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Entwicklung und Status

7. Demografische Entwicklungen

7.1. Entwicklung der Wohnbevölkerung

Die Anzahl der Wohnbevölkerung in Deutschland ist seit dem Ende des zweiten Weltkrieges kontinuierlich gestiegen, von 1950 bis Anfang der siebziger Jahre um 10 Millionen, d.h. von 69,3 bis auf 78,0 Millionen.

Nach leichten Rückgängen in den 1970er und 80er Jahren hat sich die Bevölkerungszahl seit Ende der 80er Jahre wieder kontinuierlich erhöht und betrug 2001 rd. 82,4 Mio, rd. 13 Mio mehr als 1950. „Alle Varianten der 10. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung zeigen, dass sich dieser Trend in Zukunft ändert und langfristig in Richtung Schrumpfung der Bevölkerung weist. Lediglich bei sehr hoher Zuwanderung und gleichzeitig sehr hoher Zunahme der Lebenserwartung wird die Bevölke-rung 2050 fast so hoch sein wie heute“ (DESTATIS 2003b: 26).

Zwi-schen 2020 und 2030 könnte danach noch ein Wachstum bis auf 84 Milli-onen erfolgen. Die ungünstigste Variante – niedrigste Wanderungsgewin-ne und niedrigste Lebenserwartungsannahme – könnte sofort zu eiWanderungsgewin-nem Bevölkerungsrückgang führen, „danach wäre im Jahre 2050 mit rd. 67 Millionen zu rechnen, einem Wert, der noch unter dem von 1950 liegt“

(DESTATIS 2003b: 26). Alle realistisch anzunehmenden Varianten der Bevölkerungsentwicklung sprechen grundsätzlich für einen steigenden Anteil der älteren Bevölkerung und einen weiteren Rückgang des Anteils der Kinder und Jugendlichen.

Übersicht 7-1: Entwicklung der Bevölkerungsanzahl Anzahl der Wohnbevölkerung (in Mio) Jahr

Deutschland

insgesamt dar. Westdtl. mit

Berlin-West dar. Ostdtl. mit Berlin-Ost

Relation Westdtl. – Ostdtl. (%)

1950 69,3 50,9 18,4 73 : 27

1960 73,7 56,5 17,2 77 : 23

1970 78,1 61,0 17,1 78 : 22

1980 78,4 61,7 16,7 79 : 21

1990 79,8 63,8 16,0 80 : 20

2000 82,3 67,2 15,1 82 : 18

2004 82,5 67,8 14,7** 82 : 18

2050 75,1* 65,0 10,1 87 : 13

* mittlere Variante von insgesamt 9 Berechnungsvarianten

** bis 2000 mit Berlin-West

Quellen: Bundesamt (1992 bis 2005); DESTATIS (2003a); Dienel/Gerloff (2004);

Länder Berlin (2005: 1)

Ost- und Westdeutschland unterscheiden sich hinsichtlich der Bevölke-rungsentwicklung sowohl bis 1990, von 1990 bis zur Gegenwart als mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in den kommenden Jahren (Übersicht 7-1). Während nach der Gründung der Bundesrepublik und der DDR die Bevölkerungszahl in Westdeutschland kontinuierlich stieg, reduzierte sie sich in Ostdeutschland.1

1 Eine Hauptursache dafür waren die bis 1961 ununterbrochenen Abwanderungen aus der früheren DDR, die nicht nur quantitativ zu einem Bevölkerungsrückgang, sondern auch qualitativ zu einem weitgehenden Verlust der bürgerlichen Bevölkerungsschichten – mit vielschichtigen Auswirkungen auf das Bildungswesen – führten. Auch zwischen 1961 und 1990 entwickelte sich die Bevölkerungszahl in beiden Teilen Deutschlands gegenläufig. In Westdeutschland sorgte vor allem die wachsende Zuwanderung aus dem Ausland für Bevöl-kerungszuwachs. Der zeitgleiche Rückgang der Wohnbevölkerung in Ostdeutschland resultierte aus dem höheren Anteil an älterer Bevölkerung durch Abwanderung jüngerer

Seit 1990 hat sich der Bevölkerungsrückgang in Ostdeutschland bei weiterhin steigenden Bevölkerungszahlen in Westdeutschland beschleu-nigt. Insgesamt betrug der Bevölkerungsrückgang in Ostdeutschland zwi-schen 1990 und 2003 (Länder Berlin 2005: 1) rd. 7,5% – insgesamt rd.

