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Das Pressegesetz und der Kodifizierungsausschuss

Im Dokument Justizreform im Bürgerlichen Zeitalter (Seite 125-129)

Januar 1879 in Kuba

VI. Das Pressegesetz und der Kodifizierungsausschuss

Wie es nicht anders sein konnte, hatte die Einführung dieser neuen Regelung, die die Gesamtheit der auf beiden spanischen Karibikinseln bestehenden Publikationen kon-trollierte, ihre Wirkung auf den Inhalt des damals dort geltenden Strafgesetzbuches.

21 Titel VII. Über die Staatsanwälte für Pressevergehen. Artikel 37: Dieser Beamte hat Rechtsanwalt zu sein und erhält die Kategorie und das Gehalt eines Staatsanwaltes an einer Provinzaudiencia. Artikel 38: Zum Staatsanwalt für Pressevergehen kann nur ein öffentlicher Beamter, aktiv oder im Wartestand, ernannt werden, der sich in der im vorigen Artikel benannten Kategorie befindet oder die notwendigen Bedin-gungen erfüllt, um, unter Berücksichtigung der geltenden Gesetze, die Anstellung zu erhalten und sich in der unmittelbar unter der für den Staatsanwalt für Pressevergehen genannten Kategorie befindet oder aber seit mindestens acht Jahren als Rechtsanwalt tätig ist.

22 Titel VII. Über die Staatsanwälte für Pressevergehen. Artikel 39: Einer der Staatsanwälte der Audiencia, der vom Generalgouverneur bestimmt wird, ersetzt den Staatsanwalt für Pressevergehen während des-sen Abwedes-senheit oder Krankheit. Die Hilfsstaatsanwälte, die die Staatsanwaltschaft für Pressevergehen benötigen sollte, müssen Rechtsanwälte sein; und ihre Ernennung, ebenso wie die der restlichen unter-gebenen Angestellten erfolgt entweder durch den Überseeminister oder durch den Generalgouverneur, je nach Fall. Die Ausgaben, die die Staatsanwaltschaft für Pressevergehen für Personal und Material be-nötigt, sowie die Vergütung der Richter, auf die sich Artikel 32 bezieht, werden in den Etat der Insel auf-genommen.

23 A.H.N., Ultramar, Aktenbündel 2.097, Akte 21.

24 A.H.N., Ultramar, Aktenbündel 2.097, Akte 21.

Also wandte sich am 1. Juni 1882 der Überseeminister an den Vorsitzenden des Ko-difizierungsausschusses für die Überseeprovinzen, um ihn darauf hinzuweisen, daß, das Pressegesetz in Puerto Rico und Cuba – durch die königlichen Erlässe vom 27. August 1880 und vom 7. April 1881 – eingeführt werde, das, wie schon erwähnt für das spani-sche Festland am 7. Januar 1879 erlassen wurde. Alle Arten von Publikationen würden dann hinsichtlich der Verantwortung anderen Vorgehensweisen und Strafen unterwor-fen sein als denjenigen, die sich aus der Vorzensur ergaben, die in dem Augenblick auf jenen Inseln angewandt wurde als für ihre Gebiete das Strafgesetzbuch erlassen wurde.

Aus diesem Grunde erschien es angebracht, diesem die Artikel 12, 14 und 584 des in je-nem Augenblick auf der spanischen Halbinsel geltenden Strafgesetzbuch hinzuzufügen, das am 1. Januar 1871 und am 17. Juli 1876 reformiert worden war.

Dann fügte der Minister hinzu, daß, um hinsichtlich dieser Angelegenheit korrekt vor-zugehen, König Alfons XII es für richtig befunden hatte, festzulegen, daß der Ausschuß.

“ … dem E.E. so würdig vorsitzt, mit höchster Dringlichkeit darüber informieren möge, was ihm hinsichtlich dieser wichtigen Angelegenheit angemessen erscheint. Auf königlichen Befehl sage ich dies E.E. zur Kenntnisnahme und zur Ergreifung der ange-brachten Maßnahmen. Was vom königlichen Befehl selbst vom erwähnten Minister mit-geteilt wurde, teile ich E.I. zur Kenntnisnahme und den entsprechenden Folgen mit”25.

