• Keine Ergebnisse gefunden

Neue nebenhodenspezifische mRNAs beim Hund

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Neue nebenhodenspezifische mRNAs beim Hund"

Copied!
161
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

an der Universität Hamburg

___________________________________________________________________________

Neue nebenhodenspezifische mRNAs beim Hund

INAUGURAL-DISSERTATION zur Erlangung des Grades eines DOCTOR MEDICINAE VETERINARIAE durch die Tierärztliche Hochschule Hannover

Vorgelegt von Sibylle Münz

aus Limburg

Hannover 2000

(2)

1. Gutachter Prof. Dr. E. Töpfer-Petersen 2. Gutachter: Priv. Doz. Dr. A. Einspanier

Tag der mündlichen Prüfung: 06.06.2000

(3)

1 Einleitung 7

2 Literaturübersicht 9

2.1 Zur Embryologie der männlichen Geschlechtsgänge 9

2.2 Zur Anatomie des Nebenhodens 11

2.3 Zur Histologie des Nebenhodens 12

2.4 Zur Anatomie der akzessorischen Geschlechtsdrüsen 14

2.5 Die funktionelle Bedeutung des Nebenhodens 16

2.6 Zur Sekretion und Absorption im Nebenhoden 19

2.7 Einfluß von Hormonen und Temperatur auf das Nebenhodenepithel 22

2.8 Epididymale Sekretproteine 24

2.9 Regionalisierung des Nebenhodens 28

2.10 Vorgänge im weiblichen Genitale 29

2.10.1 Kapazitation 29

2.10.2 Akrosomenreaktion 30

2.11 Seminalplasma 31

2.12 Sekretproteine im Seminalplasma von Pferd, Rind und Schwein 31

3 Material und Methoden 35

3.1 Material 35

3.1.1 Gewebe 35

3.1.2 Gesamt-RNA 36

3.1.3 Canine cDNA-Klone aus einer Nebenhoden-cDNA-Bibliothek 36

3.2 Methoden 36

3.2.1 Gesamt-RNA-Extraktion aus Nebenhodengewebe 36

(4)

3.2.5 Restriktionsverdau von DNA 41 3.2.6 Herstellung transformationskompetenter E. coli Bakterien 42

3.2.7 Ligation von DNA-Fragmenten 43

3.2.8 Religation von Plasmiden im Rahmen von Subklonierungen 45

3.2.9 Transformation von E. coli-Bakterien 45

3.2.10 Midi-Präparation von Plasmid-DNA 46

3.2.11 Einzelstrang-cDNA-Synthese durch reverse Transkription 48 3.2.12 Amplifikation von DNA-Fragmenten mit Hilfe der

Polymerasekettenreaktion

49

3.2.13 Digoxigenin-Markierung von DNA 51

3.2.14 1,3% Formaldehydgel zur RNA-Elektrophorese 53

3.2.15 Northern Blot, Transfer von RNA aus einem Gel auf eine Trägermembran

54

3.2.16 Nichtradioaktive Hybridisierung von Northern Blots 55

3.2.17 Sequenzanalyse von Doppelstrang-DNA 58

3.2.18 In Situ-Transkript-Hybridisierung 61

4 Ergebnisse 63

4.1 Präparation der Gesamt-RNA für die Northern Blot-Analyse 63 4.2 Gewinnung der epididymalen Genprodukte CE11 und CE12 63

4.3 Charakterisierung des CE11-Transkripts 64

4.3.1 Subklonierung des CE11-Klons 66

4.3.2 Sequenzanalyse des CE11-Klons 67

4.3.3 Northern Blot-Analyse zur gewebespezifischen Genexpression und zur Größenbestimmung des CE11-Transkripts

69

4.3.4 Computergestützte Suche nach homologen Sequenzen zu CE11 71

(5)

und zur Expression im kryptorchiden Nebenhoden

4.3.7 Untersuchungen zur Regionalisierung der CE11 mRNA mit Hilfe der in situ-Transkript-Hybridisierung

76

4.3.8 Suche nach CE11-verwandten nebenhodenspezifischen mRNAs bei verschiedenen Säuger-Spezies

79

4.3.9 Expression der epididymalen CE11 mRNA im Nebenhoden unterschiedlich alter Rüden

83

4.4 Charakterisierung des CE12-Transkripts 85

4.4.1 Sequenzanalyse der CE12a und CE12b cDNA 85

4.4.2 Subklonierung des CE12-Klons 89

4.4.3 Northern Blot-Analyse zur gewebespezifischen Genexpression und zur Größenbestimmung des CE12-Transkripts

90

4.4.4 Untersuchungen zur regionenspezifischen Expression im Nebenhoden und zur Expression im kryptorchiden Nebenhoden

91

4.4.5 Untersuchungen zur Regionalisierung der CE12 mRNA mit Hilfe der in situ-Transkript-Hybridisierung

92

4.4.6 Expression der CE12 mRNA im Nebenhoden unterschiedlich alter Rüden 104 4.4.7 Suche nach CE12-verwandten nebenhodenspezifischen mRNAs bei

verschiedenen Säuger-Spezies

105

4.4.8 Computergestützte Suche nach CE12-verwandten Sequenzen 107

4.4.9 Klonierung der PCR-Produkte 111

4.4.10 Suche nach CE12-verwandten mRNAs beim Menschen 114

4.4.11 Untersuchung an humaner Nebenhoden-mRNA 115

4.4.12 Northern Blot-Analyse zur gewebespezifischen Genexpression des CE12-Homologen im Nebenhoden des Bullen

117

(6)

5.2 Aussagen über die Gewebespezifität der CE11 und CE12 mRNA 120

5.3 Regionenspezifische Genexpression 120

5.4 Untersuchungen am hemi-kryptorchiden Rüden 122

5.5 Altersabhängigkeit der CE11- und CE12- Expression 123

5.6 Expression von CE11- und CE12-Homologen im Nebenhoden anderer Säuger

124

5.7 CE11, eine hochkonservierte mRNA des epididymalen Epithels 126 5.8 CE12, eine neuartiges Fibronektin-Typ-II-Protein des caninen

Nebenhodens

127

5.9 Ausblick 131

6 Zusammenfassung 133

7 Summary 135

8 Literaturverzeichnis 137

9 Anhang 149

(7)

1 Einleitung

Die Unfruchtbarkeit des männlichen Individuums hat vielfältige Gründe, wobei im Gegensatz zu den weiblichen Fertilitätsstörungen hormonelle Ursachen nicht im Vordergrund stehen.

Bei einem großen Teil der männlichen Infertilität handelt es sich um Störungen ohne diagnostizierbare Ursache (zusammengefaßt in: KIRCHHOFF u. IVELL, 1995). Diese sogenannte idiopathische Infertilität scheint gegenüber den meisten Behandlungen resistent zu sein, vor allem da die Ursache des Problems oft nicht erkannt wird (KIRCHHOFF, 1995).

Zum besseren Verständnis dieses Problems ist die Erforschung der noch immer unzureichend bekannten molekularen Prozesse der Entstehung befruchtungsfähiger Spermien unabdingbar.

Obwohl die Spermatogenese und Spermiogenese im Hoden erfolgt, sind die Spermien der meisten Säuger beim Austritt aus dem Hoden zwar morphologisch ausgereift, jedoch fehlt ihnen die Fähigkeit zur Befruchtung der weiblichen Eizelle in vivo. Diese Fähigkeit erreichen die Spermien erst durch einen post-testikulären Reifungsvorgang innerhalb des Nebenhodens (BEDFORD, 1975; COOPER, 1986, 1995; ORGEBIN-CRIST, 1987; ROBAIRE u. HERMO, 1988) und durch einen weiteren Reifungsprozeß nach Ejakulation der Spermien im weiblichen Genitaltrakt (TÖPFER-PETERSEN et al., 1998). Während der Passage durch den Nebenhoden kommt es durch Interaktion des Spermiums mit den Sekretionsprodukten des Nebenhodenepithels zu einer Modifikation der Spermienmembran. Obwohl die molekulare Basis dieser post-testikulären Vorgänge im Nebenhoden noch immer nicht ganz geklärt ist, scheint es so, als spiele die Expression gewebespezifischer Proteine des Nebenhodenepithels eine zentrale Rolle. Mit Hilfe einer differentiellen Screeningmethode konnten am Institut für Hormon- und Fortpflanzungsforschung (IHF) in Hamburg bisher sechs epididymale Genprodukte des Menschen HE1-HE6 (humane Epididymisprodukte 1-6) isoliert werden, die möglicherweise am post-testikulären Reifungsprozeß beteiligt sind (zusammengefaßt in:

KIRCHHOFF et al., 1998). Bei HE1-HE5 handelt es sich um kleine, glykosylierte Sekretproteine des Nebenhodenepithels, die in das Lumen des Nebenhodenganges abgegeben werden und dort in Interaktion mit den Spermien treten (KIRCHHOFF u. IVELL, 1995). Die HE6 cDNA kodiert hingegen nicht für ein Sekretprotein, sondern für ein innerhalb der Säuger hoch konserviertes Sieben-Transmembrandomänen-Protein, das eventuell einen neuartigen G- Protein-gekoppelten Rezeptortyp der Nebenhodenepithelzellen darstellt (OSTERHOFF et al., 1997).

(8)

Da humanes Nebenhodengewebe nicht in ausreichenden Mengen für die molekularbiologische Erforschung des Nebenhodens zur Verfügung steht, war die Suche nach einem human relevanten Modell von großer Bedeutung. Lange Zeit waren Ratten und Mäuse das am häufigsten verwendete und teilweise sogar das einzige Tiermodell zum Studium der epididymalen Genexpression. Nach neuen Analysen des Säugerstammbaums auf molekularer Basis (STANHOPE et al., 1998) stellen sich die Nager innerhalb der plazentalen Säuger jedoch als evolutive Außenseiter dar. Der Hund bot sich als Modellsystem an, da der Hundenebenhoden in vorausgehenden Studien auf molekularer Ebene mehr Ähnlichkeit zu den Primaten als der Nebenhoden der Nager zeigte, und bei ihm die meisten der beim Mensch gefundenen Sekretproteine auch vorkommen (KIRCHHOFF et al., 1990; ELLERBROCK et al., 1994; Osterhoff et al., 1997). Die human-homologen Transkripte des caninen Nebenhodens wurden entsprechend der genetisch verwandten Proteine des Menschen als CE1, CE4 und CE5 (CE für “canine epididymal” exprimiertes Gen) bezeichnet. Durch differentielles Screening einer von K. ELLERBROCK (1994) erstellten caninen cDNA- Bibliothek gelang die Klonierung einer Reihe weiterer gewebespezifisch exprimierter Genprodukte des Hundenebenhodens CE7-CE13, von denen CE7-CE10 bereits charakterisiert sind (BEIGLBÖCK et al., 1998; GEBHARDT et al., 1999). Das Ziel dieser Arbeit war die Sequenzierung und Charakterisierung der neuartigen CE11 und CE12 cDNAs. Im Vordergrund stand zunächst die Untersuchung der Gewebeverteilung und des regionalen Expressionsmusters der entsprechenden mRNAs sowie die Sequenzkonservierung bei verschiedenen Säuger-Spezies. Mit Hilfe der in situ-Transkript-Hybridisierung sollte bestimmt werden, ob die Transkripte epithelialen oder mesenchymalen Ursprungs sind.

