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Erkrankungen des Ohrs der Katze und die Bedeutung bildgebender

2. Literaturübersicht

2.8. Erkrankungen des Ohrs der Katze und die Bedeutung bildgebender

2.8.1. Entzündungen

Es gibt viele Erkrankungen des Ohrs, die bei der Katze auftreten können. Besonders häufig kommen die Otitis media und interna vor. Eine Mittelohrentzündung kann sich aus einer Otitis externa, durch Neoplasien (s. Kap. 2.8.5), hämatologische Streuung von Bakterien sowie, was bei der Katze vor allem vorkommt, durch Ausbreitung einer respiratorischen Erkrankung über die Tuba auditiva oder nasopharyngeale Polypen (s. Kap. 2.8.2) entwickeln. Innenohrentzündungen wiederum entstehen aus einer Otitis media.

Auftretende Symptome umfassen vermehrtes Kopfschütteln, Reiben oder Kratzen am Ohr, Schmerzen beim Abtasten des Kopfs und Hörstörungen. Außerdem können Schädigungen des Fazialisnerv und sympathischer Nervenfasern auftreten, die durch die Paukenhöhle verlaufen. Diese führen zum so genannten Horner-Syndrom mit Ptosis, Miosis, Enophthalmus und Nickhautvorfall (SHELL, 1988; HARVEY et al., 2001; LeCOUTEUR, 2003; GOTTHELF, 2004). Bei einer Innenohrentzündung

kön-nen die Tiere außerdem noch eine periphere vestibuläre Dysfunktion zeigen (s. Kap.

2.8.4).

Die Diagnose erfolgt über eine klinische Untersuchung und Otoskopie, ergänzt durch bildgebende Verfahren. Hierbei spielt vor allem die Radiographie eine wichtige Rolle, die allerdings bei ca. 25 % der Fälle zu falsch negativen Ergebnissen führt (REMEDIOS et al., 1991; HARVEY et al., 2001). Inzwischen werden auch häufiger die CT und MRT herangezogen, da sie die Darstellung der Strukturen des Ohrs frei von Überlagerungen erlauben (SEITZ et al., 1996). Die Sensitivität der CT ist laut Studien von LOVE et al. (1995) sowie von ROHLEDER et al. (2006) höher als beim Röntgen, die Spezifität dagegen ein wenig geringer. Zudem führt die CT bei vollstän-diger Füllung der Bulla tympanica mit Flüssigkeit fälschlicherweise zum Eindruck ei-ner Verdickung der Bullawand (BARTHEZ et al., 1996). Mehrere Arbeiten bestätigen dennoch, dass die CT einen hohen diagnostischen Wert bei der Darstellung des Mit-telohrs sowie knöcherner Strukturen des Innenohrs hat, während die MRT zur Dar-stellung des gesamten Innenohrs einschließlich des Weichgewebes besser geeignet ist (SEITZ et al., 1996; GAROSI et al., 2003; BISCHOFF u. KNELLER, 2004;

BENIGNI u. LAMB, 2006; POZNYAKOVSKIY et al., 2008). KING et al. (2007) be-zeichnen die CT sogar als den Goldstandard zur Unterscheidung von Luft- und Flüssigkeitsfüllung der Bulla tympanica.

Veränderungen, die bei Entzündung des Mittel- und Innenohrs auftreten, sind unre-gelmäßige Konturen der Paukenhöhle, Knochenzubildung und dadurch Verdickung der Wand der Bulla tympanica und Osteolyse sowohl der Bullawand als auch der Gehörknöchelchen, vor allem bei chronischen Entzündungsprozessen. Außerdem kann es zu Füllung der Paukenhöhle mit entzündlicher Flüssigkeit oder Granulati-onsgewebe, Verschattung des Hohlraums durch Verdickung der Schleimhautausklei-dung und Ruptur des Trommelfells kommen. Am Innenohr kann es zu Knochenproli-feration der Pars petrosa des Schläfenbeins sowie Obliteration der sonst flüssigkeits-gefüllten Räume des Labyrinths durch fibröses Material kommen (SHELL, 1988;

GAROSI et al., 2003; LeCOUTEUR, 2003; BISCHOFF u. KNELLER, 2004;

GOTTHELF, 2004).

