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Die Erhebung der Situation in Österreich erfolgte auf Basis eines Fragebogens, der den Expertinnen und Experten, die an der Erstellung des Österreichischen Diabetesplans mit-gewirkt haben, übermittelt wurde. Ziel war es, das Angebot an Präventionsmaßnahmen für Typ 1- und Typ 2-Diabetes in Österreich zu erheben. Aus den Rückmeldungen konn-ten 24 unterschiedliche Programme abgeleitet werden, die im Folgenden im Überblick dargestellt werden.

Tabelle 1: Präventionsmaßnahmen für Typ 1- und Typ 2-Diabetes in Österreich, Stand 2005

Bundesland Name Einrichtung Maßnahme

Burgenland Mag. Christian Moder BGKK Diabetesschulung "Modell Burgenland"

Burgenland Prim. Dr. Herbert

Laimer SKA-RZ Bad

Tatz-mannsdorf (PVA) Diabetikerschulungen

Kärnten Eva Lackner Dr. Renate Hammerschlag

Kärntner GKK Typ 2-Diabetikerschulungen

Niederöster-reich Dr. Michael

Guschlbauer Diabetologische Schwerpunktpraxis Neunkirchen

Typ 1- und Typ 2-Diabetikerschulungen (nach Prof. Howorka), Jahrescheck und Aufklärung zu Folgeerkrankungen,

Niederöster-reich Heidelinde Sametz

Prim. Dr. Konrad Orel Gesundheitseinrich-tung der VAEB Brei-tenstein

Diabetikerschulungen

Niederöster-reich Prim. Univ.-Prof. Dr.

Ma-rio Francesconi SKA-RZ Alland (PVA) Diabetikerschulung im stationären Bereich

Oberöster-reich Prim. Dr. Johann Ecker Dr. Heide Said

Landeskrankenhaus Gmunden

OÖGKK

DIALA - qualitätsgesicherte Schulung und Betreuung von Typ

2-Diabetiker-innen/Diabetikern in Arztordinationen mit Dokumentation inkl. Feedbackschleife, Er-nährungs- und Bewegungsprogramm und Qualitätszirkeln

Salzburg Univ.-Doz. Dr.

Raimund Weitgasser Landesklinik Salz-burg,

Diabetesambulanz

Schulung für Typ

2-Diabetiker-innen/Diabetiker mit dem Ziel einer flä-chendeckenden Versorgung in Salzburg, Schulungen bei niedergelassenen Ärztin-nen/Ärzten, in Krankenhäusern und (falls erforderlich) mit mobilen Teams

Steiermark Mana-gement" -Konzept für ein DMP mit flä-chendeckender und strukturierter Schu-lung für Typ 2-Diabetikerinnen/ Diabetiker mit einheitlicher Dokumentation und Qua-litätssicherung

Steiermark DGKS Barbara

Semlitsch Medizinische Univer-sitätsklinik Graz, Ambulanz für Diabe-tes und Stoffwechsel

Strukturierte Schulungs- und Behand-lungsprogramme für Typ 1- und Typ 2-Diabetikerinnen/Diabetiker

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Fortsetzung Tabelle 1

Bundesland Name Einrichtung Maßnahme

Steiermark OA Dr. Silvester

Berger SKA-RZ Aflenz (PVA) Diabetikerschulungen Steiermark OA Dr. Peter Mrak LKH

Hörgas-Enzenbach, Abteilung

Steiermark Reg.-Rat Alois Wagner Verein für Diabetiker der Universitäts-kinderklinik Graz

Ferien- und Schulungscamps für diabeti-sche Kinder und Jugendliche

Steiermark Univ.-Prof. Dr. Martin

Borkenstein Universitätsklinik für Kinder- und Jugend-heilkunde Graz

Früherfassung von diabetischen Folge-komplikationen und Diabetes-assoziierten Erkrankungen

Steiermark Univ.-Prof. Dr.

Harald Mangge Medizinische Univer-sitätsklinik Graz,

STYJOBS (beinhaltet eine Datenbank zur Erforschung der frühen metabolischen Veränderungen sowie der Früharterioskle-rose bei Adipositas im Kindes- und Ju-gendalter) - auf dieser Basis werden indi-viduelle Risikoprofile entwickelt und Le-bensstilinterventionen durchgeführt Tirol Univ. Prof. Dr. Josef

Patsch Universitätsklinik

Innsbruck Diabetikerschulung in der Arztpraxis, mo-bile Diabetikerschulung

Vorarlberg Dr. Bernadette

Bereuter LKH Bregenz Ambulante Diabetikerschulung Wien Prim. Univ.-Prof. Dr.