Der Hund hat sich mittlerweile als eine ethisch unbedenkliche Alternative zum Nager-Modell bewährt und wird auch international akzeptiert (IVELL et al., 1998). Das für die molekulare Forschung verwendete canine Nebenhodengewebe kann in ausreichenden Mengen von routinemäßig durchgeführten Kastrationen aus lokalen Tierarztpraxen bezogen werden.

(9)

2 Literaturübersicht

2.1 Zur Embryologie der männlichen Geschlechtsgänge

Auf chromosomaler Ebene ist das Geschlecht bereits bei der Befruchtung festgelegt.

Trotzdem liegen zu Beginn der embryonalen Entwicklung potentiell bisexuelle Embryonen vor, bei denen sich die Geschlechtsorgane zunächst als indifferente Gonadenanlage entwickeln (BYSKOV, 1986).

Bei beiden Geschlechtern werden zunächst beidseitig zwei Genitalwege angelegt: der Urnieren- oder Wolfsche Gang und der Müllersche Gang. Bei Anwesenheit von Testosteron aus der ersten Generation der Leydigschen Zwischenzellen des fetalen Hodens entwickelt sich der geschlängelte Anfangsabschnitt des Urnierenganges zum Nebenhodenkanal der männlichen Individuen. Der gestreckte, kaudale Anteil des Urnierenganges differenziert sich unter der Einwirkung des Testosterons zum Samenleiter und der Samenblasendrüse (SCHNORR, 1996). Einige der nach Rückbildung der Urniere zurückbleibenden Urnierenkanälchen werden zu den Ductuli efferentes. Urnierenkanälchen ohne Verbindung zum Rete testis, die aber trotzdem in den Nebenhodenkanal einmünden, bleiben als blind endende Ductuli aberrantes bestehen. Bei fehlender testikulärer Einwirkung kommt es immer zur Rückbildung des Wolfschen Ganges und zur Ausbildung eines weiblichen Geschlechtstraktes aus den Müllerschen Gängen. Der Müllersche Gang wird bei den männlichen Embryos unter Einwirkung des sog. Müllerian Inhibiting Factor (MIF) zurückgebildet. Bei MIF handelt es sich um ein von den Sertolizellen des fetalen Hodens gebildetes Protein (BEHRINGER et al., 1994).

Die akzessorischen Geschlechtsdrüsen differenzieren sich aus dem Wolfschen Gang und aus Epithelknospen des Sinus urogenitalis. Zuerst kommt es zur Entwicklung der Bulbourethral- und dann der Vorsteherdrüse aus epithelialen Knospen des Sinus urogenitalis. Anschließend bildet sich aus dem Epithel des Wolfschen Ganges die Vesikulardrüse und meist erst nach der Geburt die Ampullendrüse aus.

Der Wolfsche Gang liegt während der Embryonalentwicklung zunächst als gestrecktes Rohr vor. Infolge des starken Längenwachstums bilden sich primäre Windungen. Diese werden im

(10)

weiteren Wachstumsverlauf in Sekundär- und Tertiärwindungen gelegt, bis schließlich ein stark aufgeknäueltes Gangkonvolut entsteht (HOLSTEIN, 1969).

Durch den Hodenabstieg (Descensus testiculorum) werden Hoden und Nebenhoden sowie der Samenleiter und die versorgenden Gefäße und Nerven von ihrem Enstehungsort innerhalb der Bauchhöhle nach außen in den Hodensack verlagert. Die Steuerung des Hodenabstiegs ist noch nicht vollständig geklärt. Auslösender Faktor sind vermutlich Wachstumsdifferenzen zwischen der Rumpfwand und dem Leitband des Hodens (Gubernaculum testis). Daneben spielen auch androgene und gonadotrope Hormone, sowie die Steigerung des intraabdominalen Drucks aufgrund der Organvergrößerung eine Rolle (SCHNORR, 1996).

Der Sinn und Zweck des Hodenabstiegs läßt sich bei den skrotalen Säugern mit der Notwendigkeit erklären, die Spermien bei tiefen Temperaturen zu produzieren und zu lagern.

Dies ist ebenfalls bedingt für Tierarten (Nagetiere, Insektenfresser und Fledermäuse) zutreffend, die ihre Hoden und Nebenhoden periodisch zur Brunstzeit nach außen verlagern und sie anschließend wieder ins Abdomen zurückziehen. Diese Erklärung kann jedoch nicht bei Spezies, wie z.B. dem Elefant herangezogen werden, deren physiologische und permanente Lage von Hoden und Nebenhoden innerhalb der Bauchhöhle ist, und die Spermienproduktion bei Körperkerntemperatur stattfindet.

Der Zeitpunkt des Hodenabstiegs ist tierartspezifisch variabel. Der Wiederkäuer vollzieht den Vorgang schon im dritten Fetalmonat. Auch bei den übrigen Spezies und dem Menschen sind Hoden und Nebenhoden zum Zeitpunkt der Geburt meist im Skrotum angelangt. Eine Ausnahme stellen die Fleischfresser dar, bei denen sich Hoden und Nebenhoden zum Zeitpunkt der Geburt noch in der Bauchhöhle befinden. Beim Hund ist der Hodenabstieg erst 35 Tage post partum abgeschlossen (nach SCHNORR, 1996).

Bei einem unvollständigen Descensus testiculorum bleibt einer oder beide Hoden inklusive des Nebenhodens im Bauchraum oder im Leistenkanal stecken. Man spricht vom ein- oder beidseitigen Kryptorchismus. Aufgrund der inguinalen bzw. abdominalen Lage liegt die Binnentemperatur im Hoden/Nebenhoden nahe der Körperkerntemperatur und es kommt zu einer Störung der Spermatogenese. Die Produktion der Geschlechtshormone bleibt hingegen unbeeinflußt. Nichtabgestiegene Hoden und Nebenhoden bleiben in ihrer Entwicklung zurück. Sie sind sehr klein und neigen beim Hund etwa ab dem achten Lebensjahr zu neoplastischer Entartung (NIEMAND, 1994).

(11)

2.2 Zur Anatomie des Nebenhodens

Der Nebenhoden (Epididymis) der Säuger wird nach grob-morphologischen Gesichtspunkten in die drei Segmente Kopf (Caput epididymidis), Körper (Corpus epididymidis) und Schwanz (Cauda epididymidis) geteilt (NICKEL et al., 1987, S. 331). Er lagert sich dem Hoden

dorsolateral auf und ist über das Gekröse (Mesepididymis) eng mit diesem verbunden. Der Nebenhodenschwanz wird durch das Ligamentum Caudae epididymidis am Fundus des Processus vaginalis befestigt und ist über das Ligamentum testis proprium mit dem Schwanzende des Hodens verbunden. Hoden und Nebenhoden sind gemeinsam im

Hodensack (Skrotum) untergebracht und werden von dem Scheidenhautfortsatz (Processus vaginalis) umgeben. Der bulbusförmige Nebenhodenkopf besteht aus dem Anfangsabschnitt des Nebenhodenkanals (Ductus epididymidis) mit hier einmündenden Ductuli efferentes (BUDRAS et al., 1994). Diese haben ihren Ursprung im Rete testis und schaffen somit die Verbindung zum Gangsystem des Hodens. Die Anzahl der Ductuli efferentes liegt je nach Spezies zwischen 4 und >20 bei großen Tierarten. Der Hund verfügt gewöhnlich über 15-16 dieser Kanäle (NICKEL et. al, 1987, S. 331). Die Gänge sind stark geschlängelt und werden durch bindegewebige Septen zu keilförmigen Läppchen zusammengehalten. Die Ductuli efferentes treten am Kopfende aus dem Hoden aus. Neueren Untersuchungen beim Menschen entsprechend, mündet nur ein Teil der Gänge in den Ductus epididymidis. Der andere Teil endet blind oder bildet Anastomosen (YEUNG et al., 1991).

Der stark gewundene Ductus epididymidis bildet die Grundlage des schlanken

Nebenhodenkörpers und des breiteren Nebenhodenschwanzes. Die einzelnen Windungen werden durch Bindegewebe zu einem Gangkonvolut zusammengehalten. Die Länge des Nebenhodenganges variiert von ca. 6 m bei der Ratte bis hin zu >50 m bei den großen Haussäugetieren (zitiert nach: BEDFORD, 1994).

Distal geht der Nebenhodengang in den Samenleiter (Ductus deferens) über und bildet zusammen mit der Arteria und Vena testicularis, den Lymphgefäßen und den sympathischen Nervenzellen den Samenstrang. Der Samenstrang kommt am Nebenhodenschwanz zum Vorschein und verbindet den Samenleiter mit der Harnröhre.

BENOIT (1926) erweiterte die klassische Einteilung des Nebenhodens in Kopf, Körper und Schwanz noch um den Begriff des Initialsegmentes, welches zwischen den Ductuli efferentes

(12)

und dem Caput epididymidis liegt. Das Initialsegment ist gekennzeichnet durch ein charakteristisches histologisches Erscheinungsbild und findet sich nicht bei allen Spezies.

Nach histologischen und zytologischen Aspekten teilen GLOVER u. NICANDER (1971) den Nebenhoden in ein Initial-, Mittel- und Terminalsegment ein. Den beiden ersten Segmenten sprechen sie die Aufgabe der Spermienreifung, dem Terminalsegment die Spermienlagerung zu.

2.3 Zur Histologie des Nebenhodens

Die Ductuli efferentes der Säuger sind von einem zweireihigen hochprismatischen Epithel mit Kinozilienbesatz ausgekleidet. Die Kinozilien reichen sehr weit in das Lumen hinein und dienen dem Transport von Spermien und Samenflüssigkeit in Richtung Nebenhodengang.

