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5. Interviews

5.2 Devin

Devin ist 24 Jahre alt, lebt seit 16 Jahren in Österreich und arbeitet in einem Statikbüro.

Geboren wurde der Kurde in der Türkei. Das Interview fand im November 2014 statt.

Frage: „Bist du streng gläubig?“

„Ich war mal streng gläubig. Zwischen dem 15. Lebensjahr und 18. Lebensjahr.“

Er sei bei einer Moschee dabei gewesen, und das sei richtig streng gewesen. Ausgegangen ist das von seinem Onkel. Dieser habe ihm ein paar Bücher zu lesen gegeben und ein paar Leute in Graz vorgestellt. „Und dann haben wir uns kennengelernt und uns angeschlossen sozusagen. Und da war ich dann halt immer, jeden Tag. Von der Früh weg bis 23 Uhr, 24 Uhr.“ Getroffen haben sie sich in einer arabischen Moschee in der Nähe des Schlachthofes (Lagergasse, Anmerkung) in Graz. Im Nachhinein sei er draufgekommen, dass das Salafisten (ultrakonservative Strömung innerhalb des Islam, Anmerkung) seien. Der Vorbeter wäre aus Ägypten, ein „bekannter nicht, aber ein angesagter sozusagen“. Devin hat dort den ganzen Tag verbracht (außer der Schulzeit) und gebetet, den Koran und religiöse Bücher gelesen.

„Im Ramadan dann fast … fast ein Monat immer dort. Also fast dort geschlafen auch.“ Das sei richtig ernst gewesen, und es seien fast nur Schüler und Studenten dort gewesen, „80%“.

Zwei konvertierte Österreicher seien auch dort gewesen. Viele seien dann nach Wien gezogen, denn sie haben herausgefunden, was der Imam wirklich sei. „Der hat in letzter Zeit hat er immer gesprochen: >Ja, geht‘s in den Dschihad< und so. (…) Der wollte uns jeden runter schicken.“ Die Studenten hätten deswegen ein schlechtes Gewissen gehabt und den Computer des Imam gehackt und seien draufgekommen, dass dieser ein CIA-Agent sei. Er wurde dann von der Moschee entlassen. Devin hat nach diesem Vorfall aufgehört in die Moschee zu gehen und angefangen neue Bücher zu lesen und sich ein eigenes Bild vom Islam zu machen. „Die Bücher, die wir zum Beispiel dort bekommen haben … Der hat gesagt:

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>OK, dieses Buch passt, das passt zu unserer Religion, das ist zu 100% das Richtige<.“ Es gibt verschiedene Bücher, mit unterschiedlichen Auslegungen der Worte und Taten des Propheten Mohammed, und Devin durfte vom Imam aus nur einige wenige lesen. Im Nachhinein habe er begonnen die Bücher zu vergleichen. „Ich habe die Bücher einfach verglichen und bin draufgekommen, eigentlich, so streng ist es gar nicht.“ In ihrer Religion gebe es keinen Zwang und kein Töten, der Imam habe aber immer vom Dschihad geredet.

„Das was unten passiert ist, zum Beispiel im, zum Beispiel im Irak oder so, ja, hat nichts damit zu tun. Oder was jetzt passiert.“ Die Terroreinheit ISIS seien „Vollfanatiker, komplett irre.“

Man brauche einen Imam, um Hintergrundinformationen zu den verschiedenen Büchern zu bekommen, und deswegen müsse man sich einer Moschee anschließen. „Anschließen heißt nur, wenn du in diese Moschee gehst. (…) Zweimal am Tag, bist schon dabei. Oder, keine Ahnung, einmal in der Woche, bist schon dabei.“ Viele seiner damaligen Freunde hätten sich, nach dem Vorfall mit dem Imam, anderen Moscheen in Graz und weiteren Städten angeschlossen. Alle hätten sich danach wieder einmal getroffen, und „jetzt haben wir gesehen, jeder, der damals bei uns, also dabei war, hat ein anderes Bild vor Kopf, schaut die Sache anders an“. Manche seien kriminell geworden oder „haben ein weiches Herz bekommen“.

