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Ergebnisse der quantitativen Fragebogenuntersuchung

4 Empirische Fallstudien

4.2 Ergebnisse der Fallstudien in der Biobranche

4.2.3 Ergebnisse der quantitativen Fragebogenuntersuchung

Um die Ergebnisse aus der Literaturarbeit und den qualitativen Studien mit standar-disierten Daten zu untermauern, wurde eine quantitative Fallstudie in der pharma-zeutischen Auftragsforschung durchgeführt. Das kooperierende Unternehmen (es handelt sich hierbei um das Unternehmen 1, bei dem auch eine der qualitativen Stu-dien durchgeführt wurde) hat an der untersuchten Zweigstelle 28 fest angestellte Mitarbeiter und testet die Wirkungsweise neuer Medikamente. Mit der Studie sollte untersucht werden, welche der theoretisch hergeleiteten Arbeitsplatzmerkmale in diesem Unternehmen einen Zusammenhang zu Kreativität und Gesundheit der Mit-arbeiter aufweisen.

Vorgehen und Stichprobe. Die Fragebogenuntersuchung wurde in einer Bespre-chung, in der 27 der 28 am Standort beschäftigten Mitarbeiter anwesend waren, durchgeführt. Arbeitsplatzmerkmale und Indikatoren für Mitarbeitergesundheit wur-den per Selbsteinschätzung erhoben. Die Mitarbeiterkreativität wurde sowohl von jedem einzelnen Mitarbeiter selbst wie auch vom jeweiligen direkten Vorgesetzten beurteilt (für die einzelnen Messverfahren siehe Kapitel 4.1.3). Es wurden 20 Mitar-beiterfragebögen und die dazugehörigen Bögen für die Kreativitätsbeurteilung durch den Vorgesetzten verteilt. Sieben Vorgesetzte erklärten sich bereit, ihre Mitarbeiter bezüglich ihrer Kreativität zu beurteilen. Diese bekamen selbst keinen Mitarbeiterfra-gebogen. Zwanzig Mitarbeiter füllten den Mitarbeiterfragebogen aus und 19 ließen sich von ihrem direkten Vorgesetzten beurteilen. Die Rücklaufquote für die Mitarbei-terfragebögen beträgt somit 100 %, die Rücklaufquote für die Kreativitätsbeurteilung durch den Vorgesetzten 95 %. Von den 20 befragten Mitarbeitern waren 15 weiblich.

Das Durchschnittsalter der Mitarbeiter betrug 36,4 Jahre (SD = 7,4 Jahre). Zwei Mit-arbeiter hatten zum Zeitpunkt der Befragung keine, sechs hatten eine abgeschlosse-ne Berufsausbildung, acht ein abgeschlosseabgeschlosse-nes Hochschulstudium und vier eiabgeschlosse-ne ab-geschlossene Promotion. Im Durchschnitt gaben die Mitarbeiter an, bis zum Zeit-punkt der Befragung rund fünf Jahre im Unternehmen tätig gewesen zu sein

(SD = 3,6 Jahre).

Von den Vorgesetzten waren fünf weiblich; das Durchschnittsalter der Vorgesetzten betrug 49,1 Jahre (SD = 9,3 Jahre). Im Durchschnitt gaben die Vorgesetzten an, bis zum Zeitpunkt der Befragung 13 Jahre und 10 Monate in dem Unternehmen tätig gewesen zu sein (SD = 7,6 Jahre) und seit 11 Jahren und 11 Monaten (SD = 9,4 Jahre) in Führungsverantwortung im Unternehmen zu stehen.

Ergebnisse zu Arbeitsbedingungen, Kreativität und Gesundheit. Tabelle 4.7 gibt ei-nen Überblick über die eingesetzten Skalen mit jeweiligen Itemanzahlen, Mittelwer-ten (MW) und Standardabweichungen (SD) in der untersuchMittelwer-ten Stichprobe. Zudem sind hier der Range (kleinste und größte mögliche Antwortausprägung) sowie die Reliabilität der Skalen (interne Konsistenz nach Cronbach, α) dokumentiert. Zunächst ist festzuhalten, dass die Reliabilität der Skalen insgesamt befriedigend (α ≥ .70) bis sehr gut (α ≥ .90) ausfällt. Die Skalen zum Zeitdruck und Allgemeinbefinden können mit α = .60 bzw. α = .66 als noch ausreichend messgenau bezeichnet werden.

