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Gestaltung der Fassaden

4.1 Straßenfassaden

4.1.1  Die Via dell’Abbondanza: Casa di Trebius Valens (III 2, 1) (Plan 1)

4.1.1.2  Gestaltung der Fassaden

Die Fassade von III 2, 1 war horizontal in zwei Zonen unterteilt. Der untere Bereich war schwarz gehalten und optisch durch weiße Linien und rote Streifen in eine Sockel-zone und darüber stehende Orthostaten unterteilt. Der obere Bereich der Fassade ab einer Höhe von ca. 2 m hingegen war mit beigefarbenem Putz bedeckt.585 In einer Höhe von ca. 4,3 m waren zur Zeit der Ausgrabung die Balkenlöcher eines Schutzdaches erhalten, welches den Bürgersteig und die Fassade in der gesamten Breite des Hauses überspannte.586

Die östlich angrenzende Fassade unterscheidet sich von der der Casa di Trebius Valens in verschiedener Hinsicht. Der direkt angrenzende Eingang III 2, 2 muss sei-ner Breite nach zu eisei-ner taberna gehört haben. Der Putz ist heute verloren, sodass die Fassadengestaltung nur noch anhand alter Fotografien und der Zeichnungen bei Spinazzola nachvollzogen werden kann. Dort ist zu erkennen, dass die Fassade eben-falls verputzt und im Sockelbereich dunkel bemalt war. Der Putz der oberen Zone scheint gröber zu sein, wie am Übergang zwischen den beiden Fassadenabschnitten auf Abb. 40 zu erkennen ist. Noch einfacher war die Fassade des folgenden Anwesens gestaltet: Die Türpfosten des breiten Eingangs und die äußeren Ecken des Gebäudes bestehen aus opus vittatum und waren offensichtlich nicht verputzt, da bei Spinazzola

583 Siehe die Kartierung der Bäckereien bei Laurence 2007, 67–71 und ebenda Karte 4.1.

584 Weilguni 2011, 120–121.

585 Spinazzola 1953, 281. Zumindest zwei Putzschichten können unterschieden werden: am östli-chen Ende der zu III 2, 1 gehörenden Fassade sind auf den Fotos noch Reste zweier älterer Dipinti zu erkennen: CIL IV 7633. 7634. Zur relativen Chronologie vgl. Mouritsen/Gradel 1991, 146 Anm. 8.

586 Vgl. Della Corte 1913, 476; Della Corte 1914, 103. Bragantini 1991, 341.

noch deutlich die direkt auf das Mauerwerk aufgemalten Dipinti zu sehen sind. Auch auf den dazwischenliegenden Flächen aus opus incertum wird kein Putz angegeben, sodass dies ebenfalls als Möglichkeit in Betracht zu ziehen ist.587 Östlich der Casa di Trebius Valens waren demnach zum einen nur kleinere, durch die breiten Eingänge unterbrochene Wandflächen vorhanden. Zum anderen waren diese vermutlich nicht in einer Weise optisch gegliedert, die eine Ausrichtung der Dipinti an den vertika-len und horizontavertika-len Linien erlaubt hätte. Dies kann ein Faktor dafür sein, dass dort weniger Dipinti angebracht waren. Inwiefern auch der soziale Rang der Bewohner oder die Funktionen der beiden Gebäude eine Rolle spielten, muss offenbleiben, da bei beiden Häusern nur die Eingänge freigelegt wurden.

Die Nordseite der gegenüberliegenden insula weist fünf Eingänge auf, sodass ins-gesamt weniger lange Fassadenflächen vorhanden waren.588 Alle Abschnitte waren im Sockelbereich farbig bemalt und darüber hell verputzt, spiegeln jedoch durch die wechselnde Farbgebung im unteren Bereich die Besitzgrenzen der dahinter liegenden

587 Zur Gestaltung der Fassaden um III 2, 2 und III 2, 3, siehe: Spinazzola 1953, 282 Abb. 313, Taf. 66.

588 Vgl. Spinazzola 1953, Taf. 59.

Abb. 40: Fassadenabschnitt zwischen den Eingängen III 2, 1 und III 2, 2. © Su concessione del Ministero per i Beni e le Attività Culturali e per il Turismo – Parco Archeologico di Pompei. Jegliche weitere Reproduktion oder Duplikation ist untersagt.