Devin stimmt zu, dass man mit 15-16 Jahren noch sehr beeinflussbar ist. „Weil damals, wie der Imam irgendwas gesagt hat – sofort daran geglaubt. Wenn der gesagt hat: OK, das ist so und so, dann war es so. Wenn der jetzt mit dem Gleichen kommen würde, würde ich sagen:

… >Hallo, du kannst wen anderen verarschen<.“ Es gebe auch viele Jugendliche, die von den Eltern gezwungen würden, die Religion „nicht auf der weichen Seite, sondern voll hart“ zu lernen. „Dass sie kämpfen sollen zum Beispiel. Da sind in den letzten zwei Jahren ganz viele runter gefahren … ah … nach Syrien, nach Irak und nach Afghanistan. Ganz viele Tschetschenen sind runter gefahren zum Beispiel.“ Die Jugend, die heute aufwächst, sei seiner Meinung nach sowieso sehr „puhh, muss mach echt sagen … [wankt mit dem Kopf]“

Frage: „Liegt das an den Glaubensgemeinschaften, dass sie dort radikalisiert werden?“

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„Meiner Meinung schon. (…) Entweder, von den Eltern gezwungen, dass sie dort hingehen sollen und das lernen sollen, weil sie so gelernt haben, oder … Freundeskreis. (…) Wenn man nur mit denen Leuten abhängt, dann wird man so.“ Der meiste Einfluss sei aber von den Eltern, „von den Eltern, die wirklich so radikal sind“.

Frage: „Das heißt, wenn der Vater radikal ist, wird es der Sohn wahrscheinlich auch?“

„Der zwingt den, der zwingt den. Der zwingt den und spätestens mit 18, entweder ist der Junge auch so, oder der geht weg von daheim. (…) Der kann nicht mehr dort wohnen. Wenn der sagt, das ist falsch, das mag ich nicht, das interessiert mich nicht, das ist falsch was du denkst. Wenn der das so sagt, der … der … >Du bist nicht mehr von meiner Familie.<.“ Und dann sei der Junge mit 18 auf sich alleine gestellt, „aber was soll der machen, der baut nur Scheiße draußen.“

Devin wurden nie Steine in den Weg gelegt, wenn er seinen Glauben ausleben wollte.

Österreich sei besser als Deutschland (er hat dort acht Monate lang gearbeitet), und man könne den Islam hier wirklich ausüben. Es gebe schon Leute, die sagen würden: >Was tut ihr Da? Schleichts eich, irgendwie … keine Ahnung … geht in euer Land und machts das dort.“<

Das gibt‘s aber überall.“ Devin hat nie Probleme gehabt, seinen Glauben auszuüben, und an Festtagen würden sogar Süßigkeiten mit den Nicht-Muslimischen Nachbarn ausgetauscht werden, oder diese kommen zu Bayram zum Essen vorbei. „Es ist voll friedlich hier.“ Nicht so wie in Deutschland, da sehe man in gewissen Bezirken viele Faschisten.

Devin persönlich hat nie Probleme gehabt, weil er Moslem ist. „Ich nicht, aber … ah … ich müsste sagen, meine Schwester zum Beispiel, sie hat ein Kopftuch … Sie hat schon gewisse Schwierigkeiten gehabt beim … ähm … Sie ist Bürokauffrau und mit Kopftuch … ist es halt schwieriger.“

Niemals ist je jemand ungut zu ihm gewesen, auf der Straße oder beim Fortgehen zum Beispiel, und er kennt auch niemanden, der je so etwas erlebt hat.

43 Jeder kann, seiner Meinung nach, glauben was er will und man solle sich nicht einmischen.

Seine Eltern hätten gesagt, er solle sich nicht mit Nichtmuslimen treffen, da sie ihn vom Glauben abbringen würden. Aber mit dem Alter und der Erfahrung und dem Kennenlernen und der Umgebung sehe man, „dass die Leute eigentlich nur Frieden wollen.“ „Und irgendwie keiner sagen könnte: „OK, du bist Moslem, oder du bist Christ, oder, keine Ahnung, Orthodoxer, oder so. Und weil du Christ bist, bin ich nicht mit dir befreundet, oder so.“ Das ist kompletter Schwachsinn. (…) Es sind alle nur Menschen, und der kann glauben an das, was er will.“ Das habe er auch seinen Eltern erklär,t und jetzt würden sie das auch so sehen.