Michael Roden Hanuschkrankenhaus

der WGKK Früherkennung und interdisziplinäre Betreuung, Diabetesnetzwerk (Vernetzung der stationär-ambulanten Versorgung mit Gesundheitszentren)

Wien Univ.-Prof. Dr. Gertrude

Kacerovsky-Bielesz Hanuschkrankenhaus

der WGKK Diabetikerschulungen Wien Prim. Univ.-Prof. Dr.

Kurt Huber Wilhelminenspital Regelmäßige OGTT bei

Patientin-nen/Patienten, die sich einer Koronarinter-vention unterziehen müssen

Wien Univ.-Prof. Dr.

Kinga Howorka Diabetologische Schwerpunktpraxis

Modulares Schulungssystem für Typ 1-, Typ 2-Diabetiker/Diabetikerinnen und Pa-tientinnen mit GDM sowie ergänzende an-dere Kurse (Bluthochdruck, Hyperlipidä-mie, Schlankkurse, etc.) inkl. Individual- und Gruppenberatung

überregional Dr. Ingrid Pichler ÖGAM Diabetikerschulung in der Steiermark, im Burgenland und in Tirol, Begleitung und medizinische Beratung lokaler Selbsthilfe-gruppen

überregional Dr. Erich Wolfrum Aktive Diabetiker

Austria Wissensvermittlung und Empowerment für Betroffene und Angehörige

überregional Elsa Perneczky Österreichische Diabetikervereini-gung

Beratung und Information für Betroffene und Angehörige

Quelle: ÖBIG-eigene Erhebungen

Die Ergebnisse der Erhebung in Österreich weisen darauf hin, dass insbesondere Angebo-te im Schulungs- und Beratungsbereich existieren. Andere Ansätze (Früherkennung, spe-zielle Betreuungsangebote für Kinder/Jugendliche und Gestationsdiabetikerinnen bzw.

schwangere Diabetikerinnen) wurden nur vereinzelt angeführt. Zu diesem Schluss kommt auch die StGKK, die im Zuge der Entwicklung des Innovationsprojektes „Modell Disease Management“ ebenfalls Erhebungsarbeiten in diese Richtung durchgeführt hat. Teilweise sind bei den Schulungsmaßnahmen nähere Anforderungen an die Dokumentation, Quali-tätssicherung, Aus- und Weiterbildung sowie Honorierung der Leistungserbringer festge-legt (z. B. Steirisches Schulungsprogramm, DIALA), ein „Disease Management Pro-gramm“ (DMP) im engeren Wortsinn (siehe Punkt 3.2.3) existiert derzeit allerdings nur in Form des oben genannten Konzepts der StGKK.

Im Folgenden sollen einzelne Themen, die für die Diabetesprävention von Relevanz sind, näher ausgeführt werden, wobei hier sowohl die Ergebnisse der Fragebogenerhebung als auch die Analyse des Ist-Zustandes im Rahmen der Erstellung des Österreichischen Dia-betesplans einfließen.

3.2.1 Leitlinien und Qualitätsstandards

Im Herbst 2004 wurden von der Initiative Arznei & Vernunft3 Empfehlungen zur umfas-senden Behandlung des Typ 2-Diabetes in der Praxis veröffentlicht. Parallel dazu hat die Österreichische Diabetes-Gesellschaft (ÖDG) Ende 2004 in der Acta Medica Austriaca Leitlinien zu DM publiziert (vgl. ÖDG 2004). Die Leitlinien behandeln die folgenden The-menbereiche: Definition, Klassifikation und Diagnose; Typ 2-Diabetes mellitus - Scree-ning und Prävention; Lebensstil: Diagnostik und Therapie; Therapie mit oralen Antidiabe-tika; Insulintherapie; Hypertonie; Lipide: Diagnostik und Therapie bei Diabetes mellitus Typ 2; Thrombozytenaggregationshemmer; Diabetische Neuropathie; Diabetischer Fuß;

Diabetische Nephropathie; Diabetische Augenerkrankungen: Diagnose, Therapie und Ver-laufskontrolle und GDM. Leitlinien für Ernährung sind in Ausarbeitung.

