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Er ist der Glücksritter, der mit kluger Berechnung die Gunst des Augenblicks erfaßt, der auf den Mnk des Schicksals achten will, um den glücklichen Moment, der ihm Vorteil und Glück bringen kann, nicht zu verfehlen. Unterdessen ist der König angekommen, voll glühenden Zomes über den Tod Rosamundens. Und nun sehen wir III, 6 den schillernden Höfling schmeichelnd zu den Füßen seines königlichen Herrn: „Herr, erheitre dich, sie lebt! — Die Königin ist dieBetrogene. Rosamunden zu retten, wechselt' ich das ihr bestimmte Gift mit einem Trank, der, schnell betäubend, wie in Todesschlas, die Sinne senkt." Also betn König gegenüber motiviert er seine Handlung wesentlich anders. III, 8 huldigt er dem König und seiner Geliebten: „Wer hätte nicht sein eignes dran gewagt, um solch ein Leben zu retten?" Und als Rosamunde ihm sagt, (III, 9): „Ich leb' und deine Wohlthat isfs, du Edler?", huldigt er ihr noch stärker: „Nenn', o Schönste, nicht mit diesem Namen, was ein Barbar, ein Wilder selbst, sobald er dich erblickt, zu thun nicht unterlassen konnte!" Also Rosamunde gegen­

über gibt er vor, ihre Schönheit habe ihn bezaubett. Und als die Königin ihm (III, 11) Vorwürfe macht: „Ha, Verräter, so betrogst du mich", erwidert er ihr demüttg: „Zu deinem Besten, Königin, wofern du selbst nicht deine Feindin bist." Und als nun das Schicksal sich so gewendet hat, daß die Königin unterlegen, also in ihrem Dienst kein Lohn mehr zu erhoffen ist, da verläßt er unbedenk­

lich sie (III, 15), der er doch in Abwesenheit des Königs so willig gedient und das Geheimnis des Labyrinths verraten hatte.

Er geht dorthin, wo ihm das Glück wintt: „Herr, die Königin mit ihrer kleinen Schaar hat von der Bmg mit Dräuen sich entfernt.

Ihr folgt der allgemeine Haß; und alle deine Ritter stehn, o Herr, und Watten deines Winks!" Und als der König ihn beauftragt, seine Großen zu versammeln, damit sie „der Göttin seines Herzens huldigen", da jauchzt er dem König zu: „Willkommener Befehl!"

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Also Belmont ist der typische Glücksritter, der in jedem Augen­

blick unbedenklich dort steht, wohin ihn die Gunst des Augenblickes tust, der schillernde, glatte Höfling, der dem Herrn dient, der gerade auf der Höhe des Glückes steht und dessen Dienst darum Lohn ver­

spricht. Der Charakter Belmonts ist, llar gezeichnet und konsequent durchgeführt, mit das Beste an dem Melandschen Stücke.

Es bleibt nun noch Meland in seinem Verhältnis zu Addison zu betrachten, den er im Borberichte von 1778 ausdrücklich als Quelle erwähnt.

Zunächst fehlen bei Weland vollständig die burlesken Gestalten der Grideline und ihres Gatten Sir Trusty, der den bower der schönen Rosamunde zu behüten hat. In der Bibi, war dieses burlesk-komische Element bei Addison scharf getadelt worden. „Les ridiculit& d6- plac6s 6toient une espdce d’hommage, qu’Addison rendoit encore au mauvais goüt qui s’6toit introduit sur le Th6atre Anglois dös le temps de Shakespeare“, heißt es dort zur Entschuldigung.

Die Entdeckung des Geheimnisses durch die Königin wird bei Addison dmch einen Pagen herbeigeführt. Dieser benutzt die törichte Eifersucht der Grideline auf Rosamunde für seine Zwecke. Er bestärkt sie in ihrem Verdachte und erbietet sich, ihren Gemahl zu überwachen.

So gelingt es ihm, zu dem sonst so sorgfältig abgeschlossenen bower Zutritt zu erhalten.

