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2.6 Funktionen von L-Carnitin

L-Carnitin ist in einer Reihe von biologischen Prozessen im Körper involviert. Zu den bedeutensten biologischen Funktion von L-Carnitin zählt zum einen die katalytische Funktion bei der mitochondrialen Verbrennung von langkettigen Fettsäuren und zum anderen die metabolische Funktion als Acetylpuffer. Im Gegensatz zur erstgenannten

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katalytischen Funktion, bei der Carnitin nur in verhältnismäßig geringen Mengen benötigt und quasi nicht verbraucht wird, sind bei der metabolischen Funktion als Acetylpuffer größere Mengen an L-Carnitin notwendig. Freies Carnitin wird hierbei zu Carnitinestern umgesetzt und verbraucht. Die Muskelzelle gewinnt ihre Energie durch Verstoffwechse-lung von Kohlenhydraten und Fetten. Fette stellen dabei den Energielieferanten für Dauerleistungen dar, während der Energiebedarf für kurzandauernde Aktivitäten durch die Verbrennung von Kohlenhydraten (Glukose) gedeckt wird. Im Herzen werden bis zu 80 % des Energiebedarfs aus Fetten gewonnen (LOHNINGER et al., 1987; LIEDTKE, 1987), die Skelettmuskulatur hingegen deckt nur ca 50 % des Energiebedarfs durch die Oxidation von freien Fettsäuren. Der restliche Bedarf wird aus Kohlenhydraten und in geringerem Umfang aus Eiweißen bereitgestellt (OHLENSCHLÄGER u. BERGER, 1990).

Katalytische Funktion von L-Carnitin bei der mitochondrialen Verbrennung der Fettsäuren:

In der Muskulatur müssen Fettsäuren zur Verbrennung und Energiegewinnung (β-Oxidation und Citratzyklus) vom Cytosol in die Mitochondrien transportiert werden.

An dieser Stelle kommt L-Carnitin eine „Carrierfunktion“ zu, da nur an L-Carnitin gebundene langkettige Fettsäuren die innere Mitochondrienmembran passieren können.

Nach Eintritt in die Zelle werden die freien Fettsäuren zunächst durch die Bindung von Coenzym A aktiviert. Diese Reaktion wird von der an der äußeren Mitochon-drienmembran, aber auch im endoplasmatischen Retikulum lokalisierten Acyl-CoA-Synthetase katalysiert (KORNBERG u. PRICER, 1953; AAS u. BREMER, 1968;

SCHOLTE u. GROOT, 1975). Die auf diese Weise gebildeten Acyl-CoA-Verbindungen werden dann an der äußeren Seite der inneren Mitochondrienmembran mit Hilfe einer Acyltransferase (I) von Coenzym A auf Carnitin übertragen. Das Enzym Carnitin-Acylcarnitin-Translokase transportiert den Carnitin-Fettsäureester im Austausch gegen freies intramitochondriales L-Carnitin aus dem Cytosol in die Mitochondrien (PANDE, 1975). In der Mitochondrienmatrix läuft die Reaktion dann in umgekehrter Richtung, der Acylrest wird dort durch die Carnitin-Acyltransferase (II) wieder auf CoA transferiert. Das frei werdende Carnitin dient der Carnitin-Acylcarnitin-Translokase als Austauschpartner, die es durch die innere Mitochondrienmembran wieder nach aussen ins Cytosol befördert (PANDE, 1975; RAMSAY u. TUBBS, 1975; PARVIN u. PANDE, 1979).

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Die über das „L-Carnitin-Carrier-System“ eingeschleusten Acyl-CoA-Verbindungen können anschließend durch die β-Oxidation zu Acetyl-Gruppen (Acetyl-CoA) und im abschließenden Citratzyklus in Gegenwart von Sauerstoff weiter zu Kohlendioxid und Wasser abgebaut werden. Bei diesem Prozess wird metabolische Energie in Form von energiereichen Phosphaten (ATP) bereitgestellt (BÖHLES, 1985; KOBAYASHI u.

FUJISAWA, 1994).