Frage: „Du glaubst also, dass durch gegenseitiges Kennenlernen Vorurteile abgebaut werden und die Leute eigentlich nur in Frieden zusammenleben wollen, solange man niemanden seinen Glauben aufzwingen will?“

„So ist es, so ist es.“

Es sei falsch, Leute von ihrem Glauben abbringen zu wollen. Wenn er Interesse am Christentum hätte, dann würde er fragen, „und wenn ich was lernen will, dann erklärst du mir das, und wenn ich das akzeptieren will, dann mach ich es und wenn nicht, dann:

Frieden“. Man könne niemanden zwingen, und das sei auch im Islam verboten. Das habe er aber in der Moschee oft gehört. Devin habe auch Freundinnen gehabt, aber dann hätten seine Kollegen aus der Moschee gesagt, das sei verboten. „Der Imam sagte uns auch, wenn man zum Beispiel irgendwo in einem Bus, oder in einem Cafe, oder, keine Ahnung, irgendwo sitzt, dass man ja keine Frau ansehen sollte. Ehh, vielleicht kennt man die Frau, vielleicht will man mal ein bisschen quatschen oder so. (…) Es kann ja nicht sein, dass man irgendwie so voll geschlossen sein sollte, zu den anderen Menschen. Weil wie sollten wir dann die kennenlernen, und wie sollten die dann uns kennenlernen?“

Bildung sei sehr wichtig, und er sei dankbar, im Nachhinein viele Bücher, auch die Bibel, miteinander verglichen zu haben. Da sehe man, dass die Menschen alle nur das eine wollen, keine Anfeindungen.

44 Alle seine Freunde seien offen und aufgeschlossen. Er kenne nur eine radikale Person, und das sei sein Onkel und den könne man auch durch viel Zureden nicht mehr von seiner Linie abbringen. Devin habe es oft probiert, aber man könne nichts mehr ändern. „Aber sonst in meiner Umgebung sind eigentlich alle … offen.“ Er kenne viele Aleviten, und die seien viel offener und müssten auch nicht beten, das sei jedem einzelnen selbst überlassen. „Meine Mutter sagt auch manchmal: >Ja, warum betest du nicht? Du bist jetzt schon, keine Ahnung, 24, 25, du müsstest jetzt beten< und so weiter, aber ich sage: >Das ist meine Sache, Mutter.< Wenn ich beten will, dann bete ich, und wenn nicht, dann nicht.“

Devin versucht momentan noch die Vergleiche fortzusetzen, aber so streng sei er nicht und er bete auch nicht fünf Mal am Tag. Er bete schon jeden Tag, aber nicht „so“. Im Ramadan faste er – nicht nur, weil die Religion das vorschreibe, sondern es sei ja auch gesund.

„Gesund einerseits, und zweitens, damit man wirklich einmal … ah … den Wert von Essen … ah … lernt. Dass man die Leute versteht, die nichts zum essen haben.“ Das man denen helfen sollte.

Devin trinke auch Alkohol. Beim Fortgehen mit Freunden, oder einmal im Monat mit seinen Arbeitskollegen, da treffen sich alle und gehen ein Bier trinken. „Ich finde, das ist … ähh … ist nicht so schlimm.“

Angesprochen auf die Gebet-Moral der Moslems in Österreich, meint Devin, das sei unterschiedlich. Bei den Tschetschenen und Afghanen sei es strenger, die würden schon mit 20 alle beten, die Türken erst ab 30-40. Viele würden auch erst nach einer Pilgerfahrt nach Mekka „richtige Moslems“ werden und fünf Mal am Tag beten. „Bei der Jugend zum Beispiel hier, jetzt reden wir von den Türken und Kurden aus … ja … keiner betet von den Jungs.

Vielleicht fünf Prozent.“ Im Ramadan faste aber fast ein jeder.

Frage: „Und wie ist es mit dem Alkohol, bei den meisten eher locker oder streng?“

„Die, die hier aufgewachsen sind … Wenn du die Eltern fragen würdest, würden die sagen:

>Nein, unsere Kinder, die trinken nie Alkohol.< (…) Das wissen sie nicht. Aber wenn die … wenn die Kinder freitags draußen sind, dann trinken sie wie die Kamele. Das weiß ich.“ Dem

45 Vater würden die sich das nicht erzählen trauen – Devin schon. Der findet, man solle sich zu Hause gleich geben wie „draußen“.

In Ankara oder Istanbul seien die Leute „voll offen“, jeder tue was er wolle. „Das ist wie in Europa, kann keiner irgendwas sagen. Aber wenn du zum Beispiel weiter runter (…) Richtung Grenze, Irak - Iran, fährst, da ist es streng. Da ist es ziemlich streng.“

Es gebe einfach verschiedene Gruppen und Erdogan zum Beispiel, sei momentan sehr radikal. Devin vergleiche die Fernseh- und Zeitungsberichte über die Geschehnisse in der Türkei. „Aber das, was da abläuft, das ist … Katastrophe. Also, von Demokratie kann ich nicht reden.“ Wenn du in Graz türkische Moslems fragen würdest, „die würden alle sagen:

Erdogan ist der Beste“.