Ein weiterer Unterschied im dramattschen Aufbau besteht darin, daß bei Addison der König Rosamunde noch vor der Szene mit der Königin sieht (II, 1), während sie bei Meland den verhängnisvollen Trank schon genommen hat.

Der Charakter der Königin erscheint bei Addison ganz anders als bei Meland. Dott ist Ellinor viel mehr in ihrer Liebe verwundet als in ihrem Stolz gekränkt. Es verletzt sie tief, daß sie des Königs Liebe verloren hat; ihre Herrschsucht und ihr Ehrgeiz taten nicht in solchem Maße hervor. I, 1: „Does ehe not warm with guilty firee, the faithless lord of my desires?“ Das ist es, was sie nicht ver­

winden kann. Bor allem ist sie nicht so racheglühend gezeichnet wie bei Meland. Sie will Rosamunde nicht vergiften, sondem ihr nur einen betäubenden Trank reichen. In II, 4 spricht sie diese Absicht

aus: „It is descreed — it shall be so, I cannot see my lord repine.“

Es erscheint ihr größer, der Feindin das Leben zu schenken, als sie zu töten. Sie will sie nur aus den Augen des Königs entfernen. Dieser soll an ihren Tod glauben. So, hofft sie, wird er Rosamunde vergessen und ihr wieder seine Liebe zuwenden.

Vollkommen abweichend ist nun der Schluß des Stückes.

Sir Trusty (jene burleske Gestalt, die im Wielandschen Stücke keinen Raum gefunden hat) hätt Rosamunde für tot und trinkt (II, 7) ebenfalls von dem betäubenden Tranke, um seinem Gebieter nicht die Schreckenskunde mitteilen zu müssen. Vorher schreibt er die UnglüObotschaft für den König auf einen Zettel; diesen findet der König bei dem bewußtlosen Trusty (III, 3) und hält nun also Rosa­

munde für tot. Es ist natürlich zu begrüßen, daß Wieland von dieser etwas primitiven und unbeholfenen Technik abgesehen hat.

Er machte das viel geschickter mit der Person des Belmont.

Heinrich macht nun seiner Gemahlin die bittersten Vorwürfe über ihre schreckliche Tat, um so mehr, da sie ganz unnötig gewesen sei. Denn er sei heute nur hergekommen, um von Rosamunde Ab- schied zu nehmen. Unterdessen sind ihm nämlich Englands Schutz­

genien im Traume erschienen (III, 1) und haben ihn auf den rechten Weg zurückgebracht, so daß er nun entschlossen ist, Rosamunden zu entsagen. Da teilt ihm Ellinor die Wahrheit mit. Heinrich gibt sich zufrieden und versöhnt sich mit ihr. Währenddessen erwacht Sir Trusty aus seiner Betäubung. Dies beruhigt den König nun vollends über Rosamundens Schicksal. An dem königlichen Paare nehmen sich nun auch Trusty und Grideline ein Beispiel und versöhnen sich auf recht lustige Att.

Die wesentlichen Unterschiede liegen also in dem Fottlassen des burlesken Elementes und in den stark verändetten Charakteren Heinrichs und Ellinors. Bor allem aber sind die Stücke grundver­

schieden in ihrer Tendenz: Bei Wieland sollen wir die Liebe des Königs zu Rosamunde billigen. Dieser sieht sie für sein gutes Recht an, verstößt seine Gemahlin und erhebt Rosamunde auf den Thron. Bei Addison dagegen bekennt der König am Schluffe seine Liebe als eine Verirrung, von der er sich jetzt wieder zurückgefunden hat. Der

König und seine Gemahlin müssen uns überdies diese Tendenz noch ausdrücklich in Worte fassen:

„Who to forbidden joys would rove, That knows the sweets of virtouos love!“

c) Pandora.

(Ein Lustspiel mit Gesang in 2 Aufzügen*).

