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Epididymale Sekretproteine

Die Epithelzellen des Nebenhodens produzieren eine Reihe gewebespezifischer Sekretproteine, die nach ihrer Sekretion ins Lumen des Nebenhodenganges mit den Spermien in Kontakt treten und so eine Umstrukturierung der Spermienoberfläche auslösen (KIRCHHOFF u. IVELL, 1995). Es kommt zu Wechselwirkungen zwischen den epididymalen Sekretproteinen und den Spermien sowie zu einer Assoziierung mit der Spermienmembran oder zum Einbau in diese (TÖPFER-PETERSEN et al., 1998). Wenn auch die Zusammenhänge noch nicht völlig geklärt sind, so besteht doch die Vermutung, daß die Sekretproteine für die Reifung und Speicherung der Spermien im Nebenhoden von großer Bedeutung sind. Dabei scheint die Reihenfolge, in der die Sekretproteine mit den Spermien in Wechselwirkung treten, eine wichtige Rolle zu spielen.

Bei den nebenhodenspezifischen Sekretproteinen handelt es sich allgemein um Proteine mit einem relativ niedrigen Molekulargewicht und einem hohen Grad an Glykosylierung. Ihre Synthese erfolgt an Ribosomen, die an das rauhe endoplasmatische Retikulum gebunden sind.

Viele dieser Proteine besitzen eine hohe Spezies-Spezifität bzw. eine geringe evolutive Konservierung. Einige der sekretorischen Glykoproteine, wie das HIS50 der Ratte (RIFKIN u. OLSON, 1985) besitzen nur eine sehr schwache Bindung an das Spermium, während andere, wie das CD52/HE5 (KIRCHHOFF, 1996) fest in die Spermienmembran integriert

sind. Im Falle des HE5 wird die Verbindung durch einen fest in der Spermienmembran verankerten GPI-Anker aufrecht erhalten, wodurch das Protein zu einem festen Bestandteil der Spermienoberfläche wird (KIRCHHOFF u. IVELL, 1995).

In der Literatur findet man Beschreibungen nebenhodenspezifischer Sekretproteine bei nahezu allen Labor- und Haussäugetieren. Die vollständigsten Studien liegen über die Sekretproteine des Nebenhodens der Ratten vor. Die ersten in der Nebenhodenflüssigkeit der Ratte gefundenen epididymalen Sekretproteine gehörten zu einem Protein-Komplex, der im denaturierenden Polyacrylamidgel schneller als Albumin läuft. Daher werden diese androgenabhängig synthetisierten Sekrteproteine entsprechend ihrer elektrophoretischen Beweglichkeit als Protein B,C,D und E bezeichnet. (zusammengefaßt in: ORGEBIN-CRIST, 1987). Bei dem auschließlich im Caput produzierten Proteinkomplex B/C, auch als ESP1 oder Sialoglykoproteine bezeichnet, handelt es sich um zwei Produkte eines Gens, die sich auf Proteinebene nur durch drei Aminosäuren am N-terminalen Ende unterscheiden. Die Proteine B/C sind Mitglieder der Lipocalin-Proteinfamilie und zeichnen sich durch ihr Retinolbindungsvermögen aus (GIROTTI et al., 1992; NEWCOMER, 1995). Die Proteine D/E, auch als Acidic Epididymal Glycoprotein (AEG) bezeichnet, konnten auf cDNA-Ebene (BROOKS et al., 1986) ebenfalls als zwei Formen eines Gens mit unterschiedlichen post-translationellen Modifikationen identifiziert werden. Das Protein D wird über die gesamte Länge des Nebenhodens und E nur im Corpus und proximalen Cauda produziert (ORGEBIN-CRIST, 1987). Über die Funktion der Proteine herrscht noch Unklarheit, es wird jedoch vermutet, daß sie Einfluß auf die Gametenfusion ausüben (TÖPFER-PETERSEN et al., 1998). Die D/E Proteine gehören der großen sekretorischen Proteinfamilie der CRISP-Proteine (Cysteine-Rich-Secretory Proteins) an. Es handelt sich bei AEG um ein gering konserviertes Genprodukt, das ursprünglich nur bei Nagern identifizierte wurde. HAYASHI et al. (1996) gelang es, beim Menschen ein zum AEG in funktioneller und evtl. auch direkter verwandtschaftlicher Beziehung stehendes epididymales Genprodukt zu klonieren.

