• Keine Ergebnisse gefunden

II. Die moderne Gesellschaft

2. Globalisierung

Auch der Begriff der Globalisierung, der aus der mie stammt, wird zurzeit nicht nur im Bereich der Ökono-mie, sondern in fast allen Disziplinen, etwa der Poli-tikwissenschaft, der Soziologie und auch in der Rechts-wissenschaft lebhaft diskutiert. Globalisierung lässt sich nach ihren vier Hauptdimensionen entfalten, so dass man von einer ökonomischen, einer politischen, einer kulturellen und einer ökologischen Globalisierung spre-chen kann.10 Hinzu treten drei Nebendimensionen, die in-formationelle, die arbeitsorganisatorische und die zi-vilgesellschaftliche Globalisierung.

Die Diskussion um die Globalisierung wurde von der ra-santen Entwicklung der grenzüberschreitenden Wirtschaft und Technik angestoßen, vor allem der Kommunikations-technologie. Trotz der lebhaften Diskussion ist aller-dings bisher unklar, was „Globalisierung“ genau meint.11

9. Hiller, Zeitkonflikt, 1993, S. 165. Vgl. ferner ders., in:

Bora (Hrsg.), 1999, S. 29 ff.

10.Bonß, in: Voigt (Hrsg.), 1999/2000, S. 46. Ähnlich Beck, Globalisierung, 1998, S. 26.

11.Diesbezüglich gibt es eine Auseinandersetzung über den Un-terschied zwischen Globalisierung und Internationalisie-rung, Universalisierung und Weltgesellschaft, und auch den zwischen Globalisierung und Globalität. Vgl. zum Unter-schied zwischen Globalisierung und Globalität, Beck, ebd., S. 27 ff. Und zwar wird Globalität eine wahrgenommene, re-flexive Weltgesellschaft im Sinne der nicht geschlossener Räume definiert (ders., ebd., S. 28). Dagegen bedeutet Glo-balisierung den Prozess des Schaffens von transnationale soziale Bindungen und Räume (ders., ebd., S. 30); vgl. zum

Als ein Hauptkennzeichen der Globalisierung betrachtet man üblicherweise die „Denationalisierung“ der Einzel-staaten über Raum und Zeit hinweg.12 Aber diese „Denatio-nalisierung“ bedeutet häufig keine Verneinung lokaler Nationalismen, sondern bewirkt im Gegenteil die Verstär-kung nationalistischer oder besser: patriotischer Emp-findungen.13 Überall wird versucht, lokale Autonomie und regionale kulturelle Identitäten zu erhalten. Der Be-griff der „Denationalisierung“ stammt ebenfalls von Beck.14 Er bestimmt sie als „Weltgesellschaft, die durch Vielheit und Nicht-Integriertheit aufgewiesen wird, ohne Weltstaat und ohne Weltregierung.“15 In diesem Zusammen-hang deutet er an, dass im Zeitalter der Globalisierung ein neuer Konflikt „zwischen nationaler Souveränität und transnationaler Kooperation“ auftauchen wird.16 Für Beck

Unterschied zwischen Internationalisierung und Globalisie-rung am Beispiel der Wirtschaft, Beck, in: Beck (Hrsg.), 1998, S. 20 ff. Hierbei „meint Internationalisierung, die zunehmenden Wirtschaftsverflechtungen konzentrieren sich auf die großen kontinentalen Wirtschaftsblöcke. Dies ist nicht globale, sondern blockgebundene, innerkontinentale Intensivierung der Wirtschaftsverflechtung.“; vgl. zur Weltgesellschaft auch Tudyka, Politische Vierteljahres-schrift 30. Jg. (1989), S. 503-508.

12.Giddens, Konsequenzen, 1997, S. 84 ff.

13.Dementsprechend sei „der Nationalstaat »zu klein geworden für die großen Probleme des Lebens und zu groß für die kleinen Probleme des Lebens.«, so Giddens, ebd., S. 86, der dabei Daniel Bell zitiert.

14.Für Beck wird Globalisierung als „Denationalisierung zum Transnationalstaat“ definiert. Dazu Beck, a.a.O. (Fn. 10), S. 34; ders., in: Beck (Hrsg.), 1998, S. 26. Ähnlich Zürn, in: Loch/Heitmeyer (Hrsg.), 2001, S. 112. Hierbei hat Zürn die Globalisierung als gesellschaftliche Denationalisierung angesehen. Ferner bezeichnet er die Denationalisierung als eine Variable, „die je nach betrachtetem Sachbereich und je nach betrachtetem Land unterschiedliche Werte annehmen kann.“ Durch diese Denationalisierung wird die Kongruenz von politischen und sozialen Räumen aufgelöst.

