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Geschichtliche Entwicklung von Coporate Social Responsibility (CSR)

2. Entwicklung der gesellschaftlichen Verantwortung

2.2. Geschichtliche Entwicklung von Coporate Social Responsibility (CSR)

In den Vereinigten Staaten geht die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Konzept der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen bis in die 1950er Jahre zurück (De Bakker et al., 2005, S. 283). Besonders nach Beendi-gung des 2. Weltkrieges war die Not der Menschen der westlichen Welt groß und die Wirtschaft war gewillt etwas zu unternehmen, um die missliche Lage der Bevölkerung zu verbessern (Frederick, 2006, S. 20, 37). Im deutschsprachigen Raum hingegen wurde diese Thematik zum ersten Mal in den 1970er Jahren un-ter dem Begriff „soziale Verantwortung“ und mittels Sozialbilanzen aufgegriffen (Hansen und Schrader, 2005, S. 375).

Folglich stammt ein Großteil der Basisliteratur der theoretischen Ansätze von Corporate Social Responsibility aus dem angloamerikanischen Raum ( Bendixen, 2009, S. 197f; Cochran, 2007, S. 449). 1953 schuf der Wissenschaftler Howard Bowen mit seiner Arbeit „Social Responsibility of the Businessman“ das erste Hauptwerk zu dieser Thematik. Er vertrat unter anderem die Ansicht, dass soziale Erwartungen der Gesellschaft von Unternehmen erfüllt werden müssen.

Angezweifelt wurde die Ansicht von Bowen durch Theodore Levitt (1958), der feststellte, dass „ … government’s job is not business, and business’s job is not government” (Levitt, 1958, S. 47).

Die 1960er Jahre waren durch einen hohen Formalisierungsgrad der CSR-Forschung gekennzeichnet. Einen wesentlichen Beitrag leistete Davis, in dem er CSR auf Ebene des Managements ansiedelte und den Managern „social power“ zusprach (Davis, 1960, S.  71). Walton legt mit seiner Theorie zur System- Umwelt-Beziehung den Grundstein für das spätere Coprorate Social Performance- Modell von Carroll (Walton, 1999, S. 181ff). Weitere ForscherIn-nen trugen in Form von DefinitioForscherIn-nen rund um CSR zum wissenschaftlichen Diskurs bei. Vorgestellt wurden diese weiteren Konzepte in der Arbeit von Kleinsasser (2011, S. 18f).

In den 1970er Jahren hingegen – aus Protest gegen den Kapitalismus und basierend auf der wachsenden sozialen Verunsicherung – wurde unter an-derem von Ackermann (1973 zitiert nach Lee, 2008, S.  59) und Sethi (1975 zitiert nach Garriga und Melé, 2004, S. 58) ein pro-aktiver Ansatz vorangetrie-ben („Social Responsiveness Movement“). Statt sich mit der Definition von gesellschaftlicher Verpflichtung und Motivation auseinander zu setzen, stellte die Social- Responsiveness-Bewegung das unternehmerische Handeln und die Implementierung der sozialen Rollen in den Mittelpunkt (Carroll, 1991, S. 40).

Dieser Ansatz gilt als ein Vorläufer der heutigen Corporate Social Performance-Theorie, die maßgeblich von Carroll in den 1980er Jahren geprägt wurde (Melé, 2008, S. 50). Sie wird auch als Synthese der bis in die 1980er Jahre bestehenden unterschiedlichen Auffassungen von Corporate Social Responsibility verstan-den (Melé 2008, S. 54). Erweitert wurde der Ansatz um das Konzept des „Issues Management“, das Wartick und Rude (1986, S. 124) wie folgt definieren: „The processes by which the corporation can identify, evaluate and respond to those social and political issues which may impact significantly upon it“. Bereits im Jahr 1971 verstand Johnson CSR als Balanceakt zwischen den unterschiedlichen Anspruchsgruppen und dem Unternehmen (Johnson zitiert nach Carroll, 1999, S. 273). Im gleichen Jahr wurde der bis heute viel zitierte Satz von Milton Fried-man veröffentlicht: „Erste Priorität ist das Wirtschaften.“ (FriedFried-man, 1971).

