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3.2 Hilfsmittel zum Erkunden von Schülervorstellungen

3.2.2 Einsatzmöglichkeiten von Concept Cartoons im Umgang mit

Concept Cartoons können auf unterschiedliche Weise und zu verschiedenen Zwe-cken im Unterricht eingesetzt werden (vgl. hierzu Überblicksarbeit: Steininger, 2017, S. 10 – 19; Yong & Kee, 2017, S. 13). Die Spannweite reicht von der Förde-rung der Schülermotivation und Beteiligung am Unterricht (Dündar & Şentürk,

2012; Kabapinar, 2005; Keogh & Naylor, 1999), über die Unterstützung zum Auf-bau fachlich angemessener Vorstellungen (Kabapinar, 2005), bis hin zur Minimie-rung von Problemen im Zuge des classroom management (Keogh & Naylor, 1999).

Es handelt sich demnach um „vielfältig einsetzbare, multifunktionale Unterrichtswerkzeuge“ (Steininger, 2017, S. 10). Im Folgenden werden drei Ansätze zur Verwendung von Concept Cartoons vorgestellt, wobei der Fokus auf den Einsatzmöglichkeiten zur Erhebung und der konzeptuellen Umstrukturierung von Schülervorstellungen liegt. Weitere Verwendungsmöglichkeiten in der Schul- (Feige & Lembens, eingereicht) und Seminarpraxis (Friesen & Feige, 2020) sowie Hinweise für die Auswahl und Gestaltung eines Concept Cartoons sind in den angegebenen Beiträgen zu finden.

Concept Cartoons als Instrumente zur Erhebung von Schülervorstellungen und deren Ursachen

Lehrkräfte können Concept Cartoons in ihrem Unterricht einsetzen, um damit zu erheben, welches (Vor-)Wissen und welche Vorstellungen zum thematisierten Sachverhalt in einer Klasse vorliegen (Barke & Yitbarek, 2009; Chin & Teou, 2009). Es ist allerdings viel wesentlicher, dass die Lernenden die Möglichkeit er-halten, sich im Zuge der Beschäftigung mit den Inhalten des Concept Cartoons über die eigenen, teilweise unzureichenden Vorstellungen bewusst zu werden (Naylor &

Keogh, 2013). Andernfalls besteht die Gefahr, „dass parallele – gegebenenfalls sich widersprechende – Vorstellungen implizit vorhanden bleiben“ (Hartinger & Mur-mann, 2018, S. 51). Damit Verständnislücken nicht unbemerkt fortbestehen, ist es wichtig, dass die Perspektiven der Lernenden „nicht frühzeitig in richtig oder falsch eingeteilt, sondern als legitime Vermutungen verstanden werden, die sich dann in der weiteren Arbeit (bei Recherchen, nach der Durchführung von Versuchen oder im sozialen Austausch) bestätigen oder verändern können“ (Hartinger & Murmann, 2018, S. 60). Auch die hinter den Vorstellungen liegenden Entstehungsprozesse, können durch den Einsatz von Concept Cartoons erkundet werden (Kabapinar, 2005; Keogh & Naylor, 1999). So können z. B. die geäußerten mündlichen, wie schriftlichen Argumente der Lernenden Hinweise auf die Entstehungsursache(n) der Verständnisschwierigkeit geben (Keogh & Naylor, 1999). Um Ursachen bspw.

aus dem familiären und sozialen Umfeld aufzudecken, können Concept Cartoons als „Denkaufgabe für zu Hause“ (Lembens, 2012, S. 50) aufgegeben werden. Durch

die Aufforderung über das abgebildete Phänomen mit Freunden oder der Familie zu diskutieren und sinnvolle Begründungen aller Beteiligten festzuhalten, kann auf diesem Weg direkt die Entstehungsquelle der Schülervorstellung erkannt und the-matisiert werden. Die zu Missverständnissen führenden Aussagen können in die anschließende Besprechung aktiv einbezogen und gemeinsam mit der Klasse re-flektiert betrachtet werden (Lembens, 2012).

Concept Cartoons zur Unterstützung und Reflexion von Konzeptwechselprozessen Mit Concept Cartoons lassen sich nicht nur verschiedene Perspektiven von Lernen-den zu einem bestimmten Zeitpunkt erfassen. WerLernen-den sie zu Beginn und erneut gegen Ende einer Unterrichts- bzw. Themeneinheit eingesetzt, können so fachliche Lernfortschritte der Schülerinnen und Schüler festgestellt werden. Einige Studien (Akamca, Ellez & Hamurcu, 2009; Chin & Teou, 2009; Ekici, Ekici & Aydin, 2007;

Kabapinar, 2005) legen dar, dass durch die Arbeit mit Concept Cartoons eine Kon-zepterweiterung bzw. ein Konzeptwechsel bei den Lernenden angebahnt werden kann. Damit ist gemeint, dass sich ihre anfänglichen vorwissenschaftlichen Vor-stellungen in Richtung eines tragfähigen, fachgerechten Konzeptes (weiter-)entwi-ckeln. Allerdings weisen jene Studien gleichsam darauf hin, dass die Art und Weise, wie der Concept Cartoon in den Unterricht eingebettet ist, ein entscheidender Fak-tor für den (Lern-)Erfolg darstellt (Chin & Teou, 2009; Kabapinar, 2005). Für die Lernenden ist es bedeutsam, dass sie den Konzeptwandel nachvollziehen können.

