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IV D ISKUSSION 1 Kritik der Methode

2 Diskussion der Ergebnisse

2.2.4 Einsatz von Vinasse in der Wiederkäuerfütterung

In den bereits zitierten Untersuchungen bzw. Publikationen wird die Vinasse im Allgemeinen positiv als Futterkomponente in der Wiederkäuerernährung beschrieben. Der Futterwert der Vinasse beruht vornehmlich auf dem Gehalt an Rohprotein und N-freien Extraktstoffen.

Dabei gilt es zu beachten, dass der Rohproteingehalt überwiegend aus NPN-Verbindungen besteht und damit ein zusätzlicher Einsatz weiterer NPN-Quellen wie z.B. Harnstoff nur noch begrenzt möglich ist (WEIGAND und KIRCHGESSNER 1975).

Fütterungstechnisch gibt es Beschränkungen aufgrund der sirupartigen Beschaffenheit der Vinasse. Dies führt zu einem begrenzten Einsatz in der Wiederkäuerernährung aufgrund der fehlenden physikalischen Struktur. Außerdem könnten nach Vinassezulage zur Ration von Wiederkäuern aufgrund eines zu geringen Trockensubstanzgehalts Akzeptanzprobleme auftreten.

Vorteilhaft ist dagegen, dass die Vinasse gut an Trockenschnitzel anzutrocknen (STERN 1992) bzw. mit Trockenschnitzeln oder anderen Futtermitteln als Mischfutter anzubinden ist (WEIGAND und KIRCHGESSNER 1975). Die Kombination mit Trockenschnitzeln ist

überdies insofern sehr sinnvoll, da dadurch eine für den Wiederkäuer bzw. die Pansenmikroorganismen wichtige synchronisierte Versorgung mit Stickstoff und Kohlenhydraten stattfinden kann.

Einschränkend für den Einsatz von Vinasse wurde in der Literatur beschrieben, dass es durch die Umsetzung des hohen Betainanteils in Trimethylamin zu einem fischigen Geruch und Geschmack der Milch kommen kann (BOUCQUÉ und FIEMS 1988). Diese Problematik konnte von WEIGAND und KIRCHGESSNER (1975) nicht bestätigt werden. Die Milch der von ihnen mit 1 kg uS Zuckerrübenvinasse pro Tag gefütterten Milchkühe konnte zu keinem Zeitpunkt als fischig in Geruch und/oder Geschmack beurteilt wurden.

Der im Rahmen dieser Arbeit durchgeführte Vinasseakzeptanzversuch ließ erkennen, dass es mit zunehmendem Vinasseanteil in der Ration zu zunehmend schlechterer Futteraufnahme kam. Obwohl es tierindividuelle Unterschiede zu verzeichnen gab, führte die Fütterung von 13 % Vinasse in der Gesamtration (Phase 3, 20 % Vinasse in der Zulage) zu einer deutlich beeinträchtigten Akzeptanz des Futters. Demgegenüber wurden 6 bis 7 % Vinasse (Phase 2, 10 % Vinasse in der Zulage) in der Gesamtration, ohne Probleme von den Tieren aufgenommen. Überdies konnte zumeist ein gewisser Gewöhnungseffekt beobachtet werden.

Auch WÜRZNER et al. (1985) beobachteten leichte Akzeptanzprobleme beim Einsatz von Vinasse in der Ration von Kälbern und empfehlen daher nicht mehr als 5% Vinasse in der Gesamtration einzusetzen.

Zulageaufnahme der drei Tiere

2500 3500 4500 5500 6500 7500 8500 9500 10500

Zulageaufnahme und -angebot [g]

Rückwaage Angebot

Phase 1= 100 % Trockenschnitzelexpandat

Phase 2= 90 % Trockenschnitzelexpandat 10 % Vinasse und Grundration Phase 3= 80 % Trockenschnitzelexpandat + 20 % Vinasse und Grundration

Grundration = 2,71 kg TS Heu, 800 g TS Sojaextraktionsschrot und 47g TS Mineralfutter

Abbildung 7: Zulageaufnahme der Bullen (n = 3) in den drei Phasen des Vinasse-Akzeptanzversuchs von Tag 1 ( 5 kg uS Zulageanteil) bis Tag 6 (10 kg uS Zulageanteil) bei konstanter Grundration

Tier 1 Tier 2 Tier 3 Tier 1 Tier 2 Tier 3 Tier 1 Tier 2 Tier 3

Phase 1 Phase 2 Phase 3

Beim Einsatz von Vinasse gilt es zu beachten, dass es zwischen den verschiedenen Herstellungsvarianten erhebliche Unterschiede in der Zusammensetzung gibt. Dies gilt vor allem im Zusammenhang mit dem Ausgangsmaterial, den unterschiedlichen fermentativen Entzuckerungen und einer möglichen Entkalisierung. Die Mineralisierung der hier eingesetzten Vinasse war vor allem auffällig aufgrund des hohen Sulfatgehalts von 122 g/kg TS.

