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Kapitel 2: Diskriminierende Werbung und § 1 UWG A. Zum Begriff der Diskriminierung

B. Diskriminierende Werbebilder

II. Frauenfeindliche Werbebilder

Ein Vertrieb von Miniaturlikörfläschchen zu 0,02 l gefüllt mit Brombeer- und Schlehenlikör bildete auf den 4 x 5 cm großen Etikettierungen zum einen eine comic-artig gezeichnete üppige Frau und einen dahin-ter stehenden Mann ab, der die Brüste der Frau be-rührt. Die Etikettierung trug die Überschrift „Busen-grapscher“.103 Zum anderen wurde eine ebenfalls comic-artige nackte Frau abgebildet, die sich gerade den Schlüpfer über die Beine zieht mit der Überschrift

„Schlüpferstürmer“.104 Erst der BGH bezeichnete diese Werbung als eine diskriminierende und die Menschen-würde verletzende Werbung, da die Bezeichnungen „Bu-sengrapscher“ und „Schlüpferstürmer“ mit sexuell an-züglichen Bilddarstellungen von Frauen verbunden sind und somit der Eindruck der sexuellen Verfügbarkeit

102 Siehe unter Kapitel 4.

103 Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 18.

104 Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 19.

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der Frau als mögliche Folge des angepriesenen alkoho-lischen Getränks vermittelt wird.105

Der Fernsehsender Tele 5 warb für die Fernsehsendung

„Polizeireport Deutschland“. Dabei wurde ein mit Hemd und Krawatte in einem Bürostuhl sitzender Mann ge-zeigt, dem eine mit Unterwäsche und Strapsen beklei-dete Frau, deren Körper lediglich abgebildet wurde, gegenübersteht. Der Mann gibt in einer Sprechblase von sich „Baby, du kannst einpacken. Ich muß um Punkt 19.00 Uhr zu Hause sein. Da läuft Polizeireport Deutschland.“106 Bei einer Beschwerde gegenüber dem Deutschen Werberat wurde die Auffassung vertreten, die Werbung sei diskriminierend in bezug auf Frauen, da mit der Abbildung einer kopflosen Frau mit schönem Körper und einer Korsage bekleidet zusammen mit einem vollständig bekleideten Mann die Frau zu einem reinen Sexualobjekt reduziert werde. Daraufhin wurde diese Werbekampagne nicht mehr geschaltet.

Die staatseigene Schweizer Post setzte auf die Werbe-wirkung von „Hawaii-Girls“, indem sie einen Postmann abbildete, der unter dem Arm ein strahlendes Hawaii-Girl trägt mit der Unterschrift „Die Post bringt Fe-rienkataloge“.107 Im Schweizer Parlament forderten drei Volksvertreterinnen den Minister auf, die Pla-katserie sofort zu stoppen. Zunächst verharmloste die Post die Werbung, erst als das pauschale Urteil fiel, für viele Schweizer bedeute Urlaub ein Abenteuer mit einer Frau, wurde diese Werbekampagne eingestellt.

Die Schraubenmuttern herstellende Firma FRESA präsen-tierte in ihrem Prospekt die Abbildung einer üppigen

105 BGHZ 130, 5ff. - „Busengrapscher“, Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 18.

106 Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 20.

107 Siehe in der Zeitschrift Emma, Ausgabe September/ Oktober 1993, S.

10, Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 21.

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barbusigen Frau, die hinter einer überdimensional großen Schraubenmutter sitzt, lediglich mit Schuhen bekleidet, untermauert mit den Worten „Alles, was Männern Spaß macht ... deshalb an dieser Stelle:

statt ´eines Covergirls ´ne besonders dufte Mut-ter“.108 Der Deutsche Werberat beurteilte die Abbil-dung in dem Prospekt als diskriminierend und herab-würdigend in bezug auf Frauen, denn es bestehe kei-nerlei Zusammenhang zwischen der Abbildung einer nackten Frau und den beworbenen Produkten des Unter-nehmens. Darüber hinaus würden mit der Bildunter-schrift Frauen mit den beworbenen Schraubenmuttern gleichgesetzt. Erst nach dieser Beurteilung wurde die Werbung künftig nicht mehr geschaltet.

Die Firma Arcer gestaltete seine Werbung derart, daß die Zeichnung einer fettleibigen nackten Frau auf ei-ner Couch posierend abgebildet wurde mit der Über-schrift „Mißwahl“. Die Werbung wurde mit dem Text

„Bekannte Computermarken locken. Aber die nackten Tatsachen sehen oft ganz anders aus! Auch wir stellen uns zur Wahl...“ versehen.109 Eine bei dem Deutschen Werberat eingereichte Beschwerde wurde damit begrün-det, die Werbung sei wegen der „nackten Tatsachen“

beleidigend für Frauen. Auf ein Anschreiben zur Rückäußerung gab sich die Firma Arcer kooperativ und schaltete die Werbung nicht mehr.

