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Die Druckschrift Schildwache gegen Republikaner

DES LIBERALEN SPANIENS José Antonio Pérez Juan (Elche)

II. Die Druckschrift Schildwache gegen Republikaner

Mitte 1820, nur wenige Tage nach der Parlamentseröffnung21, wurde die Veröffentlichung eines Pamphlets bekannt, in dem das Bestehen einer politischen Intrige angeprangert wurde, die der Monarchie ein Ende bereiten wollte. Die Nachricht wurde sofort von der zeitgenössischen Presse aufgegriffen. So informierte die Tageszeitung El Revisor político y literario in seiner ersten Ausgabe über eine “aufrührerische Schrift (…) in der der Le-serschaft darüber berichtet wurde, daß gewisse Abgeordnete daran dachten, eine neuer-fundene republikanische Regierung zu bilden, und es wurde auch angenommen, daß ei-ner der Anführer im Parlament zu finden sei”22. El Censor teilte seinerseits seinen Lesern die Beschlagnahme der genannten Druckschrift mit, wenn er sich auch weigerte, Daten zu seinem Inhalt aus Zensurgründen mitzuteilen23. In seinen Ausführungen warnte er vor den schrecklichen Folgen, die diese Art von Schriften nach sich zogen und den Scha-den, den sie der Verfassung und ihren Verteidigern zufügen konnten:

“Wieviele Verschwörungen und Intrigen – so hieß es – wurden nicht schon in diesen unseligen Zeitungen verkündet! Wieviele Vorhaltungen wurden den Richtern und ande-ren Obrigkeiten nicht schon gemacht, weil sie nicht eilends Ungerechtigkeiten begehen wollten! Wieviel Sarkasmus und Hohn, um die Wut des Volkes anzustacheln und die Ei-genliebe der Regenten! Und schließlich, wieviel Schmutz wurde auf viele Menschen und

men war und unter dem Schutz der Gesetze und der Privilegien, die sie wie die restlichen Bürger genos-sen, spannen sie die düsteren Intrigen, die später zu sehen waren”, Zweiter Brief an Lord Holland über die politischen Ereignisse in Spanien in der zweiten Verfassungsphase, in QUINTANA, M., Obras comple-tas, S. 544.

19 ARTOLA, La España de Fernando VII, S. 552.

20 Es handelt sich, wie die Parlamentsdebatten anzeigen, um den “ersten Angriff gegen die Verfassung (…) den ersten Angriff, mit dem versucht wurde, die ganze Arbeit am Wiederaufbau des Systems zu zerstören

…”, DSC, Legislaturperiode 1821, Sitzung vom 23. April 1821, S. 1233.

21 Das Parlament nahm am 9. Juli 1820 seine Tätigkeit auf in PÉREZ JUAN, J.A., “Notas sobre el Tribunal de Cortes en el Trienio Liberal”, in Reflexiones sobre la Justicia en Europa durante la primera mitad del siglo XIX, Alicante, 2010, S. 201.

22 El Revisor político y literario, 10, August 1820, S. 21.

23 El Censor, periódico político y literario, Nr. 3, Samstag, 19, August 1820, Reflexiones sobre un libelo in-cendiario, impreso en Madrid y recogido en el momento mismo de su publicación, S. 239.

nicht wenige Körperschaften geworfen, von dem sich reinzuwaschen keine leichte Auf-gabe ist!”24.

Der Text, der in der Druckerei Álvarez in Madrid gedruckt worden war25, beschuldig-te mehrere Parlamentsmitglieder, einen Plan ausgezubrübeschuldig-tet zu haben, um Ferdinand VII ein Ende zu bereiten26. Das Komplott, das dem französischen Beispiel folge, führe zur Er-mordung Ferdinands VII und der Einführung der Republik, als der letzte Schritt, der der Ausrufung des Kaiserreiches vorangehe. Ebenso verriet er die Existenz von Perso-nen, die ein Interesse daran hätten, den Thron zu besteigen und hierfür zu allen Ränken bereit seien, egal, wie grausam und gemein sie auch seien, nur, um ihr Ziel zu erreichen.