Neben den hochprismatischen Zellen sind auch niedrigere prismatische Epithelzellen entwickelt, die oberflächlich Mikrovilli tragen und als Ausdruck ihres hohen

Resorptionsvermögens mikropinozytotische Vesikel, Lysosomen und einen gut entwickelte Golgi-Apparat aufweisen (LIEBICH, 1990). Zwischen den Epithelzellen existieren kleinere Basalzellen, die der Basalmembran anliegen und die Zelloberfläche nicht erreichen. Auch CHANDLER et al. (1981) unterscheiden in ihrer Arbeit über die Feinstruktur des caninen Nebenhodens drei verschiedene Zelltypen in den Ductuli efferentes des Hundes. Sie unterteilen in: Zilien- und/oder Mikrovilli-tragende Epithelzellen, Hauptzellen (sog.

„Prinzipalzellen“) mit kurzen Mikrovilli, und Basalzellen, die charakteristischerweise Glykogen enthalten. Nach außen sind die Ductuli efferentes von einer dünnen Schicht ringförmig verlaufender, glatter Muskelzellen umgeben (KÜHNEL, 1992).

Auch die Wandauskleidung des Nebenhodengangs besteht aus einem zweireihigen hochprismatischen Epithel. Dieses trägt besonders im Caput sehr lange Stereozilien, die teilweise durch dünne Zytoplasmabrücken unteinander verbunden sind (KÜHNEL, 1992) und der Sekretion von Enzymen und Glykoproteinen sowie der Resorption von Samenflüssigkeit dienen (LIEBICH, 1990). Die Epithelhöhe und die Länge der Stereozilien nimmt nach kaudal allmählich ab. Die Dicke der außen anliegenden, zirkulär verlaufenden, glatten Muskulatur sowie der Durchmesser des Ganglumens nimmt hingegen zum Schwanz des Nebenhodens zu.

(13)

Dieser grobe histologische Aufbau ist nach MOORE und PRYOR (1981) bei allen Säugern gleich und wird auch für den Hund bestätigt (CHANDLER et al., 1981).

CHANDLER et al. (1981) gelangten aufgrund ihrer elektronenmikroskopischen Studie am Nebenhoden des Hundes außerdem zu dem Ergebnis, daß die klassische Einteilung des Nebenhodens in Kopf, Körper und Schwanz auch im histologischen Bereich übernommen werden kann. Sie vertreten außerdem die Auffassung, daß sie sich mit der für viele Säuger existierenden Aufteilung nach GLOVER und NICANDER (1971) in ein Initial-, ein Mittel- und ein Terminalsegment deckt. Auch ORSI (1983) schlägt aufgrund eigener histologischer Studien am Hund eine Aufteilung des Hundenebenhodens in ein Initialsegment, welches an die Ductuli efferentes anknüpft, ein Mittel- (oder Isthmus) und ein Terminalsegment vor.

SINOWATZ et al. (1979) räumen ein, daß das Mittelsegment beim Rüden auf der Basis histochemischer Beobachtungen in vier kleinere Abschnitte unterteilt werden kann. Daß diese Abschnitte aufgrund unterschiedlicher Lokalisation im Nebenhoden nicht bei allen Säugern der klassischen-anatomischen Einteilung entsprechen, legen SETCHELL et al. (1994) in einer Studie dar.

SINOWATZ et al. (1979) unterscheiden Haupt- und Basalzellen, die in allen Bereichen des caninen Nebenhodenepithels vorhanden sind. CONNELL und DONJACOUR (1985) beobachteten hingegen die Basalzellen nur im Körper und im Schwanz und nicht im Kopf des präpuperalen Hundes. Die hochprismatischen Hauptzellen besitzen längs-ovale Kerne mit viel Chromatin. Ihr Zytoplasma ist reich an stoffwechselaktiven Organellen, an Lysosomen und mikropinozytotischen Versikeln (LIEBICH, 1990). Ihre Hauptfunktion liegt in der Resorption und Sekretion. Die basalen Zellen, die niemals die Oberfläche des Epithels erreichen, verfügen hingegen über einen kleinen, runden Kern. Sie sind mit einem Zytoplasma ausgestattet, das über wenig Organellen verfügt jedoch mit vielen Fettvakuolen ausgestattet ist. Die Funktion der Basalzellen ist noch immer ungeklärt.

Der Nebenhodenkopf des Hundes ist nach CHANDLER et al. (1981) durch einen ausgeprägten Golgi-Apparat mit vielen Lysosomen und nukleären Einschlüssen gekennzeichnet. Daneben finden sich, wie auch in den hohen Epithelzellen des Corpus, Hinweise auf eine apokrine Absorption in Form von Mikropinocytose. Nukleäre Einschlüsse in den Epithelzellen des Nebenhodenganges wurden zuerst von HAMMAR (1897) beschrieben. Er beobachtete Einschlüsse über die gesamte Länge des Nebenhodens, wobei ihre größte Dichte, entsprechend der Studie von CHANDLER et al. (1981), im proximalen

(14)

Bereich lag. NICANDER (1963) unterscheidet aufgrund einer elektronenmikroskopischen Studie drei Arten der nukleären Einschlußkörperchen beim Hund, die sich in ihrer Struktur und Form unterscheiden. Allen gemeinsam sind die eosinophilen Granula. Einige der großen Vakuolen scheinen Glykoproteine zu enthalten.

Das größte Maß an sekretorischer Aktivität schreiben CHANDLER et al. (1981) dem Nebenhodenkörper zu. Wie auch HOLSTEIN (1969) und HAMILTON (1990) in ihren Studien belegten, sind dort supranukleäre Vakuolen oder „dichte“ Körper, die als sekretorische Vesikel gedeutet werden, vorhanden. Rauhes endoplasmatisches Retikulum, als Ort der Proteinsynthese, wurde von CHANDLER et al. (1981) im Nebenhodenepithel des Hundes nur in geringem Maße gefunden, wobei die größte Dichte im Nebenhodenschwanz vorlag.

Beim Menschen wurden Epithelzellen des Nebenhodens beschrieben, die die Fähigkeit besitzen Spermien zu phagozytieren (HOLSTEIN, 1969). Entgegen dieser Studie und einer Untersuchung über Spermiophagie beim Kaninchen von NICANDER et al. (1963) sind beim Hund keinerlei Anzeichen auf Resorption von Spermien vorhanden (CHANDLER et al., 1981). Generell ist die Spermiophagie ein ungeklärter, kontrovers diskutierter Prozeß, der eventuell speziesspezifisch stattfindet. Die meisten Beobachter kommen jedoch zu dem Ergebnis, daß die Epithelzellen des Nebenhodens und des Vas deferens unter normalen Bedingungen nicht in der Lage sind Spermien aus dem Lumen zu resorbieren. Mechanische oder chemische Manipulation des Epididymidis/Vas deferens kann die Epithelzellen jedoch zu einer Aufnahme von Spermien veranlassen, was vermuten läßt, daß das Potential zur Spermiophagie vorhanden ist und durch spezifische Stimulation ausgelöst werden kann (ROBAIRE u. HERMO, 1988).

2.4 Zur Anatomie der akzessorischen Geschlechtsdrüsen

Zu den akzessorischen Geschlechtsdrüsen zählen die Samenleiterampulle, die Samenblasen-, die Vorsteher- und die Harnröhrenzwiebeldrüse. Die einzelnen Drüsen kommen nicht bei allen Säugern gleichzeitig vor. Sie sind bei den Haussäugetieren in recht unterschiedlicher Form um das Beckenstück der Harnröhre angesiedelt (NICKEL et al., 1987, S.339). Die

(15)

Sekrete der akzessorischen Geschlechtsdrüsen machen neben den Sekreten von Hoden und Nebenhoden den größten Anteil am Volumen des Ejakulates aus (SETCHEL et al., 1994).

Beim Hund ist allein die Prostata vollständig ausgebildet. Eine Samenleiterampulle ist nur andeutungsweise vorhanden. Eine Zusammenfassung über die Anatomie der akzessorischen Geschlechtsdrüsen bei den Haussäugetieren findet man bei NICKEL et al. (1987):

Die Samenleiterampulle (Ampulla ductus deferentis) ist bei Hund, Pferd und Wiederkäuer als spindelförmige Anschwellung des Endabschnittes des Samenleiters auszumachen. Obwohl bei Kater und Eber eine Auftreibung zur Samenleiterampulle fehlt, ist in der Wand des distalen Samenleiters sekretorisch aktives Drüsengewebe vorhanden.

Die paarig angelegte Samenblasendrüse (Glandula vesicularis) liegt dorsolateral des Harnblasenhalses. Sie fehlt dem Hund und der Katze. Die äußere Form der Samenblase variiert zwischen den einzelnen Spezies. Der Mensch und das Pferd verfügen über eine relativ große, blasenförmige Drüse mit glatter Oberfläche, während sich die Drüse bei den übrigen Haussäugetieren eher dickwandig und knotig darstellt.

Bei Pferd und Wiederkäuer vereinigt sich der Ausführungsgang der Samenblasendrüse mit dem Samenleiter zu einem kurzen gemeinsamen Gang, der in die Harnröhre mündet.

Über eine Vorsteherdrüse (Glandula prostatica, Prostata) verfügen alle Haussäugetiere und der Mensch. Die Prostata besteht aus zwei Anteilen, nämlich aus der in der Wand der Harnröhre verstreuten Pars disseminata und aus dem kompakten Körper. Das Prostatasekret wird von beiden Anteilen über zahlreiche Ausführungsgänge abgegeben. Der Fleischfresser besitzt die größte Prostata, wobei die Pars disseminata nur andeutungsweise vorhanden ist.

Der Prostatakörper ist hingegen sehr groß und kugelig. Er umfaßt beim Hund die gesamte Harnröhre ringförmig. Das Pferd verfügt nur über den Prostatakörper und die kleinen Wiederkäuer besitzen ausschließlich die Pars disseminata der Prostata.

Die wiederum paarig angelegte Harnröhrenzwiebeldrüse (Glandula bulbourethralis) liegt der Harnröhre dorsolateral, kurz vor deren Austritt aus der Beckenhöhle an. Sie ist bei allen Spezies außer dem Hund vorhanden. Bei der Katze ist sie sehr klein und beim Eber auffallend stark entwickelt.