1,3 Millionen Personen. Die Unterschiede zwischen den Bundesländern sind hoch (Übersicht 2). Hauptursachen dafür sind eine höhere Ab- als Zuwanderung der Bevölkerung (negatives Wanderungssaldo) sowie die starken Geburtenrückgänge.2

Übersicht 7-2: Bevölkerungszuwächse/-verluste nach Bundesländern von 1990 bis 2003

Bundesland Zuwächse Verluste

Baden-Württemberg + 8,7 %

Bayern + 8,3 %

Niedersachsen + 8,1 %

Rheinland-Pfalz + 7,8 %

Schleswig-Holstein + 7,3 %

Hessen + 5,7 %

Hamburg + 4,8 %

Nordrhein-Westfalen + 4,2 %

Brandenburg - 0,1 %

Saarland - 1,0 %

Berlin - 1,2 %

Bremen - 2,8 %

Thüringen - 8,7 %

Sachsen - 9,0 %

Mecklenburg-Vorpommern - 9,7 %

Sachsen-Anhalt - 11,8%

Quelle: Dienel et al. (2005: 10)

Mit fast 7% ist der relative Bevölkerungszuwachs in Westdeutschland scheinbar fast ebenso hoch. Absolut bedeutet das einen Zuwachs um rd.

4,3 Millionen Personen, vorwiegend durch Zuwanderung junger Bevölke-rungsgruppen aus Ostdeutschland und dem Ausland sowie deren Famili-engründungen. Bis 2050 wird für Ostdeutschland mit einem Bevölke-rungsrückgang um insgesamt 30% gegenüber 2002 bzw. 37% gegenüber

Bevölkerungsteile, daraus folgenden höheren Sterbequoten, den trotz der insgesamt günstigeren Reproduktionsziffern als in Westdeutschland nicht ausreichenden Geburtenzah-len und der faktisch nicht gegebenen Zuwanderung.

2 vgl. Punkt 7.2. Geburtenentwicklung

1990, für Westdeutschland mit einem weiteren Wachstum bis zu 6% (ge-genüber 1990) gerechnet (Länder Berlin 2005: 1).

Die bisherige Entwicklung verlief in den einzelnen neuen Bundeslän-dern etwas unterschiedlich. Während in Berlin und Brandenburg (dort trotz erheblicher Verschiebungen zwischen einzelnen Regionen) die Be-völkerungszahlen relativ stabil blieben, haben die anderen Bundesländer bisher über 10% ihrer Bevölkerung verloren, Sachsen-Anhalt sogar rd.

12% (Übersicht 7-2). Die absoluten Zahlen weisen für das Jahr 2004 leichte Verschiebungen, nämlich die höchsten Bevölkerungsrückgänge von rd. 15% für Sachsen, gefolgt von Sachsen-Anhalt aus (Übersicht 7-3). Sie verweisen aber vor allem auf demografische Hintergründe aktuel-ler und künftiger wirtschaftlich-soziaaktuel-ler Verwerfungen, indem allein schon die geringen Bevölkerungszahlen in den einzelnen Bundesländern und damit auch die geringe Bevölkerungsdichte die Frage nach der Effi-zienz bisheriger Verwaltungsstrukturen und Versorgungs- einschließlich Bildungsnetze aufwerfen.

Übersicht 7-3: Absolute und relative Entwicklung der Bevölkerungs-zahlen in Ostdeutschland

Jahr

Branden-burg

Meckl.-Vorp.