Der Ausschuß zögerte nicht lange mit seiner Antwort an den Minister Er tat dies per Dienstschreiben, das an den Sitz seines Ministeriums gerichtet war und den 28. Juni 1882 datiert war. In diesem wurde jener darüber informiert, daß er die Durchführung jenes Dienstschreibens vom 1. Juni 1882 übernommen hatte, was die Anwendung be-stimmter Artikel des auf der spanischen Halbinsel geltenden Strafgesetzbuches auf den Inseln Puerto Rico und Kuba anging26.

Am 23. Mai 1879 wurde das Strafgesetzbuch für jene Provinzen erlassen und in ihm die Artikel 12, 14, 582 und 583 des analogen Gesetzbuch der Halbinsel weggelassen.

In diesem historischen Augenblick stammte das im Mutterland geltende Strafgesetz-buch aus dem Jahre 1870, mittels dessen versucht worden war, den alten Verfassungstext von 1850 an den neuen Verfassungstext, der nach der liberalen Revolution von 1868 ent-standen war, anzupassen. Obwohl es mit Eile verabschiedet wurde und nur provisorisch in Kraft trat, während das Parlament einen endgültigen Text ausarbeitete, war es tatsäch-lich doch bis zur Verabschiedung des Strafgesetzbuchs von 1932 gültig, mit der Unter-brechung durch das Gesetzbuch von 1928.

Es war in drei Bücher aufgeteilt und von liberaler Politik inspiriert, was dadurch deut-lich wird, daß in ihm Menschenrechtsverletzungen aufgenommen wurden, wie die Ver-gehen gegen die freie Religionsausübung und durch die Aufhebung der Todesstrafe als die einzige bei bestimmten Verbrechen. Die Verschwörung und die Anstiftung hierzu

25 A.H.N., Ultramar, Aktenbündel 2.079, Akte 21.

26 S. Alvarado Planas, J., Constitucionalismo y Codificación en las provincias de Ultramar. La pervivencia del Antiguo Régimen en la España del XIX, Madrid, 2001.

wurden nur dann bestraft, wenn es ausdrücklich vorgesehen war. Außerdem wurde wie-derum das Legalitätsprinzip bei den Straftaten und Strafen eingeführt.

Weiterhin teilte der Kodifizierungsausschuß dem Minister mit, daß damals die Presse in Übersee noch der Vorzensur unterworfen war, weshalb es praktisch unmöglich war, daß durch die Presse Straftaten begangen wurden, auf deren Einzelheiten sich die ge-nannten Artikel bezogen.

Trotz allem, sagte er weiterhin dem Minister, war am 27. August 1880 und am 7. April 1881 auf den Inseln Puerto Rico und Kuba das Pressegesetz, mit einigen Abwandlungen, damit es sich besser an die dortigen Gegebenheiten anpasste, eingeführt worden, das für die spanische Halbinsel am 7. Januar 1879 erlassen worden war. In jenem Augenblick wurde die Vorzensur aufgehoben und als unmittelbare Folge hiervon wurde es möglich, Pressevergehen zu begehen.

In seinem Schriftsatz an den Überseeminister fuhr der Ausschuß fort, es sei bekannt, daß jenes Gesetz festlegte,

“ … es gäbe höhere Strafen und besondere Vorgehensweisen bei bestimmten Straftaten und bestimmt ausdrücklich einige von ihnen, die sich entweder nicht im Strafgesetzbuch befinden oder dies nur im Ansatz sind. Die Artikel 1927 und 2028 des genannten Pressege-setzes beziehen sich jedoch auf eine bestimmte Gruppierung von Straftaten im Strafge-setzbuch, und der Titel IX des gleichen Gesetzes stellt die politischen Bücher und Schrif-ten außerhalb seiner Gerichtsbarkeit”29.