Pandora bringt dem Prometheus als Göttergescherck eine Büchse, die mit den Leidenschaften angefüllt ist. Da dieser sie, Böses ahnend, nicht öffnen will, tut sie es selbst, von Neugierde geplagt. Die Folgen machen sich sogleich bemerkbar. Der erste Akt zeigt uns die Menschen in Unschuld und Einfachheit, ohne Neid und Argwohn, ohne Habgier und Eitelleit, ohne Stolz und Herrschsucht. Im zweiten Me haben alle Leidenschaften über die Menschen Macht gewonnen, und das Ver­

hängnis nimmt seinen Lauf. Aus des Prometheus Bereinigung mit Pandora erblüht eine holde Tochter, die „Hoffnung", die im Bunde mit der Göttin des Friedens und den fteundlichen Musen den geplagten Menschen nun ihr Los erträglich machen soll.

Als Quelle zu dieser satirischen Posse bezeichnet Wieland im Vorberichte Le Sage. Im „Th6atre de la Foire ou l’Op6ra Comique“

Tome IV, p. 345 ff. ist die ftanzösische Quelle zu lesen unter dem Titel: La Lotte de Pandore. Pidce d'un Acte. Repr&ent6e par la Troupe du Sieur Francisque ä la Foire de Saint Laurent. 1721.

Auch sein Verhältnis zur Quelle charakterisiert Wieland ziemlich Bot, wenn er sagt, er habe „außer der Idee zu dieser dramatischen Kleinigkeit" auch „einige Szenen" von Le Sage entlehnt. Sein Eigen­

tum sei der Gedanke, den Prometheus auftreten zu lassen, dem Merkur die Harlekinsmaske abzunehmen und überhaupt dem Ganzen mehr Sinn, Gestalt und Rundung zu geben. Was anfangs bloß Übersetzung sein sollte, sei also fast etwas ganz Neues geworden.

Die genaue Vergleichung des Melandschen Stückes mit seiner Quelle hat nun in bezug auf sein Verhältnis zu dieser folgendes

) Merk. III (1779), S. »-48.

ergeben: Außer Prometheus, der Melands eigene Erfindung ist, stimmen die Personen überein. 9htt wird Pierrot zu Hylas, seine Olivette zu einer Lalage, und der alte (eilen erscheint bei Wieland als ©taufen. Aus den 24 Szenen der einaktigen ftanzösischen Posse macht Meland ein Lustspiel in zwei Akten.

In I, 1 ist er ganz selbständig. Der lange Monolog des Pro­

metheus ist dramentechnisch ungeschickt und für das Theater nicht gut möglich. In dem anschließenden Dialog zwischen Prometheus- und Pandora trifft Wieland oft ganz glücklich den frivol-neckischen Ton des Franzosen. Aber fast wie eine Travestie der Antike Hingt es, wenn Pandora auf die Galanterie des Prometheus, es sei gewiß nichts in der Schachtel, was sie noch schöner machen könne, erwidert:

„Wer weiß? Auf Junos Nachttisch sah ich einst so eine Büchse."

I, 2, wo uns die naive Liebe des Hylas und der Lalage ge­

schildert wird, ist in starker Anlehnung an Szene vier bei Le Sage gear­

beitet. Die Pointen sind stets Eigentum des Franzosen und werden etwa folgendermaßen herübergenommen:

Pierrot: Que je vous aime, Olivette, que je vous aimel Et si pourtemps, je ne suis pas encore votre mari.

Hylas: Ach, wenn ich dir's nur zeigen könnte, wie lieb ich dich habe! Und doch bin ich dein Mann noch nicht.

I, 3, wo uns Merkur in einem Monologe über seine Mssion unterrichtet (Jupiter hat ihn herabgeschickt, um Pandoras Neugierde zu reizen, wenn Prometheus die Büchse nicht öffnen will), ist Me- lands Eigentum.