Ein Blick auf die Mittelwerte in Tabelle 4.7 zeigt, dass die erlebte Anforderungsvielfalt und Autonomie vergleichsweise hoch ausgeprägt sind, während Zeitdruck und die Kreativanforderungen im untersuchten Unternehmen in einem moderaten Bereich liegen. Hinsichtlich der untersuchten Teammerkmale und des Führungsverhaltens sind partizipative Sicherheit und Unterstützung für Innovationen ebenso wie die Konstellation von Aufgaben- und Mitarbeiterorientierung der Führungskräfte gleich-falls als eher günstig zu beurteilen. Ihre kreative Selbstwirksamkeit und Offenheit für Erfahrungen schätzen die Mitarbeiter selbst relativ hoch ein. Die Kreativität der Mit-arbeiter wird von ihnen selbst wie auch von ihren Vorgesetzten in einem mittleren Bereich eingestuft. Dabei fällt auf, dass die Führungskräfte ihren Mitarbeitern ein et-was höheres Maß an Kreativität attestieren, als letztere sich selbst. Entsprechend der insgesamt eher günstigen Arbeits-, Team- und Führungssituation im untersuch-ten Betrieb zeigt sich auch hinsichtlich der psychischen (Irritation) und physischen Gesundheit (Allgemeinbefinden) der Mitarbeiter ein recht positives Bild.

Tab. 4.7 Arbeitsbedingungen, Personmerkmale, Kreativität und Gesundheit – Ausprägungen und Zusammenhänge Firma 1 Skalen (Itemanzahl) MW SD Range1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 1. Anforderungsvielfalt (3) 5,10 1,26 1;7 (.76) 2. Autonomie (3)5,02 1,34 1;7 .58**(.87) 3. Zeitdruck (4) 3,10 0,64 1;5 .07 .10 (.60) 4. Kreativ-Anforderungen (5) 2,83 0,81 1;5 .51* .73**.17 (.79) 5. Partizipative Sicherheit (12) 3,70 0,71 1;5 .56* .13 -.14 .24 (.92) 6. Unterstützung im Team (8) 3,49 0,64 1;5 .47* .15 .30 .29 .74**(.88) 7. Aufgabenorientierung (10) 3,59 0,67 1;5 .22 -.22 -.03 -.22 .31 .33 (.86) 8. Mitarbeiterorientierung (10) 3,75 0,64 1;5 .42 .07 .21 .09 .61**.56** .53* (.86) 9. Offenheit für Erfahrung (12) 3,76 0,57 1;5 .53* .49* -.09 .40 .39 .24 .22 .08 (.79) 10. Kreat. Selbstwirksamkeit (3) 4,47 1,18 1;7 .28 .63**.09 .56* .14 .25 -.31 -.04 .37 (.90) 11. Kreativität – Selbst (22) 3,43 0,89 1;6 .48* .82**.10 .83**.17 .22 -.34 .03 .36 .82**(.96) 12. Kreativität – Vorgesetzte (22) 3,94 0,57 1;6 .52* .55* -.09 .24 -.03 -.03 -.08 -.09 .30 .55* .48* (.93) 13. Irritation (8) 2,60 1,18 1;7 -.25 -.01 -.15 -.17 -.19 -.08 .32 .19 .01 -.00 -.06 .14 (.85) 14. Allgemeinbefinden (7) 3,50 0,62 1;5 .48* .54* .03 .32 .49* .29 -.15 .29 .44+ .42+ .52* .34 -.20 (.66) N = 20 (Ausnahme: Kreativität – Vorgesetzte N = 19); Korrelationskoeffizienten nach Spearman’s Rho; Reliabilität nach Cronbach´s Alpha (in Klammern) + p-Wert .10; * p-Wert .05; ** p-Wert .01

Wie stellen sich nun Zusammenhänge zwischen Arbeitsbedingungen, Kreativität und Gesundheit der Mitarbeiter dar? In Tabelle 4.7 sind Korrelationen (Spearman’s Rho) zwischen arbeitsbezogenen und individuellen Variablen einerseits und Kreativitäts- und Gesundheitsindikatoren andererseits (fett markiert) ersichtlich. Es ist festzustel-len, dass Anforderungsvielfalt und Autonomie signifikant positiv mit Kreativität (Selbst- und Vorgesetzteneinschätzung) und Allgemeinbefinden zusammenhängen.

