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Einsatz von Kreativitätstechniken

Im Dokument Six Sigma Green Belt (Seite 75-80)

1 Lösungssuche mit Kreativitätstechniken

1.1 Einsatz von Kreativitätstechniken

An dieser Stelle im Projektablauf – Ende der Phase Analyze und Beginn der Phase Improve – gibt es drei hauptsächliche Möglichkeiten für die ersten Schritte in der Improve-Phase.

Es gibt zunächst Six Sigma Projekte, bei denen die Lösung oder auch mehrere Lösungsmöglichkeiten so klar und eindeutig auf der Hand liegen, dass die Maßnahmen sofort definiert werden können.

Bei anderen Six Sigma Projekten sind die kritischen Inputgrößen ebenfalls bekannt, aber wie die besten Einstellungen für diese Parameter aussehen, ist unklar. Hier wird ein Experiment (DoE) notwendig, um die bestmögliche Prozesseinstellung zu finden.

Die dritte Gruppe der Six Sigma Projekte weist zwar ebenfalls bekannte Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge auf, aber mögliche Lösungen sind dennoch nicht ersichtlich. Dies ist gerade dann häufig der Fall, wenn die kritischen Inputs nicht Prozessparameter, sondern Störgrößen sind.

Störgrößen sind Inputs, die bisher nicht kontrolliert oder gesteuert wurden.

Entweder war dies nicht möglich oder die Notwendigkeit, dies zu tun, war nicht bewusst und bekannt. Wenn Störgrößen die kritischen Inputs sind, müssen diese entweder zum Parameter gemacht werden, oder der Prozess muss so robust ausgelegt werden, dass die Störgrößen keinen relevanten Einfluss mehr haben. Beide Wege sind nicht trivial. Wenn die Lösungsideen nicht von alleine kommen, hilft es, sie mit dem Einsatz von Kreativitätstechniken zu erarbeiten. Kreativitätstechniken können dann genutzt werden, um aktiv neue, originelle Ideen zu generieren und zweckmäßige Lösungen zu entwickeln. Kreativitätstechniken sind selbst nicht kreativ, sondern beinhalten eine Arbeitsweise mit definierter Ablauf-struktur. Sie tragen nur dazu bei, Ihre eigenen kreativen Potenziale zu entfalten. Die Ideen müssen Sie und Ihr Team selbst hervorbringen.

1.2 Grundlagen

Kreativitätstechniken dienen dazu,

• den unbefriedigenden Ausgangszustand in den erwünschten Lösungs-zustand zu überführen.

• Denkbarrieren zu überwinden.

• Anreize zu schaffen.

• die Ideenfindung zu vereinfachen.

Was ist Kreativität? Kreativität geht zurück auf das lateinische Wort creare, das mit Schaffen, Hervorbringen übersetzt wird. Als Kreativität bezeichnet man die schöpferische Kraft, Neues hervorzubringen, das zugleich originell und zweckmäßig ist. Grundlage der Kreativität ist das kreative Denken, durch das man festgefahrene, starre und hinderliche Denkmuster überwindet und neue, ungewöhnliche Ideen findet.

Der amerikanische Psychologe Joy Paul Guilford unterscheidet dabei konvergentes und divergentes Denken.

Konvergentes Denken ist die konventionelle Art des Problemlösens, nämlich logisch, analytisch, planmäßig und streng rational! Hierdurch können gut definierte und übersichtlich strukturierte Arbeitsaufgaben gelöst werden. Man startet mit der Auswahl der vermeintlich richtigen Kreativitätstechnik.

Beim divergenten Denken beschreitet man unerforschte Wege. Dies bedeutet, anders zu denken, nämlich abweichend von den bewährten

„Trampelpfaden“. Dieses Querdenken führt zu neuen, ungewöhnlichen Einfällen durch Überschreitung bislang beachteter Grenzen und eröffnet völlig neue Möglichkeiten. Das Vorgehen ist eher spielerisch. Gedankliche Sprünge und Assoziationen werden zugelassen und konventionelle Denkmuster in Frage gestellt.

1.2.1 Grundregeln

Egal, welche Kreativitätstechnik Sie anwenden, diese Grundregeln sollten Sie beachten:

• Zielklarheit sicherstellen: Bei aller gewünschten Kreativität darf das Ziel nicht aus den Augen verloren werden. Es muss allen Teilnehmern klar sein, was erarbeitet werden soll.

• Ideensuche und Ideenbewertung zeitlich voneinander trennen: Nach der Ideensammlung sollte eine gewisse Zeit vergehen, bevor die Ideen bewertet werden.

• Viele Ideen erzeugen: An dieser Stelle geht Quantität ganz klar vor Qualität. Es sollen möglichst viele Ideen gesammelt werden. Eine Bewertung oder gar Vorauswahl, was beibehalten wird und was nicht, darf keinesfalls geschehen.