In I, 4 ist er ziemlich selbständig, aber auch hier wieder sind gerade die Pointen nur übersetzt. Wenn er z. B. Hylas, um auszudrücken, wie sehr er seine Braut liebt, sagen läßt: „Ich habe meine eigene Mutter nicht liebet, so sind das Motte der Olivette aus Szene drei, wo sie in ihrer Herzenseinfalt zu Pierrot sagt: „Et moi, Pierrot, je n’aime pas plus ma märe que vous.“ Die illustrierende Zwischen­

bemerkung des Merkur: „Was das unschuldig ist", ist wieder aus Szene vier: „Mercure ä patt: Quelle innocence!“ Der Anfang der vietten Szene gehött allerdings Wieland an. Es ist sein Gedanke, uns zu zeigen, daß die Liebe der beiden frei ist von Eifersucht und

Arg-wohn: „Hylas (den herankommenden Merkm bemerkend): Ei, sieh doch Lalage, was für ein seltsames Geschöpf das ist, es hat Flügel an den Ohren und an den Fersen. Lalage: Seltsam! Und doch läßt's chm gut. Ein hübscher Mann, gar ein hübscher Mann, nicht wahr Hylas? Hyl.: Gefällt er dir? So wollen wir zu ihm gehen."

Diese Stelle also hat Le Sage nicht. Das Duett, mit dem Szene vier schließt, fand Wieland in der gleichen Szene bei Le Sage, aller­

dings in Prosa, vor.

I, 5 entspricht genau Szene fünf bei Le Sage. Es ist diejenige Szene, in der Wieland am wöttlichsten herübemimmt. Eine Gegen­

überstellung lohnt sich:

Scönc V.

Mercurc, Pierrot, Olivette, Mira, Coronis.

Merc. k pari: Voyons ce qui se passera dans cette Assembl6e de Parens k la veille d’une noce. Si la Volte 6toit ouverte, ou entendroit ici un beau cariJlon.

Mira: Je suis ravie, mon Gendre futur de vous trouver seul avec ma Fille.

Merc. k part: La bonne Mamanl Coron.: Vous faites bien ma Nidce, d’6pouser Pierrot, vous vous convenez k merveilles. J’avois dessein d’§tre sa femme, moi; mais j’ai fait reflexion qu’il valoit mieux que ce füt vous.

Olivette (faisant la reverence): Je vous suis bien obligfc, ma Tante.

J’ai fait aussi cette reflexion-lä.

Pier.: Vous avez bien fait, Co- ronis; car j'airne mieux Olivette que vous.

Coron.: Vous avez raison, eile est plus aimable que moi.

Merc. k part: La bonne Tante!

Mira: H6, $a, mes Enfans, ouvrez- moi tous deux votre coeur. Que

5. Szene.

HylaS, Lalage, Myra, CoroniS.

lMerkur tritt auf die Seite.) Lalage: Ah, da kommen sie, da kommen sie!

Myra: Ei, mein künftiger Schwie- gersohn! Mich freut ja recht, daß ich ihn so allein bei meiner Tochter antreffe.

Merk, (bei Seite): Das gute Mama- chen!

Coron.: Nichte, du hast da eine recht gute Wahl an dem jungen HylaS getroffen! und ich freue mich, daß du so glücklich mit ihm seyn wirst. Ich hatte zwar selbst Willens, seine Frau zu werden; aber ich habe mich bedacht, daß du dich besser schickst für ihn, als ich.

Lalage (mit einem KnickS): Danke schönstens, liebe Tante; ich habe das auch gedacht.

Hyl.: Ihr habt recht wohl daran gethan, Koronis; denn ich habe Lalagen lieber als Euch.

Eoron.: Da hast du recht; sie ist auch viel liebenswürdiger als ich.

Merk.: DaS nenn' ich eine Tante!

Myra: Nun, Kinder, schüttet euer Herz frei vor eurer Mutter auS 1 HylaS,

voulez-vous que je vous donne en vous mariant?

Pier.: Je ne vous demande rien qu’Olivette.

Olivette: Pourvü qu’on me donne Pierrot, je ne me mets pas en peine du restc.

etc.

was soll ich meiner Tochter zur Mitgift geben?

