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Der Gesetzgebungsausschuss des Jahres 1843: Ein wichtiger Impuls für die Kodi- Kodi-fikation der Gesetzesbücher

spanische Zivilprozessordnung von 1855 Antonio Sanchez Aranda (Granada), Ignacio

III. Die Verzögerung des Kodifikationsprozesses in Spanien

2. Der Gesetzgebungsausschuss des Jahres 1843: Ein wichtiger Impuls für die Kodi- Kodi-fikation der Gesetzesbücher

Art. 258 der Verfassung von 1812 und Art. 4 der Verfassung von 1837 beabsichtigten die Einführung gleicher Gesetzeslage in der gesamten spanischen Monarchie. Insbesondere sollte dies durch Gesetze zur Organisation der Gerichte, ein gemeinsames Bürgerliches Gesetzbuch und eine entsprechende Zivilprozessordnung erfolgen. Der Präzedenzfall, die Verabschiedung des Handelsgesetzbuches von 1829 und der Handelsprozessordnung von 1830 sowie die Ernennung von Sainz Andino durch Ferdinand VII. am 30. Mai 1830 um ein Bürgerliches Gesetzbuch auszuarbeiten, waren die ersten Früchte dieser An-strengungen. Allerdings ist festzustellen, dass nach der Kodifikation des Handelsgesetz-buches und einer entsprechenden Prozessordnung es lange Zeit auf sich warten ließ, bis ein Bürgerliches Gesetzbuch für Spanien erlassen werden sollte.

Die Arbeiten zu einem Bürgerlichen Gesetzbuch begannen bereits am 30. Januar 1834.

In diesem Jahr wurde ein Ausschuss benannt, der mit die Vorarbeiten aufnehmen soll-te.20 Im gleichen Jahr wurde durch den Erlass von 31. Mai ein Ausschuss eingerichtet, der die Aufgabe hatte, den Entwurf einer Zivilprozessordnung zu erarbeiten. Im Hinblick auf die Organisation der Gerichte wurde schließlich am 22. September 1836 ein Rat ge-schaffen, der die Gerichte des Königreiches neu organisieren und gleichzeitig verbessern sollte. Dieser wurde allerdings am 13. Dezember 1837 wieder aufgelöst.

Der Ausschuss, der sich mit der Ausarbeitung des Zivilprozessordnung beschäftigte und unter der Leitung eines Richters am Obersten Gerichtshof stand, unterbreitete bald den Vorschlag, die Ausarbeitung der Zivilprozessordnung mit der des Bürgerlichen Ge-setzbuches zu verknüpfen, um das Verfassungsprinzip der Einheitlichkeit der Gesetzes-bücher zu gewährleisten. Dies sollte sich als ein schlechter Einfall erweisen, da der Ent-wurf des Bürgerlichen Gesetzbuches auf sich warten ließ und im Ausschuss ständig neue Mitglieder ernannt und andere entlassen wurden. Eine Kontinuität war insoweit in die-sem Ausschuss nicht festzustellen. Trotz der Schwierigkeiten und Probleme, die sich mit der Idee der Zusammenführung beider Ausschüsse verbanden, wurde per Erlass vom 16.

Dezember 1837 beiden Ausschüssen aufgetragen, sich in einem einzugliedern mit dem Ziel, beide Entwürfe miteinander in Einklang zu bringen und aufeinander abzustimmen.

Dahinter stand wohl auch die Absicht, die Erfahrungen, die man mit der Ausarbeitung

19 Baró Pazós, J., “Notas acerca de la formación de la Jurisprudencia del Tribunal Supremo hasta la Codi-ficación del Derecho civil”, in AHDE 67 (1997), S. 1513 ff., und Sanchez Aranda, El recurso de segunda suplicación, FN 18, S. 641 ff.

20 Lasso Gaite, Crónica, FN 2, Bd. II, S. 23 und Bd. I, S. 18.

eines Strafgesetzbuches gemacht hatte, zu nutzen. 1834 war ein Entwurf des Strafgesetz-buches zusammen mit dem Band einer Strafprozessordnung vorgelegt worden.