(16)

2.5 Die funktionelle Bedeutung des Nebenhodens

Experimentelle Studien an Haus- und Laborsäugetieren verschiedener Spezies haben innerhalb der letzten dreißig Jahre immer wieder bestätigt, daß dem Nebenhoden höherer Säuger die drei Hauptaufgaben des Transports, der Reifung sowie der Speicherung der Spermien zukommt. Die Dauer der Nebenhodenpassage der Säugetiere liegt im Durchschnitt bei etwa zehn Tagen (ROBAIRE u. HERMO, 1988). Beim Mensch konnte die erste objekive Abschätzung der Transportdauer der Spermien durch den Nebenhodengang anhand des Einsatzes von [3H]thymidine und durch Röntgen-unterstützte Effekte auf Spermien-Marker gewonnen werden. Das Ergebnis zeigt, daß die Nebenhodenpassage beim Mann durchschnittlich etwa 12 Tage dauert, wobei jedoch einzelne Spermien identifiziert wurden, die den Nebenhodengang innerhalb eines Tages vollständig passierten (BEDFORD, 1994).

Der Transport entlang des Ductus epididymidis wird durch die Stereozilienbewegung des Epithels in Verbindung mit einer regelmäßigen Kontraktion der glatten Muskulatur in der Wand des Nebenhodenganges gewährleistet. Diese mehrfach pro Minute ablaufenden Kontraktionswellen sorgen außerdem für eine gleichmäßige Durchmischung der Spermien mit der luminalen Flüssigkeit. Dadurch treten alle Spermien in Wechselwirkung mit dem Nebenhodenepithel und dessen sekretorischen Produkten. Unter natürlichen Bedingungen sind Spermien, die den Hoden verlassen, noch nicht befruchtungsfähig. Ihnen fehlt die gerichtete Vorwärtsbeweglichkeit und die Fähigkeit, an die Zona pellucida der Eizelle zu binden und so den Vorgang der Fertilisation in Gang zu setzen. Diese Eigenschaften erlangen die Spermien erst im Verlauf eines sog. Reifungsprozesses während ihrer mehrtägigen Passage durch den Nebenhoden und im weiteren Verlauf während der, als Kapazitation bezeichneten Reifung im weiblichen Genitaltrakt (KIRCHHOFF u. IVELL, 1995; TÖPFER- PETERSEN et al., 1998).

Schon Benoit (1926) und Young (1931) entwarfen das Konzept einer posttestikulären Reifung des Säugerspermiums. Die Beobachtung, daß dem Nebenhoden hierbei eine entscheidende Rolle zukommt, wurde jedoch erst von Bedford (1967) und Orgebin-Crist (1967) anhand einer Studie am Nebenhoden des Kaninchens gemacht. Sie waren die ersten, die nachweisen konnten, daß im proximalen Nebenhoden angestaute Kaninchenspermien, die so an der Passage durch den Ductus epididymidis gehindert wurden, dadurch zwar nicht abstarben,

(17)

jedoch auch nicht die Fähigkeit zur Befruchtung einer Eizelle erwarben (zitiert nach:

ROBAIRE u. HERMO, 1988).

Der Reifungsprozeß ist ein gradueller Vorgang, d.h. die Anzahl der fertilen Spermien nimmt auf ihrem Weg durch den Nebenhoden immer weiter zu. Die Region des Nebenhodens, in der die Spermien ihre Befruchtungsfähigkeit erhalten, ist jedoch speziesspezifisch variabel (YANAGIMACHI, 1994). Dies wurde anhand von Studien bei verschiedenen Tierarten bestätigt. Bei keiner der untersuchten Spezies konnten im Caput befruchtungsfähige Spermien angetroffen werden (ORGEBIN-CRIST, 1987). Die ersten fertilen Spermien wurden bei Schwein und Weißbüschelaffe im proximalen Corpus nachgewiesen. Das Kaninchen und der Schafbock zeigten hingegen vor der mittleren Corpus-Region nicht immer reife Spermien und bei Ratte und Hamster traten die ersten fertilen Spermien noch weiter distal im Nebenhodengang auf. Sicher ist jedoch, daß die Spermien zumindest einen Teil des Ductus epididymidis passiert haben müssen, um ihre Befruchtungsfähigkeit zu erreichen. Bei keiner Art ist es jedoch notwendig, den gesamten Nebenhodengang zu durchlaufen. Generell kann man sagen, daß bei den meisten Säugern ein Großteil der Spermien im distalen Corpus bis proximalen Cauda zur Befruchtung befähigt ist (BEDFORD u. HOSKINS, 1990).

Die mit dem Vorgang der Reifung in Zusammenhang stehenden, funktionellen Veränderungen des Spermiums sind nach ORGEBIN-CRIST (1987) die Erlangung der gerichteten Vorwärtsbewegung, die Errichtung eines immunsupressiven Schutzwalles zum Überleben im weiblichen Reproduktionstrakt, die Fähigkeit zur Akrosomenreaktion, zur Zona-Bindung sowie zur Fusionierung mit der Vitellinmembran der Eizelle. Diese funktionellen Veränderungen stehen mit einer Reihe von strukturellen Veränderungen auf der Spermienoberfläche in Zusammenhang, die das Spermium durch Wechselwirkung mit den sekretorischen Produkten des Nebenhodens vollzieht (zusammengefaßt in: KIRCHHOFF u.

IVELL, 1995). Im Epithel des Nebenhodenganges werden u.a. eine Reihe gewebespezifischer Proteine hergestellt, die nach ihrer Sekretion ins Lumen mit der Spermienmembran in Kontakt treten oder in diese eingebaut werden. Es kommt zu Änderungen in der Protein- bzw.

Glykoprotein- und Lipidstruktur der Spermienoberfläche (EDDY u. O´BRIEN; 1994).

Aufgrund von Veränderungen in der Zusammensetzung der Oberflächenzucker treten Ladungsverschiebungen auf der Membranoberfläche auf.

(18)

Abgesehen vom Verlust des am Anfangsteil der Spermiengeißel haftenden Zytoplasmatröpfchens treten während der Nebenhodenpassage keine morphologischen Veränderungen des Spermiums auf.

Obwohl die Spermien im Anfangsabschnitt des Nebenhodenganges unbeweglich sind, erlangen sie auf ihrer Passage durch den Nebenhoden die Fähigkeit zur Eigenbewegung. Wie das Potential für die Spermienmotilität im Nebenhoden aufgebaut wird, ist noch immer unklar, es werden jedoch einige potentielle Faktoren diskutiert. Hierzu zählen u.a. die Veränderung des intrazellulären pH-Wertes sowie Schwankungen in der Konzentration von Kalzium-Ionen und des zyklischen AMP. Auch eine neuartige Adenylatzyklase und ihre Stimulation durch Bikarbonat wird als Möglichkeit in Betracht gezogen (COOPER u.

YEUNG, 1996). Das von ACOTT u. HOSKINS (1981) im Seminalplasma des Bullen identifizierte Sperm Forward Motility Protein, das sich an die Spermienoberfläche bindet, scheint beim Rind Einfluß auf die Eigenmotilität auszuüben. Die Voraussetzung zur Motilität erhalten die Spermien durch Ausbildung zusätzlicher Disulfid-Brücken in den Fibrillen der Cauda-Region (CALVIN u. BEDFORD, 1971). Im Verlauf der Wanderung durch den Nebenhodenkanal nimmt der Anteil der zur Eigenmotilität befähigten Spermien immer mehr zu. Auch die Fortbewegungsgeschwindigkeit und die Geradlinigkeit der Bewegung werden gesteigert (COOPER u. YEUNG, 1996).

Je nach Spezies sind die Spermien im Nebenhoden völlig unbeweglich oder aber ihre Fähigkeit zur gerichteten Vorwärtsbewegung wird erheblich eingeschränkt. Die zu der Motilitätseinschränkung führenden Faktoren scheinen von Spezies zu Spezies etwas zu variieren. In einer Studie beim Bullen wird neben unbekannten Faktoren, der relativ niedrige pH-Wert (pH=5,5) der Nebenhodenflüssigkeit als Ursache aufgeführt (ACOTT u. CARR, 1984). Bei einigen Nagern hingegen wird der hemmende Einfluß eines vom Caput sezernierten Proteins mit dem Namen „Immobilin“ für die Einschränkung der Beweglichkeit verantwortlich gemacht. Immobilin führt bei der Ratte zu einer Viskositätserhöhung der luminalen Flüssigkeit, die wiederum die Geißelbewegung des Spermiums einschränkt (USSELMANN u. CONE, 1983). Bei allen Spezies scheint jedoch der im sauren Bereich liegende pH-Wert der luminalen Cauda-Flüssigkeit einen entscheidenden Einfluß auf die verminderte Motilität der Spermien zu haben. Man spricht daher auch von einer sog. Säure- Starre des Spermiums. Durch die im Vergleich zum Serum niedrigere Natrium- und höhere Kaliumkonzentration in der Nebenhodenflüssigkeit wird der Natrium-bedingte Anstieg des

(19)

intrazellulären pH-Wertes verhindert. Es wird auch diskutiert, ob in die Spermien eindringende Säuren, wie z.B. Laktat, für den niedrigen pH-Wert innerhalb der Zellen verantwortlich sind (COOPER und YEUNG, 1996). Das saure Milieu wird durch Carboanhydrase-Aktivität (CALFISH u. DUBOSE, 1990) und spezifische Protonen-Pumpen (BRETON et al., 1996) aufrecht erhalten. Die hohe Viskosität der luminalen Flüssigkeit (siehe Sekretion und Absorption im Nebenhoden) bewirkt eine relativ dichte Zusammenlagerung der Spermien im Nebenhodenschwanz, was wiederum einen supressiven Einfluß auf die Motilität ausübt.

Im Gegensatz zu Vögeln und Reptilien sind die Spermien der höheren Säuger äußerst empfindlich gegenüber ihrem Millieu. Haben sie einmal ihre Befruchtungsfähigkeit erreicht, so benötigen sie das spezifische Milieu des Nebenhodenschwanzes, um ihre Lebensfähigkeit zu erhalten. Obwohl die Spermien ihre Fertilität möglicherweise in den proximalen Regionen des Nebenhodens erreichen, sterben sie innerhalb weniger Tage ab, falls sie auf ein Segment proximal der Cauda beschränkt werden. Die durchschnittliche Zeitdauer, in der gelagerte Spermien ihre Befruchtungsfähigkeit beibehalten, liegt bei zwei bis drei Wochen. Das spezifische Milieu der luminalen Flüssigkeit im Nebenhodenschwanz bewahrt die Spermien während dieser Zeit vor schädigenden Einflüssen. Als Beispiel sei hier die Superoxid- Dismutase genannt, die die Spermien während ihrer Speicherung gegen Lipidperoxidation schützt und verschiedene Proteinase-Inhibitoren, darunter das HE4, die die Zelloberflächen vor der Einwirkung von Proteasen schützen (KIRCHHOFF et al. 1991).