Die Korrelation zwischen Anforderungsvielfalt und psychischer Beanspruchung ist erwartungsgemäß negativ, jedoch nicht signifikant. Für die Kreativ-Anforderungen zeichnet sich ein ähnliches Zusammenhangsmuster ab, wobei jedoch nur der Zu-sammenhang zur selbst eingeschätzten Kreativität hoch signifikant ausfällt. Für Zeit-druck ergeben sich keinerlei signifikante Zusammenhänge. Bezüglich der Team- und Führungsvariablen zeigt sich ebenfalls nur ein signifikanter Zusammenhang zwi-schen partizipativer Sicherheit und Allgemeinbefinden, während Unterstützung für Innovation ebenso wie die Mitarbeiter- und Aufgabenorientierung der Vorgesetzten keinerlei statistisch bedeutsame Bezüge zur Kreativität oder Gesundheit aufweisen.

Beide individuellen Faktoren Offenheit für Erfahrung und kreative Selbstwirksamkeit weisen positive Zusammenhänge zum Allgemeinbefinden, die kreative Selbstwirk-samkeit darüber hinaus auch signifikante Bezüge zu beiden Formen der Kreativitäts-beurteilung auf (vgl. auch Gunkel, Herbig & Glaser, 2007).

Diskussion der Ergebnisse. Um auch die in der bisherigen Forschung nicht betrach-teten Zusammenhänge zur Gesundheit zu untersuchen, wurden aufgaben-, team- und führungsbezogene Merkmale zur Kreativitätsförderlichkeit in einer für diesen Be-trieb repräsentativen Fragebogenstudie gemeinsam mit Indikatoren der Kreativität und Gesundheit der Mitarbeiter erhoben. Ähnlich wie bereits bei den Interviews zei-gen sich in dem Unternehmen zei-generell eher günstige Ausprägunzei-gen der einzelnen Merkmale. Darüber hinaus ergeben sich konsistent positive Zusammenhänge von Anforderungsvielfalt und Autonomie in der Arbeit sowie erlebter kreativer Selbstwirk-samkeit der Mitarbeiter mit Kreativität und Gesundheit. Alle anderen bisher aus der Literatur bekannten Aspekte stehen nur mit Kreativität oder Gesundheit oder keinem von beiden in Verbindung. Divergierende Zusammenhänge, also Merkmale, die line-ar positiv mit Kreativität und negativ mit Gesundheit korrelieren oder umgekehrt, zeig-ten sich nicht. Denkbare Gründe hierfür sind nicht lineare oder moderierende Zu-sammenhänge, die jedoch nur anhand größerer Stichproben und mittels komplexerer statistischer Verfahren zukünftig zu belegen wären. Aufgrund methodischer Limitie-rungen wie etwa einer potenziellen gemeinsamen Methodenvarianz und unzulässiger Kausalschlüsse im Rahmen einer Querschnittuntersuchung, erhebt diese kleine Fra-gebogenstudie natürlich keinen Anspruch auf Generalisierungsfähigkeit. Dennoch geben die Ergebnisse durchaus Anlass, sich mit vergleichbaren Erhebungsmethoden größeren Stichproben in weiteren Branchen zuzuwenden. Neben dem Vergleich ver-schiedener Branchen und Arbeitstätigkeiten mit unterschiedlichen kreativen Anforde-rungen, könnten komparative Studien mit Teams, die in ungünstigeren oder ambiva-lenteren Bedingungskonstellationen arbeiten als die hier dargestellte Stichprobe, wei-tere Hinweise auf das Zusammenwirken der verschiedenen Faktoren und Ebenen im Hinblick auf Kreativität und Gesundheit liefern. Ein erster Schritt in diese Richtung wird mit den im Folgenden berichteten weiteren Fallstudien getan.