Häuser und tabernae wider. Der zurückspringende Bereich um die Eingänge der Bäckerei I 12, 1.2 war bis zu einer Höhe von ca. 4 m rot bemalt.589 Dasselbe Rot setzt sich östlich davon an der Außenwand der Bäckerei fort. Der Türpfosten der taberna I 12, 3 wurde davon markant abgesetzt, indem man den Sockelbereich in einer gelben Mar-morimitation gestaltete. Rechts dieses Eingangs war in einem roten Rechteck eine gerüstete weibliche Figur dargestellt, mit der Roma gemeint sein muss.590 Auch der linke Türpfosten der taberna war gelb und darüber hell verputzt. Zu den Seiten der Eingänge 4 und 5 ist bei Spinazzola ebenfalls ein heller Sockel angegeben. Während neben Eingang 4 heute keine Reste der Bemalung mehr erhalten sind, ist die Gestal-tung des Wandabschnittes zwischen 4 und 5 noch gut zu erkennen.591 Die schwarze Sockelzone war durch gelbe Streifen in fünf Felder gegliedert. Darüber folgt auf der-selben Breite eine Orthostatenzone, die ebenfalls durch gelbe Streifen gegliedert ist, jedoch in nur vier gestreckte Rechtecke, sodass die Einteilung der Sockelzone und der Orthostatenzone nicht korrespondieren. Die Orthostatenzone reicht bis auf die Höhe der Türstürze. Darüber scheint die Wand hell verputzt gewesen zu sein. Links von Eingang 5 ist ein kleiner, nischenförmiger Schrein in die Wand eingelassen. Auch diese Fläche war verputzt und entsprach in ihrer Gestaltung vermutlich dem Bereich rechts von der Tür.592

Betrachtet man diesen Raum zwischen den einander gegenüberliegenden Fas-saden als ein Ensemble, zeigt sich, dass die FasFas-sadengestaltung heterogen war. Sie reicht von einfach oder gar nicht verputzten Bereichen bis hin zu formal in Zonen unterteilten Wänden, die entsprechende Wandgliederungen aus den Innenräumen der Häuser aufgreifen. Wandinschriften finden sich vor allem an den aufwendiger gestalteten Fassadenabschnitten, nämlich an der Fassade der Casa di Trebius Valens und rechts von Eingang I 12, 5. Doch auch direkt gegenüber der Casa di Trebius Valens, an der nördlichen Außenmauer des Mühlenraumes der Bäckerei I 12, 1.2, fanden sich zahlreiche Dipinti.

Es zeichnen sich angesichts der Fassadengestaltung verschiedene Gründe für die Auswahl der Anbringungsstellen der Wandinschriften ab. Ein wichtiges Kriterium war das Vorhandensein von ausreichendem Platz. Allerdings wählten die Schreiber offenbar bewusst auch schmale Wandstücke, wie den Türpfosten einer caupona aus.

Hier kam auch der erhoffte Leserkreis, in diesem Fall die Kundschaft eines bestimm-ten Geschäftes, sowie möglicherweise persönliche Beziehungen zum Inhaber, dessen Einverständnis und vielleicht sogar ausdrücklicher Wunsch, einen bestimmten Wahl-aufruf an seinem Ladeneingang angebracht zu wissen, ins Spiel. Die Gestaltung der Fassaden in unterschiedlichen Farben und Gliederungsvarianten durch farbige und

589 Spinazzola 1953, Taf. 6.

590 Fröhlich 1991, 310.

591 Spinazzola 1953, Taf. 5 zeigt diesen unzutreffend in gelb.

592 Vgl. zu diesem Wandabschnitt auch Spinazzola 1953, Taf. 59, wo jedoch nicht zwischen den ein-zelnen Bereichen differenziert wird.

voneinander abgegrenzte Felder spielte ebenfalls eine wichtige Rolle. Um ein genau-eres Bild von der Strategie bei der Anbringung der Dipinti und der situativen Ein-ordnung des Graffitischreibens zu gewinnen, werden im Folgenden die vorhandenen Inschriften diskutiert.