Am Institut für Hormon- und Fortpflanzungsforschung (IHF) in Hamburg wurden, mit Hilfe eines differentiellen Screenings einer humanen Nebenhoden-cDNA-Bibliothek, die fünf häufigen, gewebespezifisch-exprimierten Genprodukte: HE1-HE5 kloniert (KIRCHHOFF u.

IVELL, 1995), die vermutlich alle für kleine glykosylierte Sekretproteine des Nebenhodenepithels kodieren.

Bei HE1 handelt es sich um ein über die gesamte Länge des Ductus epididymidis exprimiertes, hochkonserviertes Glykoprotein des Säuger-Nebenhodens. Es tritt gehäuft im Nebenhodenschwanz auf und liegt im Ejakulat, in Übereinstimmung mit seiner postulierten Funktion als Cholesterol-Carrier, vor allem im Seminalplasma und nicht an Spermien gebunden, vor (KIRCHHOFF, 1998; OKAMURA et al., 1999).

Das HE2 Transkript wird vor allem im proximalen Nebenhoden mit Schwerpunkt im Caput (KRULL et al., 1993) exprimiert. Es gilt als humanspezifisch, da bis jetzt noch keine verwandten Produkte bei anderen Spezies identifiziert werden konnten (KIRCHHOFF et al., 1990; OSTERHOFF et al., 1994). Die abgeleitete Proteinstruktur enthält ein sog. LRE-Motiv, das als Anheftungsstelle dienen könnte. Aufgrund einer Kreuzreaktion zwischen HE2-Antikörpern und dem Akrosom- und Äquatorialsegment von ejakulierten Spermien wird vermutet, daß HE2 mit der Spermienbindung an die Zona pellucida in Verbindung stehen könnte (OSTERHOFF et al., 1994).

In der HE3-Genfamilie werden die zwei nebenhodenspezifischen Sekretproteine HE3α und HE3β und ein sog. intronloses Pseudogen, das HE3γ, zusammengefaßt (KIRCHHOFF et al, 1994).

Bei HE4 handelt es sich um ein vorrangig im distalen Nebenhoden exprimiertes Genprodukt, das sehr cysteinreich ist und zwei sog. Whey Acidic Protein-(WAP) Domänen besitzt.

Antikörper gegen ein HE4-Peptid kreuzreagieren mit der Spermienoberfläche. Bei HE4 handelt es sich evtl. um einen neuartigen Dekapazitationsfaktor, dessen Funktion die Abdeckung multipler Bindungsstellen auf der Spermienoberfläche und/oder der Schutz der Spermienoberfläche vor Proteaseangriffen ist (KIRCHHOFF u. IVELL, 1995).

HE5 ist ein hochglykosyliertes Zelloberflächenantigen, dessen cDNA mit der des Lymphozytenoberflächen-Antigens CD52 übereinstimmt. Es ist über einen Glykosyl-phosphatidylinositol-(GPI) Anker in der Spermienmembran befestigt. HE5 wird im distalen Nebenhoden, vom Corpus bis in den Ductus deferens hinein, exprimiert und stellt vermutlich das humane Homolog zu dem GPI-verankerten Hauptreifungsantigen der Ratte dar. Das Hauptreifungsantigen ist erst im Nebenhoden zu dem Zeitpunkt auf der Spermienoberfläche nachweisbar, wenn dieses seine Befruchtungsfähigkeit erlangt. Die Konzentration der HE5-homologen mRNA im Nebenhoden der Ratte wird in vivo durch Androgene und Temperatur beeinflußt (PERA et al. 1996).

