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2 Literaturübersicht

2.2 Fleischreifung

Mit dem Eintritt des Todes beginnt in der Muskulatur des geschlachteten Tieres ein Ablauf chemischer, biochemischer, physikalischer und morphologischer Veränderun-gen, durch die sich die Wandlung des Muskelgewebes zu Fleisch beschreiben lässt.

Dieser je nach Art des Schlachttierkörpers wenige Tage bis mehrere Wochen dau-ernde Prozess wird auch als Fleischreifung bezeichnet (KÜHNE 2004). KIJOWSKI (1984) wies darauf hin, dass die postmortalen Veränderungen in der Muskulatur von Geflügel deutlich rascher ablaufen, als bei Fleisch anderer schlachtbarer Tiere. Ge-flügel wird zwanzigmal schneller zart als Rindfleisch (TERNES 1994). Nach THIELKE (2002) reicht eine ca. 10 bis 12 stündige Fleischreifung beim Masthähn-chen aus, um eine Verbesserung der Zartheit der Muskulatur zu erzielen.

Die postmortalen Prozesse in der Muskulatur werden folgerichtig in eine früh-postmortale und eine spät-früh-postmortale Phase, die eigentliche Fleischreifung, unter-teilt. Während die früh-postmortale Phase vor allem durch den Ablauf und die Folgen der Glykogenolyse gekennzeichnet ist, spielen im weiteren Verlauf enzymatisch-autolytische Vorgänge eine dominierende Rolle (KÜHNE 2004).

2.2.1 Glykogenolyse

Nach Stillstand des Kreislaufes folgt die schnelle Entwicklung eines anaeroben Milie-us, weil kein Sauerstoff mehr zugeführt wird. Die ATP-Reserven aus Kreatin-Phosphat und die enzymatisch katalysierte Umwandlung von zwei ATP in je ein ATP und AMP sind schnell erschöpft. Eine weitere Quelle ATP zu bilden, ist die Glykoly-se. Dabei wird Glykogen oder Glykose über mehrere phosphorylierte Zuckerderivate zu Laktat (Milchsäure) abgebaut (TERNES 1994).

Im Verlauf der postmortalen anaeroben Glykolyse reichert sich im Fleisch zuneh-mend Milchsäure an. Dadurch sinkt der Muskel-pH-Wert aus dem Neutralbereich innerhalb einiger Stunden bis auf muskeltypische End-pH-Werte ab. Spätestens 24 h post mortem ist der Endpunkt der Glykolyse und damit auch ein stabiler pH-Wert er-reicht, der das Fleisch vor rascher mikrobieller Besiedelung schützt. Gleichzeitig hat die säuerliche Geschmacksnote entscheidenden Anteil an der Ausbildung des Fleischaromas (FEHLHABER 1992).

Wird kein ATP mehr gebildet, so sinkt der ATP-Gehalt, da enzymatische Prozesse weiterlaufen. So kann auch die Verbindung von Aktin- und Myosinfilamenten nicht mehr gelöst werden, da hierfür ATP benötigt wird. In der Folge kommt es zum Eintritt des Rigor mortis (TERNES 1994).

2.2.2 Enzymatische Vorgänge

Die fleischeigenen glykolytischen Enzyme und verschiedenen Proteasen führen zur Ausbildung erwünschter Eigenschaften in Bezug auf Genussfähigkeit und Haltbar-keit:

• Säuerung

• Aromabildung

• Zartheit

• Saftigkeit

• Fleischfarbe (FEHLHABER 1992)

Durch fleischeigene Kathepsine erfolgt in der Nähe der Z-Bande eine Spaltung, durch Papain jedoch auch an den Actin- und Myosinmolekülen (TERNES 1994).

Zum vollständigen Abbau von Proteinen zu freien Aminosäuren sind mehrere Enzy-me mit unterschiedlicher Spezifität notwendig. Proteinasen und Peptidasen gibt es nicht nur im Magen-Darm-Trakt sondern auch innerhalb der Zellen. Nach ihrem An-griffspunkt im Substratmolekül unterteilt man die proteolytischen Enzyme in Endo-peptidasen und ExoEndo-peptidasen. Die EndoEndo-peptidasen oder Proteinasen spalten Pep-tidbindungen im Inneren von Peptidketten. Sie „erkennen“ und binden kurze Teilse-quenzen des Substrats und hydrolysieren dann relativ spezifisch Bindungen zwi-schen bestimmten Aminosäuren-Resten (KOOLMANN 1998). Exopeptidasen greifen, wie der Name sagt, nur am Ende einer Peptidkette an: Die Carboxypeptidasen vom Carboxy-Rest, die Aminopeptidasen von der Aminogruppe her (KARLSON 1988).

2.2.3 Mikrobielle Faktoren 2.2.3.1 Verderbniskeime

Mikroorganismen sind ein normaler Bestandteil der meisten Lebensmittel. Dies trifft gleichermaßen auf das geschlachtete Geflügel zu. Im Allgemeinen besitzen die ver-schiedenen Lebensmittel eine nach Keimmenge und Keimart typische, in bestimmten Grenzen variierende Mikroflora (FEHLHABER 2001 a).

Geflügel gilt als vergleichsweise leicht verderbliches Lebensmittel, weil im Zuge der Schlachtung eine intensive Kontamination, auch in modernen Schlachtanlagen, un-vermeidlich ist und das Produkt selbst günstige Bedingungen für die Keimvermeh-rung bietet (FEHLHABER 2001 a).

