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4.2 Ergebnisse in Europa

4.2.5 Frühe Diagnose und Früherkennung

In vielen europäischen Ländern wurden in den letzten Jahren Maßnahmen zur Früherken-nung des Typ 2-Diabetes gestartet. Die Bedeutung der FrüherkenFrüherken-nung und ihr Zusatz-nutzen gegenüber einer später einsetzenden Normalbehandlung schlägt sich auch in vie-len nationavie-len Gesundheitsplänen nieder, im Spezielvie-len in nationavie-len Aktionsplänen und Versorgungsprogrammen. Grundsätzlich muss zwischen Screening-Maßnahmen in Bezug auf Diabetes mellitus einerseits und seinen Folgeerkrankungen andererseits unterschie-den werunterschie-den. Zumeist werunterschie-den diese Untersuchungen aber gekoppelt angeboten. Aus 23 Ländern konnten Informationen zu Früherkennungsmaßnahmen des Typ 2-Diabetes ge-sammelt werden.

Als Beispiel der Integration von Früherkennungsmaßnahmen in nationale Aktionspläne ist einmal mehr Finnland mit seinem nationalen Diabetesprogramm DEHKO und einem dar-auf dar-aufbauenden Präventionsprogramm für Typ 2-Diabetes zu erwähnen (siehe Punkt 4.2.1.1). Zur Umsetzung werden drei Strategien angewendet: eine Populationsstrategie, eine Hochrisikostrategie und eine Frühbehandlungsstrategie (siehe Punkt 4.2.1.1). Die Hochrisikostrategie, die systematische Screenings bei Personen mit einem hohen Risiko für Typ 2-Diabetes vorsieht, wird weiter unten näher ausgeführt.

In Litauen werden nationale Programme gegenwärtig weiterentwickelt, um relevante Fak-toren betreffend Diabetes abzudecken und frühe Diagnosen zu etablieren. Es werden Ri-sikopatientinnen/Risikopatienten identifiziert und auf Primärversorgungsebene (Hausärz-tin/Hausarzt) einem Glukosetoleranztest unterzogen. Auch in Dänemark beschreibt der

„Handlingsplan om Diabetes“ aus dem Jahr 2003 Screening-Maßnahmen zur Früherken-nung von Typ 2-Diabetes und Langzeit-Komplikationen. In Frankreich wiederum wurde vom Gesundheitsministerium „Le Programme d’actions de prévention et de prise en charge du diabète de Type 2, 2002-2005“ gestartet, dessen Detailziel auch die Verstär-kung der Diabetes-Früherkennung, die Definition der Zielbevölkerung und die Verbesse-rung der Früherkennung der diabetischen Retinopathie sowie des diabetischen Fußsyn-droms darstellt. Als abschließendes Beispiel für nationale Programme und integrierte Früherkennungsmaßnahmen soll noch Rumänien genannt werden, dessen Programm für Diabetes, Ernährung und metabolische Erkrankungen aus dem Jahre 2002 neben Diabe-tes-Screening auch das Screening von chronischen Folgeerkrankungen beinhaltet. Zu diesen Screenings gehören EKG, Fußuntersuchungen, ein Lipid-Profil, HbA1c-Werte, Mic-roalbuminurie-Diagnostik und eine Fundoskopie.

Nicht nur flächendeckende nationale Programme zur Früherkennung des Diabetes sind in Europa zu finden, auch regional begrenzte Maßnahmen können beschrieben werden. So startete im Jahre 2000 in 15 rumänischen Landkreisen das Programm EPIDIAB zur Fest-stellung der Epidemiologie von Diabetes und dessen Versorgungsqualität. 2001 wurde in Maribor (Slowenien) ein Screening von Diabetikerinnen und Diabetikern nach Risikofakto-ren für ein diabetisches Fußsyndrom durchgeführt. In Katalonien (Spanien) fand eine Screening-Kampagne statt, um nicht-diagnostizierten Typ 2-Diabetes festzustellen.

Auch andere Länder sind bezüglich Früherkennungsmaßnahmen zu erwähnen. Beispiels-weise existiert in Bulgarien ein nationales Screening-Programm für Familienangehörige von Patientinnen und Patienten mit Diabetes, im Zuge dessen Blutzucker- und HbA1c-Wert-Messungen durchgeführt werden. Ähnliches geschieht in Tschechien, wo adipöse und erblich vorbelastete Personen einem Screening zugeführt werden. In den Niederlan-den werNiederlan-den bei Massenveranstaltungen Screening-Einrichtungen angeboten und auch das lettische Programm DiaScreen (2003) verfolgt das Ziel, die Prävalenz von nicht-diagnostizierten Diabetes in Hoch-Risikogruppen festzustellen. Weitere Maßnahmen zur Früherkennung des Typ 2-Diabetes wurden von Expertinnen/Experten aus Polen, Zypern, Großbritannien und Schweden genannt.