Hyl.: Ich verlange nichts als La­

lagen.

Lalage: Wenn ich nur meinen Hylas habe; das Uebrige kümmert mich nichts,

usw.

Dies möge genügen, um zu zeigen, wie Wieland ganze Szenen wirklich nur übersetzt.

I, 6 ist ebenfalls mit Ausnahme von ganz Wenigem wörtlich herübergenommen. Einiges ist nur umgestellt. Mes, was Witz, Satire, Humor ist, ist Eigentum des Franzosen.

I, 7 entspricht wieder genau Szene sieben bei Le Sage; nur faßt Wieland die letzten Gedanken dieser Szene in Verse. Ausgelassen hat er folgende Zeilen: „Mais j’apercois Pandore. Elle apporte sa Boite. Elle pstille de l’ouvrir. Elle est innocente et cependant cimeuse: H saut donc que la curiosit6 ne soit point un mal, puis qu’elle n'est point renfermäe avec les vices.“ Ich setze diese Stelle ausführlich her, weil sie für spätere Ausführungen in Frage kommen wird.

In I, 8, wo Merkm sich nach der verschwundenen Pandora um­

sieht, ist Wieland selbständig.

Ebenso I, 9, wo es sich um die Liebe des Prometheus zu Pan­

dora handell, da ja Prometheus bei Le Sage gar nicht zu den „Ao- teurs“ zählt.

I, 10 ist ebenfalls ohne französische Vorlage.

I, 11 entspricht zum Teile wörtlich Szene zwei. Das neugierige Drängen der Pandora: „Dites, ditesl“ gibt Wieland nicht allzu hübsch mit: „Merkur, laß mich nicht so lang am Messer. Sag' mir, was in der Büchse ist." Auf den Bescheid hin, daß die Büchse die Leidenschaften enthalte, erfolgt die Frage Pierrots: „Queis Animauz sont-ce-14?“ Ebenso frägt Hylas: „Mt Leidenschaften? WaS sind das für Tierchen?" Aber während nun bei Le Sage diese Frage von Merkur nur mit dem Wunsche: „Puissiez-vous ne les connoitre

jamaia“ beantwortet wird, gibt der Melandsche Merkur die ge­

wünschte Auskunft: „Zum Thell gar artige. Sie schlüpfen dir ins Herz, wie die Regenwürmer in einen lockern Boden, und dann wird dir so warm, so wohl, so---„O, das müssen ja allerliebste Geschöpfe seyn", ruft Cloe entzückt aus. Dementsprechend meint Pan­

dora bei Le Sage: „Je m’imagine, que cela est bien joli.“ Das Mttelstück der Szene ist dann ganz selbständig, während der Schluß (das Offnen der Büchse dmch Pandora, nicht durch ein „ein­

fältiges Landmädchen", wie Stügebauer in seiner Inhaltsangabe erzähtt) wörtlich Szene acht wiedergibt.

II, 1, der Monolog des Merkur, entspricht inhaltlich, jedoch nicht wörtlich, Szene neun.

II, 2 ist fast wörtlich die Szene zehn bei Le Sage. Bei dem Wenigen, das er verändert, geht die Grazie des Franzosen verloren.

Wenn Silen, der so edel seinem Nebenbuhler das Feld geräumt hatte, sagt: „J'6tois un sot tantöt; mais depuis un moment, Made­

moiselle Coronis, je suis bien chang6. Non, je ne souffrirai pas que ce Manaut 14 me coupe 1'herbe sous le pi6“, so überträgt das Wieland etwas derber: „Ich war ein Narr, wie ich das that! Es ist mir aber ganz anders gekommen. Was? Ich sollte leiden, daß mir der Geelschnabel so einen leckem Bissen vor dem Maule wegschnappte?"