Nachteile im Zusammenhang mit einer übermäßig hohen Sulfatzufuhr wurden in der Literatur bereits von mehreren Autoren beschrieben. Das aufgenommene Sulfat (wie auch Schwefel) wird im Pansen von Wiederkäuern zu Sulfid reduziert (BULGIN et al. 1996, GOULD 1998).

Andererseits wird ein Teil, des bei der Reduktion des Sulfats entstandenen elementaren Schwefels, von Pansenmikroorganismen in schwefelhaltige Aminosäuren einbaut. Das gebildete Sulfid wiederum, kann zum einen über die Pansenwand absorbiert werden und teilweise in der Leber wieder zu Sulfat umgebaut werden, um über den Speichel oder den Blutkreislauf wieder in den Pansen zu gelangen (PANDHER 2000). Zum anderen entsteht im Pansen Schwefelwasserstoff (SHORT und EDWARDS 1989, CUMMINGS et al. 1995, BULGIN et al. 1996), welcher sich ansammelt, rukturiert und teilweise (ca. 60 %) wieder inhaliert wird.

Es wurde mehrfach von einer Toxizität des Schwefelwasserstoffs im Zusammenhang mit einer übermäßigen Schwefel- bzw. Sulfat- oder Sulfidaufnahme berichtet. Dabei besteht insbesondere die Gefahr, dass die Tiere infolge einer Überdosierung dieser Verbindungen an einer Polioencephlomalazie (PEM) erkranken (SHORT und EDWARTS 1989, CUMMINGS et al. 1995, LOW et al. 1996, GOULD et al. 1997, OLKOWSKI 1997, ZINN et al. 1997, GOULD 1998, 2000, LONERAGAN et. al 1998, NILES et al. 2000). Die Krankheitssymptome einer Schwefel- bzw. Sulfat- induzierten PEM sind eher unspezifische ZNS Symptome (unter anderem Orientierungslosigkeit, hilflosen Umherwandern, Blindheit, Hyperaestesie und Ophostotonus; LOW et al. 1996). Aufgrund dieser unspezifischen Symptome und zahlreicher möglicher Differentialdiagnosen, die ZNS-Störungen bei Wiederkäuern hervorrufen, ist eine durch Schwefel hervorgerufenen PEM daher schwierig zu diagnostizieren (JEFFREY et al. 1994).

Eine Erklärung für die ZNS-Störungen ist, dass der gebildete Schwefelwasserstoff auf bestimmte Enzymsysteme (Katalase, Peroxidase, Succinyl-Dehydrogenase, Karboanhydrase,

Dipeptidase und Benzamidase) hemmend wirkt und zusätzlich auf Nervenzentren einem lähmenden Effekt zeigt (SHORT und EDWARTS 1989). Dabei ist aber der vollständige Mechanismus der Entwicklung einer Sulfat- bzw. Schwefelinduzierten PEM bisher nicht ausreichend geklärt. Hohe Schwefelwasserstoffkonzentrationen im Pansen bewirken überdies eine reduzierte Pansenmotilität (CUMMINGS et al. 1995), gegebenenfalls sogar einen Pansenatonie (NRC 1985). Die Bildung von Schwefelwasserstoff im Pansen wird, durch einen niedrigen pH-Wert gefördert (NILES et al. 2002), weshalb z. B. eine kohlenhydratreiche Fütterung auf die Entwicklung einer PEM fördernd wirkt (BEAUCAMP et al. 1984).

ZINN et al. (1997) fütterten Rinder mit steigenden Schwefelgehalten in der Ration (0,15; 0,20 und 0,25 % S/kg TS) und registrierten bei 0,2 % S/kg TS, wie auch QI et al. (1993), welche eine Konzentration von 0,2 % Schwefel in der Ration von wachsenden Ziegen fütterten, verminderte Tageszunahmen sowie eine geringere Trockensubstanzaufnahme durch die Tiere.

