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Geschichte des Islam in Österreich

Im Dokument Wahrnehmung des Islam in Österreich (Seite 10-15)

2.1 Die Anfänge und erste Kontakte mit den Osmanen

Die Anfänge der Geschichte zwischen dem Islam und Österreich sind geprägt durch Kriege und gegenseitigen Eroberungsfeldzügen. Aber nicht nur – es kam teilweise auch zum kulturellen Austausch. „Die ersten Kontakte mit Muslimen gab es bereits im Früh- und Hochmittelalter, als Scharen morgenländischer Krieger mit meist innerasiatischer Herkunft, die die pannonische Ebene und den Donauraum durchstreiften."2

Im 15. Jahrhundert gelangten die Osmanen durch Feldzüge bis an die Grenzen des Habsburgerreiches heran und eroberten im Jahre 1526 Ungarn, wodurch Österreich zum direkten Nachbar des Osmanischen Reiches wurde. „Die Habsburger übernahmen von nun an die Verteidigung des Abendlandes vor dem Islam.“3 Über zweihundert Jahre lang wurde Österreich von den Türken attackiert, erst nach der zweiten Belagerung von Wien (1638) setzten die Habsburger zum Gegenangriff an. Im Frieden von Passowitz (1718) wurden den türkischen Untertanen im habsburgerischen Reich diverse Freiheiten und Rechte zugestanden. „In der Folge weisen die Erläuterungen (historische Bemerkungen zum Islamgesetz 1912, Anmerkung) darauf hin, daß solche Bekenner des Islam seit altersher faktisch auf religiösem Gebiet die volle Glaubens- und Gewissensfreiheit genossen. Diese Freiheiten bezogen sich aber nur auf ausländische, im besonderen ottomanische Staatsangehörige, für Untertanen der habsburgerischen Herrschaft kamen sie grundsätzlich nicht in Frage.“4

Während des 18. Jahrhunderts kam es zwar gebietsmäßig wieder zu Verlusten der Österreicher, aber es fand ein verstärkter kultureller Austausch statt. „Die jüngste, in schmerzlicher Erinnerung gebliebene Konfrontierung Österreichs mit dem Orient, die die türkischen Eroberungszüge auslösten, hat sich begreiflicherweise in das Bewußtsein des österreichischen Volkes tief eingeprägt. Sie hat der jüngeren Geschichtsschreibung eine bestimmte Richtung gegeben und die Literatur und das Volksempfinden beeinflusst. Weitere

2 Zitiert nach STROBL, Islam in Österreich, 18.

3 Ebd.

4 Zitiert nach POTZ, Die Anerkennung der islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, 135.

11 Spuren dieser Konfrontierung sind in verschiedenen Orts- und Personennamen erhalten geblieben. Man denke etwa an die Ortsbezeichnungen Türkenschanz und Türkenstraße und an die Familiennamen Turk, Türk, Türke, (…), usw. Durch türkische Gefangene gelangten in den steiermärkischen und kärntnerischen Dialekt türkische Lehnwörter, wie Asperl (eine Obstart, vom persischen asb = Apfel), Tschater (Zelt), Tabor (Bataillon), Tschartak (Laube), Tschuter (aus Holz hergestellte Wasserflasche) usw., und die einheimische Bevölkerung lernte einige orientalische Kunstfertigkeiten kennen.“5

Durch die türkischen Expansionen konnte man in Mitteleuropa und auch in Wien immer wieder auf Moslems treffen – zum Beispiel als Kauflaute, schlichte Reisende, oder als Diplomaten. So gab es in Wien auch einen türkischen Botschafter. „Bei der kaiserlich-ottomanischen Botschaft in Wien war stets ein islamischer Geistlicher – ein Imam – angestellt. Für die Verrichtung der Gebete und der religiösen Feierlichkeiten stand eine Botschaftsmoschee zur Verfügung.“6 In diversen höheren Gesellschaftsschichten wurde es damals modern, sich für orientalisch-islamische Philosophie, Mode und Dichtkunst zu interessieren und diese zu studieren.