Schon glücklicher ist die Übertragung: Coronis (Minaudant) in:

Coronis (indem sie sich ziert und einen Beinen Mund macht). Sehr derb erweitert Wieland das einfache „j’enrage“ des Silen zu:

„Der Lümmel sollte vor meinen Augen mit einem so hübschen Mäd­

chen zu Bette gehen? Ich möchte toll werden!" Die Bettachtung des Merkur, womit die Szene schließt: „Je vois Pierrot et Olivette, ils boudent“ findet sich auch bei Wieland; jedoch spezialisiert er dieses „ils boudent“ in ziemlich drastischer Weise: „Da kommt Hylas mit seiner Lalage. Wie er das Maul hängt! Wie sie so spröde und vornehm thut."

II, 3 entspricht wörtlich Szene zwölf. Hier zerstört Wieland ein­

mal durch die wörtliche Übersetzung geradezu den Sinn:

Pierrot (d'un air vain): Chlo6 est abnable, et nous ne lui dSplaisons pas.

Mercure (frappant sur l’6paule de Pierrot): Premier Petit- Maitre.

Das heißt bei Wieland: Hyl. (sich brüstend und spreizend): Cloe ist ein hübsches Mädchen, und wir haben die Ehre ihr nicht zu miß- fallen.

Merkur (klopft dem Hyl. auf die Schulter): Es lebe Klein­

meister der Erste. „Kleinmeister" gibt natürlich gar nicht den Sinn des „Petit Maitre“ wieder. Es hat überhaupt keinen Sinn.

Wieland mußte da ein entsprechendes deutsches Wort wählen.

Von II, 4 ist der Anfang aus Szene dreizehn, das Weitere aus Szene vierzehn, die Schlußbetrachtungen Merkurs aus Szene fünf­

zehn entnommen.

II, 5 entspricht zum großen Teil wörtlich Szene sechzehn; II, 6 ebenso wörtlich Szene siebzehn. In II, 7 ist Wieland wieder selb­

ständig. II, 8 dagegen ist wieder die wörtliche Übersetzung der Szene neunzehn bei Le Sage.

In II, 9 sind die Szenen 20, 21 fast wörtlich verwertet. Die Antwort Merkurs auf die Frage Coridons: „Qui spouse t-elle donc?“ — „L’aimable Silene que vous voyez“ überträgt Wieland ganz gelungen mit: „Da, dieß grauköpfige Liebchen hier, wenn Ihr nichts dagegen habt." Der Einwand Coridons: „Quoi! Le vieux fou auroit pour femme cette belle enfant-lä ? C’est ce que je ne eouf- frirai pas sur ma parole“, klingt bei Wieland etwas derber: „Zum Element! Ich hab' aber sehr viel entgegen! Wie? Der alte Kerl da soll so'n hübsches Mädel zur Frau haben? Das werden wir nicht zugeben." Wenn Coridon Olivette „ma poulette“ nennt, so kann das unmöglich mit „mein Hühnchen" übertragen werden, weil wir das im Deutschen eben nicht als Kosewort empfinden.

III, 10 ist wieder selbständig: Merkur schlichtet den Streit des Hylas mit Coridon, der sich zum Tyrannen des Landes auswerfen will. Der Schluß der Szene leitet das Erscheinen des Prometheus ein.

III, 11 und III, 12, die Schlußszenen, in denen Prometheus auftritt, sind Wielands Erfindung.

Es ergibt sich also aus der Vergleichung mit der Quelle in bezug

auf Wielands Selbständigkeit dieses Resultat: Selbständig sind die Szenen I, 1, 3, 8, 9 und II, 7, 10, 11, 12; ziemlich selbständig ist I, 4; fast wörtlich entlehnt sind I, 2, 6,11 und II, 2,5,9. Inhaltlich, aber nicht wörtlich, herübergenommen ist II, 1; wörtlich entlehnt sind I, 5, 7 und II, 3, 4, 6, 8.

Betrachten wir kurz die selbständigen Szenen. 1,1 enthält den langen Monolog des Prometheus, der in dramentechnischer Hinsicht

Betrachten wir kurz die selbständigen Szenen. 1,1 enthält den langen Monolog des Prometheus, der in dramentechnischer Hinsicht