• Keine Ergebnisse gefunden

2. Literaturübersicht

2.5. Anwendungsbereiche der Mikro-CT

Bei der µCT kann man präklinische und klinische Anwendung unterscheiden. Außer-dem kann man beide weiter in die bereits erwähnten Gruppen in vivo- und in vitro-Bildgebung einteilen. Die hohe Auflösung und die Möglichkeit der nicht-destruktiven Analyse von Objekten oder Geweben macht die µCT zu einem extrem vielseitig ein-setzbaren Verfahren. Sie findet daher nicht nur im medizinischen Bereich Anwen-dung, sondern auch in der Industrie und Geologie. Sie wird z. B. in der Material- und Bauteilentwicklung (VAN KAICK u. DELORME, 2005) sowie in der Automobilindustrie herangezogen (BAUER et al., 2004).

2.5.1. Präklinische Anwendung

Die µCT kommt in der biomedizinischen Forschung mit immer weiter steigender Fre-quenz zum Einsatz. Während früher nur Gewebe, Organe oder Biopsiematerial un-tersucht, also die so genannten in vitro-Messungen durchgeführt wurden, gewinnt heutzutage die Kleintierbildgebung bzw. in vivo-Anwendung der µCT, bei der vor al-lem kleine Labortiere gescannt werden, an Bedeutung (PAULUS et al., 2000, 2001;

HOLDSWORTH u. THORNTON, 2002; STOCK, 2009).

2.5.1.1. In vitro-Untersuchungen

Bei der Anwendung der µCT als in vitro-Verfahren werden vor allem Geräte verwen-det, bei denen die Gantry stationär ist und das Objekt rotiert. Außerdem kann mit Röntgenröhren gearbeitet werden, die einen besonders kleinen Fokus und damit ei-ne sehr hohe Ortsauflösung haben, da die längere Scandauer und höhere Strahlen-dosis bei nicht lebenden Objekten nur eine untergeordnete Rolle spielen.

Für die in vitro-µCT finden sich vielfältige Anwendungsgebiete. Sie dient z. B. der Messung von Strukturparametern des Knochens im Rahmen der Forschung auf dem Gebiet der Osteoporose (STENSTRÖM et al., 1998; DING et al., 2003; MacNEIL u.

BOYD, 2007) und Osteoarthritis (DEDRICK et al., 1993; KAPADIA et al., 1998) sowie

der tumorinduzierten Osteolyse an entsprechenden Tiermodellen (KURTH et al., 2000; KURTH u. MÜLLER, 2001). Hier werden sowohl ganze Knochen als auch klei-ne Knochenproben verwendet. Außerdem wird sie in Studien zum Abbau von Mag-nesium-Implantaten (VON DER HÖH et. al., 2006) herangezogen und kommt auch in der zahnmedizinischen Forschung zum Einsatz (LEE et al., 2008; WIERZBICKI et al., 2009).

Die Anwendung beschränkt sich aber nicht nur auf Knochen und andere kalzifizierte Gewebe. Es wird ebenfalls versucht, weitere Bereiche des Körpers darzustellen. Den Anfang machten BOYDE et al. (2000) mit der Darstellung eines vollständigen Maus-embryos.

Einige Arbeitsgruppen verwenden die in vitro-µCT in der vaskulären Grundlagenfor-schung an verschiedenen Organen. So wurden vor allem an Kunststoffpräparaten der entsprechenden Organe die Aufzweigung, Abmessungen und Mikroarchitektur des Koronargefäßsystems (JORGENSEN et al., 1998), Portalvenensystems (ANANDA et al., 2006; DEN BUIJS et al., 2006), der Nierengefäße (GARCIA-SANZ et al., 1998) und des Gefäßsystems der Plazenta (LANGHEINRICH et al., 2004a) dargestellt. In weiteren Arbeiten konnten LANGHEINRICH et al. (2004) zeigen, dass mit der µCT nicht nur die Anatomie dargestellt werden kann, sondern auch die Mög-lichkeit der klinischen Anwendung bei der Darstellung der Gefäße besteht. Es gelang ihnen, Stenosen im kardiopulmonalen Gefäßsystem abzubilden und verschiedene Gefäßparameter zu quantifizieren.

Ein weiteres wichtiges Einsatzgebiet, auf dem die µCT inzwischen verstärkt heran-gezogen wird, ist die Überprüfung der Wirksamkeit von Medikamenten vor ihrem kli-nischen Einsatz (KURTH et al., 2000; BATTAGLINO et al., 2007; LIU et al., 2008) sowie die genauere Untersuchung ihres Wirkungsmechanismus (DING et al., 2003).

2.5.1.2. In vivo-Untersuchungen

In der in vivo-µCT werden andere Scanner genutzt als zur in vitro-Bildgebung. Der größte Unterschied ist, dass die Tiere für die Aufnahmen in Narkose liegen. Da sie also über entsprechende Schläuche mit Anästhesiegas versorgt werden müssen,

wäre ein rotierender Objekttisch nicht praktikabel. Deshalb haben in vivo-µCT einen ähnlichen Aufbau wie klinische CT mit stationärem Patiententisch und rotierendem Röhre-Detektor-System (PAULUS et al., 1999; HOLDSWORTH u. THORNTON, 2002; KALENDER, 2006).