Der Kodifizierungsausschuß warnte interessanterweise den Überseeminister, daß:

“ … es sich hieraus ergibt, daß für alle Fälle, außer den genannten Artikeln das allge-meine Strafrecht gilt. Und man sollte darauf hinweisen, daß die Straftaten, auf die sich die genannten Artikel beziehen, immerhin diejenigen des Titel I, Buch II und Kapitel 1, Titel II des gleichen Buches in den Abschnitten 1, 2 und 3 des Strafgesetzbuchs sind, so-wie diejenigen des Titel X, Buch II des gleichen Gesetzbuchs, d.h., sämtliche Straftaten gegen die äußere Sicherheit des Staates und die der Majestätsbeleidigung, gegen das

Par-27 Artikel 19. Die Straftaten, auf die sich Titel I des 2. Buches und das Kapitel 1 des Titels 2 des gleichen Bu-ches in seinen Abschnitten 1, 2 und 3 im Strafgesetzbuch beziehen, sind im vorliegenden Gesetz nicht enthalten, und sollte eines von ihnen durch die Presse begangen werden, so wird es unter der ordentli-chen Gerichtsbarkeit verhandelt und unter Berücksichtigung jenes Gesetzbuches bestraft. In diesem Fall wird die Strafe, die das ordentliche Gericht verhängt, zwangsläufig die zusätzliche Einstellung der Zei-tung während eines Zeitraums, das jenes Gericht als angemessen ansieht, innerhalb der Fristen, die die-ses Gesetz als Strafen im folgenden Titel festlegt.

28 Artikel 20. Die Straftaten der Beleidigung und Verleumdung, die gegen die Minister und andere Auto-ritätspersonen begangen werden bei der Untersuchung und der Kritik an den Handlungen, die mit ih-rem Amt verbunden sind, sowie die Ämter, die sie anderweilig ausüben, unterliegen der ordentlichn Gerichtsbarkeit und Vorgehensweise, und auf sie weden die Bestimmungen des Titel 10, 2. Buch des Strafgesetxbuchs angewandt, auf Parteiantrag oder auf Verfolgung von Amts wegen. Die Beleidigungen vom Ministern und Autoritätspersonen als Amtsträger, gelten als Pressevergehen und unterliegen die-sem Gesetz.

29 A.H.N., Ultramar, Aktenbündel 2.079, Akte 21.

lament und seine Mitglieder, gegen den Ministerrat und gegen die Regierungsform, so-wie die Beleidigung und Verleumdung gegen Autoritätspersonen”30.

Merkwürdigerweise waren im Strafgesetzbuch der Spanischen Antillen die Bestim-mungen der Artikel 12 und 14 des auf der spanischen Halbinsel geltenden Strafgesetz-buchs nicht erschienen, darüber, daß “die Verantwortung für die Pressevergehen beim Autor des Schreibens oder der Druckschrift liegt und nur, wenn diese nicht festzustellen sind, bei (in dieser Reihenfolge) den Leitern der Publikation, den Herausgebern und den Druckern. Daher haben die Überseegerichte auf die erwähnten Straftaten die allgemei-ne Theorie der strafrechtlichen Haftung angewandt, welche die Artikel 11, 13, 15 und 16 des Strafgesetzbuchs Spaniens vorsieht, welche den Artikeln 11, 12, 13 und 14 des Straf-gesetzbuchs der Antillen entsprechen”31.

Hierzu war der Kodifizierungsausschuß der Meinung, jeder Kommentar zu diesem Punkt sei unnütz, da es einerseits die absurde Situation gab, zu der die strikte Anwen-dung dieser Artikel führen konnte, kraft deren sogar ein einfacher Zeitungsausträger oder Leser einer Zeitung bestraft werden konnte.

