die Verteilung wie in Diagramm 15 ersichtlich.

Von den 39 Gräbern mit eindeutig weiblichen Bestattungen dieses Gräberfeldes konnte zudem bei 33 Gräbern (84,6 %) festgestellt werden, dass sich die Bestattung zum Zeitpunkt der Störung in bereits skelettiertem Zustand befand325. Bei zwei weiteren

Gräbern (Gräber Nr. 32, 191) kann dies nicht mit Sicherheit festgestellt werden, allerdings ist dies als wahrscheinlich anzunehmen.

Damit stellt diese Gruppe die Hauptmasse dar, was durchaus den Feststellungen von Neugebauer bezüglich des gesamten Gräberfeldes F von Gemeinlebarn entspricht326. Dagegen konnte in nur vier Fällen (Gräber Nr. 12, 23, 135, 180) nicht mehr festgestellt werden, in welchem Zustand die Bestattung gestört worden war.

Es bleibt also festzuhalten, dass bei den eindeutig weiblichen Bestattungen von Gemeinlebarn F die überwiegende Anzahl der Gräber teilweise oder stark gestört (Kategorie 3 und Kategorie 4), wohingegen nur wenige leicht oder gänzlich ungestört waren (Kategorie 1 und Kategorie 2). In nur einem Fall wurde die Bestattung komplett entfernt, was durch den Fund von Skeletteilen im Beraubungstrichter belegt werden kann (Grab Nr. 12).

Des Weiteren wurden die meisten der untersuchten Gräber gestört, als sich die Bestattung bereits in skelettiertem Zustand befand. Daraus lässt sich folgern, dass die Störung und die damit einhergehende Entnahme von Beigaben erst längere Zeit nach der Beisetzung stattgefunden haben muss.

Neugebauer gibt für Bestattungen von Gemeinlebarn F einen Zeitraum von 6 – 10 Jahren für die völlige Skelettierung an327. Jedoch bedeutet dies nicht, dass die Störung der Bestattungen unmittelbar nach deren Skelettierung erfolgt sein muss. Es ist durchaus möglich, dass die Störung erst mehrere Jahre (oder gar Jahrzehnte) nach dem völligen Vergehen der Weichteile, Sehnen und Bänder erfolgt ist.

324 Neugebauer, 1991, 115 f., Abb. 29.

325 Neugebauer, 1991, 155.

Gräber Nr.: 3,13, 15, 17, 18, 25, 31, 43, 53, 56, 57, 58, 61, 64, 65, 71, 75, 88, 121, 152, 154, 163,168, 169, 170, 171, 184, 185, 187, 207, 230.

326 Neugebauer, 1991, 116.

327 Neugebauer, 1991, 115.

Wie bereits für das Gräberfeld Gemeinlebarn A wird im Folgenden auch für

Gemeinlebarn F der Zusammenhang zwischen dem Grad der Störung (BK 1-5) und der Größe der Grabgrube untersucht. Dabei werden auch hier die bereits für Gemeinlebarn A angewendeten Größenkategorien (klein = unter 1,8 m³, mittel = 1,8 bis 6 m³, groß = über 6 m³) für das Volumen der Grabgruben zugrunde gelegt.

Wie auf Diagramm 18 zu erkennen ist, weisen die sieben Gräber der

Beraubungskategorien 1 und 2 (ungestörte und gering gestörte Gräber) ein Grabvolumen von unter 1,8 m³ auf. Von den sechzehn Gräbern der BK 3 entfallen elf (68,7 %) auf die kleinen Grabgruben von unter 1,8 m³ und fünf (31,3 %) auf die mittleren Grabgruben. Bei den 15 Grabgruben der BK 4 zeigt sich eine ähnliche Verteilung, so entfallen hier acht Gräber (53,3 %) auf die kleinen Grabgruben und fünf (33,3 %) auf die mittleren

Grabgruben. Bei zwei Grabgruben deren Bestattungen in die BK 4 gehören, kann das Volumen nicht ermittelt werden (13,4 %). Die einzige Bestattung der BK 5 gehört mit einem Grabgrubenvolumen von 3,675 m³ in die Gruppe der mittleren Grabgruben.

Es bleibt also festzuhalten, dass – ähnlich wie in Gemeinlebarn A – auch in Gemeinlebarn F die ungestörten und wenig gestörten Gräber zu jenen mit geringem Grabvolumen gehören. Dagegen gehört jeweils ein Drittel der Gräber der BK 3 und 4 zu den Gräbern von mittlerem Volumen. Grabgruben mit einem Volumen von über 6 m³ kommen bei den eindeutig weiblichen Bestattungen von Gemeinlebarn F nicht vor.

Es wurden also auch bei den untersuchten weiblichen Bestattungen von Gemeinlebarn F bevorzugt die Gräber mit einem Volumen zwischen 1,8 und 6 m³ gestört.