2.6 Zur Sekretion und Absorption im Nebenhoden

Transportvorgänge an Membranen spielen im Nebenhoden eine wichtige Rolle. Das Epithel der Ductuli efferentes und des Nebenhodens besitzt die Fähigkeit zur Absorption von Flüssigkeit, Ionen und kleineren organischen Molekülen. Aufgrund einer aktiven Absorption von Natrium- und Chlorid-Ionen durch das Nebenhodenepithel und der damit verbundenen passiven Diffusion von Wasser (WONG et al., 1978) werden die Spermien im Nebenhoden stark konzentriert. Der größte Teil der über das Rete testis eingeschleusten Flüssigkeit wird auf diesem Weg wieder dem Blut zugeführt. Beim Bullen und beim Eber werden nach

(20)

CRABO und GUSTAFSSON (1964) über 90 % der testikulären Flüssigkeit im Bereich der Ductuli efferentes und im Caput reabsorbiert. Bei der Ratte sind es nach LEVINE und MARSH (1971) immerhin ca. 50 %. Dementsprechend ist die Spermienkonzentration im Nebenhodenschwanz etwa 20x höher als im Rete testis (zusammengefaßt in: ROBAIRE u.

HERMO, 1988). Der aktive Natriumtransport mit Hilfe der Natrium-Kalium-ATPase-Pumpe findet sein Maximum im Bereich des Caput. Der Nebenhodenschwanz ist hingegen der Ort mit der stärksten Chlorid-Absorption (WONG et al., 1978). Es scheint, daß einige endogene Substanzen den Natrium-Transport in die Epithelzellen kontrollieren, obwohl Testosteron (WONG u. YEUNG, 1977) und Mineralcorticoide (AU et al., 1978) einen gewissen Grad der Absorption immer aufrecht erhalten.

Die Ähnlichkeiten zwischen den Resorptionsvorgängen im Nebenhoden und denen im distalen Tubulus-System der Niere sind auffällig (ROBAIRE u. HERMO, 1988).

Es ist nicht bekannt, ob Wasser durch Endozytose auch aktiv vom Epithel aufgenommen werden kann. Sicher ist jedoch, daß endozytotische Prozesse im Gewebe des Nebenhodens ablaufen (GLOVER u. NICANDER, 1971). Unspezifische Marker, wie Eisen und Meerettichperoxidase, wurden nach ihrer Injektion ins Lumen des Nebenhodenganges durch Endozytose vom Epithel aufgenommen (ROBAIRE u. HERMO, 1988).

Neben der Fähigkeit zur Absorption ist der Nebenhoden auch in der Lage, Ionen, kleinere organische Moleküle und Glykoproteine zu sezernieren. Durch Stimulierung mit β- adrenergen Agonisten kann das Nebenhodenepithel z.B. zur Sekretion von Chlorid und Bicarbonat, sowie zur Bildung von Peptid-Hormonen angeregt werden (WONG et al., 1992).

LEVINE u. MARSH konnten 1971 anhand ihrer Studien am Nebenhoden der Ratte eine sinkende Chlorid-Ionen-Konzentration auf dem Weg von den Ductuli efferentes zum Caput nachweisen. Parallel dazu nahm auch die Natrium-Konzentration vom Caput zur Cauda stetig ab. Die Kalium-Konzentration stieg hingegen an. Da dies nicht in Einklang mit der Osmolarität stand, führten sie den Kalium-Anstieg auf eigene Sekretionsleistungen des Nebenhodens zurück (zusammengefaßt in: ROBAIRE u. HERMO, 1988). Die Konzentration der ebenfalls vom Nebenhodenepithel sezernierten Kalium- und Phosphat-Ionen steigt, ausgehend vom Rete testis, innerhalb des Nebenhodens stark an (BROOKS, 1983). Die Mechanismen der Sekretion sind noch nicht bekannt. Das Maximum der Kalium- Konzentration liegt mit etwa 40 mM im Nebenhodenschwanz, die höchste Phosphat-

(21)

Konzentration ist bei etwa 90 mM im Körper des Nebenhodens erreicht. Beide sind gegenüber ihrer Konzentration im Serum stark erhöht.

Bei den organischen Molekülen kommen besonders die drei Sekretionsprodukte Glyzerophosphocholin, Carnitin und Inositol in hoher Konzentration im Lumen des Nebenhodens vor (COOPER u. YEUNG, 1996). Das Glyzerophosphocholin erreicht sein Konzentrationsmaximum im Caput und wird aus zirkulierenden Lipoproteinen und im Spermium selbst synthetisiert. Carnitin, das nicht vom Nebenhoden synthetisiert werden kann, sondern aus dem Blut kommend im Nebenhoden konzentriert wird, gelangt im distalen Caput, im Corpus und in der proximalen Cauda zu der luminalen Flüssigkeit. Inositol wird der Nebenhodenflüssigkeit über das Rete testis und aus dem Blut bereitgestellt. Außerdem kann Inositol auch im Nebenhoden selbst synthetisiert werden (ROBAIRE u. HERMO, 1988). Die neutrale α-Glukosidase stellt ein wichtiges vom Nebenhoden sezerniertes, wasserlösliches Enzym dar. Ihre physiologische Rolle ist unbekannt. Eine Inhibition der α-Glukosidase führt zu einer vorübergehenden Unterdrückung der Fertilität bei Ratten (COOPER u. YEUNG, 1996).

In neueren Untersuchungen wurde beobachtet, daß die Sekretion von Anionen und Wasser durch humorale Faktoren im allgemeinen und Angiotensin im speziellen kontrolliert wird.

Diese Hypothese basiert auf dem Vorhandensein eines Renin-Angiotensin-Systems im Nebenhoden der Ratte (LEUNG et al., 1998).

Der pH-Wert der luminalen Flüssigkeit nimmt auf dem Weg durch den Ductus epididymidis immer weiter ab. Nach Setchell u. Brooks ist dies auf eine Verringerung der Bikarbonat- Konzentration in Verbindung mit der Wirkung der Glutaminsäure zurückzuführen. Das Konzentrationsgefälle und die aufgrund der Flüssigkeitsabsorption entstehende, hohe Viskosität innerhalb des Nebenhodenkanals sind für die Unterdrückung der Spermienmotilität und der Fertilisierungsfähigkeit verantwortlich(COOPER u. YEUNG, 1996).

(22)

2.7 Einfluß von Hormonen und Temperatur auf das Nebenhodenepithel

Die Tatsache, daß der Nebenhoden und seine Funktionen Androgen-abhängig sind, wurde schon zu Anfang dieses Jahrhunderts beobachtet. Androgene werden auf zwei Wegen in den Nebenhoden eingeschleust: Zum einen über das Blut, an ein Steroid-bindendes Globulin (SHBG) gebunden, und über das Rete testis, wo sie an ein Androgen-bindendes Protein (ABP) gebunden sind. Das ABP wird von den Sertoli-Zellen der Samenkanälchen sezerniert und in die Flüssigkeit des Rete testis abgegeben (ORGEBIN-CRIST, 1996). Die Androgen- konzentration im Rete testis und in der luminalen Flüssigkeit des Nebenhodens (BROOKS, 1990) ist, ebenso wie in der Vena testicularis (SETCHELL et al., 1994) deutlich höher als im peripheren Blutkreislauf. Nahezu alle Funktionen des Nebenhodens werden durch androgene Hormone reguliert. Hierzu gehören u.a. das Wachstum und die Differenzierung des Nebenhodens, sowie die Regulation des Transportes der Ionen und der organischen Moleküle durch das Nebenhodenepithel. Auch die Synthese und luminale Sekretion von nebenhodenspezifischen Proteinen sowie die metabolische Aktivität des Nebenhodens wird durch Androgene kontrolliert. Das Ergebnis ist das für die Reifung und Lagerung der Spermien optimierte Milieu im Lumen des Nebenhodenganges. Bei Abwesenheit von Androgenen kann der Reifungsvorgang der Spermien nicht vollzogen werden (ORGEBIN- CRIST, 1996). Die gewebespezifische Genexpression im Nebenhoden, die ein regionales Expressionsmuster der Proteine aufweist, wird ebenfalls durch Androgene kontrolliert (zusammengefaßt in: KIRCHHOFF, 1999).

Das wichtigste Androgen des Hodens ist das Testosteron, welches in den Epithelzellen des Nebenhodens enzymatisch zu 5α-Dihydrotestosteron reduziert wird, das wiederum das aktivste Hormon des Nebenhodens mit dem größten Einfluß auf dessen Funktionen darstellt.

Anhand von Studien konnte dargelegt werden, daß die Verabreichung von Testosteron den Effekt einer Kastration nahezu vollständig umkehrt und zwar sowohl im Hinblick auf die morphologische Struktur des Nebenhodens als auch auf die Ultrastruktur des Nebenhodenepithels (ORGEBIN-CRIST, 1996). Es wird vermutet, daß Androgene ihre Funktion mit Hilfe eines intrazellulären Androgenrezeptors ausüben. Androgenrezeptoren wurden bei einer Vielzahl von Spezies, inklusive dem Mensch, im Nebenhodengewebe nachgewiesen. Diese liegen bei Abwesenheit von Androgenen in einer inaktiven Form,

(23)

gebunden an ein “heat-shock” Protein, vor. Nach der Bindung von Dihydrotestosteron oder Testosteron an den Rezeptor wandert dieser zum Zellkern und bindet an eine spezifische DNA-Sequenz, das sog. “androgen response element" (zusammengefaßt in: ORGEBIN- CRIST, 1996).

Neben den Androgenen verfügen aber auch andere Faktoren über einen regulierenden Einfluß auf die Funktionen des Nebenhodens. Östrogene wurden z.B. ebenfalls in hoher Konzentration in der Flüssigkeit des Rete testis und des proximalen Nebenhodens nachgewiesen (GANJAM u. AMANN, 1976; FREE u. JAFFE, 1979). Nach HESS et al.

(1997) sind die Östrogene an der Regulation der Spermienkonzentration durch Rückresorption der testikulären Flüssigkeit im Nebenhodenkopf beteiligt. Für die normale Entwicklung und Aufrechterhaltung der Funktion des Epithels im Nebenhoden ist Vitamin A oder die aktive Form Retinolsäure unabdingbar. PORTER et al. (1985) beschrieben das Vorhandensein einer hohen Dichte zytoplasmatischer Retinol- bzw. Retinolsäure-bindener Proteine vor allem in der proximalen Epididymidis.