Die Verzögerung an den Arbeiten, die der Ausschuss zu verantworten hatte, hatte schließlich etwas überraschend zur Folge, dass sogar Nicht-Ausschuss-Mitglieder-Ent-würfe vorlagen. So geschah es mit dem Entwurf des Jahres 1840 von Manuel García Gallardo, der aus drei Teilen bestand: Organisation der Gerichte, Zivilprozess und Straf-prozess.21 Im Jahr 1841 führt diese unübersichtliche Lage schließlich dazu, dass unter der Regierung von General Espartero ein Sonderausschuss zu einem Entwurf der neu-en Zivilprozessordnung eingerichtet wird. An seiner Spitze fungiert wieder ein Richter des Obersten Gerichtshofes, der den weiteren sechs Mitgliedern dieses Ausschusses vor-steht. Doch am 26. November des gleichen Jahres trugen die Mitglieder des Ausschusses aufgrund einer Anfrage an den Minister für Gnade und Justiz vor, dass es vielleicht doch besser sei, ein Bürgerliches Gesetzbuch zuvorderst zu entwerfen, um zunächst das mate-rielle Recht zugrunde zu legen.22

Aufgrund der unbestreitbaren Koordinationsprobleme, die bisher aufgetreten waren, wurde um die Effizienz zu steigern die Schaffung der Gesetzesbücher in einer einzigen Institution zentralisiert. Dabei war es der Politik wichtiger, den Rückstand in der zivil-rechtlichen und strafzivil-rechtlichen Gesetzgebung aufzuholen und, wenn auch in gerin-gerem Grade, im Bereich der Prozessordnungen.23 Im letzten Jahr der Regierung von Espartero, machte die progressive Regierung unter der Leitung von Joaquín Maria Ló-pez, der zusätzlich noch das Amt des Ministers für Gnade und Justiz übernahm, deut-liche Fortschritte mit der Errichtung eines Gesetzgebungsausschusses. Neun Tage spä-ter, am 18. Mai, wurde dem Parlament ein Anhang zum Haushaltsgesetz vorgelegt, der einen Gesetzentwurf enthielt zur Schaffung „eines Gesetzgebungsausschusses, der aus amtierenden Richtern besteht, die von ihrem Amt beurlaubt werden sollen“. Die Ko-sten werden mit 500.000 Reales veranschlagt.24 Nach der Billigung durch das Parlament verabschiedete die Regierung den Erlass vom 19. August 1843, durch das der Gesetzge-bungsausschuss ins Leben gerufen wurde. Erster Vorsitzender war der angesehene Ju-rist Manuel Cortina. In der konstituierenden Sitzung vom 17. September 1843 wurde die Annahme einiger allgemeiner Grundlagen zur Schaffung von Gesetzesbüchern und die Aufteilung in vier Abteilungen beschlossen: Zivilgesetzbuch, Strafgesetzbuch, Zivilpro-zess- und Strafprozessordnung. Der Ausschuss beschloss ebenfalls, dass die Abteilun-gen für Zivil- und Strafprozess einen Entwurf zur Organisation von Gerichten ausarbei-ten sollausarbei-ten.25

21 Lasso Gaite, Crónica, FN 2, Bd. I, S. 38-42 und Bd. II, S. 30-33.

22 Ebda., Bd. II, S. 25-26. Vgl. zur deutschen Problematik einer der materiellen Rechtsvereinheitlichung vorangehenden Zivilprozessordnung M. Löhnig, Rechtsvereinheitlichung durch Rechtsprechung? Zur Judikatur des Reichsgerichts 1879-1899, Zürich 2012.

23 Diarios de Sesiones de las Cortes, Tomo único, Sitzung vom 18 Mai 1843, Anhang II zu Nr. 31, S. 481-482.

24 Lassso Gaite, Crónica, FN 2, Bd. I, S. 47.

25 Lasso Gaite, Crónica, Fn 2, Bd. I, S. 47-49.

Vier Tage danach wurden der Regierung Grundlagen zur Verabschiedung vorgelegt, welche der Ausschuss angenommen hatte. In diesen wurde hinsichtlich der Prozessord-nungen folgendes festgelegt:

1. Bei der Erarbeitung der Gesetzesbücher sollen die verfassungsrechtlichen Vorgaben eingehalten werden.

2. Gemäß Art. 4 des Grundlagengesetzes werden in den Gesetzesbüchern keinerlei Sonderrechte anerkannt außer aufgrund von bestimmten Dingen oder Themen, mit de-nen sie zusammenhängen. „Für alle Spanier gilt das gleiche Recht, sowohl in den Zivil-, als auch in den Strafprozessen“.