Es muss für sie dabei erkennbar werden, wie sie dank deutlich fundierterer, fach-wissenschaftlicher Erklärungen von ihren ursprünglichen zu den neu erarbeiteten Vorstellungen gelangt sind. Vor allem am Ende einer Unterrichtseinheit bietet es sich an, noch einmal rückblickend den Lernprozess zu betrachten. Dabei kann der Concept Cartoon zur Wiederholung des Gelernten bzw. zur Reflexion des Kon-zeptwechselprozesses erneut ins Zentrum der Aufmerksamkeit gestellt werden. In diesem Zuge besteht die Möglichkeit zu überprüfen, ob eine Weiterentwicklung und Verinnerlichung der neu zu erlernenden Sachverhalte stattgefunden hat. Der erneute Einsatz desselben Concept Cartoons eignet sich zugleich für die Identifika-tion von stabilen Schülervorstellungen (3.1.3). Damit die (neu) aufgebauten Vor-stellungen nachhaltig gefestigt werden können, gilt es weitere Lerngelegenheiten zu schaffen, die eine Anwendung der Inhalte des Concept Cartoons in verschiede-nen Situatioverschiede-nen und anderen Kontexten ermöglichen. Lerverschiede-nende sollen auf diese

Weise erfahren, dass sie mit den neuen Erkenntnissen in der Lage sind, zielführend, überzeugend und fachlich angemessen zu argumentieren.

Concept Cartoons als Auslöser für kognitive Konflikte

Um Schülerinnen und Schüler mit tief verankerten und resistenten Vorstellungen in ihrem Konzeptwechselprozess unterstützen zu können, werden Strategien zum Auslösen von kognitiven Konflikten benötigt (3.3). Diese verfolgen das Ziel, Ler-nenden in Bezug auf Aufgaben- oder Problemstellungen die Grenzen der eigenen Vorstellungen aufzuzeigen. Lernende mit hartnäckigen Vorstellungen müssen an einen Punkt gelangen, an dem sie erkennen, dass zum Lösen jener Aufgaben- oder Problemstellungen ihre mitgebrachten Konzepte und Alltagserfahrungen oftmals fachlich nicht ausreichend sind. Durch den Einsatz von Concept Cartoons werden entsprechende Fragenstellungen aufgeworfen. Wenn Concept Cartoons keine un-mittelbar falschen bzw. leicht auszuschließenden Aussagen zur Diskussion stellen, haben sie das Potenzial kognitive Dissonanzen in und unter den Lernenden zu ini-tiieren (Naylor & Keogh, 2013). Die Lernenden befinden sich demnach durch die geäußerten Meinungen der Concept Cartoon Protagonisten in einer gezielten Kon-frontation mit verschiedenen Erklärungsversuchen zu dem gezeigten Phänomen.

Indem Vorstellungen und Beobachtungen ausgesprochen und diese diskutiert wer-den, erfahren Lernende Widersprüchlichkeiten und Grenzen in ihren bisherigen An-nahmen. Vor allem beim Austausch in der Gruppe stellen die Lernenden oftmals fest, dass ihnen Erkenntnisse fehlen, um angemessen argumentieren zu können.

Häufig ist dieser kognitive Konflikt ein Anlass dafür, die eigenen Vermutungen nochmals zu überdenken (Chin & Teou, 2010; Dolasir, 2007; Ekici et al., 2007;

Kabapinar, 2005; Keogh & Naylor, 1999; Rahmat, 2009; Stephenson & Warwick, 2002). Damit wird ein Anstoß zur vertieften Auseinandersetzung mit den individu-ellen Vorstellungen sowie mit Evidenzen, die die eigenen Annahmen stützen, ge-geben. Die Suche nach Strategien zur Entwicklung und/oder Umstrukturierung der bisherigen Vorstellungen wird damit wahrscheinlicher (Naylor & Keogh, 2013).

Allerdings sollte stets darauf geachtet werden, dass die Frage- und Aufgabenstel-lung für die Schülerinnen und Schüler noch lösbar ist und nicht in einer kognitiven Überforderung mündet (Feige & Lembens, eingereicht).

In den vorausgegangenen Kapiteln wurde bereits erläutert, dass das Erkunden der vorliegenden Erfahrungen und Kenntnisse der Lernenden einen notwendigen ersten

Schritt für einen lernförderlichen Umgang mit Schülervorstellungen darstellt. Mit dem Einsatz von Concept Cartoons können Lerngelegenheiten geschaffen werden, die diesen Schritt in der Unterrichtspraxis unterstützen. Die Lehr-Landkarte (vgl. Abbildung 3.1) macht deutlich, dass darauf weitere Schritte folgen sollten.

Ziel muss es vielmehr sein, die ermittelten Schülervorstellungen in anschlussfähi-gen Aktivitäten aufzugreifen. Der naturwissenschaftliche Unterricht hält hierfür verschiedene Wege bereit, die im nächsten Kapitel thematisiert werden.

3.3 Lerntheoretische Strategien für den Umgang