Aufgrund der erstaunlichen Ähnlichkeit zwischen den Diffusionsvorgängen im Nebenhoden und denen der Niere wurde von Wong und Lee (1982) und Jenkins et al. (1983) postuliert, daß der Regulierung der beiden Systeme auch ähnliche Mechanismen zugrunde liegen könnten. Tatsächlich wurden im Nebenhoden Aldosteronrezeptoren gefunden und darüber hinaus konnte eine Beteiligung von Aldosteron bei der Regulation der Spermienkonzentration aufgezeigt werden (zitiert nach: ROBAIRE u. HERMO, 1988).

Die Temperatur innerhalb des Nebenhodens liegt aufgrund seiner Lage im Skrotum mindestens 4-5°C unterhalb der Kern-Körpertemperatur im Abdomen. Diese Temperatursenkung steht bei den skrotalen Säugern in Zusammenhang mit der Speicherfunktion des Nebenhodenschwanzes. BEDFORD (1991) legte in evolutiven Studien zur Entstehung des Skrotums dar, daß die Entwicklung des Skrotums aus der Notwendigkeit entstand, die Spermien bei niedriger Temperatur zu lagern. Die Binnentemperatur des kryptorchiden Hoden und Nebenhodens liegt nahe der Körperkerntemperatur.

Anhand von Studien am Nebenhoden der Ratte konnte bei kryptepididymalen Ratten, bei denen der distale Nebenhoden künstlich in die Bauchhöhle verlagert wurde, eine Beeinträchtigung der Speicherfunktion nachgewiesen werden. Diese Beinträchtigung war auch bei intakten, skrotalen Hoden vorhanden und ist auf die erhöhte Binnentemperatur in dem abdominal liegenden Nebenhoden zurückzuführen. Auch die Fähigkeit der Cauda, die

(24)

Spermien für eine längere Zeit lebensfähig zu halten, wird durch Temperaturerhöhung drastisch reduziert. Infolge einer Reduzierung des Durchmessers des Nebenhodenganges sowie eines Rückganges in der Größe der gesamten Cauda-Region bei einer Temperaturerhöhung über einen längeren Zeitraum, wird die Speicherkapazität des Nebenhodens verringert. Bei einer der abdominalen Lage des Nebenhoden angepaßten Temperatur kommt es im Epithel des Nebenhodenschwanzes zu einer Störung des Wasser- und Ionentransportes und zu einer Verminderung in der Produktion epididymaler Proteine (BEDFORD, 1991). Auch die Expression der CD52 mRNA, die für ein spezifisches Sekretprotein des Nebenhodens kodiert, wird durch Temperaturerhöhung inhibiert (PERA et al. 1996).

2.8 Epididymale Sekretproteine

Die Epithelzellen des Nebenhodens produzieren eine Reihe gewebespezifischer Sekretproteine, die nach ihrer Sekretion ins Lumen des Nebenhodenganges mit den Spermien in Kontakt treten und so eine Umstrukturierung der Spermienoberfläche auslösen (KIRCHHOFF u. IVELL, 1995). Es kommt zu Wechselwirkungen zwischen den epididymalen Sekretproteinen und den Spermien sowie zu einer Assoziierung mit der Spermienmembran oder zum Einbau in diese (TÖPFER-PETERSEN et al., 1998). Wenn auch die Zusammenhänge noch nicht völlig geklärt sind, so besteht doch die Vermutung, daß die Sekretproteine für die Reifung und Speicherung der Spermien im Nebenhoden von großer Bedeutung sind. Dabei scheint die Reihenfolge, in der die Sekretproteine mit den Spermien in Wechselwirkung treten, eine wichtige Rolle zu spielen.

Bei den nebenhodenspezifischen Sekretproteinen handelt es sich allgemein um Proteine mit einem relativ niedrigen Molekulargewicht und einem hohen Grad an Glykosylierung. Ihre Synthese erfolgt an Ribosomen, die an das rauhe endoplasmatische Retikulum gebunden sind.

Viele dieser Proteine besitzen eine hohe Spezies-Spezifität bzw. eine geringe evolutive Konservierung. Einige der sekretorischen Glykoproteine, wie das HIS50 der Ratte (RIFKIN u. OLSON, 1985) besitzen nur eine sehr schwache Bindung an das Spermium, während andere, wie das CD52/HE5 (KIRCHHOFF, 1996) fest in die Spermienmembran integriert

(25)

sind. Im Falle des HE5 wird die Verbindung durch einen fest in der Spermienmembran verankerten GPI-Anker aufrecht erhalten, wodurch das Protein zu einem festen Bestandteil der Spermienoberfläche wird (KIRCHHOFF u. IVELL, 1995).

In der Literatur findet man Beschreibungen nebenhodenspezifischer Sekretproteine bei nahezu allen Labor- und Haussäugetieren. Die vollständigsten Studien liegen über die Sekretproteine des Nebenhodens der Ratten vor. Die ersten in der Nebenhodenflüssigkeit der Ratte gefundenen epididymalen Sekretproteine gehörten zu einem Protein-Komplex, der im denaturierenden Polyacrylamidgel schneller als Albumin läuft. Daher werden diese androgenabhängig synthetisierten Sekrteproteine entsprechend ihrer elektrophoretischen Beweglichkeit als Protein B,C,D und E bezeichnet. (zusammengefaßt in: ORGEBIN-CRIST, 1987). Bei dem auschließlich im Caput produzierten Proteinkomplex B/C, auch als ESP1 oder Sialoglykoproteine bezeichnet, handelt es sich um zwei Produkte eines Gens, die sich auf Proteinebene nur durch drei Aminosäuren am N-terminalen Ende unterscheiden. Die Proteine B/C sind Mitglieder der Lipocalin-Proteinfamilie und zeichnen sich durch ihr Retinolbindungsvermögen aus (GIROTTI et al., 1992; NEWCOMER, 1995). Die Proteine D/E, auch als Acidic Epididymal Glycoprotein (AEG) bezeichnet, konnten auf cDNA-Ebene (BROOKS et al., 1986) ebenfalls als zwei Formen eines Gens mit unterschiedlichen post- translationellen Modifikationen identifiziert werden. Das Protein D wird über die gesamte Länge des Nebenhodens und E nur im Corpus und proximalen Cauda produziert (ORGEBIN- CRIST, 1987). Über die Funktion der Proteine herrscht noch Unklarheit, es wird jedoch vermutet, daß sie Einfluß auf die Gametenfusion ausüben (TÖPFER-PETERSEN et al., 1998). Die D/E Proteine gehören der großen sekretorischen Proteinfamilie der CRISP- Proteine (Cysteine-Rich-Secretory Proteins) an. Es handelt sich bei AEG um ein gering konserviertes Genprodukt, das ursprünglich nur bei Nagern identifizierte wurde. HAYASHI et al. (1996) gelang es, beim Menschen ein zum AEG in funktioneller und evtl. auch direkter verwandtschaftlicher Beziehung stehendes epididymales Genprodukt zu klonieren.

Am Institut für Hormon- und Fortpflanzungsforschung (IHF) in Hamburg wurden, mit Hilfe eines differentiellen Screenings einer humanen Nebenhoden-cDNA-Bibliothek, die fünf häufigen, gewebespezifisch-exprimierten Genprodukte: HE1-HE5 kloniert (KIRCHHOFF u.

IVELL, 1995), die vermutlich alle für kleine glykosylierte Sekretproteine des Nebenhodenepithels kodieren.

(26)

Bei HE1 handelt es sich um ein über die gesamte Länge des Ductus epididymidis exprimiertes, hochkonserviertes Glykoprotein des Säuger-Nebenhodens. Es tritt gehäuft im Nebenhodenschwanz auf und liegt im Ejakulat, in Übereinstimmung mit seiner postulierten Funktion als Cholesterol-Carrier, vor allem im Seminalplasma und nicht an Spermien gebunden, vor (KIRCHHOFF, 1998; OKAMURA et al., 1999).

Das HE2 Transkript wird vor allem im proximalen Nebenhoden mit Schwerpunkt im Caput (KRULL et al., 1993) exprimiert. Es gilt als humanspezifisch, da bis jetzt noch keine verwandten Produkte bei anderen Spezies identifiziert werden konnten (KIRCHHOFF et al., 1990; OSTERHOFF et al., 1994). Die abgeleitete Proteinstruktur enthält ein sog. LRE-Motiv, das als Anheftungsstelle dienen könnte. Aufgrund einer Kreuzreaktion zwischen HE2- Antikörpern und dem Akrosom- und Äquatorialsegment von ejakulierten Spermien wird vermutet, daß HE2 mit der Spermienbindung an die Zona pellucida in Verbindung stehen könnte (OSTERHOFF et al., 1994).

In der HE3-Genfamilie werden die zwei nebenhodenspezifischen Sekretproteine HE3α und HE3β und ein sog. intronloses Pseudogen, das HE3γ, zusammengefaßt (KIRCHHOFF et al, 1994).

Bei HE4 handelt es sich um ein vorrangig im distalen Nebenhoden exprimiertes Genprodukt, das sehr cysteinreich ist und zwei sog. Whey Acidic Protein-(WAP) Domänen besitzt.

Antikörper gegen ein HE4-Peptid kreuzreagieren mit der Spermienoberfläche. Bei HE4 handelt es sich evtl. um einen neuartigen Dekapazitationsfaktor, dessen Funktion die Abdeckung multipler Bindungsstellen auf der Spermienoberfläche und/oder der Schutz der Spermienoberfläche vor Proteaseangriffen ist (KIRCHHOFF u. IVELL, 1995).

HE5 ist ein hochglykosyliertes Zelloberflächenantigen, dessen cDNA mit der des Lymphozytenoberflächen-Antigens CD52 übereinstimmt. Es ist über einen Glykosyl- phosphatidylinositol-(GPI) Anker in der Spermienmembran befestigt. HE5 wird im distalen Nebenhoden, vom Corpus bis in den Ductus deferens hinein, exprimiert und stellt vermutlich das humane Homolog zu dem GPI-verankerten Hauptreifungsantigen der Ratte dar. Das Hauptreifungsantigen ist erst im Nebenhoden zu dem Zeitpunkt auf der Spermienoberfläche nachweisbar, wenn dieses seine Befruchtungsfähigkeit erlangt. Die Konzentration der HE5- homologen mRNA im Nebenhoden der Ratte wird in vivo durch Androgene und Temperatur beeinflußt (PERA et al. 1996).