Nach der Schlachtung gehören Pseudomonaden, Acinetobacter und Enterobacteria-ceen zur dominierenden Keimflora von Geflügelfleisch (KRÖCKEL u. HECHELMANN 1998, BARNES 1966). Nach WEISE (1996) überwiegen bei kühlgelagertem Geflü-gelfleisch neben Bakterien der Gattung Pseudomonas und Acinetobacter auch Bro-chothrix thermosphacta und Shewanella putrefaciens, Moraxella und Psychrobacter die Keimflora.

Innerhalb der ersten 24 h der Lagerung bei 0 °C - 2 °C kommt es kaum zu einem Wachstum der Mikroorganismen, da der pH-Wert des Fleisches auf 5,7 bis 6,0 ab-sinkt. Trotz des niedrigen pH-Wertes entwickelt sich eine so genannte „Keimhaus-Flora“, die vor allem aus Pseudomonaden und Enterobacteriaceen besteht (KRÖCKEL u. HECHELMANN 1998).

Bei Keimzahlen > 107/g treten sensorische Defekte wie Geruch- und Schleimbildung hervor. Der Abbau von Fleischproteinen wird vor allem auf extrazelluläre Proteasen mancher Vertreter der Gattung Proteus, Bacillus und Clostridium zurückgeführt, ob-wohl sie in der Regel einen kleineren Anteil der Population darstellen. Die entstehen-den Peptide und Aminosäuren werentstehen-den von anderen Mikroorganismen zu typischen Fäulnisprodukten wie Ammoniak, Schwefelwasserstoffverbindungen, Aminen usw.

abgebaut. Die Entstehung von biogenen Aminen steht eng im Zusammenhang mit der Stoffwechselaktivität der Enterobacteriaceen, bei denen die Aminosäurendecar-boxylaseaktivität recht ausgeprägt ist.

Manche Mikroorganismen, so z. B. die Enterobacteriaceen sind zunächst, solange leicht abzubauende Kohlenhydrate verfügbar sind, überwiegend saccharolytisch, um anschließend den proteolytischen Stoffwechselweg zu beschreiten. Andere Gruppen, wie die Milchsäurebakterien, sind dominant saccharolytische, vermögen aber auch vorgespaltenes Eiweiß weiter zu Aminosäuren abzubauen. Den Variationsmöglich-keiten des mikrobiellen Fleischabbaus durch eine komplexe Mikroflora sind prinzipiell keine Grenzen gesetzt. Nur die technologischen Faktoren der Fleischbehandlung, wie Kühlung, Abtrocknung oder Verpackungen, geben bestimmte Gesetzmäßigkeiten vor (WEISE 1996).

2.2.3.2 Einfluss der Verpackung

Für längere Haltbarkeiten von gekühltem (0 °C - 4 °C) Frischfleisch sind Verbundpa-ckungen mit niedriger Gasdurchlässigkeit erforderlich. Dadurch kann sowohl bei Va-kuum- als auch Schutzgasverpackungen die Einhaltung eines niedrigen Redoxpoten-tials während der gesamten Lagerzeit gewährleistet werden. Dabei müssen aber nachteilige Wirkungen auf die Fleischfarbe und Gewichtsverluste durch Abscheidun-gen von Muskelflüssigkeit in Kauf Abscheidun-genommen werden. Für vakuumverpacktes Fleisch von guter hygienischer Qualität und einen pH-Wert von 5,7 lässt sich bei 0 °C - 1 °C Kühllagerung eine Haltbarkeit von 8 - 10 Wochen erwarten, wobei zum Ende der Haltbarkeit säuerliche und (bedingt durch kurzkettige Fettsäuren) käseartige Ge-ruchsabweichungen bei Gesamtkeimzahlen um 107 bis 108/cm2 wahrnehmbar wer-den (WEISE 1996).

Bei Verpackungen mit modifizierter Atmosphäre und auch bei Vakuumverpackungen besteht die dominierende Keimflora aus milchsäurebildenden Bakterien, wie Lakto-bazillen und Streptokokken. Diese Keimarten werden von dem vorhandenen bzw.

gebildeten CO2 und von dem verminderten bzw. fehlenden Sauerstoffangebot nicht vollständig im Wachstum gehemmt.

Nach BORCH (1996), VARNAM und SUTHERLAND (1995) und HOLZAPFEL (1996) sind Milchsäurebakterien und Brochothrix thermosphacta die dominierenden Mikro-organismen in vakuumverpacktem Fleisch. In Abhängigkeit vom Vakuum bzw. der

Sauerstoffdurchlässigkeit der Folie kommen außerdem Enterobactericeae, Shewa-nella putrefaciens, Pseudomonas und Carnobacterium vor.

Die organoleptischen Veränderungen, die mit dem hohen Keimzahlen von Milchsäu-rebakterien verbunden sind, sind weniger ausgeprägt als die Abweichungen, die durch die überwiegend aerobe Bakterienflora verursacht werden (ZEITOUN u.

DEBEVERE 1992).

KAKOURI und NYCHAS (1994) lagerten Hühnerkeulen und –brustfilets 13 Tage lang bei 3 °C und 10 °C in verschiedenen Verpackungen (Vakuumverpackung und Verpa-ckung in unterschiedlichen modifizierten Atmosphären) um Unterschiede im Wachs-tum der Mikroflora festzustellen. Bei Vakuumverpackungen und Verpackung mit 100%iger CO2-Atmosphäre stellten Laktobazillen die dominierende Flora dar. Bei den Vakuumverpackungen kam es bis zum Ende der Lagerzeit zu einem 100fachen Anstieg der Pseudomonadenzahlen, wobei jeweils bei 10 °C das Wachstum der Pseudomonaden am größten war.