2.8.2. Nasopharyngeale Polypen

Bei nasopharyngealen Polypen handelt es sich um Zubildungen der Mukosa der Eustachischen Röhre, des Mittelohrs oder des Nasopharynx, die sich, gleich welchen Ursprungs sie sind, in diesen Regionen und bis in den Meatus acusticus externus ausdehnen. Die Ursache ist nicht geklärt, aber es werden chronische Entzündungen, kongenitale Missbildung oder ein genetischer Hintergrund in Betracht gezogen (Le-COUTEUR, 2003; ETTINGER u. FELDMAN, 2005). Bei Ausbreitung im Mittelohr tre-ten die gleichen Symptome wie bei einer typischen Otitis media auf, die sich auch parallel durch Reizung aufgrund des Polypen entwickeln kann. Erscheinungen wie bei einer Otitis interna kommen vor, wenn der Polyp Druck auf das Schnecken- oder Vorhoffenster ausübt oder diese rupturiert (GOTTHELF, 2004). Zur Diagnostik von nasopharyngealen Polypen dienen Otoskopie, Röntgen und CT, wobei mit der CT nicht nur das Vorhandensein, sondern auch die genaue Ausdehnung des Polypen bestimmt werden kann (SEITZ et al., 1996). Typische Veränderungen sind Füllung der Paukenhöhle und gegebenenfalls auch des Nasopharynx sowie des Meatus acusticus externus mit Weichgewebe und Verdickung der Bullawand, Ruptur des Trommelfells, des Schnecken- sowie Vorhoffensters (SEITZ et al., 1996; GAROSI et al., 2003; GOTTHELF, 2004).

2.8.3. Taubheit

Bei der Taubheit kann man eine periphere von einer zentralen Form unterscheiden.

Die zentrale Taubheit hat ihren Ursprung im zentralen Nervensystem und steht somit nicht im Zusammenhang mit Erkrankungen des Ohrs. Die periphere Taubheit kann hinsichtlich ihrer Ursachen weiter unterteilt werden in erworben bzw. erblich und au-ßerdem jeweils in eine sensorische und eine konduktive Form. Der erworbenen sen-sorischen Taubheit liegen Veränderungen im Innenohr zugrunde, die beispielsweise durch Otitis interna, Alter oder Lärm verursacht werden können. Eine erworbene konduktive Taubheit kann sich bei einer chronischen Entzündung des mittleren oder

äußeren Ohrs durch Verlegung des Meatus acusticus externus, Versteifung oder Ruptur des Trommelfells, Schädigung der Gehörknöchelchen oder Füllung der Pau-kenhöhle mit Flüssigkeit oder Entzündungsgewebe sowie als Folge eines Traumas entwickeln. Bei beiden Taubheitsformen kommen die der Grunderkrankung entspre-chenden Symptome vor. Die Diagnose ist schwierig und eine Vermutung kann meis-tens nur durch die Besitzer des Tiers geäußert werden. Der endgültige Nachweis oder zumindest die Erhärtung des Verdachts kann bei Vorliegen einer auslösenden Erkrankung durch die entsprechende Diagnostik mittels bildgebender Verfahren er-folgen (STRAIN, 1996; HARVEY et al., 2001). Außerdem kann mit Hilfe von elektro-physiologischen Untersuchungen, der so genannten Audiometrie, die Taubheit fest-gestellt werden. Der Test erfolgt unter Vollnarkose des Patienten. Es werden Signale einer bestimmten Lautstärke und Frequenz appliziert und die Reaktion in Form elekt-rischer Potenziale (FAEP: frühe, akustisch evozierte Potenziale) abgeleitet. Auf diese Weise können das Vorhandensein und der Grad der Hörschädigung, jedoch nicht immer ihre Ursache festgestellt werden (STRAIN, 1996; ETTINGER u. FELDMAN, 2005; SCHACKS u. HAUSCHILD, 2005; VENKER-VAN HAGEN, 2006).

Eine dritte Form der Taubheit ist die angeborene, sensorische Taubheit, die gene-tisch bedingt ist und bei weißen Katzen mit blauen Augen gehäuft auftritt. Sie ent-steht durch Degeneration verschiedener Strukturen in der Cochlea, z. B. des Spiral-ganglions oder der Reissnerschen Membran (REBILLARD et al., 1981; HEID et al., 1998; RYUGO et al., 2003). Der degenerative Prozess manifestiert sich in unter-schiedlichen Lebensaltern von direkt bei der Geburt bis mit ca. sechs Monaten. Bei dieser Taubheitsform kann eine Diagnose nur durch die Audiometrie oder histolo-gisch bzw. patholohistolo-gisch nach dem Tod des Tiers erfolgen. Kein bildgebendes Ver-fahren ist bislang in der Lage, die entsprechenden Veränderungen im Innenohr dar-zustellen.

Wichtig ist diese Form der Taubheit, da sie dem so genannten Waardenberg-Syndrom beim Menschen sehr ähnlich ist (VENKER-VAN HAGEN, 2006). Zur For-schung zu diesem Syndrom und auch auf dem Gebiet der Taubheit allgemein wird die Katze häufig als Modelltier eingesetzt. Es wird die Entwicklung der degenerativen Veränderungen sowie die Eignung zum Einsatz von Cochleaimplantaten untersucht

(HEID et al., 1998; RYUGO et al., 2003). Außerdem spielt die taube weiße Katze in der experimentellen Chirurgie im Rahmen der Implantatforschung eine bedeutende Rolle (KRETZMER et al., 2004; MIDDLEBROOKS u. SNYDER, 2007). In mehreren Studien, unter anderem bei WAGNER et al. (2009), wurde versucht, die korrekte Platzierung der Implantate mit Hilfe der CT festzustellen. POSTNOV et al. (2006) verwendeten bereits die µCT. Es wurden allerdings immer nur Präparate des Schlä-fenbeins für die Untersuchungen herangezogen.