(27)

Auf der Suche nach einem geeigneten Tiermodell für weitere molekularbiologische Forschungen am Nebenhoden hat sich am IHF der Hund als ein gutes und geeignetes Modell mit inzwischen auch internationaler Anerkennung etabliert. Innerhalb der Forschungsarbeit am Hunde-Modell konnten in den letzten Jahren eine Reihe gewebespezifisch exprimierter Gene des caninen Nebenhodens kloniert und charakterisiert werden (ELLERBROCK et al., 1994; PERA et al. 1994; BEIGLBÖCK et al. 1998; GEBHARDT et al., 1999). Die evolutiv hochkonservierte CE1 mRNA ist, wie das human-homologe Produkt HE1, das am häufigsten exprimierte Genprodukt des caninen Nebenhodens (ELLERBROCK et al., 1994;

KIRCHHOFF et al., 1996). Es wird über die gesamte Länge des Nebenhodens mit einem Maximum im Caput und Corpus exprimiert und ist trotz seines hohen Aufkommens in der Nebenhodenflüssigkeit aller Wahrscheinlichkeit nach nicht an die Spermienoberfläche gebunden (KIRCHHOFF et al., 1996). CE1 ist, ähnlich HE1, wahrscheinlich für den Cholesterin-Transfer im Lumen des Nebenhodenganges verantwortlich (BAKER et al., 1993;

OKAMURA et al, 1999).

CE4, ein kleines HE4-homologes, sekretorisches Glykoprotein wird ebenfalls in allen drei Regionen des Nebenhodens produziert, wobei das Maximum der mRNA-Expression im Corpus und in der proximalen Cauda-Region beobachtet wurde (PERA et al., 1994). Das abgeleitete Protein besitzt zwei WAP-Domänen und kann aufgrund seiner Struktur in die Familie der cysteinreichen Whey-Acidic-Proteine eingestuft werden, von denen einige als extrazelluläre Protease-Inhibitoren fungieren (KIRCHHOFF et al., 1991).

Die CE5-mRNA ist das canine Homolog zu der HE5/CD52-mRNA des Menschen (ELLERBROCK et al., 1994). Wie bei CD52 handelt es sich bei CE5 um ein GPI-verankertes Glykoprotein, das im distalen Nebenhoden, im Ductus deferens und auf Lymphozyten gefunden wird.

Die CE7-cDNA-Klonfamilie (BEIGLBÖCK et al., 1998) kodiert für ein Polypeptid mit hoher Homologie zu der sekretorischen Form der Glutathion-Peroxidase (GPX), die im Nebenhoden zahlreicher Säuger (Maus: GHYSELINCK et al., 1993, Schwein: OKAMURA et al., 1997, Ratte und Rhesusaffe: PERRY et al., 1992) gefunden wurde. Die Glutathion- Peroxidase schützt viele Gewebe vor der schädigenden Wirkung freier Radikale und es wird vermutet, daß die sekretorische Form der GPX im Nebenhoden der Säuger ähnliche Funktionen, wie z.B. den Schutz vor oxidativen Schäden während der Speicherung der Spermien im Nebenhodenschwanz, übernimmt. Die CE7-mRNA wurde im Northern Blot als

(28)

vorrangig im Caput exprimiertes Produkt mit etwas schwächeren Signalen im Corpus und ohne sichtbare Hybridisierungsbande in der Cauda und im Vas deferens nachgewiesen (PERA, 1997; Beiglböck et al., 1998). Sie fehlt beim Mann (BEIGLBÖCK et al., 1998;

HALL et al., 1998).

Die CE8-cDNA-Klonfamilie kodiert für ein in mehreren Varianten existierendes, neuartiges LY6-Domänen-Protein des caninen Nebenhodens (TAUBHORN, 1999). Die meisten der LY6-Proteine sind Zelloberflächenmoleküle, die mit GPI-Ankern in der Plasmamembran befestigt sind. Bei CE8 wurde jedoch kein Hinweis auf einen GPI-Anker-kodierenden Sequenzbereich gefunden.

Die CE10 cDNA kodiert wiederum für ein kleines Sekretprotein mit einer einzelnen WAP- Domäne, welches Ähnlichkeit mit Proteinase-Inhibitoren und mit CE4 aufweist. CE10 ist evolutiv gering konserviert und konnte bisher nur beim Hund identifiziert werden (GEBHARDT et al., 1999).

2.9 Regionalisierung des Nebenhodens

Der Nebenhoden wird durch bindegewebige Septen, in denen die den Nebenhoden versorgenden Gefäße und Nerven verlaufen, in zahlreiche Segmente geteilt. Es wird vermutet, daß diese Segmente funktionelle und regulatorische Untereinheiten des Nebenhodens darstellen. Eine regionenspezifische Expression epididymaler Sekretproteine, bzw. ihrer kodierenden mRNA wurde bei zahlreichen Spezies von vielen Autoren beschrieben (KRULL et al., 1993; PERA et al., 1994; ORGEBIN-CRIST, 1996). Einige Gene, wie z.B. das Protein B/C der Ratte, werden nur in einer bestimmten Region exprimiert. Andere Gene sind hingegen über die gesamte Länge des Nebenhodens vorhanden, wobei die Expressionsstärke zwischen den einzelnen Segmenten erheblichen Schwankungen ausgesetzt sein kann. Das räumliche Muster der Genexpression ist häufig zwischenartlich konserviert und für das jeweilige Genprodukt kennzeichnend. Neben der regionenspezifischen Expression konnte auch eine zellspezifische Genexpression nachgewiesen werden (ORGEBIN-CRIST, 1996).

Diese zeigt sich anhand eines deutlichen schachbrettartigen Musters innerhalb des Epithels einer Region. Das Muster basiert auf der Tatsache, daß einige Prinzipalzellen eine starke

(29)

mRNA Expression zeigen, wohingegen andere, benachbarte Zellen keine oder nur eine sehr schwache Expression aufweisen. Offensichtlich besitzen nur einige Zellen die Kompetenz zur Expression der spezifischen Gene. Da das Nebenhodenepithel vom Caput bis zum Corpus über den gleichen, für die Sekretions- und Absorptionsvorgänge verantwortlichen Zelltyp der Prinzipalzellen verfügt, wird die regionenspezifische Genexpression auf die den Nebenhoden regulierenden Mechanismen zurückgeführt. Die anatomische Unterteilung des Nebenhodens in morphologische Untereinheiten korreliert mit einem durch Hormone, Substrate und Nährstoffe bestimmtem, spezifischen Mikromilieu innerhalb der einzelnen Segmente. Dieses individuelle Mikromilieu ist für die Produktion der Sekretproteine in der betreffenden Region verantwortlich. Wie schon erwähnt, ist vermutlich die Reihenfolge, in der die Spermien Kontakt mit den epididymalen Sekretproteinen aufnehmen, von funktioneller Bedeutung, spiegelt sie doch den sich ebenfalls in bestimmter räumlicher Anordnung, von proximal nach distal, fortschreitenden Reifungsprozeß der Spermien wider.

2.10 Vorgänge im weiblichen Genitale

2.10.1 Kapazitation

Unter dem von AUSTIN und CHANG (1952) geprägten Begriff der Kapazitation faßt man die an die Spermienreifung im Nebenhoden anschließenden Reifungsvorgänge des ejakulierten Spermiums im weiblichen Genitale zusammen. Nur kapazitierte Spermien besitzen die Fähigkeit zum Vollzug der Akrosomenreaktion bzw. der Fusion mit der weiblichen Eizelle. In-vitro Studien belegen, daß die Kapazitation ein temperaturabhängiger und nicht-spezies-spezifisch ablaufender Vorgang ist (YANAGIMACHI, 1994). Die Kapazitation findet wahrscheinlich bei allen Säugern im caudalen Isthmus-Bereich statt. Dies ist der Ort, an dem die Spermien im weiblichen Genitaltrakt bis zur Befruchtung der Eizelle gespeichert werden (TÖPFER-PETERSEN et al., 1998). Während der Ejakulation werden die Spermien mit einem Schutzmantel aus Glykoproteinen umgeben. Es kommt zur Blockierung der Spermienoberflächenrezeptoren und damit zur Verhinderung einer vorzeitigen Bindung zwischen dem Spermium und Strukturen, die nicht der Zona pellucida der Eizelle entsprechen. Zu Beginn der Kapazitation werden die an die akrosomale Region des

(30)

Spermiums gekoppelten Proteine wieder entfernt. Die Folge ist eine Destabilisierung und Umstrukturierung der Plasmamembran und ein erhöhter Kalziumeinstrom (TÖPFER- PETERSEN et al., 1998). Durch Entfernung des stabilisierenden Cholesterins und Abnahme der Oberflächenladung kommt es zu einer Erhöhung der Membranfluidität (YANAGIMACHI, 1994). Die gegen Ende der Kapazitation auftretende, gesteigerte Beweglichkeit der Spermien (“Hyperaktivität“) wird vermutlich durch den Kalzium-Einstrom ausgelöst.

2.10.2 Akrosomenreaktion

Durch die Auslösung der akrosomalen Reaktion erhält das Spermium die Fähigkeit zur Penetration der Zona pellucida und zur anschließenden Fusionierung mit der Vitellinmembran der Eizelle. Die Akrosomenreaktion ist ein exocytotischer Prozeß, der durch Kalzium-Influx sowie einer Steigerung des intrazellulären pH-Wertes und des Gehaltes an zyklischem AMP, ausgelöst wird (YANAGIMACHI, 1994). Multiple Fusionen der äußeren akrosomalen Membran mit der darüber liegenden Plasmamembran führen zur Vesikularisierung und anschließender lokaler Lyse der Spermienmembran, wodurch es zur Freisetzung der akrosomalen Enzyme kommt (YANAGIMACHI, 1994). Durch die Freisetzung der lytischen Enzyme, insbesondere der trypsinähnlichen Protease Akrosin, kommt es zur Proteolyse von Glykoproteinen der Zona pellucida, die dem Spermium die Passage durch die Zona pellucida in den perivitellinen Raum ermöglichen. Da Akrosin auch die Fähigkeit besitzt an Kohlenhydrate zu binden, besteht die Vermutung, daß es auch an der Bindung zwischen dem Spermium und der Zona pellucida der Eizelle beteiligt ist (TÖPFER-PETERSEN u.

HENSCHEN, 1987; TÖPFER-PETERSEN u. HENSCHEN, 1988).

Die Akrosomenreaktion wird vermutlich erst durch den Kontakt des kapazitierten Spermiums mit der Zona pellucida ausgelöst. Die Bindung zwischen den Gameten wird durch exponierte Kohlenhydratseitenketten der Zona pellucida, die von komplementären Rezeptoren (Zona pellucida-bindenden Proteinen) des Spermiums erkannt werden, ermöglicht (TÖPFER- PETERSEN et al., 1998). Als Ligand fungiert das Zona-pellucida-Protein 3 (ZP3), welches das Vermögen besitzt sich mit einem Rezeptor auf der Spermienoberfläche zu verbinden und so an der Auslösung der Akrosomenreaktion mitzuwirken (YANAGIMACHI, 1994).

