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4. Diskussion

4.3 Das fetale endokrine Pankreas

Die in dieser Arbeit untersuchten vier fetalen Pankreas von Callithrix jacchus zeigten ausge-prägte morphologische Unterschiede ihrer endokrinen Anteile. Bei den Feten K1985-1, 2 und 3 handelte es sich um Geschwister einer Vierlingsträchtigkeit, die per Kaiserschnitt entwi-ckelt wurden. Das exakte Gestationsalter dieser Tiere war jedoch nicht bekannt und wurde auf den 110. Trächtigkeitstag geschätzt. Der außerdem untersuchte Fetus E 117 hatte ein Gestationsalter von 117 Tagen.

Bei dem Pankreas der Drillinge ließen sich kaum insuläre Strukturen abgrenzen. Die endokri-nen Zellen schieendokri-nen entweder einzeln oder in Form endokriner Zellcluster aufzutreten. Das Pankreas von Fetus E 117 ließ dagegen bereits kleine Inseln erkennen, die eine sehr polygo-naler Form bei einer durchschnittlichen Größe von 428,1 µm² im Mittel aufwiesen. Insge-samt ist der endokrine Anteil am geInsge-samten fetalen Pankreas des Weißbüschelaffen mit 35,7 Inseln pro mm² Schnittfläche recht hoch. Dies wird auch für den Menschen beschrieben. In der 14. Schwangerschaftswoche macht es etwa 20 % der Gesamtzellmasse aus (FLEISCH-HAUER 1985; HAHN VON DORSCHE et al. 1989). HAHN VON DORSCHE (1989) beschreibt

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ßerdem, dass die endokrinen Zellen des Pankreas in der 10. Woche der Fetalentwicklung des Menschen noch einzeln gelegen sind und sich ab der 12. Woche zu kleinen Gruppen zusam-menschließen, die dann in der 14. Woche schon deutlich größer sind. Ab der 16. Woche sind bereits typische Mantelinseln zu erkennen (LAITIO et al. 1974; VAN ASSCHE et al. 1984) und in der 20. Woche sind die Langerhans’schen Inseln des menschlichen Pankreas voll ausgebil-det (LAITIO et al. 1974). Bei der Ratte sind die endokrinen Pankreaszellen vom 12. Trächtig-keitstag ebenfalls noch einzeln im Pankreasmesenchym verstreut, während ab Tag 13 primi-tive Inseln zu erkennen sind, die um den 20. Tag als typische Mantelinseln erscheinen (YOSHINARI u. DAIKOKU 1982). Bei der Maus sind erste einzelne endokrine Zellen am Tag 9 der Trächtigkeit nachweisbar (EDLUND 2001). Da bei Fetus E 117 im Gegensatz zu den Feten mit der K-Nummer 1985 bereits insuläre Strukturen erkennbar waren, könnte angenommen werden, dass sich dieser in einem späteren Gestationsalter befand. Da die drei Feten dessel-ben Muttertieres einer Vierlingsträchtigkeit entstammen, ist auch eine verzögerte Entwick-lung des endokrinen Pankreas denkbar.

Auch die Menge endokriner Zellen im fetalen Pankreas divergierte stark zwischen den unter-suchten Feten. Während die Tiere mit der K-Nummer 1985 nur sehr wenige B-Zellen besit-zen, sie machen lediglich 1 % der Gesamtzellzahl aus, hat der Fetus E 117 mit einem B-Zellanteil von 33 % der endokrinen Zellen, eine deutlich höhere Zahl. Der Unterschied zwi-schen den Zahlen der Glucagonzellen ist weniger deutlich. Die Drillinge zeigen einen Anteil der A-Zellen von im Mittel 31 % und der Fetus E 117 von 19 % an der gesamten endokrinen Zellzahl. Die absolute D-Zellzahl des Fetus E 117 ist etwa doppelt so hoch wie die der ande-ren Feten. Ihr Anteil an der Gesamtzellzahl ist bei Fetus E 117 allerdings nur 31 % und bei den anderen Feten im Mittel 62 %. Der Anteil der PP-Zellen ist mit 17 % beim Fetus E 117 wiederum deutlich höher als der der anderen Feten K1985 1, 2 und 3 mit einem Mittelwert von 6 % an der gesamten endokrinen Zellmasse. Die PP-Zellzahl der Drillinge liegt aber eben-falls deutlich über der Zahl der neugeborenen, juvenilen oder adulten Tiere.