Auch THOMPSON et al. (1972) machten diese Beobachtungen bei einer Konzentration von 0,39 % Schwefel in der TS der Ration von Rindern. Vom NRC (1996) wird darauf hingewiesen, dass die maximal zu tolerierende Dosis für Rinder 0,4 % Schwefel in der Trockensubstanz beträgt. LOW et al. (1996) stimmten mit dieser Höchstwertempfehlung überein, denn sie induzierten bei 19 von 25 Lämmern nach Fütterung von 0,43 % Schwefel in der TS der Ration (nach frühestens 15 Tagen Fütterung) das Krankheitsbild der PEM.

Im vorliegenden Bilanzversuch wurde mit einer Menge von 14,4 % Vinasse (Vinassebilanzversuch) in der Gesamtration allein durch diese Futterkomponente eine Konzentration von etwa 1,4 % Sulfat in der TS der Ration von Bullen erreicht. Dabei konnten während der Versuchsphase von 20 Tagen anhand einer klinischen Untersuchung keine Anzeichen einer Erkrankung der Tiere festgestellt werden. Es kann dennoch nicht ausgeschlossen werden, dass es bei einer Fütterung von 14,4 % Vinasse in der Ration über einen längeren Zeitraum (> 20 Tage) zu keiner Sulfatintoxikation kommt. Damit es zu keiner Erkrankung der Tiere kommt, sollten folglich bei einer Sulfatkonzentration von 122 g SO4

2-/kg TS in der Vinasse nicht mehr als 3 % Vinasse in der Gesamtration von Rindern enthalten sein (entspricht 0,36% SO4

2-).

3 Schlussfolgerungen

3.1 Trockenschnitzelversuch

Anhand der vorliegenden Ergebnisse ist festzustellen, dass es zu einer ungünstigeren Verdaulichkeit der Rohnährstoffe durch das Pelletieren von Trockenschnitzeln im Gegensatz zum Expandieren und zu losen Trockenschnitzeln kommt. Das Expandieren zeigt hingegen einen weder positiven noch negativen Effekt auf die Verdaulichkeit der Trockenschnitzel.

Infolgedessen vermeidet man durch den Einsatz von Trockenschnitzelexpandat den nachteiligen Effekt des Pelletierens und erhält sich die hohe Verdaulichkeit der losen Trockenschnitzel.

Trockenschnitzelexpandate haben sich überdies als Komponente in der TMR-Mischung bewährt (stabilere Mischung als mit Pellets) und es kann gegenüber losen Trockenschnitzeln eine höhere Schüttdichte verzeichnet werden (LUCHT 1999). Aus der höheren Schüttdichte der expandierten gegenüber den losen Trockenschnitzeln resultieren insbesondere günstigere Transport- und Lagerungsmöglichkeiten der Trockenschnitzelexpandate.

Interessant und notwendig wäre vor allem weiterführende detaillierte Untersuchungen zum Einfluss des Expandierens auf die Rohproteinfraktion von Trockenschnitzeln im Bezug auf die Proteinlöslichkeit, die ruminale Verdaulichkeit und die intestinale Verdaulichkeit des Bypassproteins.

3.2 Vinasseversuch

Für die in dem Bilanzversuch gefütterte Zuckerrübenvinasse aus der Backhefeproduktion konnte mit Mastbullen eine scheinbare Verdaulichkeit der organischen Substanz von 73,5 % ermittelt werden. Davon wurden das Rohprotein zu 72,6 % und die N-freien Extraktstoffe zu 52,3 % verdaut. Zuckerrübenvinasse weist somit für Bullen einen noch beachtlichen Futterwert auf. Dieser ergibt sich vor allem aus dem hohen Gesamtstickstoffgehalt. Es bietet sich daher die Möglichkeit, die Vinasse nicht zuletzt als günstige N-Quelle, alternativ zu vergleichsweise durchaus teuren rohproteinreichen Futtermitteln (z.B. Sojaextraktionsschrot) einzusetzen.

Allerdings konnten in der Vinasse ein verhältnismäßig hoher Kalium- sowie ein beachtlich hoher Sulfatgehalt nachgewiesen werden, die zu einer Limitierung des Anteils an Vinasse in der Ration von Bullen zwingen. Vor diesem Hintergrund und aufgrund einer begrenzten Akzeptanz der Vinasse, sollten daher maximal 3 % Vinasse in der Gesamtration von Rindern enthalten sein.

V Z

USAMMENFASSUNG