Auch Davis nahm sich der kritischen Betrachtung von CSR an und diskutierte

ausführlich Für und Wider der gesellschaftlichen Verantwortung von Unterneh-men (Davis, 1973 zitiert nach Kleinsasser, 2011, S. 20f).

Im Jahr 1979 erschien der für die heutige CSR-Forschung grundlegende Bei-trag von Carroll, der eine Betrachtung von CSR aus vier unterschiedlichen Pers-pektiven („discretionary, ethical, legal and economic“) vornimmt (Carroll, 1979, S. 499) und ausführlich in Kapitel 3 behandelt wird.

Peter Drucker erregt im Jahr 1984 mit seinem wissenschaftlichen Beitrag zum Thema „denkbare Vereinbarkeit von ökonomischen Streben nach maximalen Profit und CSR“ Aufsehen (Smith, 2009). Weitere ForscherInnen bzw. Forscher-gruppen entwickelten Modelle wie das CSR-Modell nach Wartick und Cochran (1985) und den Corporate Social Policy Prozess von Epstein (1987), welche in der Arbeit von Kurz (2004) umfassend beschrieben werden. Adorno, Anhän-ger der kritischen Theorie, sah CSR nicht als Prozess, sondern als Hemmschuh für eine nachhaltige Unternehmensstrategie, da CSR seiner Meinung nach die Realität verzerrt (1981 zitiert nach Fougère und Solitander, 2009, S. 220). Unter-stützung erhalten die CSR-Befürworter von internationalen Institutionen. 1987 wurde der Brundtland-Bericht von den Vereinten Nationen (UN) veröffentlicht, welcher den Begriff der nachhaltigen Entwicklung (sustainable development – SD) einführte und folgendermaßen definierte: „SD seeks to meet the needs of the present without compromising the ability of the future generation to meet their own needs.“ (WCED, 1987, S. 8).

Mit den 1990er Jahren verstärkte sich die Aufmerksamkeit für CSR sowohl im praktischen, als auch im theoretischen Kontext besonders im angloamerikani-schen, aber auch im weltweiten Wirtschaftsraum (De Bakker et al. 2005, S. 297).

Analysen der führenden Managementliteratur zum Thema Corporate-Social-Responsibility wie zum Beispiel von Lockett et al. (2006) über den Zeitraum 1992-2002 untermauern diese Beobachtung. Die Recherchen der Wissenschaft-ler ergaben, dass Corporate Social Responsibility in den Management-Journalen oft in Verbindung mit Umwelt- und ethischen Belangen betrachtet wurde und im Zeitablauf vermehrt Arbeiten mit theoretischem Fokus veröffentlicht wur-den. Dabei konnte weiters festgestellt werden, dass empirische Analysen vor allem auf quantitative Untersuchungen fokussieren und theoretische Analy-sen nicht-normativer Natur sind. Diese Ergebnisse zeigen die interdiszipli-näre Natur, die Heterogenität und vor allem die stetige Weiterentwicklung der Grundannahmen („continuing state of emergence“; Lockett et al. 2006, S. 115) dieses Feldes auf. Auch lässt sich feststellen, dass das Forschungsgebiet Corpo-rate Social Responsibility nicht nur von konstantem wissenschaftlichen Enga-gement getrieben ist, sondern auch von der Agenda des wirtschaftspolitischen Umfelds beeinflusst wird. Die Tatsache, dass Referenzen und Verweise sich

vorwiegend auf die Managementliteratur selbst beziehen, zeigt darüber hinaus, dass das Corporate-Social-Responsibility-Feld schon sehr fundiert und ausge-prägt ist, obwohl es auf keinem dominanten Paradigma oder singulären theo-retischen Ansatz beruht. Dieser „continuing state of emergence“ wird jedoch auch kritisch betrachtet, in Hinblick auf die Qualität der Forschung (Lockett et al., 2006, S. 115ff).