Die Österreichische Adipositasgesellschaft (ÖAG) hat im November 2004 ebenfalls Leitli-nien verabschiedet, die sich in insgesamt sieben Kapiteln mit den Themen Definition, Diagnostik, Komorbiditäten der Adipositas, Gewichtsreduktion, Prävention, Therapie und langfristige Gewichtsstabilisierung auseinandersetzen. Diabetes spielt dabei sowohl in der Diagnostik der Adipositas als auch als Komorbidität und Folgeerkrankung eine Rolle.

Die Österreichische Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (ÖGAM) entwickelte ein Betreuungsblatt für DM. ÖGAM und ÖDG haben darüber hinaus ein Konsensuspapier über die für Allgemeinmedizinerinnen/Allgemeinmediziner relevanten Aspekte der Früh-erkennung und Behandlung des DM verabschiedet.

__________

3 Die Initiative Arznei & Vernunft ist ein Gemeinschaftsprojekt von Sozialversicherung, Pharmaindustrie, Österreichischer Ärztekammer und Ös-terreichischer Apothekerkammer und gibt Leitlinien für Ärztinnen/Ärzte bzw. Informationsmaterial für Patientinnen/Patienten heraus.

3.2.2 Disease Management Programm

Die steirische Gebietskrankenkasse (StGKK) legte basierend auf Erfahrungen in den USA und Deutschland ein Konzept für Disease Management Programme (DMP) unter besonde-rer Berücksichtigung des Krankheitsbildes Typ 2-Diabetes vor. Die StGKK listet in ihbesonde-rer Studie acht Komponenten auf, die DMP – auf österreichische Verhältnisse umgelegt – beinhalten müssen. Im Folgenden sollen diese Komponenten und ihre wichtigsten Inhalte dargestellt werden:

1. Qualitätsmanagement auf Basis eines Qualitätskonzepts, das Kriterien zur Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität enthält; Dokumentation auf Basis eines bundesweit ein-heitlichen und abgestimmten Dokumentationsbogens; Recall-Systeme; Feedback-Be-richte und ärztliche Qualitätszirkel

2. Empowerment mittels Patientenhandbuch, Patientenschulung, Zielvereinbarungen und enger Zusammenarbeit mit den Selbsthilfegruppen

3. Qualitätsgesicherte Fortbildung nach festgeschriebenen Curricula für ärztliches und nicht-ärztliches Personal

4. Organisationsmanagement unter Einbindung aller relevanten Akteure; Vorhaltung der notwendigen administrativen und wissenschaftlichen Einrichtungen; Gewährleistung einer flächendeckenden Verfügbarkeit der notwendigen medizinischen Infrastruktur (Fachärztinnen/Fachärzte, Krankenhausabteilungen, Spezialambulanzen, etc.); Haus-ärztin/Hausarzt als "Disease Managerin/Manager" und Schlüsselperson; standardisier-te Dokumentation und Kommunikation bei Weistandardisier-terleitung von Patientinnen/Patienstandardisier-ten im und außerhalb des DMP; Marketing

5. Leitlinien/Behandlungspfade, die leicht verfügbar und aktuell sein müssen (Arzthand-buch im Internet und gedruckt); vorgeschlagen wird, sich entweder an internationalen Clearingverfahren zu beteiligen oder evidenzbasierte Entscheidungsgrundlagen zu er-arbeiten, wobei Letzteres aufgrund rascherer Reaktionsmöglichkeiten präferiert wird.

Es wird auch auf die Bedeutung ärztlicher Qualitätszirkel hingewiesen, die helfen sol-len, die Leitlinien in der Praxis umzusetzen.

6. Ökonomische Evaluation auf Basis operationalisierter Ziele und einer Ist-Analyse ("Ba-selining") mittels randomisierter und kontrollierter Studie, begleitender Vollerhebung zur Steuerung des DMP und modellbasierter prospektiver Analyse nach Abschluss des DMP; Sammlung von medizinischen und ökonomischen Daten sowie von Daten zur Zu-friedenheit von Patientinnen/Patienten und Leistungserbringern

7. Datenmanagement und Informationssysteme nach geregelten Datenflüssen auf Basis von DMP-Identifikationsnummern, mittels optimaler EDV-technischer Unterstützung und unter Berücksichtigung der datenschutzrechtlichen und sonstigen Auflagen