Metabolische Funktion von L-Carnitin als Acetylpuffer:

Ein Vergleich der Konzentrationen von freiem L-Carnitin und der von anderen am Energieumsatz beteiligten Intermediärprodukten im Muskel zeigt, dass freies L-Carnitin 10- bis 100fach höher konzentriert ist. Nach HARMEYER (1997) liegen im ruhenden Muskel von Schwein, Pferd und Hund 98 % des Carnitins als freies Carnitin und der Rest als Acylcarnitin vor. Diese hohe Konzentration verleiht L-Carnitin die Fähigkeit, als Acetylpuffer bzw. Acetylspeicher zu fungieren. Diese Funktion ist besonders im Muskel- und Leberstoffwechsel wichtig.

Zu den Stoffwechselbedingungen, bei denen L-Carnitin als Acetylpuffer fungiert, zählen supermaximale, also anaerobe Muskelbelastungen und/oder extrem hohe Lipolyseraten, wie sie z.B. bei hochleistenden Milchkühen und hochtragenden Schafen vorkommen, aber auch Diabetis und Hunger.

Funktion von L-Carnitin im arbeitenden Muskel:

1. Funktion als Acetylspeicher

Reicht im arbeitenden Muskel die oxidative Energiebereitstellung nicht aus, wird der fehlende Teil des ATP-Bedarfs anaerob, d.h. durch Glykolyse, bereitgestellt. Am Ende dieses Prozesses steht Pyruvat, welches, um eine Endprodukthemmung zu vermeiden, entweder zu Laktat reduziert wird oder mit Hilfe des Pyruvat-Dehydrogenase-Komplexes (PDH) oxidativ zu Acetyl-CoA decarboxyliert wird. Da die Kapazität des Citratzyklusses für den Abbau des auf diesem Wege entstandenen Acetyl-CoAs aufgrund des zunehmenden Sauerstoffmangels nicht ausreicht, kommt es zu einer Akkumulation von Acetyl-CoA in den Mitochondrien (CARTER et al., 1981). An dieser Stelle reagiert es mit dem in großen Mengen vorliegendem freien Carnitin weiter zu Acetylcarnitin. Carnitin übernimmt hier

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somit die Funktion als Acetylpuffer. Diese Funktion von Carnitin konnte in Experimenten von FOSTER u. HARRIS (1987a), HARRIS et al. (1987) und CERRETELLI u. MARCONI (1990) belegt werden. In vor und nach intensiver Laufbandbelastung gewonnenen Muskelbioptaten von Pferden war der Gehalt an freiem Carnitin von 98 % auf ca. 10 % ab-gefallen. Der Gehalt an Acetylcarnitin war entsprechend angestiegen. In Untersuchungen von CHROBOK (2000) konnte nach einer Belastung auf dem Laufband in der Muskulatur ein Abfall des freien Carnitins von 83 % auf 57 % bei gleichzeitigem Anstieg der Carnitinester beobachtet werden.

Durch die Übertragung des Acetylrestes von Acetyl-CoA auf Carnitin wird zum einen CoA wieder für weitere katabole Stoffwechselvorgänge frei, andererseits beugt die Speicherung der Acetylreste in Form von Acetylcarnitin einer Hemmung der Pyruvatdehydrogenase vor, so dass Pyruvat weiter zu Acetyl-CoA umgesetzt werden kann (FERRANNINI et al., 1988).

Bei zunehmender Anoxie des Muskels ist jedoch auch der PDH-Weg limitiert. Bei der Umwandlung von Pyruvat zu Acetyl-CoA fallen zwei Reduktionsequivalente in Form von NADH + H+ an, die unter anaeroben Bedingungen nur begrenzt beseitigt werden können.

2. Funktion als Stabilisator eines niedrigen Acyl-CoA / CoA Konzentrationsverhältnisses Eine weitere Funktion von L-Carnitin besteht in der Aufrechterhaltung eines niedrigen Acetyl-CoA / CoA Konzentrationsverhältnisses. Durch die Übertragung des Acylrestes von Acetyl-CoA auf Carnitin wird die Acetyl-CoA-Konzentration gesenkt und die Konzentration von freiem CoA erhöht. Nach BROCKHUYSEN et al. (1965) treibt ein hohes CoA/Acetyl-CoA Verhältnis den Citratzyklus wieder an, da freies Coenzym für die Bildung von Succinyl-CoA erforderlich ist.

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(modifiziert nach CALVANI et al. 2000) Abb. 2.4: Funktion von L-Carnitin

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