In dieser Hinsicht sprach er von der Möglichkeit, daß die Auseinandersetzungen und öf-fentlichen Unruhen, die das Land in letzter Zeit erschüttert hatten, von diesen Persön-lichkeiten angezettelt worden seien, mit dem einzigen Ziel, die politische Instabilität aus-zunutzen, um ihren Traum wahr werden zu lassen27. Das Pamphlet rief die Bevölkerung dazu auf, die Waffen zu ergreifen und das Leben des Monarchen zu verteidigen. Es lau-tete:

“(…) selig derjenige, dem das Glück zufällt, der erste zu sein, der mit seinem Schwert oder Dolch die Brust desjenigen durchbohrt, der sich erdreistet, die Majestät Ferdinands

24 El Censor, periódico político y literario, Nr. 3, Samstag, 19. August 1820, S. 238. Ebenso, besprach El Uni-versal Observador Español, in seiner Nummer 74 vom Montag, dem 24. Juli 1820 die Verhaftung von Ve-lasco “wegen einer subversiven Bekanntmachung, deren Druck eingestellt wurde”.

25 Der Autor versuchte zuerst, sie in der Druckerei de Vega y compañía zu veröffentlichen, wo er von ihrem Geschäftsführer zurückgewiesen wurde, angesichts “der fatalen Folgen, die sie hervorrufen könnte”, DSC, Legislaturperiode 1821, Sitzung vom 7. Juni 1821, S. 2094.

26 “Velasco versicherte in seiner Schrift, daß es so verruchte und entartete Spanier gäbe, für die weder die Autorität der Gesetze, noch die Macht der Verfassung, ja, nicht einmal das Beispiel Gottes selbst, der die Könige einsetzte und Mensch geworden, sie ehrte, ihnen gehorchte und Respekt erwies, ausreichten, um die Flut der Niedertracht, die in manchen Herzen wohnt, einzudämmen; und daß der Moment gekom-men sei, an dem die Niedertracht nicht mehr in der Brust bleiben würde, sondern heraussprudelte und den spanischen Boden allerorts überflutete, ohne daß es Ufer gäbe, die sie störte noch Grenzen, die sie aufhielte. Er bekundete überzeugt, den Getreuen, dem König und der Verfassung, daß die republikani-sche Satzung schon gebildet war, von der in Madrid Druckmuster vorhanden waren; daß unser geliebter König Ferdinand sich in großer Gefahr befinde; daß man versuche, ihm das Leben zu nehmen; daß die drei Konsuln der Republik in Spanien schon ernannt waren; daß sich in der Nationalversammlung (de-ren gute Meinung und allgemeines Bild er nicht anrührte) ein unwürdiger Vertreter befand, der in all-gemeinen und privaten Versammlungen die Meinung vertreten habe, man solle dem König den Prozess machen, und, nun denn, daß es Mörder gäbe, die bereit wären, der freundlichen Person des unschuldi-gen Ferdinands den tödlichen Schlag zu versetzen: und all dies in Worten, die ebenso versichernd wie aufpeitschend waren, mit so höret und so wisset, so wisset auch und das Wort wisset bei jeder dieser Neuigkeiten wiederholend, die er mit Nachdruck und einem übertriebenm Enthusiasmus verkündete ”, DSC, Legislaturperiode 1821, Sitzung vom 7. Juni 1821, S. 2095.

27 “Daß es in Spanien mindestens drei Personen gab, die den Blick fest auf den Thron gerichtet hielten, und diese die Verursacher vieler Revolutionen waren und seien, bis sie in einer dieser Revolutionen ihre ehr-geizigen Ziele erreichten: daß wir nicht weit davon entfernt seien, uns in der gleichen Situation zu befin-den wie Frankreich, wenn die Regierung diese Personen nicht bewache; wobei es glaubhaft sei, daß der ein oder andere jede Nacht von Napoleon träume und sich vorstellte, die gleichen großen Schritte vom General zum Konsul und von Konsul zum König zu machen, und es wäre gar nicht abwegig, wenn sie ebenso planten, das Königreich Spanien zum Kaiserreich zu machen”, DSC, Legislaturperiode 1821, Sit-zung vom 7. Juni 1821, S. 2095.

zu beleidigen: um daß weder die Furcht vor den Gesetzen noch vor der Regierung seinen Arm lähme, um den tödlichen Schlag gegen denjenigen zu führen, der das Leben des Kö-nigs oder die Verfassung angreift, denn diese gerechten Handlungen werden von den Re-gierungen geschützt und sie werden nicht von den Gesetzen bestraft (…)”28.