Devin ist kein Fan von Erdogan und glaubt, dieser habe sich seinen Reichtum durch diverse Machenschaften (Abzweigung von Geldern bei Privatisierungen) erschlichen. Die Türken hier sähen nur das Positive, den Wirtschaftsaufschwung und die Verbesserung der Infrastruktur, aber sie sähen nicht, „was im Hintergrund abläuft“.

Frage: „Wie siehst du die Situation von muslimischen Frauen in Österreich?“

„Ich glaube, die Frauen, die richtig an den Islam gebunden sind, die wirklich verschleiert und so sind … die haben es glaube ich nicht so leicht, muss ich sagen. Hast sicher auch schon gelesen in der Zeitung, dass sie angegriffen werden in der Straßenbahn (…) dass sie einfach angegriffen werden, oder nirgends gut angesehen werden.“ Nicht nur von Österreichern, auch von Türken, das sei in der Türkei auch so. Es gebe in Istanbul einen Bezirk, „wenn du mit dem Kopftuch reingehst, dann schauen die dich schon schief an“.

Die Frauen mit Kopftuch hätten es schwieriger, weil sie „geschlossen“ seien und keinen Kontakt haben wollten.

Frage: „Keinen Kontakt haben wollen oder keinen Kontakt haben dürfen?“

„Beides glaube ich. (…) Ja, ich glaube eher so … von dem dürfen her so, von den Eltern her.“

46 Seine Schwester ist 21, und „die kann selber auch denken“. Zwang ist in seiner Familie nicht gang und gäbe. „Weil auch … Wenn ein Mädchen zum Beispiel 16 Jahre alt ist und die Eltern sagen zu ihr: „Ja, du musst jetzt ein Kopftuch tragen“, so ja. Und sie trägt ein Kopftuch zuhause, und wenn sie morgen in die Schule will (…) Sobald sie draußen ist, tut sie es runter.

Ja, was bringt sich das? Hat es ja keinen Sinn, wenn man sie zwingt. Sie muss es vom Herz wollen, sie muss es selber wollen.“

Devin persönlich habe fast nur österreichische „Kumpels“. „Von der Arbeit her, von der Schule her, von der Uni her habe ich ganz viele.“

Angesprochen auf den Integrationswillen, meint Devin, es gebe einen Unterschied zwischen Jungen und Erwachsenen. Die Jungen bekämen durch Videos im Internet „ein Bild, dass sie nicht integrieren wollen, dass sie einfach nur das tun, wie sie sind – wie die Heimat zum Beispiel ist“. „Dass sie einfach so tun: Hier bin ich zuhause, aber ich tue einfach das (…) wie meine Heimat ist.“ Sie würden sich hier nicht zuhause fühlen und sich Videos von der Türkei ansehen und meinen, dass das ihre richtige Heimat ist. „Aber bei den … bei den Erwachsenen sowieso, die mit … äh … 30-40 Jahren hier her gekommen sind, bei denen können wir sowieso nichts ändern. Ganz wenig, zehn Prozent vielleicht, dass sie sich integrieren wollen.“

Frage: „Warum?“

„Die meisten wollen hier einfach nur arbeiten, ja, sie wollen einfach nur ihr Geld verdienen

… hier leben. Und nicht irgendwie, keine Ahnung, ja, jetzt lerne ich mal die Kultur … oder ich lerne mal die Sprache kennen oder, keine Ahnung, irgendwas. Interessiert die nicht. Muss ich ehrlich zugeben. Das war bei meinem Vater auch so.“ Er könne mir nicht sagen, warum das so ist. Es gebe schon Leute, die wollen, aber: „Bei den meisten ist das eher so, dass denen das überhaupt nicht interessiert, was die Österreicher, zum Beispiel denken, oder … oder, keine Ahnung …“

Interviewer: „Ist denen komplett wurscht.“

Devin: „Ist denen komplett wurscht, was die denken. Weil, es wurde denen gesagt, Österreich ist ein … äh … ist ein freies Land. Jeder kann machen, das was er will eigentlich.

47 Und … äh … die sagen so: >Ich muss mich nicht anpassen<. Aber ist eigentlich komplett … falsch. Anpassen muss nicht sein, aber wissen soll er es.“ Wenn Devin mit ein einem Österreicher rede, müsse er wissen „wie der ist“. „Dann kann ich mit ihm reden.“

Es sei aber auch schwer für die, die in Graz sind, denn die meisten Erwachsenen hätten keine Ausbildung. „Also, die haben meistens nur, ich weiß nicht, Hauptschule in der Türkei gemacht, aber nicht mehr. Die meisten können nicht einmal … äh … lesen oder schreiben.