Außerdem spielt bei in vivo-Messungen die Strahlendosis eine wichtige Rolle. Sie sollte schon aus Tierschutzgründen möglichst gering gehalten werden, da sie akute Auswirkungen haben und auch zu Tumoren und genetischen Langzeitschäden füh-ren kann. Andererseits muss natürlich eine ausreichend hohe Auflösung und Bild-qualität erreicht werden, um wichtige Bilddetails erkennen zu können. Zur Darstellung von kleinen Strukturen wie Basiseinheiten von Organen, z. B. Nephronen oder Kno-chentrabekeln, wird eine Ortsauflösung von mindestens 100 µm benötigt (RITMAN, 2007). Die Messungen sollten stets unter Beachtung des ALARA-Prinzips (engl. „as low as reasonably achievable“) geplant werden (KALENDER, 2006). Gerade bei Tie-ren, die wiederholt gescannt werden, muss die Strahlenexposition beachtet werden.

Dies trifft insbesondere für die Tumorforschung zu, wo das Tumorwachstum nicht durch die Strahlenexposition infolge der µCT-Untersuchungen beeinflusst werden darf (CARLSON et al., 2007).

Die Weiterentwicklung zur in vivo-µCT war für die Forschung ein wichtiger Schritt.

Auf diese Weise müssen die Versuchstiere bei Langzeitstudien, wie z. B. zur Erfor-schung von Krankheitsverläufen oder Erprobung von Medikamenten, nicht mehr wie zuvor zu bestimmten Zeitpunkten getötet, sondern können immer wieder mit diesem nicht-invasiven Verfahren untersucht werden. Veränderungen an Organen oder an-deren Strukturen sowie ihre weitere Entwicklung können somit langfristig im selben Tier kontrolliert werden. Dadurch werden in der Forschung deutlich geringere Tier-zahlen benötigt (PAULUS et al., 2001; HOLDSWORTH u. THORNTON, 2002).

Die Versuchstierbildgebung wird ebenso vielfältig eingesetzt wie in vitro-Messungen.

Es werden beispielsweise Untersuchungen der Knochenmikroarchitektur und des Wachstums durchgeführt (DeCLERCK et al., 2004). Weitere wichtige Einsatzgebiete sind wie in der in vitro-Bildgebung die Forschung auf den Gebieten der Osteoporose

(BOYD et al., 2006; ZEBAZE et al., 2007; CAMPBELL et al., 2008) und der Os-teoarthritis (McERLAIN et al., 2008).

Es werden ebenfalls nicht nur Knochen, sondern auch Weichgewebe dargestellt. Die in vivo-µCT wird z. B. in der Tumorforschung eingesetzt (SAVAI et al., 2009).

PAULUS et al. (2000) haben festgestellt, dass verschiedene Tumore, unter anderem Knochen- und Lungentumore, in transgenen Mäusen mittels µCT darstellbar sind.

Weitere Studien haben sich mit der Darstellung der Lunge beschäftigt und zum Bei-spiel die Nachweisbarkeit von Lungentumoren (DeCLERCK et al., 2004) und Lun-generkrankungen im Allgemeinen (JOHNSON, 2007) untersucht. Auch hier wurden positive Ergebnisse im Hinblick auf die mögliche Unterscheidung von gesundem und erkranktem Lungengewebe erzielt.

Eine Studie von PERSY et al. (2006) zeigte, dass mittels in vivo-µCT an Ratten mit chronischem Nierenversagen eine mit dieser Erkrankung einhergehende Kalzifizie-rung der Aorta im Thoraxbereich dargestellt werden kann. Es lassen sich auch noch weitere Organe gut mittels der µCT darstellen, wie z. B. die Niere (ALMAJDUB et al., 2008) oder das Herz (BADEA et al., 2004; DETOMBE et al., 2008).

Wie bereits erwähnt, ist die Kleintierbildgebung auch bei der Erprobung der Wirk-samkeit von pharmazeutischen Präparaten ein sehr wichtiges Verfahren (BROUWERS et al., 2008; TSUTSUMI et al., 2008).

2.5.2. Klinische Anwendung

Die µCT wird heutzutage nicht mehr ausschließlich für präklinische Untersuchungen eingesetzt, sondern findet auch im klinischen Bereich Anwendung. So wird sie bei-spielsweise zur Osteoporosediagnostik und Überprüfung des Therapieverlaufs beim Menschen herangezogen. Dabei kommt sie sowohl in Form der in vitro-µCT durch das Scannen von kleinen Knochenproben (KAZAMA et al., 2009) als auch als in vivo-Verfahren (KAZAKIA et al., 2008) zum Einsatz. Bei letzteren findet das bislang für klinische Untersuchungen einzige kommerziell erhältliche XtremeCT der Fa. Scanco Medical AG (Schweiz) Anwendung. Auch in der Zahnheilkunde wird die µCT für klini-sche Zwecke verwendet. Haupteinsatzgebiete sind dabei die Planung der

Platzierung von Zahnimplantaten sowie die Diagnose von Zahninfektionen und Ent-zündungen von Implantaten (SUOMALAINEN et al., 2007).