Es schloß mit den folgenden Worten: “Percutiam pastorem et dispergentur oves gre-gis”.

Die Druckschrift war von dem aus Salamanca stammenden Domingo Antonio Velas-co verfasst worden. Es war nicht das erste Mal, daß dieser Militärkommissar öffentlich seine Ablehnung der liberalen Institutionen kundtat29. Jahre zuvor war er aufgrund sei-ner Mitarbeit bei der Tageszeitung El procurador gesei-neral de la Nación y del Rey vor Ge-richt gestellt worden30. In dieser bekannten Zeitung erschien am 18. März 1814 ein Ar-tikel mit dem Titel “Viva Fernando (Es lebe Ferdinand)”, den der Zensurrat der Provinz als “aufrührerisch und äußerst beleidigend für das Parlament und die Regentschaft” be-zeichnete31. Die Schrift ist der Ausgangspunkt für eine harte Kritik an der Haltung gewis-ser Staats- und Kabinettssekretäre, die dem Parlament wenig Respekt erwiesen, da sie bei ihren Wortmeldungen vor dem Kongress logen:

“Wenn diese Liberalen – so besagt sie - die Hoheit des Volkes verherrlichen, so ma-chen sie sich über es lustig; wenn sie es preisen, so würdigen sie es herab, wenn sie ihm schmeicheln, so ist es, um ihm die Augen auszustechen und wenn sie, um es für sich zu gewinnen, schlecht über die Könige reden, dann, um zu sehen, ob sie sich selbst auf den Thron setzen können. Diese Überlegungen sind mir durch die Seele gegangen, und wohl auch durch die aller Spanier, als wir sahen, daß drei Kabinettsminister sich vor dem Ho-hen Haus präsentierten, vor dem souveränen Volk, dessen Hoheit und Größe ihnen doch einen gewissen Respekt einflösen sollte, eine gewisse Demut, wenn sie durchdrungen sind von dem Gedanken, daß im Kongress die Souveränität liegt, daß der Kongress das Heiligtum der Gesetze ist, sie also hier mit einer gewissen Geringschätzung das Gegenteil von dem versichern, was allgemein bekannt ist und mit einer Ungezwungenheit antwor-ten, als hätten sie es mit einem Untergebenen zu tun”32.

28 DSC, Legislaturperiode 1821, Sitzung vom 7. Juni 1821, S. 2095.

29 Er war Autor mehrer politischer Werke, u.a., “Marica Real o fernandina” und “España caminando a su ruina por las intrigas de los liberales”, Diario Constitucional de Zarazoga, Nr. 130, 4. August 1820, zitiert in GIL NOVALES, A., Las Sociedades Patrióticas (1820-1823). Las libertades de expresión y de reunión en el origen de los partidos políticos, Madrid, 1975, Bd. I, S. 255, Fußnote..

30 Es handelt sich um die “wichtigste antikonstitutionelle Tageszeitung ihrer Zeit”, GÓMEZ APARICIO, Hi-storia del periodismo español…, S. 101.

31 Der Sturz der Regierung und die Wiederherstellung des Absolutismus verhinderten es in jenem Augen-blick, den Urheber der erwähnten Schriftt ausfindig zu machen, wenn auch Velascos Mitarbeit bei jener Zeitung bestätigt wurde. Das Gerichtsverfahren richtete sich ursprünglich gegen den Herausgeber der genannten Zeitung, den Presbyter Francisco José de Molle, und seinen Drucker Francisco Martínez Dá-vila, welche erklärten, daß die letztendliche Verantwortung für den Druck bei Velasco lag, DSC, Legisla-turperiode 1821, Sitzung vom 7. Juni 1821,S. 2096.

32 El Procurador General de la Nación y del Rey, Nr. 62, Freitag, den 18, März 1814, S. 601.