2.2 Österreich und Bosnien

Im Jahre 1878 kam es zur Okkupation Bosniens und der Herzegowina von Seiten der Habsburger. Dadurch fiel erstmals eine höhere Zahl (nahezu eine Million) an muslimischer Bevölkerung in deren Herrschaftsbereich. Anfangs gab es aufseiten jener heftigen Widerstand, deren Herzen konnten aber durch eine kluge Kultur- und Wirtschaftspolitik gewonnen werden.7 Formell blieben die beiden Gebiete bis zur Annexion 1908 unter dem Souverän des türkischen Sultans und die Einwohner türkische Staatsbürger, welche unter österreichischer Besatzung standen. Dadurch kam es aber zu keiner Einschränkung deren Rechte und die Okkupationsverwaltung war versucht die Gewohnheiten, die Religion, die Sicherheit der Person und das Eigentum der Muslime zu schützen. Erstmals in der Geschichte der bosnischen Moslems standen diese unter der der Herrschaft und Verwaltung einer

5 Zitiert nach BALIC, Muslims im Donauraum, 5.

6 Zitiert nach BALIC, Muslims im Donauraum, 7.

7 Vgl. BALIC, Muslims im Donauraum, 7.

12 Macht, welche nicht an den Islam glaubte. Unter türkischem Einfluss war der Islam Staatsreligion und Gesetz zugleich, der Sultan-Kalif besaß alle geistliche und weltliche Macht.

Doch nach der Okkupation durch die österreichisch-ungarische Monarchie zerfiel diese Verschmelzung von Staat und Religion. Der Islam wurde dadurch immer weiter in den Hintergrund gedrängt. Ende des 19. Jahrhunderts war er fast nur noch in Ghettos anzufinden, bis sich die Intellektuellen von Bosnien-Herzegowina Anfang des 20.

Jahrhunderts dazu entschlossen, anstatt am starren Festhalten an alten Traditionen, eine Kulturbewegung loszutreten und begannen, eine lebendige Vereinsszene und dazugehörige Aktivitäten zu etablieren. Dadurch fand der Islam wieder mehr Anklang unter der Bevölkerung, und im weiteren Verlauf der Geschichte (auch nach Ende des ersten Weltkrieges) fand eine kulturelle Europäisierung der bosnischen Moslems statt.

Seit 1885 wurden die Einwohner Bosniens und der Herzegowina zum österreichischen Wehrdienst einberufen. Durch ihre Bekleidung (unter anderem ein Fez als Kopfbedeckung) zeigten sie aber ihre religiöse und kulturelle Herkunft.8 „Vor und während des Ersten Weltkrieges befand sich in der Wiener Alserstrasse eine Militärmoschee. Während des Krieges startete man eine Aktion für den Bau einer repräsentativen Moschee. Zu diesem Zweck soll der Kaiser Franz Josef I. 25 000 Goldkronen gespendet haben. Auch der Bürgermeister Dr. Lueger stand den Bestrebungen der österreichischen Muslims freundlich gegenüber. Die Gemeinde Wien stellte ein Grundstück für den Moscheebau zur Verfügung.“9 – Dieses Vorhaben wurde aber nie in die Tat umgesetzt. „Die Erinnerung an die Bosniaken, die in der k.u.k. Armee eine der Elitetruppen darstellten, wird bis heute im Rahmen der Traditionspflege des 54. Grazer Landwehrregiments (Kirchnerkaserne) wachgehalten. Seit Ende der sechziger Jahre werden von diesem Regiment zum Gedenken an den 7. Juni 1916, als die Bosniaken den Monte Meletta an der italienischen Front stürmten, in Graz jährlich die sog. Meletta-Feiern veranstaltet, die sich mittlerweile zu Jahrestreffen der Auslandsbosnier ausgeweitet haben. Diese Feiern suchen das Übernationale und Überkonfessionelle zu betonen und stehen im Zeichen des Friedens und des Wunsches nach besseren Beziehungen zwischen den Völkern und Religionen.“10 – Meiner Recherche nach fand die letzte dieser Feiern im Juni 2005 statt.

