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Gernot Bodner 1* , Mouhannad Alsalem 1 , Hans-Peter Kaul 1 , Jakub Jez 2 und Boris Rewald 3

Im Dokument Tagungsbericht 2017 V A A L (Seite 50-53)

Einleitung

Der Produktionsfortschritt bei wichtigen landwirtschaftlichen Kulturpflanzen (z.B. Weizen, Mais) zeigt seit den 1990er Jahren einen abnehmenden Trend. Im europäischen Kontext ist dies unter ande-rem auf vermehrten klimatischen Stress und Management-Extensivierung zurückzuführen (BRISSON et al. 2010). Dementsprechend ist die Pflanzenzüchtung gefordert, Stressresistenz und Ressourceneffi-zienz der Sorten zu verbessern, um Ertrag und Ertragsstabilität weiter zu steigern. Nach den beachtli-chen Fortschritten in der genetisbeachtli-chen Charakterisierung von Pflanzen gibt es derzeit international und auf EU-Ebene neue Initiativen, entsprechende Möglichkeiten auch für die phänotypische Pflanzenbe-schreibung zu schaffen. In Österreich wurde daher als Teil der europäischen Netzwerk- (EPPN, www.plant-phenotyping-network.eu) und Infrastrukturinitiativen (EMPHASIS, https://emphasis.plant-phenotyping.eu) das „Austrian Plant Phenotyping Network“ (www.appn.at) gegründet, mit dem Ziel die Aktivitäten in Forschung und Anwendung moderner Phänotypisierungs-Methoden zu stärken. Der vorliegende Beitrag gibt eine Übersicht über Ansätze zur Pflanzen-Phänotypisierung und zeigt zwei Anwendungsbeispiele bildbasierter Untersuchung von pflanzengenetischen Ressourcen auf relevante Stressresistenzeigenschaften.

Material und Methoden

Phänotypisierungmethoden: Die Erstellung einer schematischen Darstellung von Phänotypisierungs-ansätzen basiert auf (i) vorliegender Fachliteratur (Scopus-Datenbank; 2007-2017; Schlagworte „Phe-notyping“ und „Plant“) sowie (ii) im Rahmen des European Plant Phenotyping Networks EPPN um-fassend getesteter Phänotypisierungs-Anlagen.

Beispielergebnisse: Es werden beispielhaft Ergebnisse aus der Sproß- und Wurzelphänotypisierung gezeigt: (i) die zeitliche Entwicklung der Blattfläche über RGB-Imaging in der Phänotypisierungs-analge „Screen House“ des Forschungszentrums (FZ) Jülich in Deutschland für Durumweizen bei ausreichender Wasserversorgung und Trockenstress; (ii) die Länge der Seitenwurzeln von 16 Erbsen-genotypen aus dem Sortiment des EU-Projektes Eurolegume (www.eurolegume.eu) in der Phänotypi-sierungs-Plattform „Screen Root SP“ des FZ Jülich.

Ergebnisse und Diskussion

Abbildung 1 fasst schematisch Ansätze zur Pflanzenphänotypisierung zusammen. In Abhängigkeit des Pflanzenorgans erfolgen die Messungen unter kontollierten (Klimakammer, Glashaus) oder Feldbe-dingungen. Damit verbunden ist, ob die Pflanzen in Versuchsgefäßen (z.B. Petrischalen, Töpfen, Rhi-zotronen) oder im Boden wachsen. In der Klimakammer und im Glashaus ist die Versuchseinheit zu-meist die Einzelpflanze, im Freiland dagegen eine Pflanzenbestand (Parzelle). Dem Vorteil natürlicher Wachstumsbedingungen bei Feld-Phenotyping steht die Beschränkung bei der Anwendung bestimmter Messmethoden (Sensoren) gegenüber. Dementsprechend unterscheidet man zwischen „deep phenoty-ping“, wo etwa mit Röntgenstrahlen oder Magnetresonanz-Imaging hoch aufgelöste 3D Bilder erzeilt werden können, und bildgebenden Methoden mit hohem Durchsatz im Wellenlängenbereicht des sichtbaren Lichtes, nahen Infrarot sowie der thermischen Strahlung. Die räumliche Skala und die Fle-xibilität der Feldphänotypisierung werden durch den Einsatz von UAVs (z.B. Drohnen, Oktokoptern) weiter gesteigert.

Tabelle 1 zeigt Beispiele von Pflanzeneigenschaften, die mittles bildbasierter Phänotypisierung erzielt werden. Neben der Beschreibung der Struktur der Genotypen, sind vor allem funktionelle Parameter von Interesse. Die moderne Phänotypisierungmethoden erlauben hier erstmals, physiologische Eigen-schaften wie Photosyntheseleistung oder Spaltöffnungsregulation in hohem Durchsatz zu bestimmen und somit in Züchtungsstrategien einfließen zu lassen.

Abbil- dung 1:

Schematische Einteilung der Pflanzenphänotypisierungsmethoden nach Zielorgan, Beobachtungsumwelt, Sensortyp (Wellenlängenbereich) und potentiellem Durchsatz.