Andererseits bestand die Überlegung zur aufreizenden Ungleichheit der Schriftsteller in Übersee im Vergleich zu den spanischen,

“… eine Überlegung, die dem Ausschuß schwer auf dem Gemüt lag, die doch eifer-süchtig darüber wacht, daß die Spanier beider Welten gleichermaßen jene Rechte und Garantien genießen, die das Konzept der Staatsbürgerschaft beinhaltet und die eines der grundlegenden Prinzipien unserer politischen Ordnung darstellt: die Einheit des Staates”32.

Dies traf um so mehr zu, da innerhalb des Kodifizierungsausschusses eine Debatte auf-gekommen war über die Zweckmäßigkeit, die, zugegebenermaßen strengen, Verfügun-gen, die das Strafgesetzbuch für die spanische Halbinsel enthielt, zu Gunsten der Über-seepresse zu vereinheitlichen und daher beschlossen worden war, den Text der Artikel 12 und 14 vollständig in das Strafgesetzbuch für die Antillen zu übernehmen.

“ … so daß seine Reform auf einen bald festzulegenden späteren Zeitpunkt verlegt wird, an dem der Gesetzgeber allgemein die geltende Gesetzgebung über Presseangele-genheiten verändert, und dann die spanischen Schriftsteller sowohl in Europa als auch in Amerika in den Genuß seiner Vorteile kommen werden”33.

Nachdem nun diese Grundlagen geschaffen worden sind, kann man leicht verstehen, weshalb die Artikel 582 und 583 des Strafgesetzbuchs der spanischen Halbinsel auf Kuba und Puerto Rico ausgeweitet wurden. In ihnen wird die angemessene Strafe für diejeni-gen festgelegt, die unmittlebar mittels der Druckerpresse, der Gravur oder jedwedem an-deren mechanischen Mittel der Veröffentlichung, das Begehen der in diesem Strafgesetz-buch enthaltenen Straftaten verursachen.

30 A.H.N., Ultramar, Aktenbündel 2.079, Akte 21.

31 A.H.N., Ultramar, Aktenbündel 2.079, Akte 21.

32 A.H.N., Ultramar, Aktenbündel 2.079, Akte 21.

33 A.H.N., Ultramar, Aktenbündel 2.079, Akte 21.

Diesem fügte der Kodifizierungsausschuß hinzu, daß nur noch eine Frage hinzuzufü-gen sei, die ihrer Meinung nach allerdings relativ geringfügig war, nämlich

“ … ob es angemessen sei, die vier zitierten Artikel außerhalb des Textes und abseits aufzuführen oder aber man anordnen solle, daß sie mit ihren eigenen Ordnungszah-len in den Text des auf den AntilOrdnungszah-len geltenden Strafgesetzbuches eingefügt werden. Das Überseeministerium tendiert dazu, der Überseegesetzgebung Einheit zu verleihen, so-wohl im Wesen als auch in der Form, da das Durcheinander nicht gerade einer ihrer ge-ringsten Fehler ist. Daher ist der Ausschuß der Meinung, das Beste sei es, eine neue of-fizielle Ausgabe des Strafgesetzbuches für die Antillen, vom 23. Mai 1879, anzuordnen, in der an passender Stelle die oben genannten Artikel hinzugefügt werden34. Dies erfolgt stets unter dem Schutz des Artikel 89 der Verfassung der Monarchie”.

Als Schlußfolgerung aus all diesem, reichte der Kodifizierungsausschuß beim Über-seeminister den folgenden Erlassentwurf zur Überlegung ein:

“Erlassentwurf.

Artikel 1. Die Artikel 12, 14, 582 und 583 des Strafgesetzbuches für die spanische Halbinsel vom 30. August 1870 werden als auf den Inseln Kuba und Puerto Rico als gül-tig erklärt.

Artikel 2. Es wird eine neue offizielle Ausgabe des Strafgesetzbuchs für Kuba und Pu-erto Rico vom 23. Mai 1879 erstellt, in dem die zitierten Artikel an der Stelle eingefügt werden, die denjenigen des Strafgesetzbuches der spanischen Halbinsel entspricht”35.

Im Dokument Justizreform im Bürgerlichen Zeitalter (Seite 125-129)