15.Beck, a.a.O. (Fn. 10), S. 31 f.

16.Beck, a.a.O. (Fn. 10), S. 26 f.

bedeutet die Globalisierung ein entscheidendes Moment für die Herausbildung einer „Weltrisikogesellschaft“, die gerade in ökologischer Hinsicht immer weniger natio-nal begrenzte, sondern „Weltrisiken“ produziert.17

Die „Globalisierung“ wird von Beck auch als die „Zweite Moderne“ verstanden: Die „Erste Moderne“ war noch auf die nationalstaatliche Gesellschaft gegründet. Erst die

„Zweite Moderne“, die Globalisierung, beruht auf der transnationalen Weltgesellschaft. 18 Hierbei erwartet Beck, „dass zentrale Kriegsursachen der Ersten Moderne in der konfliktvollen Vielfalt der Zweiten Moderne ero-dieren.“19 Aber der Grund dafür liege nicht nur in Frie-densverträgen, sondern in einer Transformation der

»Egoismen« der Staaten im Prozess der Globalisierung.

Globalisierung meint, wie die Wortendung „-isierung“

schon andeutet, keinen bestimmten Endzustand, sondern einen Prozess.20 Deshalb kann man die Globalisierung als ein prozesshaftes Geschehen bezeichnen. Nach Beck liegt die Besonderheit des Globalisierungsprozesses „in der empirisch zu ermittelnden Ausdehnung, Dichte und Stabi-lität wechselseitiger regional-globaler

17.Vgl. Bonß, a.a.O. (Fn. 10), S. 54. unter Verweis auf Beck.

18.Demgegenüber wird die Globalisierung auch als ein Merkmal der Postmodernität bezeichnet, Röhl/Magen, Zeitschrift für Rechtssoziologie 17 (1996), S. 41 f.

19.Beck, a.a.O. (Fn. 10), S. 28.

20.Ähnlich dazu Beck, a.a.O. (Fn. 10), S. 28 ff.; auch Perra-ton/Goldblatt/Held/McGrew, in: Beck (Hrsg.), 1998, S. 136 f. Hier wird Globalisierung so definiert, dass „sie keine einzigartige Situation, keinen linearen Prozess und keinen Endpunkt gesellschaftlicher Veränderungen“ kennt; vgl. auch Bonß, a.a.O. (Fn. 10), S. 40. Im Hinblick auf den prozes-sualen Charakter der Globalisierung hat Bonß darauf auf-merksam gemacht, dass „sie weder eine Differenzierung zwi-schen Globalisierung und Universalisierung erlaubt, noch gibt sie Hinweise auf Globalisierung als soziales Phäno-men.“

werke und ihrer massenmedialen Selbstdefinition sowie sozialer Räume und jener Bilder-Ströme auf kultureller, politischer, wirtschaftlicher, militärischer und ökono-mischer Ebene.“21 Schon Anfang der 70er Jahre hatte Luh-mann aufgrund der Möglichkeit weltweiter Verflechtungen infolge des Fortschritts der Informations- und Kommuni-kationstechnologien eine reale Einheit des Welthorizon-tes postuliert.22

„Risikogesellschaft“ und „Globalisierung“ bezeichnen al-so keine zeitlich aufeinanderfolgenden Zustände der Ge-sellschaft. Beide betreffen die Gegenwart. Des weiteren kann man auch in der globalisierten Gesellschaft die Be-sonderheiten der Risikogesellschaft beobachten. Es exi-stieren also gemeinsame Elemente zwischen der Risikoge-sellschaft und der Globalisierung. Ein solches gemeinsa-mes Element ist die „hergestellte Unsicherheit“. Im Zuge der Globalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft wird auch das Risiko globalisiert.23 In zunehmendem Maße tau-chen grenzüberschreitende Großrisiken auf, auf die auch das Recht eine angemessene Antwort finden muss. Zunächst bedarf es allerdings eines hinlänglich klaren Begriffes von „Risiko“.24

21.Beck, a.a.O. (Fn. 10), S. 31.

22.Luhmann, ARSP 1971, S. 8 f.

23.Vgl. dazu Giddens, Jenseits, 1997, S. 141.

24.Auf die soziologische Sicht der modernen Gesellschaft dür-fen wir nicht des näheren eingehen.