8. Honorierung: da die finanztechnische Trennung von intra- und extramuralem Bereich als Haupthindernis für integrative Betreuungskonzepte chronisch Kranker angesehen wird, wird die Finanzierung "aus einem Topf" (Gesundheitsplattformen) vorge-schlagen; anreizorientierte Honorierung der Ärztinnen/Ärzte mittels Mischsystem aus Pauschalbeträgen und Einzelleistungsvergütungen

Das Konzept wurde mit der ÖDG und anderen relevanten Institutionen abgestimmt und soll gemeinsam mit dem entsprechenden Budget bis Ende 2005 im Hauptverband der

ös-erste Hälfte 2006 geplant, wobei vermutlich ein Beschluss auf Landesebene notwendig ist und es somit zu regionalen Unterschieden bezüglich Umsetzungsbeginn und -dauer kommen kann.

3.2.3 Primärprävention

Primärprävention bezeichnet die Vermeidung bzw. Reduktion von Risikofaktoren für eine bestimmte Erkrankung bzw. ihre individuelle Erkennung und vorbeugende Beeinflussung mit dem Ziel, den Krankheitsausbruch zu verhindern. In Bezug auf Diabetes kann es sich hierbei z. B. um Präventionsprogramme im Bereich Adipositas, Bewegungsmangel, Niko-tinmissbrauch u. Ä. oder um Programme für besonders gefährdete Gruppen handeln. Das Kapitel weist daher Überschneidungen zu Punkt 3.2.6 bis 3.2.8 (Spezielle Programme für Frauen und Männer, Kinder & Jugendliche und sozial benachteiligte Gruppen) auf.

An der Schnittstelle zwischen Primärprävention und Früherkennung ist die "Vorsorgeun-tersuchung Neu" zu nennen, die seit 1. Oktober 2005 zur Anwendung kommt und für die sich das BMGF das dezidierte Ziel gesetzt hat, bis 2020 33 Prozent der Diabetesschäden zu verhindern. Durch Einladungssysteme soll die Inanspruchnahme der Vorsorgeuntersu-chung gefördert werden. Verstärkt soll in Zukunft auf Prävention und Lebensstilaspekte (Bewegung, Ernährung, Rauchen, Alkohol) eingegangen werden. Risikofaktoren für kar-diovaskuläre Erkrankungen, darunter auch Übergewicht und DM, sollen im Alter bis zu 40 Jahren alle drei Jahre und danach alle zwei Jahre überprüft werden. Bei Verdacht auf DM wird in einem zweiten diagnostischen Schritt ein oraler Glukosetoleranztest (OGTT) durchgeführt. Somit enthält die "Vorsorgeuntersuchung Neu" sowohl Beratungsmaßnah-men, die auf einen gesunden Lebensstil abzielen und daher im primärpräventiven Bereich anzusiedeln sind, als auch Maßnahmen zur Früherkennung einer Vorstufe von DM bzw.

einer bereits manifest gewordenen Erkrankung.

Auch im stationären Bereich finden mitunter primärpräventive Maßnahmen statt, wenn beispielsweise die Sonderkrankenanstalten-Rehabilitationszentren (SKA-RZ) der Pensi-onsversicherungsanstalt (PVA) für Patientinnen/Patienten, die stationär aufgenommen wurden und bei denen Übergewicht, Diabetesverdacht bzw. Verdacht auf andere Stoff-wechselerkrankungen besteht, Schulungsprogramme durchführen.

In den Bereich der unspezifischen, also nicht auf ein konkretes Krankheitsbild gerichteten Primärprävention, die aber dennoch für DM von Relevanz sein kann, fallen Maßnahmen wie "Gesunde Jause" (Schule, Kindergarten), "Gesunde Betriebsküche" (Arbeitsplatz), Raucherentwöhnungs- und SOD "Schlank ohne Diät" Programme (z. B. der Niederöster-reichischen Gebietskrankenkasse) sowie die Initiative "ISCH" des BMGF und des Fonds Gesundes Österreich (FGÖ). Letztere deckt insgesamt fünf Themen der Gesundheitsför-derung/Prävention ab (Ernährung, Bewegung, Stressabbau bzw. -vermeidung, Unfallpro-phylaxe und medizinische Vorsorge) und beinhaltet Angebote wie Informationsbroschü-ren oder Veranstaltungen, z. B. den 1. Österreichischen Ernährungstag am 7. Oktober 2005, bei dem auch das Thema „Diät und Diabetes – Wie kann ein Diabetiker sinnvoll abnehmen?“ behandelt wurde.