Bezüglich der Reihenfolge des ersten Auftretens endokriner Zellen beim Fetus werden in der Literatur gegensätzliche Angaben gemacht. SLACK (1995) stellt fest, dass die ersten endokri-nen Zellen der Maus um den 9. bis 10. Tag der Trächtigkeit auftreten und gleichzeitig positiv

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für Glucagon- und Insulinantikörper sind. REMACLE und Kollegen (2007) beschreiben ledig-lich die Glucagonzellen als die ersten endokrinen Zellen der Maus, wobei kurz danach auch Zellen mit zweifacher Immunreaktivität auftreten. Eine Zunahme der B-Zellpopulation und die ersten D-Zellen treten bei der Maus um den 14. Trächtigkeitstag auf und auch die PP-Zellen treten bereits sehr früh in Erscheinung (REMACLE et al. 2007). Auch bei der Ratte stel-len die A-Zelstel-len um Tag 11 die erste endokrine Zellgruppe des Pankreas dar. Um Tag 12 sind vereinzelt B-Zellen zu erkennen und ab Tag 14 sind D-Zellen nachzuweisen (YOSHINARI u.

DAIKOKU 1982). Beim Menschen werden die A- und PP-Zellen ab der 9. Schwangerschafts-woche als die ersten endokrinen Zellen des Pankreas beschrieben. In der 10. Woche kom-men die D-Zellen dazu und in der 11. Woche dann die B-Zellen (VAN ASSCHE et al. 1984).

CONKLIN (1962) hingegen gibt an, dass die ersten endokrinen Zellen im humanen Pankreas A- und D-Zellen in Woche 11 bis 12 sind. Erst ab Woche 12 bis 14 folgen die B-Zellen. Auch HILL (1980) beschreibt diese Reihenfolge der Inselzellreifung für Mensch und Ratte. Diese Reihenfolge der endokrinen Zellreifung könnte auch die in der vorliegenden Arbeit nachge-wiesene deutlich geringere B-Zellzahl der wahrscheinlich jüngeren Feten K1985 im Vergleich zu Fetus E 117 erklären.

Die vergleichsweise deutlich höhere B-Zellmenge bei Fetus E 117 könnte aber auch auf mög-liche Stoffwechselveränderungen des Muttertieres hinweisen. So kann beispielsweise eine hyperglycämische Stoffwechsellage in der Schwangerschaft des Menschen zu einer fetalen B-Zellhyperplasie verbunden mit Hyperinsulinismus führen (VAN ASSCHE et al. 1984). Lässt man dagegen Ratten während der Trächtigkeit hungern oder eine proteinarme Diät aufneh-men, führt dies zu einer reduzierten B-Zellmasse und verminderten Insulinproduktion bei den Feten (HOLEMANS et al. 2003). Dementsprechend könnte die deutlich höhere B-Zellzahl des Fetus E 117 möglicherweise auch durch eine Hyperglykämie der Mutter erklärt werden, wobei jedoch keine entsprechenden Daten und Laborwerte zu dem Muttertier vorlagen. Der Blutglukosespiegel ist positiv mit dem Körpergewicht der Krallenaffenbüschelaffen korreliert (BRACK et al. 1989). Das Gewicht der Drillingsmutter war mit 374 g absolut im Normbereich für Weißbüschelaffen. Andererseits könnten die ausgeprägten Unterschiede zwischen der fetalen B-Zellmenge auch dadurch erklärt werden, dass die endokrinen Zellen der

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scheinlich jüngeren Drillingsfeten mit dem in dieser Studie verwendeten Insulin-Antikörpern nicht detektiert werden konnten, weil deren Granula noch kein reifes Insulin sondern die unreifen Vorstufen Päpro-Insulin beziehungsweise Proinsulin (FISCHER 1994; SLACK 1995) enthielten. Ähnliches könnte auch für die PP-Zellen gelten, die ebenfalls bei den Drillingen deutlich weniger vorhanden waren. Eine weitere Begründung könnte in einer versehentlich unvollständigen Entnahme des beim Marmoset-Fetus sehr kleinen Pankreas zu finden sein, bei der möglicherweise die eng mit dem Duodenum verbundenen Pankreaskopfregion bei der Präparation verloren gegangen ist. WOLFE-COOTE et al. (1990) beschreiben nämlich, dass B-Zellen im frühen fetalen Pavian-Pankreas zunächst nur in der PP-Region in Erschei-nung treten, so dass diese eventuell, genau wie die PP-Zellen, bei der hier durchgeführten Präparation möglicherweise eingebüßt wurden.