Die Radio- und Television Gesellschaft rtv schaltete eine Werbung für ein Seminar für Art-Direktoren und Texter in New York, indem sie in einer Zeitschrift eine mit Unterwäsche aus Lack und Leder bekleidete Frau von hinten abbildete, die eine Peitsche in der Hand hält mit den Worten „Alle reden vom Wetter, wir

108 Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 22.

109 Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 23.

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nicht.“ Kleingedruckt wurde dem hinzugefügt „Wir kom-men gleich zur Sache: Wir wollen, daß sie sich outen!

...“.110 Ein Beschwerdeführer beanstandete, sowohl die textlichen als auch die bildlichen Hinweise auf Sado-Masochismus seien nicht der geeignete Weg, auf die

„Nr. 1 in Reichweite und Auflage“ aufmerksam zu ma-chen, zumal diese Werbung alle Art-Direktoren und Texter anspreche und ihnen so ein „beschämend degene-riertes Niveau“ unterstelle. Die Werbung wurde dar-aufhin nicht mehr geschaltet.

Die Agentur Trend warb mit einer Plakatwerbung für Diskotheken. Es handelt sich um die Abbildung eines römischen Kriegers, dem drei Frauen, die leichte rö-mische Gewänder und Ketten um den Hals tragen, zu Fü-ßen liegen, während er die Ketten in der einen Hand und eine Peitsche in der anderen Hand hält und diese

„in Schach hält“. Beschriftet wurde die Werbung mit den Worten „Antiker römischer Sklavenmarkt, erstei-gern Sie sich Ihre „Sklavin“, ab sofort gibt´s hier Sklaven-Taler“.111 Gegen diese Werbung richtete sich die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen, da diese herabwürdigend und diskriminierend in bezug auf Frauen sei, die Frauen würden zur bloßen käufli-chen Handelsware degradiert. Die Agentur zeigte sich kooperativ und schaltete die Werbung nicht mehr.

Ein Augenoptiker in Köln gestaltete sein Schaufenster mit dem unteren Teil von weiblichen Schaufensterpup-pen (von der Hüfte abwärts) mit einer schwarzen, durchsichtigen Strumpfhose bekleidet, indem er diese mit den Füßen nach oben an Seilen aufhing und auf die Füße der Schaufensterpuppen seine Brillen

110 Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 24.

111 Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 25.

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te.112 Diese Werbemaßnahmen wurde den Mitgliedern des Deutschen Werberates zur Beurteilung vorgelegt. Der Deutsche Werberat ist zu dem Ergebnis gekommen, daß die Schaufensterwerbung zu beanstanden ist, da sie herabwürdigend und diskriminierend in bezug auf Frau-en sei. Eine derartige Werbung sei nicht nur aus der Sicht der Umworbenen, sondern auch aus der Sicht der Werbewirtschaft zu mißbilligen. Erst nach der Andro-hung einer öffentlichen Rüge wurde diese Werbemaßnah-me eingestellt.

Die Tourismus-Zentrale in Hamburg stellte bei einer Anzeigenwerbung eine mit Spitzenunterwäsche bekleide-te Frau dar, die in den Händen eine überdimensional große Hamburg-Card hält, versehen mit den Worten „Wir sollten uns kennenlernen, bevor Ihr Besuch kommt!“.113 Eine Fraktion der Hamburger Bürgerschaft legte dar-aufhin Beschwerde bei dem Deutschen Werberat ein, der damit begründet wurde, der Text in Verbindung mit der Abbildung einer Frau im BH sei frauenfeindlich und sexistisch. Die Tourismus-Zentrale zog ihre Werbekam-pagne in der Form zurück.

Die Westdeutsche Zeitung bildete einen in ein Flug-zeug einsteigenden 61jährigen ab, der sich in Beglei-tung einer gutaussehenden 18jährigen befindet mit den Maßen 90 - 60 - 90. Folgende Worte beschreiben den Artikel: „Personalchef (61) erfüllt sich Jugendtraum (18). Wolfgang H. hält nicht viel von Stellungswech-seln. Für Wolfgang H. ging die Rechnung auf. Und für Sie? Anruf genügt: Telefonnummer.“114 Auch diese Wer-bung wurde von einer Beschwerdeführerin als sexi-stisch bezeichnet und von dem Werbenden zurückgenom-men.

112 Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 26.

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Die Privatbrauerei Franz Joseph Sailer warb mit einem Gutschein für einen verbilligten Kasten Bier mit der Abbildung einer mit einem Bustier und einer Jeans be-kleideten Frau, die je eine Flasche Bier an ihre Brü-ste legt und der Aufschrift „Oh Mann, sind die cool!“115 Sowohl die Frauenbeauftragte der Stadt Nürn-berg als auch die Gleichstellungsstelle für Frauen-fragen der Stadt Erlangen vertraten die Auffassung, die Prospektwerbung sei herabwürdigend und diskrimi-nierend in bezug auf Frauen. Die Werbung wurde nach einem Anschreiben an das Unternehmen nicht mehr ge-schaltet.