Auf der Suche nach einem geeigneten Tiermodell für weitere molekularbiologische Forschungen am Nebenhoden hat sich am IHF der Hund als ein gutes und geeignetes Modell mit inzwischen auch internationaler Anerkennung etabliert. Innerhalb der Forschungsarbeit am Hunde-Modell konnten in den letzten Jahren eine Reihe gewebespezifisch exprimierter Gene des caninen Nebenhodens kloniert und charakterisiert werden (ELLERBROCK et al., 1994; PERA et al. 1994; BEIGLBÖCK et al. 1998; GEBHARDT et al., 1999). Die evolutiv hochkonservierte CE1 mRNA ist, wie das human-homologe Produkt HE1, das am häufigsten exprimierte Genprodukt des caninen Nebenhodens (ELLERBROCK et al., 1994;

KIRCHHOFF et al., 1996). Es wird über die gesamte Länge des Nebenhodens mit einem Maximum im Caput und Corpus exprimiert und ist trotz seines hohen Aufkommens in der Nebenhodenflüssigkeit aller Wahrscheinlichkeit nach nicht an die Spermienoberfläche gebunden (KIRCHHOFF et al., 1996). CE1 ist, ähnlich HE1, wahrscheinlich für den Cholesterin-Transfer im Lumen des Nebenhodenganges verantwortlich (BAKER et al., 1993;

OKAMURA et al, 1999).

CE4, ein kleines HE4-homologes, sekretorisches Glykoprotein wird ebenfalls in allen drei Regionen des Nebenhodens produziert, wobei das Maximum der mRNA-Expression im Corpus und in der proximalen Cauda-Region beobachtet wurde (PERA et al., 1994). Das abgeleitete Protein besitzt zwei WAP-Domänen und kann aufgrund seiner Struktur in die Familie der cysteinreichen Whey-Acidic-Proteine eingestuft werden, von denen einige als extrazelluläre Protease-Inhibitoren fungieren (KIRCHHOFF et al., 1991).

Die CE5-mRNA ist das canine Homolog zu der HE5/CD52-mRNA des Menschen (ELLERBROCK et al., 1994). Wie bei CD52 handelt es sich bei CE5 um ein GPI-verankertes Glykoprotein, das im distalen Nebenhoden, im Ductus deferens und auf Lymphozyten gefunden wird.

Die CE7-cDNA-Klonfamilie (BEIGLBÖCK et al., 1998) kodiert für ein Polypeptid mit hoher Homologie zu der sekretorischen Form der Glutathion-Peroxidase (GPX), die im Nebenhoden zahlreicher Säuger (Maus: GHYSELINCK et al., 1993, Schwein: OKAMURA et al., 1997, Ratte und Rhesusaffe: PERRY et al., 1992) gefunden wurde. Die Glutathion-Peroxidase schützt viele Gewebe vor der schädigenden Wirkung freier Radikale und es wird vermutet, daß die sekretorische Form der GPX im Nebenhoden der Säuger ähnliche Funktionen, wie z.B. den Schutz vor oxidativen Schäden während der Speicherung der Spermien im Nebenhodenschwanz, übernimmt. Die CE7-mRNA wurde im Northern Blot als

vorrangig im Caput exprimiertes Produkt mit etwas schwächeren Signalen im Corpus und ohne sichtbare Hybridisierungsbande in der Cauda und im Vas deferens nachgewiesen (PERA, 1997; Beiglböck et al., 1998). Sie fehlt beim Mann (BEIGLBÖCK et al., 1998;

HALL et al., 1998).

Die CE8-cDNA-Klonfamilie kodiert für ein in mehreren Varianten existierendes, neuartiges LY6-Domänen-Protein des caninen Nebenhodens (TAUBHORN, 1999). Die meisten der LY6-Proteine sind Zelloberflächenmoleküle, die mit GPI-Ankern in der Plasmamembran befestigt sind. Bei CE8 wurde jedoch kein Hinweis auf einen GPI-Anker-kodierenden Sequenzbereich gefunden.

Die CE10 cDNA kodiert wiederum für ein kleines Sekretprotein mit einer einzelnen WAP-Domäne, welches Ähnlichkeit mit Proteinase-Inhibitoren und mit CE4 aufweist. CE10 ist evolutiv gering konserviert und konnte bisher nur beim Hund identifiziert werden (GEBHARDT et al., 1999).