3. Die Einberufung von Geschworenengerichten bleibt zurzeit auf Druckvergehen be-schränkt, da der Zeitpunkt, sie auch die rechtlichen Strafsachen auszudehnen, nach un-serer Ansicht noch nicht gekommen ist.

4. Die Gesetzbücher gelten nur auf der spanischen Halbinsel und den umliegenden In-seln, unbeschadet der Möglichkeit, dass es später als angebracht angesehen wird, ihren Anwendungsbereich auch auf die Überseeprovinzen auszuweiten.26

Trotz dieses Fortschritts wurde die Arbeit des Gesetzgebungsausschusses oftmals auf-grund seiner Zusammensetzung und den anhaltenden Auseinandersetzungen unter sei-nen Mitgliedern gestört, die manchmal aus ideologischen Gründen, manchmal aufgrund der Haltung der Regionen bei den Foralrechten in Fragen bezüglich des Zivilrechts auf-kamen. In dieser Situation fand das Ende der Regentschaft statt, Isabella II. wurde voll-jährig und die Gemäßigten gelangten im Mai 1844 an die Regierung. Der Präsident der nun folgenden gemäßigten Regierung berief eine verfassungsgebende Parlamentsver-sammlung ein, die am 2. Mai 1845 eine neue Verfassung verabschiedete. In deren Art. 4 wird ebenfalls festgelegt, dass „in Spanien in der gesamten Monarchie die gleichen Ge-setzesbücher gültig sind“ und der Titel 10 „Justizverwaltung“ war wortwörtlich der glei-che wie der des Jahres 1837.

In diesem gemäßigten Jahrzehnt, das allgemein als Schlüsseljahrzehnt für die Kon-solidierung der Grundlagen des liberalen Staates und dem Wandel im Wirtschaftsmo-dell angesehen wird, schritt die Schaffung der Prozessordnungen allerdings nicht voran.

Im Zuge der radikalen Revision des eigenen politischen Systems, befand die neue Regie-rung, der Gesetzgebungsausschuss sei schlecht organisiert und hätte zu viele Mitglieder.

Seine Auflösung am 31. Juli 1846 war die Folge. Am 11. September 1846 wurde ein neu-er Ausschuss einbneu-erufen, dneu-er nun von dem gemäßigten Abgeordneten Juan Bravo Mu-rillo geleitet wurde und aus fünf weiteren Mitgliedern bestand. Dieser Ausschuss war in zwei Abteilungen gegliedert: einerseits in eine Abteilung zur Erarbeitung eines Bürgerli-chen Gesetzbuches und andererseits in eine Abteilung zur Erarbeitung einer Straf- und Zivilprozessordnung.27

26 Ebda., S. 48-49. Nach ihrer Vorlage bei der Regierung wurden anfangs einige Grundlagen nicht akzep-tiert. Dann schließlich am 27 November 1843 angenommen.

27 Lasso Gaite, Crónica, Bd. I, S. 58-59.

Trotz einer anfänglich positiv einzuschätzenden Arbeit des neuen Ausschusses gelang-te dieser zu keinen Ergebnissen.28 Grund hierfür war insbesondere das Problem der Fo-ralrechte und die von der Regierung bevorzugte Organisation der Gerichte, so dass die Arbeit an einem Bürgerlichen Gesetzbuch und an einer Zivilprozessordnung nicht ko-ordiniert wurde und es zu einer neuerlichen Auflösung des Ausschusses am 18. August 1854 kam. Dies hatte schlussendlich zur Folge, dass die Erarbeitung eines Bürgerlichen Gesetzbuches und die einer Zivilprozessordnung voneinander grundsätzlich getrennt wurden.

3. Das Werk des Ausschusses auf dem Gebiet des Zivilprozessrechts (1846-1854)