In Konstanz warb die Firma Schwarz für Werbeflächen auf Litfaßsäulen mit der Abbildung eines üppigen Frauenbusens umhüllt von einem Bustiers mit den Wor-ten „Einfach riesig - Unsere Großflächen“.116 Diese Werbemaßnahme wurde von 13 Frauengruppen als frauen-feindlich und sexistisch bezeichnet. Der Deutsche Werberat entlastete die Firma, das Plakat sei nicht zu beanstanden. Das Plakat sei nicht geeignet, um das Bild der Frauen in herabwürdigender Weise darzustel-len.

Das Textilhandelsunternehmen Shirt Shock schaltete eine Werbung, die eine comic-artig gezeichnete Frau in der Hocke mit gespreizten Beinen zeigt, ihrem Schambereich ist das Gesicht der bekannten Märchenfi-gur Pinocchio zugewandt mit dem darüber stehenden Text „... und jetzt lüg, Pinocchio, lüg“.117 Dieses Inserat wurde von dem Deutschen Werberat als in pro-vokativer Weise die Würde der Frau verletzend gerügt,

113 Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 27.

114 Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 28.

115 Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 29.

116 Abbildung im Südkurier vom Samstag, den 23.01.1999, S. 21, beige-fügt als Anlage 30.

117 Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 31.

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sie sei frauendiskriminierend und extrem geschmack-los. Nachdem das Textilunternehmen nicht gewillt war, die Werbung zurückzunehmen, mit der Begründung, sie verkaufe auch T-Shirts mit dieser abgedruckten Wer-bung, sprach der Deutsche Werberat im Jahre 1996 eine öffentliche Rüge aus. Anzeigen würden in Massenmedien vertrieben, während der Kauf eines T-Shirts eine in-dividuelle Entscheidung sei. Aus diesem Grunde gelten für die Werbung strengere Grundsätze als für den Ver-kauf und die damit verbundene private Kaufentschei-dung, so der Deutsche Werberat.

Ebenso verhielt es sich mit der Werbemaßnahme des Be-nedikt Taschen Verlags in Köln. Der Buchproduzent hatte auf der Umschlag-Rückseite einer Buchhändler-Zeitschrift mit einer Vierfarbenanzeige geworben. Das Bild ist ausgefüllt mit einer Frau, die mit gespreiz-ten Beinen in der Hocke sitzt. Ihr Oberkörper ist nackt und der Schambereich nur notdürftig verdeckt.118 Der Werberat wertete diese Verlagspropaganda als be-sonders krassen Fall geschmackloser und abstoßender Art der Diskriminierung von Frauen zu betriebswirt-schaftlichen Zwecken. Gegen diese Werbung wurde eine öffentliche Rüge ausgesprochen.

Die in Mainz ansässige Prisma GmbH hatte in ihrer Werbung eine im Hintergrund liegende nackte Frau ge-zeigt, deren Unterleib von einer geschälten Banane verdeckt ist. Darüber ist zu lesen: „Analog & Digi-tal“.119 Hier wurde von dem Deutschen Werberat bean-standet, daß die menschliche Sexualität in grober Weise für die Bewerbung von Dienstleistungen ausge-beutet wird und sprach aufgrund mangelnder Kooperati-onsbereitschaft eine öffentliche Rüge aus.

118 Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 32.

119 Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 33.

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Eine Werbung von Otto Kern - Jeans, bei der das Abendmahl von Leonardo da Vinci nachgeahmt wurde, in-dem lediglich mit einer Jeans bekleidete Frauen als Jünger abgebildet sind und in der Mitte ein lediglich mit einer Jeans bekleideter Mann, der als Jesus fun-giert. Die Abbildung wurde versehen mit den Worten

„Wir wünschen mit Jesus, daß die Männer die Frauen respektieren lernen.“120 Es gingen mehrfache Beschwer-den bei dem Deutschen Werberat ein, da durch die Darstellung der Abendmahlszene mit barbusigen Frauen -unabhängig vom Anzeigentext - sowohl Frauen herabge-würdigt als auch religiöse Gefühle verletzt werden.

Der Deutsche Werberat kam bei dieser Werbung zu dem Ergebnis, daß diese zu beanstanden sei, die Darstel-lung der Abendmahlszene mit der erklärten religiösen Bezugnahme ist zu Zwecken der Werbung für Jeans zu mißbilligen, weil dadurch Christen in ihren religiö-sen Gefühlen verletzt werden. Derartige Zwecke könn-ten keine Rechtfertigung dafür sein, bei Maßnahmen der Wirtschaftswerbung die Verletzung religiöser Ge-fühle in Kauf zu nehmen. Der Modemacher Otto Kern zeigte sich uneinsichtig und vertrat die Auffassung, das Motiv sei keinesfalls obszön. Da er nicht bereit war, auf seine Werbung zu verzichten, wurde von dem Deutschen Werberat eine öffentliche Rüge ausgespro-chen und ein einstweiliges Verfügungsverfahren vor dem Landgericht München I eingeleitet. Erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht lenkte das Unternehmen Otto Kern ein und zog die Werbemaßnahme zurück.

120 Abbildung der Werbung beigefügt als Anlage 34.

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