5.1.5 Altersstruktur

Die Einteilung der Altersklassen für die weiblichen Individuen dieses Gräberfeldes beruht auf den Untersuchungen und Klassifizierungen von Heinrich und Teschler-Nicola328.

Heinrich und Teschler-Nicola erstellten unter dem Vorbehalt, dass Nachweise für den Anteil der verstorbenen Säuglinge eventuell fehlen könnten, eine Bevölkerungspyramide für Gemeinlebarn F. Da in dieser Untersuchung sowohl weibliche als auch männliche Individuen berücksichtigt wurden, sollen die Ergebnisse hier zunächst nur auf die weiblichen Bestattungen beschränkt betrachtet werden329.

Auch bei den hier untersuchten 39 Individuen zeigt sich, dass keine eindeutigen Nachweise für weibliche Individuen der Altersstufen Infans I und Infans II möglich sind.

Dies kann vor allem darauf zurückgeführt werden, dass der Nachweis von im Kindesalter verstorbenen Individuen aufgrund der Vergänglichkeit des Knochenmaterials und der nicht immer eindeutigen Zuordnung von kindlichen Skelettresten zu einem Geschlecht schwierig bzw. als nahezu unmöglich angesehen werden muss.

So gehört die jüngste der hier bearbeiteten 39 eindeutig weiblichen Bestattungen der Altersstufe Infans II-Juvenil an (Grab Nr. 32).

Die übrigen untersuchten weiblichen Individuen lassen sich wie in Diagramm 16 ersichtlich den Altersklassen zuordnen.

Es ist deutlich erkennbar, dass die Altersklasse der Adulten am stärksten repräsentiert ist, nur wenige Kinder und Jugendliche sowie mature bis senile Individuen wurden

aufgefunden. Auf die Gründe für die zahlenmäßig geringe Repräsentanz von Kindern wurde in diesem Kapitel bereits eingegangen (s.o.).

Dass nur wenige der weiblichen Individuen das mature oder senile Alter (40 bis x Jahre) erreichten, lässt sich vor allem darauf zurückführen, dass viele der Frauen bereits im jüngeren Alter (als Juvenile oder Adulte) im Kindbett versterben konnten330.

Im Folgenden werden auch für die eindeutig weiblichen Bestattungen von Gemeinlebarn F Untersuchungen zum Zusammenhang zwischen dem Alter der Bestatteten und der Größe der Grabgrube angestellt. Auch in diesem Fall wurden die

328 Heinrich/Teschler-Nicola, 1991, 229.

329 Heinrich/Teschler-Nicola, 1991, 233ff.

330 auch: Heinrich/Teschler-Nicola, 1991, 231.

bereits oben (Kap. 4.1.4 und 4.1.5) erwähnten Klassifizierungen von Sprenger für Franzhausen I für kleine, mittlere und große Grabgruben auf die eindeutig weiblichen Bestattungen von Gemeinlebarn F angewendet.

Diagramm 17 zeigt, dass alle Bestattungen der Altersklassen Infans II-Juvenil und Juvenil ausschließlich in kleinen Grabgruben bis 1,8 m³ aufgefunden wurden. Dabei ist zu

beachten, dass aus diesen Altersstufen insgesamt nur drei Individuen zu den eindeutig weiblichen Bestattungen zählen, für eine belastbare und aussagekräftige statistische Auswertung somit eine zu geringe Anzahl zur Verfügung steht. Ein Drittel der

Bestattungen der Altersstufe Juvenil-Adult wurden ebenfalls in kleinen Grabgruben bestattet, die übrigen zwei Drittel in Grabgruben mit mittlerem Volumen. Auch für diese Altersstufe ist zu beachten, dass lediglich drei Individuen für die Auswertung zur Verfügung stehen.

Von den 23 adulten, eindeutig weiblichen Individuen waren mehr als die Hälfte (56,5 %) in kleinen Grabgruben, 34,8 % in mittleren Grabgruben bestattet worden, und bei zwei Bestattungen dieser Altersstufe konnte das Volumen nicht berechnet werden (8,7 %). Die Individuen der Altersstufen matur, matur-senil und senil wurden ebenfalls nur in kleinen Grabgruben bestattet, das einzige adult-mature Individuum dagegen befand sich in einer Grabgrube von mittlerer Größe.

Es bleibt also festzuhalten, dass keine der eindeutig weiblichen Bestattungen von Gemeinlebarn F in einer Grabgrube mit einem Volumen von mehr 6 m³ bestattet wurde.

Die geringe Anzahl der zur Verfügung stehenden, eindeutig weiblichen Bestattungen lässt keinen Zusammenhang zwischen dem Alter und der Größe der Grabgrube erkennen. Die Bestattung von Kindern und Jugendlichen in kleinen Grabgruben lässt sich zudem

möglicherweise auf ihre geringere Körpergröße zurückführen.