Tabelle 1: Beispiele für Pflanzenmerkmale, die durch unterschiedliche Sensoren in Pflanzen-Phänotypisierungsanlagen erfasst werden können.

Organ Merkmalstyp Parameter Sensor

Spross

Strukturell

Blattfläche VIS

Wachstumsrate VIS

Wuchshöhe VIS

Blattstellung VIS

Biomasse VIS

Funktionell

Chlorophyllkonzentration VIS, NIR Photosynthese-Aktivität Fluoreszenz

Stomata-Öffnung Thermisch

Blattwassergehalt NIR

Wurzel

Strukturell Architektur VIS

Wachstumsrate VIS

Funktionell Wasseraufnahme NIR

Alterung NIR

Wassertransport MRI

Abb. 2 zeigt zwei Beispiele aus Phänotypisierungsversuchen. Über bildbasierte Vermessung der Sei-tenwurzellänge an Erbesenjungpflanzen konnte die hohe Wurzeldiversität europäischer Genresourcen gezeigt werden (A,B). Die Hochdurchsatzmethode bei Jungpflanzen (10 Tage) ergab repräsentative Ergebnisse auch für ausgewachsene Pflanzen (ZHAO et al., 2017). Abb. 2C und D zeigen die Ent-wicklung der Blattfläche über RGB-Imaging für zwei Durum-Landrassen (ELS63, BPR) und einer Zuchtsorte (Neda, Iran) unter ausreichender Feuchte und Wasserstress. Neben der allgemeinen Stress-bedingten Blattflächenreduktion, war die Blattfläche der Zuchtsorte im Vergleich zu den Landrassen geringer. Der Versuch ergab in Folge, dass moderne Sorten durch die geringere transpirierende Blatt-oberfläche Wasser sparen, dennoch aber durch höhere Stomataleitfähigkeit funktionell eine bessere Assimilationsleistung als Landrassen haben (NAKHFOROOSH et al., 2016).

Zusammenfassung

Die Pflanzenphänotypisierung bietet neue Ansätze zur Charakterisierung struktureller und funktionel-ler Pflanzeneigenschaften mit hohem Durchsatz und potentielfunktionel-ler Anwendung im Feld. Dies erlaubt erstmals, pflanzenphysiologische Prozesse im Kontext der Züchtung zu erfassen. Im Rahmen des Ös-terreichischen Phänotypisierungsnetzwerkes APPN (www.appn.at) soll daher die Verfügbarkeit und Anwendung dieser modernen Methoden für Grundlagen- und angewandte Forschung sowie

züchteri-schen Praxis gefördert werden. Es ist davon auszugehen, dass die Pflanzenphänotypisierung für Fort-schritte in der Anpassung von Nutzpflanzen an Klimawandel und neue Management-rahmenbedingungen einen ebenso bedeutenden Stellenwert erreichen wird, wie es heute bereits für molekulargenetischen Methoden zutrifft.

Abbildung 2: Phänotypisierung von Pflanzenmerkmalen. A, B: Keimwurzelscreening von Erbsengenoty-pen; C, D: Blattwachstum unter Bedingungen mit und ohne Trockenstress.

Abstract

Imaging based plant phenotyping provides a novel approach for comprehensive characterization of structural and functional plant properties with high throughput and potential application to the field.

This is the first time that plant physiological processes can be considered in the context of breeding.

Within an Austrian phenotyping network (www.appn.at) it is intended to promote the availability and application of these modern methods for fundamental and applied research as well as practical breed-ing. It can be expected that plant phenotyping will achieve similar importance as molecular genetics to advance adaptation of crops to climate change and new management regulations.

Literatur

PASSIOURA JB, 2012: Phenotyping for drought tolerance in grain crops: when is it useful to breed-ers? Functional Plant Biology 39, 851-859.

ZHAO J, BODNER G, REWALD B, LEITNER D, NAGEL, KA, NAKHFOROOSH A, 2017: Root architecture simulation improves the inference from seedling root phenotyping towards mature root systems. J Exp Bot 68, 965-982.

NAKHFOROOSH A, BODEWEIN T, FIORANI F, BODNER G, (2016: Identification of water use strategies at early growth stages in durum wheat from shoot phenotyping and physiological measure-ments. Frontiers Plant Sci. 7.

Adressen der Autoren

1 Universität für Bodenkultur Wien, Department für Nutzpflanzenwissenschaften, Konrad Lorenz Straße 24, A-3430 Tulln

2 Vienna Biocenter Core Facilities, Plant Science Facility, Dr. Bohr Gasse 3, A-1030 Wien.

3 Universität für Bodenkultur Wien, Institut für Waldökologie, Peter-Jordan-Straße 82, A-1180 Wien

* Ansprechpartner: PD Dr. Gernot BODNER, gernot.bodner@boku.ac.at A

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Transpirationseffizienz von Kartoffeln -

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