• Erzeugte Ideen visualisieren, um weitere Assoziationen zu fördern:

Schreiben Sie oder noch besser skizzieren Sie genannte Ideen für alle Teilnehmer sichtbar. So können beispielsweise darauf aufbauend oder ergänzend neue Ideen generiert werden, und Sie stellen sicher, dass nichts verloren geht.

• Große Ideenvielfalt zulassen: Ideenvielfalt kann durch interdisziplinäre Teams gefördert werden. Versuchen Sie, im Team Leute mit unterschiedlicher Einstellung, unterschiedlichem Wissen etc. zu haben. Auch sogenannte „Fachidioten“ sind bei kreativen Prozessen extrem wertvoll.

• Originelle Ideen erzeugen: Das kann nur dann geschehen, wenn alte Denkmuster verlassen werden und zwar ohne dass sofort mit

„Killerphrasen“ gebremst wird. Spinnen ist bei Kreativitätstechniken nicht nur erlaubt, sondern sogar gewünscht!

• Elaboration: Nach der Ideensammlung ist die Arbeit nicht zu Ende.

Nun geht es darum, die richtigen Rohideen weiter auszuarbeiten und zu konkretisieren.

Man kann die Grundregeln in zwei Gruppen aufteilen: In Regeln für die Phase des divergenten Denkens und in Regeln für die Phase des konvergenten Denkens:

Abb. 1: Aufteilen der Grundregeln

1.2.2 Heuristische Denktechniken

Heuristik bezeichnet die Kunst, mit begrenztem Wissen und wenig Zeit zu guten Lösungen zu kommen! Heuristiken sind leistungsfähige Such-techniken, die das divergente Denken fördern! Zu den bewährtesten heuristischen Denktechniken zählen:

• die Bildung von Assoziationen und Analogien. Wo gibt es ähnliche Prozesse, Objekte, Systeme, und was können wir von den dort gewonnenen Problemlösungen übernehmen? Welche Problem-lösungen aus der Natur kann man in technische Bereiche übertragen?

• die Umstrukturierung (ersetzen durch…)

• die Variation (verkleinern, vergrößern)

• die Modifikation (ins Gegenteil verkehren, reduzieren, verstärken)

• die Kombination verschiedener Lösungselemente

Heuristische Denktechniken fördern das divergente Denken und dienen der Verfremdung und dem Perspektivenwechsel. Sie erleichtern die Steuerung des Ideenprozesses und spornen zu neuen Ideen an. In Reizfragen werden diese Denktechniken oft transformiert und sind die Grundlage für viele Kreativitätstechniken.

Der altgriechische Begriff „Heureka“ bedeutet übrigens „Ich habe es gefunden“. „Heureka“ soll Archimedes gerufen haben, als er in der Bade-wanne lag und sah, wie sein Körper das Wasser verdrängte. Unvermittelt war ihm der Zusammenhang klar, er hatte das Auftriebsgesetz ver-standen, was ihm dazu verhalf, den Goldgehalt der Krone des Tyrannen zu bestimmen. Er entstieg der Wanne, rannte nackt durch die Straßen von Syrakus und rief weiterhin „Heureka!" ☺

1.2.3 Vorteile von Kreativitätstechniken

Die Kreativitätstechniken erfolgen in Teamarbeit, was sehr dazu beiträgt, Kreativität freizusetzen. Meist sind die Techniken handlungsorientiert, sodass die Aktivität gefördert wird. Die visualisierten Ergebnisse verschaffen einen sehr guten Überblick und prägen sich besser ein. Trotz aller Kreativität geht man strukturiert vor. Für die Gruppe wirken die Kreativitätstechniken sehr motivierend, die Gruppe identifiziert sich stark mit dem Ergebnis und last but not least wird das soziale Netzwerk gestärkt.

1.2.4 Nachteile von Kreativitätstechniken

Zu den Nachteilen zählt zunächst, dass durchaus etwas Vorbereitung notwendig ist, bevor die kreative Arbeit beginnen kann. Wenn die Arbeit dann gestartet ist, können verbal starke Persönlichkeiten dominieren und Stimmungsmacher, die in die falsche Richtung ziehen, müssen gebremst werden. Dies gilt aber wohl für jede Art von Teamarbeit. Der Erfolg der Kreativitätstechnik hängt damit auch vom Geschick des Moderators ab.

Nachdem alles erlaubt ist, können gelegentlich auch Redundanzen auftreten. Auf Kreativitätsstörer muss unbedingt geachtet und reagiert werden.

Abb. 2: Kreativitätsstörer

Im Dokument Six Sigma Green Belt (Seite 75-80)