3.2.4 Früherkennungsmaßnahmen

Betreffend Früherkennung des DM konnten im Rahmen der Fragebogenerhebung – mit Ausnahme der "Vorsorgeuntersuchung Neu" (siehe Punkt 3.2.3) – nur Interventionen auf stationären Einheiten identifiziert werden. So führt z. B. die Abteilung für Innere Medizin III (Kardiologie) des Wilhelminenspitals Wien bei der Patientinnen/Patienten, die sich ei-ner Koronarintervention unterziehen müssen und bei denen noch keine Diabeteserkran-kung bekannt ist, regelmäßig OGTT durch, um einen gestörten Glukosestoffwechsel früh-zeitig zu erkennen und gegebenenfalls ein Diätprogramm, und wenn erforderlich, auch eine medikamentöse Therapie einzuleiten.

Ansonsten konnten im Screeningbereich lediglich lokale Initiativen identifiziert werden.

So hat Styria vitalis beispielsweise im Zeitraum 2000 bis 2005 gemeinsam mit dem Fonds Gesundes Österreich (FGÖ) ein Diabetes-Programm durchgeführt, bei dem u. a. in

"Gesunden Gemeinden" der Bezirke Weiz und Mürzzuschlag Blutzuckertesttage abgehal-ten wurden. In Niederösterreich hat das Gesundheitsforum im Jahr 2004 Diabetes als Schwerpunktthema gewählt und ebenfalls über die "Gesunden Gemeinden" Blutzucker-messungen zur Entdeckung von bisher unerkannten Diabetikerinnen/Diabetikern durch-geführt. Zur Risikoabklärung wurde der von den finnischen Expertinnen/Experten Lindström und Tuomilehto entwickelte Test "FINDRISC" (Finnish Diabetes Risk Score) verwendet (Lindström, J. et al. 2003; siehe auch Punkt 4.2.5.1).

Der erwähnte FINDRISC-Test ist auch Teil eines laufenden, von der Europäischen Union geförderten Projekts (Start 2004) namens „Diabetes in Europa – Prävention durch Le-bensstil, physische Aktivität und Ernährungsintervention“, an dem als österreichische Partnerinstitutionen die Donau Universität Krems und Styria vitalis partizipieren. Dieses Projekt findet im Rahmen des Aktionsprogramms der Gemeinschaft im Bereich der öf-fentlichen Gesundheit statt. Ausgehend von der „Finnish Diabetes Prevention Study“, der weltweit ersten Studie die eine Risikoreduktion für Typ 2-Diabetes durch Lebensstilmodi-fikationen nachweisen konnte, wird versucht, Präventionsstrategien systematisch in eu-ropäischen Ländern zu implementieren. Der FINDRISC-Test soll dabei im Vorfeld das Di-abetesrisiko in europäischen Populationen bewerten, um spätere qualitätsgesicherte In-terventionen und Präventionsprogramme leichter den regionalen Bedingungen und Risi-kogruppen anpassen zu können.

3.2.5 Schulungsprogramme

Patientenschulungen sind ein wichtiger Teil von Empowerment. Darunter versteht man ein aktives Einbeziehen der Patientin/des Patienten in alle Behandlungsentscheidungen, das zu gemeinsamen Zielvereinbarungen zwischen Ärztin/Arzt und Patientin/Patient füh-ren soll. Dadurch sollen die Patientenzufriedenheit gesteigert und eine bessere Complian-ce erzielt werden.

Die Schulungsprogramme sind sowohl für Typ 1- als auch für Typ 2-Diabetikerinnen/Dia-betiker gedacht und in der Regel auch für Angehörige offen, da es naheliegend ist, dass eine Lebensstiländerung nur durch Einbindung des sozialen Umfelds erfolgreich bewältigt werden kann. Die Schulungen selbst werden teilweise von Ärztinnen/Ärzten, teilweise von Diabetesberaterinnen/Diabetesberatern vorgenommen, die ihrerseits geschult sein

müssen. Diese Aufgabe übernehmen in der Regel die Ärztekammern des jeweiligen Bun-deslandes bzw. der Verband österreichischer Diabetesberater/innen (VÖD).

