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Fragestellungen zur Wirkung und zum Verlauf einer

Nach Festlegung des psychoonkologischen Betreuungsbedarfs (vgl. Abschnitt 3.2) und der Teilnahmebereitschaft an einer Intervention (vgl. Abschnitt 3.3) sollen in der Hauptuntersuchung für gastrointestinalen Tumorpatienten die Wirkung und der Verlauf psychoonkologischer Interventionen betrachtet werden.

3.4.1 Fragestellungen zur psychoonkologischen Intervention

Aus der Literatur sind folgende Fragestellungen für gastrointestinale Tumorpatien-ten noch unbeantwortet, die in der Hauptuntersuchung angegangen werden:

1. Was bewirkt die psychoonkologische Intervention (Abnahme des Be-treuungsbedarfs, Abnahme ihrer Angst, und/oder ihrer Verzweif-lung/Depression, Verringerung ihrer somatischen, psychischen und sozia-len Belastungen, Verbesserung ihrer Lebensqualität)?

2. Entwickelt sich der Betreuungsbedarf, die Angst und/oder die Depression erst während der Intervention?

3. Gibt es Unterschiede in den Veränderungen der psychoonkologischen Be-treuungskriterien im Therapieverlauf (Vergleich kognitiver mit entspan-nungsfördernden Therapieverfahren)? Falls sich die gewünschten Interven-tionseffekte einstellen, halten diese kurzfristig oder langfristig an?

4. Gibt es Zusammenhänge zwischen den durch die Intervention verursachten psychischen Veränderungen und den Copingstrategien bei der Verarbeitung emotional belastender Ereignisse?

5. Können die vermuteten psychoonkologischen Interventionseffekte durch psychophysiologische Parameter (Veränderung der Pulsfrequenz während der Behandlung) objektiviert werden?

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In der Literatur gibt es teilweise widersprüchliche Antworten zur Fragestellung 1.

(Goerling et al., 2006; Ross et al., 2009; Singer et al., 2009; Berend & Küchler, 2010).

Studien zur Untersuchung der Fragestellungen 2. bis 5. liegen meines Erachtens nicht vor.

Unsere Untersuchung lehnt sich an das allgemeine Schema des Ablaufes einer wis-senschaftlichen Studie an (Abbildung 6).

Eine psychoonkologische Untersuchung kann weder blind noch placebokontrolliert durchgeführt werden. Der Ethikrat fordert zumindestens eine psychoonkologische Begleitung in Form einer Aufklärung über die psychoonkologischen Probleme ei-ner Krebskrankheit.

Abbildung 6 Allgemeines Flussschema eines Studi-enablaufs

3.4.2 Einschlusskriterien

In die Untersuchung zur Beurteilung des psychoonkologischen Betreuungsbedarfs und dessen Verlauf unter der psychoonkologischen Intervention wurden Patienten mit diagnostizierten gastrointestinalen Tumoren eingeschlossen. Von ärztlicher Seite ist der Einschluss in Form der Tumorerkrankung, des Krankheitsstadiums und der Therapieabfolge in der Tumorkonferenz festgelegt. Vor ihrer Teilnahme an der Intervention wurden die Karzinompatienten in Hinblick auf ihre psychoonko-logische Belastung diagnostiziert. Sie wurden umfassend über die Studie aufge-klärt – jedoch nicht über das Ergebnis der Feststellung ihres eigenen psychoonko-logischen Betreuungsbedarfs – und bekundeten ihre Teilnahmebereitschaft, die jedoch jederzeit widerrufen werden konnte.

Die Einteilung in die drei verschiedenen Interventionsgruppen (Entspannungsthe-rapie – Progressive Muskelrelexation, Gesprächstherapie – kognitive Verhaltens-therapie und Informationsübermittlung) wurde randomisiert. Ein Wechsel in eine andere Interventionsgruppe konnte während der Behandlung nicht vorgenommen werden. Die Tumorpatienten wurden im Akutkrankenhaus aufgenommen, und bei

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ihnen wurde eine Chemotherapie im Anschluss an den Krankenhausaufenthalt überwiegend ambulant durchgeführt. Die Patienten mussten deutschsprachig kommunikationsfähig sein, ihr IQ sollte über 85 betragen. Zum Zeitpunkt der Durchführung der Chemotherapie lag bei den Patienten eine dafür ausreichende Mobilität vor.