8 Vgl. STROBL, Islam in Österreich, 21ff.

9 Zitiert nach BALIC, Muslims im Donauraum, 7.

10 Zitiert nach STROBL, Islam in Österreich, 24.

13

2.3 Der Islam in der 1. und 2. Republik

In der Zeit der 1. Republik lebten nur wenige Muslime in Österreich, es waren an die 1.000 in Wien. Vor allem Kriegsflüchtlinge, welche aber aufgrund ihrer geringen Zahl keine Bildung einer eigenen Gemeinde vorantrieben. In den Nachkriegsjahren lebten vor allem Muslime in Österreich, welche durch die Wirren der beiden Weltkriege, entweder als Soldaten oder aus Arbeits- oder Konzentrationslagern, nach Österreich gekommen sind. Viele Moslems, die auf der Flucht von Ost- und Südosteuropa nach Amerika oder Australien waren, nutzten Österreich als Zwischenstation. In den 1950er Jahren wurde ihre Zahl auf mehrere Tausend geschätzt. Da die Mehrheit dieser Menschen sozial bedürftig war, kam es zu Hilfsleistungen von Seiten der christlichen Institutionen und der österreichischen Obrigkeit.11

In den 1960er und 70er Jahren zog ein großer Bedarf an Arbeitskräften viele Muslime nach West- und Nordeuropa. Durch das steigende Wirtschaftswachstum suchte man in Spanien, Italien, dem ehemaligen Jugoslawien, sowie der Türkei und weiteren muslimischen Ländern nach arbeitswilligen Personen. Die Industrienationen betrieben aktive Anwerbungspolitik und die Aussicht auf höhere Löhne lockte viele Arbeitskräfte an. Im Westen war man aber nicht im geringsten darauf vorbereitet, dass zum Beispiel Türken, „Jugoslawen“ oder Marokkaner ihre Familien, ihre Religion, sowie ihre Kultur und Lebensweise mitbringen würden, und man unterschätzte gesamtgesellschaftliche Dimension des ganzen Unterfangens. „>Wir riefen Arbeiter, aber es kamen Menschen.< Dieser bekannte Spruch charakterisiert die Situation.“12 Eigentlich war ein „Rotationsprinzip“ (ein zeitlich befristeter Arbeitsaufenthalt; der Zuzug der Familien war nicht vorgesehen) gedacht, doch die Wirtschaft setzte sich mit ihrer Forderung nach langfristigen Verweilmöglichkeiten durch.

Dies konnte man aber nur erreichen, indem man die Möglichkeit des Nachkommens der Familien der Gastarbeiter schuf. Das Motiv vieler Gastarbeiter war lediglich, sich ein finanzielles Polster zu schaffen und mit dem Ersparten nach einigen Jahren eine gesicherte Existenz in der Heimat aufzubauen. Es gab aber viele Faktoren, welche die Arbeitnehmer auf ihre Rückkehr verzichten ließen. Zum Beispiel die schlechte soziale Lage in den Heimatländern, geringere Verdienstmöglichkeiten oder gar keine Arbeitsstelle dort, die noch zu beendete schulische Ausbildung der Kinder oder das hervorragende Sozialsystem