Zahlreiche niedergelassene Ärztinnen/Ärzte, KH-Ambulanzen und auch stationäre Einhei-ten bieEinhei-ten PatienEinhei-tenschulungen an. Darüber hinaus gibt es bundesländerweite Program-me (z. B. Modell Burgenland, Steirisches Schulungsprogramm, DIALA - OÖ, DiabCare Of-fice Wien, Schulungsprogramm für Salzburg, etc.) und bundesländerübergreifende Pro-gramme, z. B. mit mobilen Teams (siehe Tabelle 1 im Abschnitt 3.2). In der Mehrzahl der Fälle erfolgt die Schulung auf Basis des sogenannten "Düsseldorfer Modells". Darunter versteht man die fünf von Berger, M. et al. an der Heinrich Heine Universität Düsseldorf entwickelten strukturierten Patientenschulungsprogramme für Typ 1- und Typ 2-Diabetes sowie Hypertonie, die in Deutschland mit einem Zertifikat versehen sind (siehe http://

www.patientenschulungsprogramme.de).

Im Zuge der Erhebung wurden aber auch andere Modelle namhaft gemacht (z. B. „Modell Burgenland“, das MEDIAS 2-Schulungsprogramm der Diabetesakademie Bad Mergent-heim, das Insulinpumpenschulungsprogramm nach Ulrike Thrum, das strukturierte Hy-pertonie-Behandlungs- und Schulungsprogramm (HBSP) nach Peter T. Sawicki und das Functional Insulin Treatment (FIT)-Programm nach Kinga Howorka).

Sofern im Rahmen der Programme eine gesonderte Honorierung der Leistungserbringer vorgesehen ist, erfolgt diese durch die jeweiligen Krankenversicherungsträger, teilweise mit finanzieller Unterstützung des Landes. In einigen Fällen müssen die Patientin-nen/Patienten selbst einen Teil der bzw. die gesamten Kosten übernehmen. In Ambulan-zen und stationären Einheiten werden die Schulungen in der Regel vom diensthabenden Personal innerhalb der Arbeitszeit durchgeführt, sodass keine zusätzlichen Kosten anfal-len. Im Zuge der Erstellung des Österreichischen Diabetesplans wurde jedoch kritisiert, dass diese Form der Schulung mit hohen Kosten für die öffentliche Hand verbunden ist und derartige Leistungen in anderen Stufen der Gesundheitsversorgung kostengünstiger erbracht werden könnten.

Obgleich in Österreich zahlreiche Schulungsinitiativen bestehen, ist laut Angaben der Ex-pertinnen und Experten kein flächendeckendes Angebot gegeben. Es fehlt zudem eine Zertifizierung von anerkannten Schulungsprogrammen, wie sie in Deutschland implemen-tiert wurde (siehe Punkt 4.2.6.1) und es wurde von mehreren Expertinnen und Experten angeregt, verbindliche Kriterien für die Ausbildung der Ärzteschaft, die Dokumentation und Evaluation festzulegen. Defizite wurden darüber hinaus in der Kooperation zwischen Ärztinnen/Ärzten (Überweisung in Praxen mit Schulungsprogrammen), in der Zusam-menarbeit zwischen Ärztinnen/Ärzten und Angehörigen nicht-ärztlicher Berufe (Interdis-ziplinarität) sowie in der rechtzeitigen Einbindung von Patientinnen/Patienten in Schulun-gen gesehen.

3.2.6 Spezielle Interventionen für Frauen

Obgleich Gestationsdiabetes (GDM) als massiver Risikofaktor für Typ 2-Diabetes bekannt ist, gibt es kaum präventive Maßnahmen zur Beobachtung und Kontrolle von Gestations-diabetikerinnen nach der Schwangerschaft. Der orale Glukosetoleranztest (OGTT) stellt derzeit auch keinen Bestandteil des Mutter-Kind-Passes dar, da die Grenzwertfrage nicht eindeutig geklärt ist. Einige Arztpraxen bieten spezielle Schulungen für Gestationsdiabe-tikerinnen an und einige Krankenhäuser vermerken die Diagnose "GDM" im

Entlassungs-brief und sehen Kontrolltermine vor. Es fehlen aber auch hier flächendeckende Initiativen für die Risikogruppe. Weiters wäre zu prüfen, ob zusätzlich spezielle Interventionen für Frauen, die über das Thema GDM hinausgehen, erforderlich sind.