2.8.4. Vestibuläre Dysfunktion

Das vestibuläre Syndrom tritt bei Störungen im Gleichgewichtsorgan auf. Man unter-scheidet wie bei der Taubheit eine periphere und eine zentrale Form. Bei der zentra-len Form des Vestibulärsyndroms liegt die Ursache nicht im Bereich des Ohres. Peri-phere vestibuläre Dysfunktionen können idiopathisch oder ein Symptom anderer Er-krankungen sein. Dazu zählt beispielsweise eine angeborene Dysplasie oder Dege-neration von Strukturen des Innenohrs, die häufig mit einer Taubheit einhergehen und bei Burma- und Siamkatzen beschrieben wurde (HARVEY et al., 2001). Auch ein Trauma, das zu Frakturen des Innenohrs geführt hat, kann Auslöser für das Vestibu-lärsyndrom sein (SCHUNK, 1988; JÄGER et al., 1997; HARVEY et al., 2001;

LeCOUTEUR u. VERNAU, 1999). Die häufigsten Ursachen sind allerdings eine Ent-zündung des Innenohrs, Neoplasien sowie nasopharyngeale Polypen (s. Kap. 2.8.1, 2.8.2 u. 2.8.5) (THOMAS, 2000). Die Symptome werden durch Verlust des Gleich-gewichtssinns verursacht. Bei peripheren vestibulären Störungen ist in der Regel nur eine Seite betroffen. Daher kommt es zu Fallen oder Rollen, Kreisbewegungen und Kopfschiefhaltung zur betroffenen Seite hin. Außerdem können Übelkeit bzw. Erbre-chen, Nystagmus sowie Strabismus auftreten. Die Diagnose erfolgt wie bei den ent-sprechenden auslösenden Erkrankungen beschrieben. Bei einem Trauma kann eventuell auf dem Röntgenbild, meist aber erst im CT die Frakturlinie durch die Pars petrosa des Schläfenbeins dargestellt werden. Die Diagnose des idiopathischen pe-ripheren Vestibulärsyndroms ergibt sich im Ausschlussverfahren (HARVEY et al., 2001; LeCOUTEUR, 2003).

2.8.5. Neoplasien

Neoplasien des Ohrs kommen bei der Katze relativ selten vor. Sie können aus Ge-webe des Meatus acusticus externus, des Mittelohrs selbst oder aus WeichgeGe-webe der Umgebung, beispielsweise den Speicheldrüsen, entstehen (GAROSI et al., 2003) und können sich auch bis auf das Innenohr erstrecken (VENKER-VAN HAGEN, 2006). Meistens handelt es sich um Plattenepithelkarzinome oder Adenome bzw.

Adenokarzinome der Zerumen bildenden Drüsen (HARVEY et al., 2001). Zu den auf-tretenden Symptomen gehören alle, die auch bei Entzündungen des Ohrs vorkom-men. Auch hier können Röntgen, CT und MRT zur Diagnose herangezogen werden.

Veränderungen, die bei Neoplasien entstehen, sind ebenfalls denen bei Otitiden ähn-lich. Es können Lyse und Konturveränderungen der Wand der Paukenhöhle, Kno-chenproliferationen, Verschattungen des Lumens der Paukenhöhle, Auflösung der Pars petrosa des Os temporale sowie Umfangsvermehrungen des umgebenden Weichgewebes auftreten (GAROSI et al., 2003; BISCHOFF u. KNELLER, 2004;

GOTTHELF, 2004).

2.8.6. Derzeitige Anwendung der CT und µCT zur Diagnostik bei Ohr-erkrankungen

Die klinische CT wird regelmäßig zur Diagnose von Erkrankungen des Mittel- oder Innenohrs bei der Katze herangezogen. Vor allem bei Patienten, die aufgrund chro-nischer Krankheitsprozesse eventuell eine Operation benötigen, ist ihr Einsatz sinn-voll (BISCHOFF u. KNELLER, 2004). Häufig können die Erkrankungen erst in einem fortgeschrittenen Stadium festgestellt werden, da Veränderungen, die mit Hilfe der CT darstellbar sind, im späteren Verlauf der Krankheit entstehen. Mittels klinischer CT können ein abnormer Inhalt in normalerweise luftgefüllten Hohlräumen sowie Ab-weichungen in der Knochenstruktur festgestellt werden. Aufgrund der begrenzten Ortsauflösung der klinischen CT sind die entsprechenden Veränderungen jedoch erst ab einem gewissen Grad erkennbar. In der Diagnostik am Mittelohr ist die CT die beste verfügbare Technik. Am Innenohr ist sie zur Darstellung von Entzündungen weniger geeignet. Sie kann aber der Untersuchung auf Frakturen, kongenitale

Miss-bildungen und Osteodystrophien dienen (GAROSI et al., 2003; BENIGNI u. LAMB, 2006). Die µCT wird zur Diagnostik von Ohrerkrankungen bisher nicht beschrieben.