Im neuen Jahrtausend wird CSR zu einem der wichtigsten Themen und Auf-gabenstellungen der modernen Wirtschaft werden. Als Ursachen für diesen Anstieg der Resonanz im öffentlichen Interesse wird unter anderem die stetige Globalisierung, die damit verbundene sinkende Bedeutung der Nationalstaaten, der steigende globale Standortwettbewerb und die damit einhergehende größere gesellschaftliche Gestaltungskraft der Unternehmen gesehen (Hansen/Schrader 2005, S. 374). Der Globalisierung wird durch die Einrichtung des World Busi-ness Council for Sustainable Development Rechnung getragen. Auf europäischer Ebene bilden sich in den EU-Mitgliedsstaaten eigene CSR-Institutionen. In Ös-terreich entsteht die Organisation CSR Austria, heute respACT Austria genannt (CSR Austria, 2012).

Dennoch gibt es nach wie vor einige kritische Stimmen, die die Ernsthaftig-keit von gesellschaftlich verantwortlichen Unternehmen anzweifeln. Manchmal wird CSR als ein Konzept benutzt, welches an ein „greenwashing tool“ erinnert und so zu „misleading consumers regarding the environmental practices of a company or the environmental benefits of a product or service“ (Greenpeace zitiert nach Bazillier und Vauday, 2009, S. 3) führen kann. Auch anderer For-scherInnen kritisieren die Idee von CSR als „edentulous without legal obliga-tion“ (Frankental, 2001, S. 18) oder als „myth because there is no evidence for an altruistic entrepreneur“ (Fougère und Solitander, 2009, S. 223). Einen Schritt weiter geht Crowson (2009), indem er CSR als Möglichkeit für den Markteintritt in ausländische Märkte sieht, von der aus seiner Sicht nur multinational agie-rende Unternehmen profitieren.

Zusammenfassend betrachtet, verläuft die Entwicklung von CSR im wis-senschaftlichen Diskurs kontinuierlich. Die bisherige Entwicklung lässt sich grafisch als aufsteigende Treppe darstellen (vgl. Abb. 2). Diese Treppe erlaubt auch einen Ausblick auf die nächste Stufe der Entwicklung innerhalb der CSR-Forschung: „CSR-Kommunikation“. Voraussetzung für diese Weiterentwicklung ist eine Vereinheitlichung der CSR-Kommunikation mittels international aner-kannter Standards (GRI, 2012).

Abbildung 2: Entwicklungen der Konzepte mit Corporate-Social-Responsibility-Bezug von 1955–2012 (in Anlehnung an De Bakker et al., 2005, S. 288)

Business Ethics / Business Philanthropy, Charity Business Ethics / Business Philanthropy, Charity

Business Social Responsibility / Social Responsibility of Businessmen CSR Corporate Social Responsibility Corporate Social Responsiveness Stakeholder Model CSP Corporate Social Performance Corporate Social Rectitude Sustainable Development Tripple Bottom Line Corporate Citizenship CSR Communication

1955 2012

CSR ist in den vergangenen 20 Jahren noch präsenter geworden. War dieses For-schungsgebiet früher noch Steckenpferd weniger ForscherInnen, ist es heute als Thema bei Konferenzen und Weiterbildungsprogrammen für PraktikerInnen kaum wegzudenken. Auch KonsumentInnen und die Medien interessieren sich verstärkt für die Themen gesellschaftliche Verantwortung und Nachhaltigkeit.

Die bisherige Forschung hat gezeigt, dass Unternehmen bei ihrer Tätigkeit die Interessen vieler Parteien berühren, die es langfristig zu berücksichtigen gilt.

Als theoretischer Bezugsrahmen hat sich die Stakeholder-Theorie, die ihre Ur-sprünge in der Managementforschung hat, in der CSR-Forschung etabliert und soll in weiterer Folge beschrieben werden.