Sach-sen

Sachsen-Anhalt Thürin-gen

öBL ohne Berlin

Berlin 1961 2.625 1.923 5.450 3.300 2.725 16.023 3.244 1970 2.657 1.928 5.419 3.218 2.759 15.981 3.201 1980 2.660 1.944 5.174 3.078 2.730 15.586 3.049 1990 2.578 1.924 5.032 2.874 2.611 15.019 3.434 1995 2.542 1.823 4.764 2.739 2.504 14.372 3.471 2000 2.602 1.776 4.426 2.615 2.504 13.923 3.382 2001 2.583 1.760 4.384 2.581 2.411 13.719 3.388 2002 2.582 1.745 4.349 2.549 2.392 13.617 3.392 2003 2.575 1.732 4.321 2.523 2.373 13.524 3.388 2004 2.568 1.720 4.296 2.494 2.355 13.433 3.388 1990 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0%

1995 98,6% 94,8% 94,7% 95,3% 95,9% 95,7% 101,1%

2000 100,9% 92,3% 88,0% 91,0% 95,9% 92,7% 98,5%

2001 100,2% 91,5% 87,1% 89,8% 92,3% 91,3% 98,7%

2002 100,2% 90,7% 86,4% 88,7% 91,6% 90,7% 98,8%

2003 99,9% 90,0% 85,9% 87,8% 90,9% 90,0% 98,7%

2004 99,6% 89,4% 85,4% 86,8% 90,2% 89,4% 98,7%

Quellen: Berlin (1990-2004); Brandenburg (1991-2004); Mecklenburg-Vorpommern (1991-2004); Sachsen (1991-2004); Sachsen-Anhalt (1991-2004); Statistik (1991-2004)

Die demografische Entwicklung in Ostdeutschland der zurückliegenden 17 Jahre ist vor allem durch drei Merkmale gekennzeichnet, die eng mit-einander im Zusammenhang stehen und Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland darstellen – trotz einzelner ähnlicher Tendenzen in dif-ferenzierten Ausprägungen:

• Rückgang der absoluten Geburtenzahlen und der relativen Geburten-ziffern;

• negative Wanderungssaldi bei überproportionaler Abwanderung von hochgebildeten und qualifizierten jungen Personen, insbesondere Frauen;

• veränderte Bevölkerungsstruktur durch überproportionale Anteile der älteren Wohnbevölkerung sowie überproportionale Anteile gering qualifizierter männlicher Personen in den Altersgruppen bis 50.

Der Bevölkerungsrückgang in Ostdeutschland seit 1990 konzentrierte sich auf die ersten Jahre, schwächte sich Mitte der neunziger Jahre deutlich ab und stieg gegen Ende des Jahrzehnts wieder an. Das hat zur Folge, dass er in die Anfang der neunziger Jahre erfolgten Struktur- und Ausbauplanun-gen für die einzelnen Bildungsbereiche einschließlich Hochschulsektor mehrheitlich nicht einfloss.

So war angenommen worden, dass die genannten Prozesse nur kurz-zeitig und folgend durch gegenläufige Entwicklungen kompensiert wür-den. Politisches Ziel Anfang der neunziger Jahre war die rasche Anglei-chung der Lebensverhältnisse in Ost und West. Nachdem in der ersten Hälfte der neunziger Jahre negative Wanderungssaldi, drastische Gebur-tenrückgänge, hohe Unterbeschäftigungsquoten (Anteil der Arbeitslosen sowie der Personen in Umschulungen, Kurzarbeit usw.) die demografi-sche Situation der neuen Bundesländer bestimmten, schien dieser Prozess Mitte der neunziger Jahre gestoppt zu sein. Die Wanderungsbilanz zwi-schen Ost- und Westdeutschland hatte sich ausgeglichen, die Geburten-zahlen stiegen wieder leicht und die Unterbeschäftigungsquoten (nicht die Arbeitslosenquoten) waren rückläufig. Damit schienen die demogra-fisch brisanten Jahre (erste Hälfte der neunziger Jahre) überwunden zu sein.

Für den Hochschulbereich der neuen Bundesländer erschien die de-mografische Lage bis in die jüngste Vergangenheit auf den ersten Blick eher undramatisch. Zwar waren die erwarteten und prognostizierten Stu-dienanfängerzahlen bis weit in die neunziger Jahre mehrheitlich noch nicht erzielt worden. Immerhin stiegen sie jedoch kontinuierlich an,

ins-besondere ab Ende der neunziger Jahre, und wurden von den Hochschu-len primär als Beleg ihrer gestiegenen Leistungsfähigkeit interpretiert.