Das ist auch das größte Problem von denen, dass sie nicht einmal eine Zeitung aufschlagen und lesen können.“

Wenn man in der Türkei Europa höre, denke man an Arbeit, das man gut leben kann, soziales – gesundheitlich auch, Ausbildung. Daran, sich anzupassen, würden die meisten nicht denken. Sicherheit sei für Kurden auch wichtig, denn in der Türkei hätten sie es sehr schwer.

In Österreich gibt es laut Devin, auch Probleme zwischen Kurden und Türken. Es gebe die verschiedenen Vereine und jeder würde sich voneinander fern halten. „Obwohl das aber komplett falsch ist.“ Vor zehn Jahren wäre ein Bombenanschlag zwischen Kurden und Türken gewesen. Das seien Leute, „die keine Ausbildung haben“. Devin habe einen kurdischen Verein in Graz besucht um etwas über die Geschichte zu lernen, aber „nein, da wirst du einfach nur angefeuert“.

Heute geht Devin in keine Moschee mehr. „Wieso denn, damit ich dort was Falsches lerne?“

Nach einer kurzen Redepause meint Devin: „Aber ich muss sagen, dass die Moslems es eher so leichter haben in Europa, als in manchen muslimischen Ländern.“

Frage: „Warum?“

„Weil sie hier einfach frei den Religionen ausüben können, und unten ist das nicht so.“

Frage: „Wie stehst du zu den radikalen islamischen Regimen, zum Beispiel in Saudi-Arabien?“

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„Verstehe ich nicht … Akzeptiere ich nicht. Akzeptiere ich überhaupt nicht … Es hat keinen Sinn. Für mich hat das überhaupt keinen Sinn, dass die so sind.“

Zum Krieg in Syrien und Irak meint Devin: „Das ist irre, was da unten abläuft.“ Persönlich kennt er niemanden der sich überlegt, in den Krieg zu ziehen. Aber er habe jemanden gekannt, der vor 6-7 Monaten „runter gefahren“ sei, aber nach drei Wochen schon erschossen worden sei. „Das verstehe ich zum Beispiel auch nicht, dass ein Junge, der zum Beispiel hier aufgewachsen ist, … keine Ahnung hat von Waffen, keine Ahnung hat von irgendwas … Bomben, oder Kriegssachen … dass der einfach so runter gefahren und einfach so eingestellt: „Ja OK, jetzt kämpfe ich“ … Hallo, ich mein wieso? Der hat ja keine Ahnung.“

Das sich junge Leute, die in einem sicheren Land wie Österreich leben und aufgewachsen sind, sich für den Krieg radikalisieren und rekrutieren lassen können, habe für Devin nur einen Hintergrund: „Es wird denen gesagt, wenn du jetzt gegen den, wir sagen dazu kafir – Nicht-Gläubige (…) wenn du gegen denen kämpfst, und … äh … irgendwie angeschossen wirst oder halt stirbst, bist du im Paradies.“ Deswegen, das sei der einzige Hintergrund. Das bekommt man in der Moschee zu hören.

Auch den Fall der beiden Wiener Mädchen (15 Jahre), die nach Syrien in den Dschihad gezogen sind, empfindet Devin als „irre“.

Die Leute, die für ISIS kämpfen, sollten seiner Meinung nach bei ihrer Rückkehr nach Österreich nicht bestraft werden.

Devin hat die österreichische Staatsbürgerschaft „seit 2002, glaube ich“. Er erklärt mir:

Wenn man in Österreich geboren wird und beide Elternteile die zum Beispiel türkische Staatsbürgerschaft besitzen, dann hat man bis zum 18. Lebensjahr beide Staatsbürgerschaften (Österreich + Türkei) und dann muss man sich für eine entscheiden.

Seine jüngste Schwester sei hier geboren, habe die Doppelstaatsbürgerschaft und wenn sie dann 18 ist, müsse sie wählen. „Die meisten sind eh für die Österreichische (…) Weil es leichter ist für denen.“

49 Frage: „Findest du, dass die Österreicher im Allgemeinen Fremdenfeindlich sind und Muslimen gegenüber negativ eingestellt sind?“

„Meiner Meinung nicht.“ Sowas habe er auch von seinen Eltern oder Freunden noch nie

„Meiner Meinung nicht.“ Sowas habe er auch von seinen Eltern oder Freunden noch nie

Im Dokument Wahrnehmung des Islam in Österreich (Seite 40-50)