11 Vgl. STROBL, Islam in Österreich, 25.

12 Zitiert nach MILDENBERGER, Kirchengemeinden und ihre muslimischen Nachbarn, 12.

14 (inklusive Kranken- und Arbeitslosenversicherung) im Westen. Auch durch lange Zeit der Integration und des Einlebens in die westliche Kultur, fiel die Rückkehr in die ursprüngliche Heimat vielen schwer. Heutzutage gilt dies besonders für die zweite oder dritte Generation der Einwanderer, der Gastarbeiterkinder, welche ihr Aufnahmeland nicht wieder verlassen möchten. Dies führte natürlich zu einer gesellschaftspolitischen Herausforderung, da das ursprüngliche Konzept ja ein Rotationsprinzip vorsah, und dadurch mussten die Industriestaaten Maßnahmen bezüglich der neu vorhandenen Situation treffen. So erließen viele Regierungen Gesetze, welche die Einwanderung und Rückführung regeln sollten, da es aufgrund einer steigenden Zahl an Arbeitslosen zu vermehrter Ausländerfeindlichkeit und in weiterer Folge auch zu Aufständen kam. Dadurch kam es zu weiteren Verschärfungen in den gesetzlichen Bestimmungen, welche aber nicht in der Lage waren, Immigration zu stoppen und die Zuwanderer zu hoher Zahl in illegale Beschäftigungsverhältnisse drängten13 „1991, im 30. Jahr der Öffnung des österreichischen Arbeitsmarktes, waren 265.000 ausländische Arbeitskräfte legal in Österreich beschäftigt, die Schätzungen der illegal Beschäftigten reichen von 40.000 bis 100.000.“14 In den nächsten zwanzig Jahren mehr als verdoppelte sich die Anzahl der legal beschäftigten ausländischen Arbeitskräfte in Österreich. 2011 lag die Zahl bei rund 489.000 und stieg bis zum November 2014 auf 584.700 ausländischer Arbeitnehmer.15

In den 1960er Jahren wird das Aufkommen des Islam in Österreich, durch Zuzug von Arbeitnehmern aus der Türkei und dem ehemaligen Jugoslawien bemerkbar. Anfangs zog vor allem Wien, als Sitz verschiedener internationaler Organisationen, wie der UNO oder der OPEC, muslimische Diplomaten und Geschäftsleute an.16 Doch im Verlauf der nächsten Jahrzehnte stieg die Zahl der Moslems in Österreich stetig an und die Verteilung verbreitete sich auf andere österreichische Städte. Es kam zu Gründungen von verschiedenen islamischen Vereinen und Gesellschaften.

13 Vgl. STROBL, Islam in Österreich, 25ff.

14 Zitiert nach PARNREITER, … alle Arbeitskräfte des Erdrunds, 71.

15 Vgl.

http://www.statistik.at/web_de/services/stat_uebersichten/beschaeftigung_und_arbeitsmarkt/index.html (Zugriff Jan. 2015) - Beschäftigung und Arbeitsmarkt (PDF)

16 Vgl. STROBL, Islam in Österreich, 27.

15 Die älteste Moschee Österreichs wurde 1975 bis 1979 aus einer Geldspende des damaligen Königs von Saudi-Arabien, Faisal Bin Abdul Aziz, errichtet, nachdem die Vertreter von acht islamischen Staaten 1968 das Grundstück (Am Bruckhafen 3, 21. Wiener Gemeindebezirk:

Floridsdorf, Anmerkung) erworben und gemeinsam mit Österreich das Bauvorhaben unterstützt hatten.17 Im salzburgischen Saalfelden gibt es seit 2003 ein acht Meter hohes Minarett, und im Jahr 2005 wurde in Wien, von Muslimen aus Ghana, Nigeria und Benin, eine zweite Moschee errichtet. An eine 1998 erbaute Moschee in Telfs/Tirol wurde 2006 ein Minarett hinzugefügt. Als zeitlich letzte, wurde 2009 eine Moschee im niederösterreichischen Bad Vöslau eröffnet. Daneben bestehen noch über 200 islamische Gebetsräume in ganz Österreich, welche unter anderem in Wohnungen oder ehemaligen Lager- oder Fabrikhallen anzufinden sind.

3. Entwicklung der muslimischen Bevölkerung Österreichs in

Im Dokument Wahrnehmung des Islam in Österreich (Seite 10-15)