(31)

2.11 Seminalplasma

Das Seminalplasma setzt sich aus den Sekreten des Hodens, Nebenhodens und der akzessorischen Geschlechtsdrüsen zusammen und umfaßt den flüssigen, spermienfreien Anteil des Ejakulates. Seine Zusammensetzung ist neben individuellen Schwankungen einer jahreszeitlich und hormonell bedingten Veränderung unterworfen und es beinhaltet verschiedene Komponenten wie Ionen, niedermolekulare organische Substanzen und Proteine (MANN u. LUTWACK-MANN, 1981). Die Aufgaben des Seminalplasmas sind vielfältig.

Sehr früh wurde schon seine Funktion als Transportmedium für die Spermien erkannt.

Daneben dient es jedoch auch der Ernährung und dem Schutz der Spermien. Den Sekretproteinen im Seminalplasma werden außerdem entscheidende Funktionen bei der Beeinflussung des Befruchtungsvorgangs im weiblichen Genitale zugesprochen (zusammengefaßt in: TÖPFER-PETERSEN et al., 1998).

2.12 Sekretproteine im Seminalplasma von Pferd, Rind und Schwein

Während der Ejakulation mischen sich die Spermien mit dem Seminalplasma und haben so die Möglichkeit mit den Sekretproteinen zu kommunizieren und den weiteren Befruchtungsvorgang zu beeinflussen. TÖPFER-PETERSEN et al. (1995) geben einen Einblick in die speziesspezifisch sehr variablen Proteinkomponenten des Seminalplasmas der verschiedenen Säuger. Über die Hauptproteine im Seminalplasma von Pferd, Rind und Schwein liegen inzwischen relativ vollständige Studien vor. Die drei wichtigsten Proteinfamilien, die bei allen drei Spezies vorhanden sind und sich tierartspezifisch an der Regulation der Spermienfunktion beteiligen, sind die Heparin-bindenden Proteine vom Fibronektin-II-Typ, die Spermadhäsine und die CRISP-Proteine. Im folgenden wird besonders auf die Gruppe der Heparin-bindenden Proteine näher eingegangen, da diese für die vorliegende Arbeit von besonderem Interessse sind.

(32)

Heparin-bindende Proteine vom Fibronektin-II-Typ

Niedermolekulare Heparin-bindende Proteine wurden bei allen bisher untersuchten Spezies gefunden. Heparin besitzt in vitro sowohl auf die Kapazitation als auch auf die Akrosomenreaktion vieler Tierarten einen stimulierenden Effekt. Im weiblichen Genitale werden Heparin-ähnliche Glykosaminoglykane, besonders während der follikulären Phase, gefunden und stehen damit auch in vivo zur Verfügung (TÖPFER-PETERSEN et al., 1998).

Die Heparin-bindenden Proteine dienen vermutlich als Mediatoren für die Wirkung der Heparin-ähnlichen Glykosaminoglykane des weiblichen Reproduktionstraktes (CALVETE et al., 1994).

Zu dieser Proteinfamilie gehören die beim Pferd als horse seminal protein 1 und 2 (HSP-1 und HSP-2) und beim Rind als bovine seminal proteins (BSP-A1 und 2 (PDC-109), BSP-A3 und BSP-30-kDa) beschriebenen niedermolekularen Proteine des Seminalplasmas. Sie repräsentieren in beiden Spezies über 50% des gesamten Proteinanteils (TÖPFER- PETERSEN et al., 1998) und stellen damit die Hauptkomponente des Seminalplasmas dar.

Auch beim Schwein konnte ein homologes Protein identifiziert werden (CALVETE et al., 1997; PLUCIENNICZAK et al. 1999), welches jedoch nur in geringer Menge im Seminalplasma vorhanden ist. Es handelt sich bei allen Spezies um Proteine mit einer Homologie zu der Heparin- und Gelatin-bindenden Domäne des Fibronektins. Da diese Domäne als Typ-II-Domäne bezeichnet wird, werden die Heparin-bindenden Proteine auch als Fibronektin-Typ-II-Proteine zusammengefaßt (TÖPFER-PETERSEN et al., 1998). Die meisten Vertreter dieser Proteinfamilie sind durch zwei sehr ähnliche Fibronektin-II- Domänen gekennzeichnet, die hintereinander angeordnet sind. Der Produktionsort der Fibronektin-Typ-II-Proteine ist speziespezifisch variabel. Die BSP-Proteine des Rindes sind Sekretionsprodukte der Samenblase, die erst während der Ejakulation an die Spermienoberfläche binden (MANJUNATH et al., 1993). Das Rind besitzt gegenüber vielen anderen Säugern eine Sonderstellung, da bei ihm die ejakulierten Spermien eine höhere Fertilität aufweisen als die Spermien im Schwanz des Nebenhodens (TÖPFER-PETERSEN et al., 1998). Diese erhöhte Befruchtungsfähigkeit der ejakulierten Spermien ist möglicherweise auf den Einfluß der Heparin-bindenden Proteine zurückzuführen.

Der Hauptsekretionsort des HSP-1 und HSP-2 liegt in der Ampulle, wobei HSP-1 anscheinend schon im Caput epididymis gebildet wird und an Spermien aus dem distalen Nebenhodenkörper, am Akrosom und am Mittelstück nachgewiesen werden konnte

(33)

(TÖPFER-PETERSEN et al., 1998). Der Produktionsort des Schweine-Homologen ist noch unbekannt.

Die Fibronektin-Typ-II-Proteine des Rindes binden während der Ejakulation fest an die Phospholipide der Plasmamembran des Spermiums. Dadurch bleiben die Proteine auch während der initialen Schritte der Kapazitation an die Spermienoberfläche gebunden und vermitteln den positiven Heparin-ähnlichen Effekt der Glykosaminoglykane auf die Kapazitation (TÖPFER-PETERSEN et al., 1998). Man unterscheidet die bovinen Seminalplasmaproteine BSP-30-kDa (CALVETE et al., 1996) von den 15-17 kDa BSP-A1, BSP-A2 und BSP-A3 (MOREAU et al. 1998; THERIEN et al., 1995). BSP-A1 und BSP-A2 haben das gleiche Polypeptidrückrat, unterscheiden sich jedoch in der Stärke der Gkykosilierung und werden zusammen auch als PDC-109 (ESCH et al., 1983) oder Major Protein (MP; KEMME u. SCHEIT, 1988) bezeichnet. Außer an Heparin binden die BSP- Proteine an Fibrinogen, Apolipoprotein-A1 sowie an high density lipoprotein (HDL;

MANJUNATH et al., 1988). Die Funktion der BSP-Proteine besteht in einer Stabilisierung der Plasmamembran und der Verhinderung einer vorzeitigen Akrosomenreaktion. Es wird vermutet, daß diese Proteine auch die Fähigkeit besitzen eine Interaktion zwischen dem Spermium und der Zona pellucida zu vermitteln (CALVETE et al., 1995 b). Ein weiteres Heparin-bindendes Protein im Seminalplasma des Bullen ist das niedermolekulare (14 kDa) saure Seminalflüssigkeitsprotein (acidic seminal fluid protein, aSFP), welches eine etwa 43- prozentige Aminosäuresequenzidentität zu dem Spermadhäsin des Schweins aufweist (MILLER et al., 1990). Es bindet am apikalen Teil des Akrosoms ejakulierter Spermien und kann an kapazitierten Spermien nicht mehr nachgewiesen werden.

Auch beim Pferd werden die Hauptproteinkomponenten des Seminalplasmas durch Heparin- bindende Proteine gestellt. Die niedermolekularen Glykoproteine HSP-1 und HSP-2 konnten beide aus Spermienextrakten isoliert werden und sind somit an die Spermienoberfläche ejakulierter Spermien gebunden (CALVETE et al., 1994, 1995 a). HSP1 liegt in einer Heparin-bindenden und einer nicht-Heparin-bindenden Glykoform vor. Die Heparin-bindende Form assoziiert mit HSP-2 zu einem 90-kDa Proteinkomplex (CALVETE et al., 1997), während die nicht-Heparin-bindende Glykoproteinform als Einzelmolekül vorliegt.

Die HSP-1 Sequenz zeigt auf Aminosäurenebene eine hohe Homologie mit den BSP- Proteinen des Rindes (CALVETE et al, 1994).

(34)

Erst kürzlich gelang es, das neuartige Genprodukt des Schweineseminalplasmas pB1 zu klonieren und zu charakterisieren (PLUCIENNICZAK et al. 1999). pB1 zeigt auf Aminosäureebene eine 60- bis 65-prozentiger Identität zu den HSP-1 und BSP-Proteinen (CALVETE et al., 1997) und verfügt wie diese über zwei Fibronektin-II-Domänen.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Während des Anfalls darauf achten, dass der Hund sich nicht selbst oder Andere verletzt (er kann auch unbeabsichtigt seine Helfer beissen) - Hund nicht festhalten Keinen Stock

C8: Ergebnisse der durchschnittlichen Größe der Thrombozyten-bedeckten Flächen "average size of platelet covered areas“ (!m 2 ) von 5 klinisch gesunden Hunden gemessen in der

Aus einer akuten Entzündung kann sich eine chronisch­rezidivierende Otitis externa entwickeln oder sogar eine Mittelohrentzündung (Otitis media), deren Therapie im Allge­..

Fütterung in erhöhter Posi- tion, eine reichliche Fütterung direkt nach oder vor intensiver Bewegung sowie eine Fütterung ausschließlich einmal am Tag können das Risiko für

Diese Studie leistet einen wichtigen Beitrag zur Identifizierung der Faktoren, die die Forschungsproduktivität fördern und hemmen, und gibt uns damit die Möglichkeit,

gegen bahnt sich die Erkältung über zwei bis drei Tage an, wobei sich die Symptome nach und nach verstärken bevor sie nach etwa einer Woche wieder nachlassen. Die Erkältung sowie

Mehr als ein halbes Jahr nach Ausbruch der Krise sind der Interbankenmarkt und viele Verbriefungsmärkte für strukturierte Finan- zierungen noch immer nicht wieder voll

Das Spiel mit dem Wort „Mutter- sprache“ bis zur Personifizierung von „Mutter Sprache“ (wobei für Rose Ausländer im Wort ‚Mutter’ auch immer ‚Heimat’