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Gesteigerte Spiritualität

Geistiges Wachstum ist der einzige Grund unseres irdischen Daseins.

Elisabeth Kübler-Ross

Viele RückkehrerInnen erleben nach einer NTE ein tiefes Gefühl, dass sie als neue Person zurückgekehrt sind und ihr „altes“ Ich im Jenseits zurückgelassen haben. Es wird auch als Tod und Wiedergeburt im spirituellen Sinn beschrieben.

Das heißt, diese Menschen schätzen ihr „neues“ Leben sehr und sehen ihre neue Aufgabe darin, ihrer spirituellen Berufung zu folgen (vgl. van Lommel 2010, S.

85).

Das Ergebnis nach einer NTE ist bei vielen Menschen oft die geistige Umorientierung. Diese Umorientierung hat Kenneth Ring als „universale

Veränderungen nach einer NTE

spirituelle Orientierung“ definiert und daraus sieben Elemente geschlossen, die hierfür wesentlich sind:

1. Die Tendenz, sich selbst eher als „spirituell“ denn direkt „religiös“ zu bezeichnen.

2. Das Gefühl, Gott nahe zu sein.

3. Die nachlassende Bedeutung formeller Aspekte des religiösen Lebens.

4. Die Überzeugung, daß es ein Leben nach dem Tod gibt, unabhängig vom jeweiligen Glauben.

5. Eine gewisse Aufgeschlossenheit gegenüber der Lehre von der Reinkarnation sowie eine allgemeine Sympathie für östliche Religionen überhaupt.

6. Der Glaube an die essentielle Einheit aller Religionen.

7. Der Wunsch nach einer für alle Menschen annehmbaren einzigen, universalen Religion. (Ring 1985, S. 142)

In den nachfolgenden sieben Punkten versucht die Autorin diese Elemente mittels Berichten von Menschen nach einer NTE zu erklären.

Zu 1:

Eher spirituell als religiös sein.

Was bedeutet es, eher spirituell, aber nicht religiös zu sein?

Hierbei handelt es sich eher um ein Unbehagen hinsichtlich der formellen Richtlinien der Kirche. Im Prinzip handelt es sich darum, dass alle Erfahrungen mit Gott einhergehen oder besser gesagt mit einer Erfahrung spiritueller Art (vgl.

Ring 1985, S. 144f.).

Um den Begriff „eher spirituell“ in Worte zu fassen, ein wörtliches Zitat einer Frau:

„Vielleicht ist es an dieser Stelle wichtig zu erwähnen, daß ich schon als junges Mädchen aufgehört habe, regelmäßig in die Kirche zu gehen, weil ich mich einfach nicht eins fühlte mit dem, was die Baptistenkirche predigte. Ich fühlte mich nicht uneins mit Gott, nur mit der Interpretation der Würdeträger…Ich habe

Veränderungen nach einer NTE

mich auch nie überwinden können, viel in der Bibel zu lesen. Bis vor kurzem hatte ich meist schon nach kurzer Zeit genug…Was da stand, war für mich persönlich einfach ohne Bedeutung…Aber in einem Ihrer Fallbeispiele (in Life at Death) hat es jemand schön ausgedrückt: Daß man die Rituale und Fallen der Religion nicht mehr benötigt. Man braucht sie einfach nicht mehr. Ich habe, so lange ich mich erinnern kann, ähnlich gefühlt, aber seit meiner Erfahrung noch stärker.“ (Ring 1985, S. 145)

Zu 2:

Innere Nähe zu Gott.

Damit ist gemeint, dass viele RückkehrerInnen das Gefühl verspüren, die Gegenwart Gottes viel intensiver wahrzunehmen (vgl. Ring 1985, S. 145).

„Jetzt stelle ich mir Gott als eine ungeheure Energiequelle vor, als innersten Kern von etwas Ungeheurem, und daß wir alle nur einzelne, voneinander getrennte Atome dieses Kerns sind. Ich glaube, daß Gott in jedem von uns ist; wir sind Gott…“ (Ring 1985, S. 146)

Zu 3:

Nachlassendes Interesse an traditionellen Religionen

Damit meint man, das Menschen nach einer NTE eine tiefe Hingabe zu Gott spüren und ein gesteigertes spirituelles Bewusstsein erleben, aber mit der Institution Kirche und Religion kaum mehr etwas zu tun haben wollen (Ring 1985, S. 150).

Als Erklärung ein Beispiel einer Frau:

„…Ich war nie eine begeisterte Kirchengängerin. Das bin ich noch immer nicht.

Aber ich weiß…daß es einen Gott gibt…Ich bin jetzt viel religiöser, als ich vorher war, aber ich glaube nicht an die festgeschriebenen Lehren der Kirche…Daher habe ich meinen eigenen Glauben.“ (Ring 1985, S. 149)

Veränderungen nach einer NTE

Zu 4:

Leben nach dem Tod, unabhängig vom jeweiligen Glauben

Menschen die eine NTE erlebt haben, gelangen meist zu der festen Überzeugung, dass es ein Leben nach dem Tod gibt (vgl. Ring 1985, S. 150).

Ein Beispiel hierzu:

„Ich weiß, daß es ein Leben nach dem Tod gibt! Niemand kann meinen Glauben daran erschüttern. Darüber besteht nicht der geringste Zweifel – es herrscht Friede, und man braucht sich vor nichts zu fürchten. Ich weiß nicht, was nach dem kommt, was ich erlebt habe, aber das genügt mir vollkommen…“ (Ring 1985, S. 150f.)

Zu 5:

Aufgeschlossenheit gegenüber der Lehre von der Reinkarnation und gegenüber östlichen Religionen.

Erwähnenswert ist aber auch, dass es eine Reihe von Menschen nach einer NTE gibt, die nicht an Wiedergeburt glauben. Hervorzuheben ist jedoch, dass der Glaube an die Reinkarnation meist mit den Glauben an östliche Religionen im Zusammenhang steht (vgl. Ring 1985, S. 153ff.).

Zu 6 und 7:

Die essentielle Einheit aller Religionen und die Suche nach einer einzigen, universalen Religion.

Prof. Kenneth Ring beschreibt diesen Punkt wie folgt:

„Östliche Religionen sind bekannt für ihre Aufgeschlossenheit und Toleranz gegenüber den verschiedenen Formen des religiösen Ausdrucks sowie für ihre Fähigkeit, das Wesen anderer religiöser Traditionen in ihren eigenen Rahmen einzubeziehen. Und es ist genau diese ökumenische Orientierung, die der spirituelle Perspektive von Menschen mit Nah- Todeserfahrung entspricht.“ (Ring 1985, S. 155f.)

Veränderungen nach einer NTE

Zusammenfassend kann gesehen werden, dass jede kleinste Veränderung nach einer NTE ein kleiner Teil des spirituellen Ganzen ist. Die Spiritualität ist der Mittelpunkt, von dem alles ausgeht (vgl. Ring 1985, S. 157).

Laut Moody kommen Nahtoderfahrungen bei nichtgläubigen Menschen ebenso häufig vor wie bei gläubigen Menschen. Das Interessante dabei ist, dass sich alle Menschen nach einer Nahtoderfahrung gleich verhalten. Personen, die zuvor nicht praktizierende Gläubige waren, äußerten nach einem Erlebnis, sie glaubten an Gott und hielten das Spirituelle in Ehren.

Beide Gruppen zeigen eine Wertschätzung des Religiösen, wobei sich die Religion auf die Fähigkeit zu lieben bezieht und nicht auf die Konfession oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe (vgl. Moody 2010, S. 86f.).