Die Teilnahme an der psychoonkologischen Intervention in der vorgeschlagenen Spezifizierung kann von dem Patienten bewusst gewollt oder bewusst abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund könnte sein, dass der Patient mit der Randomisie-rung in die Interventionsgruppen nicht einverstanden ist, da er nach Möglichkeit seine Therapieform selbst bestimmen möchte, oder er versteht den Untersu-chungszweck nicht.

In den nächsten Kapiteln werden die einzelnen Studien vorgestellt und versucht die offenen Fragen zu beantworten. Die erste Voruntersuchung beschäftigt sich mit dem psychoonkologischen Betreuungsbedarf von gastrointestinalen Patienten in der Akutklinik. Die zweite Voruntersuchung schließt sich dann mit der Beurteilung des Entscheidungsverhaltens von gastrointestinalen Tumorpatienten gegenüber einer psychoonkologischen Intervention an. In der anschließenden Hauptuntersu-chung werden die teilnahmebereiten Patienten mit den oben genannten psychoon-kologischen Intervention (Gesprächstherapie, Entspannungstherapie) während ihrer Chemotherapie behandelt und der Verlauf der psychischen Symptome sowie die Effektivität der Therapieformen beurteilt.

4 Beurteilung des psychoonkologischen Betreuungsbe-darfs

Im Jahr 2007 wurde in der chirurgischen Klinik eines Akutkrankenhauses (DRK Kliniken Berlin | Köpenick) ein Darmzentrum und 2010 ein Pankreaszentrum auf-gebaut, in dem Patienten mit gastrointestinalen Tumoren betreut werden. Darauf-hin wurden die ambulante und stationäre Versorgung dieser Patienten miteinan-der vernetzt und das diagnostische und therapeutische Vorgehen interdisziplinär in Tumorkonferenzen aufeinander abgestimmt. In diesem Zusammenhang wurde schrittweise auch die psychoonkologische Betreuung der Tumorpatienten in der Klinik eingeführt, die zur Zertifizierung des Zentrums erforderlich war. Die Imple-mentierung der psychoonkologischen Versorgung im Krankenhaus folgte den Emp-fehlungen von einschlägigen Wissenschaftlern wie Mehnert, Petersen und Koch (2003); Berend und Küchler (2010); Jung, Wiedemann, Höhl, Kusch und Singer (2014).

In diesem Kontext musste der Bedarf für eine psychoonkologische Betreuung der Tumorpatienten an Ort und Stelle konkret ermittelt werden. Hypothetisch ist da-von auszugehen, dass bereits in der Akutphase der Diagnostik und Therapie indi-viduell ein hoher Bedarf für eine solche psychoonkologische Intervention besteht und dass dieser im Verlauf der Erkrankung in ihren Behandlungsphasen (Operati-on, Chemotherapie, Strahlentherapie, Nachsorge, Rehabilitation) anhält bzw. sich verändert. Es ist zu vermuten, dass etwa zwei Drittel aller Tumorpatienten einen psychoonkologischen Betreuungsbedarf haben (vgl. Abschnitt 2.1) (Schwarz &

Singer, 2008).

Daher ist es zuerst wichtig, die Patienten zu erfassen, die eine psychoonkologische Betreuung benötigen, und sie von den Krebspatienten abzugrenzen, bei denen kei-ne ausgeprägte psychoonkologische Belastung vorliegt.

Nach der Erfassung des Betreuungsbedarfs der Patienten muss festgestellt werden, worauf dieser beruht, um die Interventionsmöglichkeiten differenziert planen zu können. Der psychoonkologische Betreuungsbedarf richtet sich nach den psychi-schen, somatischen und sozialen Belastungen, die die Patienten empfinden.

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Diese Belastungen sind möglicherweise von verschiedenen Faktoren, wie Ge-schlecht, Alter, sozialer Status, Tumorstadium, Therapiestrategie abhängig.