Ein beliebtes Hilfsmittel zur Risikoanalyse sind speziell entwickelte Fragebögen, wie sie zum Beispiel im slowakischen Screening-Programm zur Feststellung der tatsächlichen Prävalenz des Typ 2-Diabetes, des metabolischen Syndroms und von mikro- sowie makroangiopathischen Komplikationen Anwendung fanden. Hier wurde in Anlehnung an die von der WHO entwickelte Methode zur Sammlung und Analyse von Daten über Risiko-faktoren für nicht-übertragbare Krankheiten (STEPS – Stepwise approach to surveillance of risk factors) als erster Schritt ein Fragebogen verwendet. Diesem folgten in weiteren Schritten einfache physische Untersuchungen und Laborauswertungen von Blutproben.

Auch in Belgien, im Speziellen in Flandern, werden Personen über 45 Jahren mit beson-deren in einem Fragebogen aufgelisteten Symptomen und Risikofaktoren ermutigt, ihre Ärztin/ihren Arzt zwecks Typ 2-Diabetes-Untersuchung zu konsultieren. Das Projekt PRAEDIAS in Deutschland bedient sich zur Früherkennung im ersten Schritt eines Tests, der das persönliche Risikoprofil für Diabetes und dessen Einschätzung ermöglichen soll.

In Dänemark wiederum wurde im Zuge der „Inter99“-Studie ein Fragebogen entwickelt,

der mit einer Sensitivität von 75 Prozent nicht-diagnostizierten Typ 2-Diabetes feststellen und ökonomische sowie personelle Kosten für Screening-Strategien minimieren soll.

Bezugnehmend auf Screening-Programme für schwangere Frauen wird auf die Beschrei-bung im Abschnitt 4.2.7 „Spezielle Interventionen für Frauen“ verwiesen.

4.2.5.1 Erfassung von Hochrisikopatientinnen und -patienten in Finnland

Im folgenden Kapitel werden Maßnahmen dargestellt, die in Finnland zur Erfassung von Hochrisikopatientinnen und -patienten von Typ 2-Diabetes zur Anwendung kommen.

Mindestens ein Drittel bis zu möglicherweise der Hälfte der finnischen Bevölkerung hat laut Finnischer Diabetesvereinigung eine genetische Disposition für Typ 2-Diabetes. Im Programm für die Prävention von Typ 2-Diabetes in Finnland (2003-2010) werden neben Primärpräventionsmaßnahmen auch die Bedeutung der Früherkennung und die daraus resultierenden verbesserten Behandlungsmöglichkeiten beschrieben. Das Implementie-rungsprojekt FIN-D2D findet derzeit in fünf finnischen Krankenhausdistrikten statt und hat vor allem die Identifizierung von Hochrisikogruppen für Typ 2-Diabetes und deren Unterstützung bei der Lebensstiländerung und Risikominimierung zum Ziel. Des Weiteren werden Personen mit hohem Erkrankungsrisiko regelmäßig untersucht (z. B. OGTT).

Das finnische Präventionsprogramm folgt allgemein einer dreistufigen Strategie, wobei die „High-Risk Strategy“ das systematische Screening sowie Schulung und Monitoring von Hochrisikogruppen beinhaltet. Zielgruppe der Strategie sind neben erkrankungsge-fährdeten Personen, nahe Verwandte von Personen mit Typ 2-Diabetes, Frauen mit Gestationsdiabetes und Personen mit metabolischem Syndrom, Übergewicht, Bluthoch-druck oder erhöhten Blutglukose-Werten.

Ziele der High-Risk Strategy sind:

• 75 Prozent der Angehörigen von Risikogruppen für Typ 2-Diabetes sollen klare In-struktionen zur Risikoverringerung bekommen.

• 50 Prozent der gefährdeten Personen sollen intensive Lebensstilberatung bekommen und unter medizinischer Beobachtung stehen.

• Durch Screening sollen 70 Prozent der noch nicht diagnostizierten Diabetesfälle ent-deckt werden.

Am Beginn der Risikoeinschätzung für Diabetes mellitus steht der im Jahre 2001 entwi-ckelte FINDRISC-Fragebogen (FINnish Diabetes RIsk SCore), ein Ergebnis der FINRISK-Studie zur Untersuchung von Risikofaktoren für nicht-übertragbare chronische Krankhei-ten. Der standardisierte und validierte Test kann auch ohne professionelle Hilfe sowohl im Internet, als auch in Apotheken, bei speziellen Veranstaltungen und bei niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten in wenigen Minuten absolviert werden. Er beinhaltet acht Fragen betreffend Alter, BMI, Taillenumfang, körperliche Aktivität, Ernährung, Medikation, Kran-kengeschichten und genetische Last. Ein Punktesystem (von < 7 Punkten für geringes Ri-siko bis > 20 Punkten für sehr hohes RiRi-siko) soll Auskunft über die Wahrscheinlichkeit der Entwicklung von Diabetes in den nächsten zehn Jahren geben, um weitere Maßnah-men einleiten zu können. Diese reichen von Schulung und Information betreffend Ernäh-rung und Lebensstil über weiterführende Untersuchungen bis hin zu intensiver Versor-gung, Begleitung und regelmäßiger Beobachtung der Patientin bzw. des Patienten.