3.2.7 Spezielle Interventionen für Kinder und Jugendliche

Für Kinder und Jugendliche gilt dasselbe wie für die erwachsene Bevölkerung. Es gibt ei-nige regionale Initiativen, aber keine flächendeckenden Programme. So bietet z. B. der

"Verein für Diabetiker" und die Sozialversicherungsanstalt der Bauern in Zusammenarbeit mit der Universitätskinderklinik für Kinder- und Jugendheilkunde Graz und der Diabetes-ambulanz an der Universitätsklinik Graz regelmäßig Ferien- und Schulungscamps für dia-betische Kinder und Jugendliche (Typ 1) an, um deren Stoffwechselkontrolle zu verbes-sern, Spätfolgen zu verhindern bzw. zu verzögern sowie die Lebensqualität und das psy-chische Befinden der betroffenen Kinder und Jugendlichen positiv zu beeinflussen. Das Camp bietet Schulungen, Erfahrungsaustausch, Gesprächsmöglichkeiten mit Betreuerin-nen/Betreuern, ein Sportprogramm, Ausflüge sowie selbst zusammengestellte Menüs.

STYJOBS (STYrian Juvenile OBesity Study) ist ebenfalls eine Initiative der Universitätskli-nik Graz, die das Ziel verfolgt, verbesserte diagnostische, therapeutische und präventive Maßnahmen bei Übergewicht im Kindes- und Jugendalter zu entwickeln. Zu diesem Zweck werden mit Hilfe einer eigens entwickelten Datenbank spezielle Risikoprofile erar-beitet und Lebensstil-Intervention bei adipösen Kindern und Jugendlichen (Verhaltensthe-rapie, Motivationsmanagement, Ernährungs- und Sportprogramme) durchgeführt. Die Auswertung der Ergebnisse ist nach einem Jahr geplant. Wenn diese Interventionen er-folglos sind, soll in einem zweiten Schritt eine Pharmakotherapie mit Statinen bzw. mit Medikamenten, die das Suchtverhalten beeinflussen, durchgeführt werden. Die intensive Berücksichtigung des Suchtfaktors der Adipositas stellt sicherlich eine der Besonderheiten dieser Initiative dar.

Im Burgenland wurde ergänzend zur "Diabetesschulung Modell Burgenland" und weiteren Initiativen im Bereich Typ 2-Diabetes mit dem Schuljahr 2004/2005 ein spezielles Infor-mationsprogramm zu Übergewicht und Diabetes in Schulen gestartet. Schulärztinnen/

Schulärzte und Ernährungswissenschafterinnen/Ernährungswissenschafter halten Vorträ-ge zu medizinischen und Lebensstil-bezoVorträ-genen Aspekten. Parallel werden medizinisch re-levante Daten (Gewicht, Blutdruck, Blutzucker) durch die Schulärztinnen/Schulärzte er-hoben, sodass auf dieser Basis ein realitätsnahes Bild über den Gesundheitszustand bur-genländischer Jugendlicher gezeichnet werden kann. In Zukunft sollen auch andere Schultypen in das Programm integriert werden, wodurch jährlich ca. 10.000 Schülerin-nen/Schüler erreicht werden könnten.

Seitens der NÖGKK wird für übergewichtige Erwachsene und Kinder im Alter von acht bis zwölf Jahren ein SOD "Schlank ohne Diät" Programm angeboten, bei dem diese im Rah-men eines verhaltenstherapeutischen Programms lernen sollen, ihre Ess- und Bewe-gungsgewohnheiten so zu verändern, dass sie entweder abnehmen oder ihr Gewicht sta-bilisieren können. Zu diesem Zweck werden Publikumsvorträge, einmal wöchentlich eine Betreuungseinheit über fünf Wochen hinweg (Basisprogramm) und nach Bedarf ein An-schlussprogramm (weitere fünf Einheiten) angeboten. Weiters führen Diätassistentin-nen/Diätassistenten, ernährungsmedizinische Beraterinnen/Berater und

Ernährungswis-3.2.8 Spezielle Interventionen für sozial benachteiligte Personen

Im Zuge der Erstellung des Österreichischen Diabetesplans wurde darauf hingewiesen, dass Migrantinnen/Migranten, Analphabetinnen/Analphabeten und armutsgefährdete Per-sonen (insbesondere Alleinerzieherinnen/Alleinerzieher) nicht ausreichend versorgt

Im Zuge der Erstellung des Österreichischen Diabetesplans wurde darauf hingewiesen, dass Migrantinnen/Migranten, Analphabetinnen/Analphabeten und armutsgefährdete Per-sonen (insbesondere Alleinerzieherinnen/Alleinerzieher) nicht ausreichend versorgt